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Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten


Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten

Begriffserklärung und rechtliche Einordnung

Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten bezeichnen Aufwendungen, die Erziehungsberechtigten im Zusammenhang mit der Betreuung ihrer Kinder entstehen, wenn diese einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Begriff ist im deutschen Recht insbesondere im Einkommensteuerrecht und im Sozialrecht relevant und umfasst vielfältige Aspekte der steuerlichen Absetzbarkeit sowie der Anerkennung von Kosten im Unterhaltsrecht und Sozialleistungsrecht.

Rechtliche Grundlagen

Einkommensteuerrecht

Im deutschen Einkommensteuerrecht sind die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten an verschiedenen Stellen geregelt, insbesondere in § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4f und § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (Einkommensteuergesetz).

Steuerliche Abzugsfähigkeit

Eine zentrale rechtliche Fragestellung ist, ob und in welchem Umfang Kinderbetreuungskosten steuerlich abgezogen werden können. Bis zum Veranlagungszeitraum 2011 waren erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar, sofern ein konkreter Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit vorlag. Seit 2012 können Kinderbetreuungskosten grundsätzlich als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) unabhängig von der Erwerbstätigkeit abgezogen werden, wobei bestimmte Voraussetzungen zu beachten sind.

  • Abziehbare Kosten: Zu den erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten zählen Ausgaben für Kindergärten, Tagesmütter, Kinderhorte, Au-pair und vergleichbare Betreuungseinrichtungen.
  • Höchstbeträge: Es können zwei Drittel der nachgewiesenen Aufwendungen, maximal 4.000 Euro pro Kind und Jahr, geltend gemacht werden.
  • Berechtigter Personenkreis: Anspruchsberechtigt sind in der Regel Elternteile, Pflegeeltern oder Großeltern, sofern sie für das Kind kindergeldberechtigt oder zum Kinderfreibetrag berechtigt sind.
  • Voraussetzung der Erwerbstätigkeit: Bis einschließlich 2011 war der Nachweis einer erwerbsbedingten Notwendigkeit Voraussetzung, ab 2012 ist dies nicht mehr zwingend.
Unterscheidung: Erwerbsbedingte und allgemeine Kinderbetreuungskosten

Eine bedeutende Unterscheidung betrifft die Frage, ob die Betreuungskosten ausschließlich durch die Erwerbstätigkeit verursacht wurden (erwerbsbedingt) oder ob sie aus anderen Gründen (z. B. Krankheit, Ausbildung) angefallen sind. Seit 2012 ist diese Differenzierung für den Abzug als Sonderausgaben entfallen; davor war sie aber bedeutsam, da nur erwerbsbedingte Betreuungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt werden konnten.

Sozialrechtliche Aspekte

Im Sozialrecht, und hierbei vor allem im Unterhaltsrecht sowie im Bereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende), spielen erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Unterhaltsrecht

Im Unterhaltsrecht werden solche Kosten bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens berücksichtigt. So sind bei der Berechnung des Kindesunterhalts oder des Ehegattenunterhalts beruflich bedingte Kinderbetreuungskosten vorab in Abzug zu bringen (§ 1577 Abs. 2 BGB), da diese die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindern.

SGB II und SGB III

Nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II zählt im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu den Absetzbeträgen vom Einkommen auch der nachgewiesene Betrag notwendiger Aufwendungen zur Erwerbstätigkeit, wozu insbesondere die durch die Erwerbstätigkeit verursachten Kinderbetreuungskosten zählen. Im Rahmen des Arbeitslosengeldes I nach SGB III werden vergleichbare Regelungen angewandt.

Abgrenzung und Nachweis

Voraussetzungen für die Anerkennung

Nicht alle Kinderbetreuungskosten können automatisch als erwerbsbedingt anerkannt werden. Es müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Kausalität: Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit und der Betreuung des Kindes bestehen. Das bedeutet, die Betreuung wäre ohne die Berufstätigkeit nicht notwendig.
  • Nachweis durch Belege: Die Aufwendungen sind durch geeignete Unterlagen, wie Rechnungen und Zahlungsnachweise, zu belegen. Barzahlungen werden in der Regel steuerlich nicht anerkannt.
  • Kindesalter: Die Regelungen gelten in der Regel für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bzw. bei Behinderung des Kindes ohne Altersgrenze.

Unberücksichtigte Kosten

Nicht abziehbar sind Kosten für die Vermittlung schulischer oder außerschulischer Fähigkeiten, wie beispielsweise Nachhilfeunterricht, Musikunterricht, Sportvereine sowie Verpflegungskosten, sofern diese gesondert ausgewiesen sind.

Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung

Die Ausgestaltung der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten unterliegt einer kontinuierlichen Fortentwicklung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung. Insbesondere Anpassungen der Betragsgrenzen, Definitionen der abziehbaren Aufwendungen und die Ausweitung auf verschiedene Lebenssituationen werden regelmäßig von den Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof (BFH) beurteilt.

Eine bedeutende Änderung trat mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 ein, was eine Vereinfachung der Anerkennung von Kinderbetreuungskosten (unabhängig von der Erwerbsbedingtheit) auf Sonderausgabenniveau bewirkte.

Übersicht: Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten im Steuer- und Sozialrecht

| Bereich | Zweck der Berücksichtigung | Typische Nachweise | Höhe der abziehbaren Kosten |
|———————|———————————-|—————————-|——————————|
| Einkommensteuer | Minderung steuerpflichtiges Einkommen | Rechnung, Überweisung | Max. 4.000 €/Kind/Jahr (2/3 der Ausgaben) |
| Unterhaltsrecht | Minderung Leistungsfähigkeit | Mietvertrag, Nachweis Betreuungspersonal | Tatsächliche notwendige Aufwendungen |
| Grundsicherung (SGB II) | Minderung des anrechenbaren Einkommens | Vertrag, Zahlungsnachweis | Tatsächlich nachgewiesene notwendige Kosten |

Literatur und weiterführende Quellen


Dieser Artikel gibt eine umfassende Darstellung der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten im deutschen Rechtssystem und beleuchtet die steuerlichen, sozialrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Dimensionen des Begriffs. Die aktuelle Rechtslage ist insbesondere durch die Vereinfachung der steuerlichen Abzugsfähigkeit geprägt, wobei Nachweis und Zweck der Kinderbetreuung weiterhin zentrale Voraussetzungen sind.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Kinderbetreuungskosten als erwerbsbedingt anerkannt werden?

Damit Kinderbetreuungskosten als erwerbsbedingt im steuerlichen oder sozialrechtlichen Kontext anerkannt werden, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss mindestens ein Elternteil erwerbstätig sein oder sich in einer beruflichen Aus- oder Fortbildung befinden, die eine Kinderbetreuung während der Arbeitszeit unumgänglich macht. Zum anderen muss der Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung klar nachgewiesen werden; das bedeutet, eine Betreuung zu Zeiten, in denen der Elternteil nicht arbeitet oder zur Verfügung stehen könnte, ist regelmäßig nicht begünstigt. Erforderlich ist zudem, dass die nachgewiesenen Kosten tatsächlich durch eine entgeltliche Betreuungsperson oder -einrichtung entstanden sind und mittels belegbarer Nachweise wie Rechnungen oder Überweisungsbelegen dokumentiert werden können. Private Zahlungen ohne Nachweis werden in der Regel nicht anerkannt. Auch muss die Betreuung regelmäßig außerhalb des eigenen Haushaltes stattfinden, Ausnahmen gelten jedoch z.B. für Au-pairs. Darüber hinaus besteht regelmäßig die Pflicht, dem Finanzamt auf Anfrage entsprechende Arbeitszeitnachweise, Arbeitsverträge oder Nachweise zur beruflichen Ausbildung vorzulegen.

Welche Arten von Betreuungskosten werden rechtlich als erwerbsbedingt anerkannt?

Anerkannt werden grundsätzlich nur solche Betreuungskosten, die unmittelbar aufgrund der Erwerbstätigkeit oder beruflichen Ausbildung der Eltern entstehen. Dazu zählen unter anderem Ausgaben für Tagesmütter, Kindergärten, Kinderkrippen, Horte, Ganztagspflegen, Au-pairs oder ähnliche Einrichtungen und Betreuungspersonen. Nicht anerkennungsfähig sind hingegen Kosten für Unterricht, Nachhilfe, Freizeitangebote (z.B. Sportvereine, Musikschulen) sowie sämtliche Verpflegungskosten. Bei einer privaten Betreuung, etwa durch eine Haushaltshilfe oder Verwandte, muss ein förmlicher Betreuungsvertrag vorliegen und die Zahlungen müssen belegbar sein, da ansonsten die Anerkennung mangels Nachweis entfallen kann. Die steuerliche Absetzbarkeit ist häufig beschränkt auf den reinen Betreuungsanteil der Kosten – eine Aufteilung in Betreuung und Verpflegung ist daher oftmals erforderlich und durch entsprechende Belege zu untermauern.

In welchem Umfang können erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend gemacht werden?

Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können steuerlich grundsätzlich bis zu zwei Drittel der nachgewiesenen Aufwendungen, maximal jedoch bis zu 4.000 Euro pro Kind und Kalenderjahr als Sonderausgaben berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Voraussetzung ist, dass das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aufgrund einer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Es dürfen nur tatsächlich angefallene Betreuungsleistungen angesetzt werden, die auf das Kind entfallen (keine Kosten für Geschwisterkinder oder andere Personen). Zahlungen für Verpflegung, außerschulische Förderprogramme oder für nicht belegbare Barzahlungen werden nicht einbezogen. Die Kosten müssen zudem unbar entrichtet und durch Quittungen oder Rechnungen nachgewiesen werden.

Welche Nachweispflichten bestehen für die steuerliche Anerkennung von Kinderbetreuungskosten?

Für die steuerliche Berücksichtigung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten müssen Rechnungskopien oder vergleichbare Zahlungsnachweise vorgelegt werden, aus denen der Empfänger, die Art und der Zeitraum der Betreuung sowie die tatsächlich geleistete Zahlung (unbar, i.d.R. per Überweisung) eindeutig hervorgehen. Mündliche Vereinbarungen oder Barzahlungen genügen den Anforderungen des Fiskus nicht. Insbesondere das Finanzamt kann bei Unklarheiten weitere Nachweise verlangen, nämlich eine Kopie des Arbeitsvertrags, einen Nachweis der Arbeitszeiten und bei selbstständigen Elternteile den Nachweis der betrieblichen Notwendigkeit. Werden diese Nachweise nicht oder nicht vollständig erbracht, droht der vollständige Verlust der steuerlichen Absetzbarkeit der Betreuungskosten.

Gibt es Unterschiede zwischen den Regelungen für Angestellte, Selbstständige oder Studierende?

Im Grundsatz gelten die steuerlichen Regelungen für Angestellte, Selbstständige und Studierende gleichermaßen. Entscheidend ist der Erwerbsbezug der Betreuungskosten, also dass sie infolge einer tatsächlichen Berufsausübung, eines Studiums oder einer Aus- bzw. Weiterbildung anfallen. Unterschiede ergeben sich lediglich bei der Nachweisführung: Während bei Angestellten oft eine formale Bestätigung über die Arbeitszeiten ausreicht, müssen Selbstständige ggf. den betrieblichen Grund für die Betreuung und die Notwendigkeit der Arbeitszeitgestaltung detailliert darlegen. Bei Studierenden sind belegbare Immatrikulationsbescheinigungen, Stundenpläne oder Prüfungsordnungen erforderlich, aus denen die zeitliche Beanspruchung hervorgeht. Ohne einen unmittelbaren Zusammenhang zur Berufsausübung, zur Ausbildung oder zum Studium werden die Kosten in der Regel nicht als erwerbsbedingt anerkannt.

Wie werden Kinderbetreuungskosten bei Alleinerziehenden rechtlich behandelt?

Bei Alleinerziehenden gelten die gleichen Grundsätze wie bei verheirateten oder in Partnerschaft lebenden Eltern. Das heißt, die Erwerbsbedingtheit der Betreuungskosten muss auch hier nachgewiesen werden. Hervorzuheben ist allerdings, dass allein die Tatsache der Alleinerzieherschaft nicht automatisch zur Berücksichtigung sämtlicher Kinderbetreuungskosten führt; vielmehr muss die Tätigkeit, die den Betreuungsbedarf auslöst, dokumentiert werden. Besonderheiten können sich bei getrennt lebenden Eltern ergeben, etwa wenn beide Elternteile berufstätig sind und sich die Betreuung teilen. Hier ist wichtig, dass Betreuungskosten jeweils nur von dem Elternteil geltend gemacht werden können, der diese tatsächlich getragen hat.

Welche rechtlichen Auswirkungen haben Zuschüsse des Arbeitgebers zur Kinderbetreuung?

Erhalten Arbeitnehmer einen steuerfreien Zuschuss ihres Arbeitgebers zur Kinderbetreuung (nach § 3 Nr. 33 EStG), mindert dieser Betrag die als Sonderausgaben abziehbaren Kinderbetreuungskosten. Der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss ist auf Betreuungsleistungen außerhalb des Haushalts des Arbeitnehmers beschränkt und muss direkt an die Betreuungseinrichtung oder Betreuungsperson gezahlt werden. Jeglicher Zuschuss, der den gesetzlichen Höchstbetrag übersteigt oder nicht zweckgebunden ist, ist insoweit steuerpflichtig. Alternativ können Arbeitgeberzuschüsse in Form von Sachleistungen gewährt werden, z.B. durch betriebseigene Kindergärten – auch diese mindern den absetzbaren Betrag der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, erhaltene Arbeitgeberzuschüsse in seiner Steuererklärung anzugeben.

Welche Rolle spielen Gerichtsurteile und Verwaltungsanweisungen für die Auslegung der Vorschriften zu erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten?

Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften zu erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten wird fortlaufend durch die Rechtsprechung der Finanzgerichte sowie durch Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung konkretisiert. Solche richterlichen Urteile und BMF-Schreiben geben beispielsweise Klarheit, wie eng der Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuungsbedarf definiert werden muss, wie die Aufteilung von Betreuungs- und Verpflegungskosten zu erfolgen hat oder in welchen Ausnahmefällen auch Hausangestellte (z.B. Au-pair) anerkannt werden. Ferner werden durch die Rechtsprechung Zweifelsfälle (z.B. Schichtarbeit, kurzfristige Beschäftigungen, selbstständige Tätigkeit) näher ausgestaltet. Für Streitfälle empfiehlt sich ein Blick in aktuelle Urteile und die Leitlinien der Finanzbehörden, da sich hieraus Entscheidungsspielräume und Ansatzpunkte für den individuellen Fall ergeben können.