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Ertragsteuern


Definition und Grundlagen der Ertragsteuern

Ertragsteuern sind Steuerarten, die an das Erzielen von Einkünften oder Erträgen anknüpfen. Im deutschen Steuerrecht erfassen sie Einkommen und Gewinne sowohl natürlicher als auch juristischer Personen. Die wesentlichen Ertragsteuern sind die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer sowie die Gewerbesteuer. Sie dienen der Finanzierung öffentlicher Haushalte und bilden einen zentralen Bestandteil des deutschen Steuersystems.

Ertragsteuern im System des deutschen Steuerrechts

Unterscheidung zwischen Personen- und Objektsteuern

Ertragsteuern werden nach dem Steuerpflichtigen differenziert:

  • Personenbezogene Ertragsteuern knüpfen an die Person des Steuerpflichtigen und deren Leistungsfähigkeit an (z. B. Einkommensteuer).
  • Objektbezogene Ertragsteuern stellen auf ein bestimmtes Steuergut ab, wie beispielsweise den Gewerbebetrieb bei der Gewerbesteuer.

Die wichtigsten Ertragsteuern im Überblick

Einkommensteuer

Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich

Die rechtliche Grundlage bildet das Einkommensteuergesetz (EStG). Die Einkommensteuer erhebt das zu versteuernde Einkommen natürlicher Personen. Steuerpflichtig sind sowohl unbeschränkt Steuerpflichtige, deren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt sich im Inland befindet, als auch beschränkt Steuerpflichtige mit inländischen Einkünften.

Einkommensteuerpflichtige Einkunftsarten

Das Einkommensteuergesetz unterscheidet sieben Einkunftsarten:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  7. Sonstige Einkünfte

Das zu versteuernde Einkommen ergibt sich nach Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und bestimmten Steuerfreibeträgen.

Verfahren und Erhebung

Die Einkommensteuer wird im Veranlagungsverfahren erhoben. Sie basiert auf einer Steuererklärung und wird nach einem progressiven Tarif berechnet. Neben der regulären Einkommensteuer gibt es Formen der Vorauszahlung sowie die Möglichkeit des Lohnsteuerabzugs bei Arbeitnehmern.

Körperschaftsteuer

Rechtliche Einordnung und Anwendungsbereich

Die Körperschaftsteuer ist im Körperschaftsteuergesetz (KStG) geregelt. Sie erfasst das Einkommen von juristischen Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Genossenschaften.

Steuerpflicht und Bemessungsgrundlage

Körperschaftsteuerpflichtig sind sowohl inländische juristische Personen (unbeschränkte Steuerpflicht) als auch ausländische Gesellschaften mit inländischen Einkünften (beschränkte Steuerpflicht). Die Bemessungsgrundlage entspricht dem zu versteuernden Einkommen, das nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften ermittelt wird.

Steuersatz und Verfahren

Der Steuersatz beträgt 15 %. Hinzu tritt der Solidaritätszuschlag. Die Steuer wird durch Mitteilung und Erklärung im Veranlagungsverfahren festgesetzt.

Gewerbesteuer

Grundlagen und Charakteristik

Die Gewerbesteuer ist im Gewerbesteuergesetz (GewStG) geregelt. Sie stellt eine Realsteuer dar und ist die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden.

Steuergegenstand und Steuerpflichtige

Besteuert wird der Gewerbeertrag von gewerblichen Unternehmen. Steuerpflichtig sind sowohl Einzelunternehmen und Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften.

Ermittlung der Bemessungsgrundlage

Der Gewerbeertrag ist das im Gewerbebetrieb erzielte Einkommen zuzüglich bestimmter Hinzurechnungen und abzüglich bestimmter Kürzungen. Der Steuermessbetrag wird mit dem jeweils von der Gemeinde festgelegten Hebesatz multipliziert.

Zusammenhang mit anderen Ertragsteuern

Die gezahlte Gewerbesteuer kann für einige Unternehmen im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer teilweise angerechnet werden.

Ertragsteuern im internationalen Kontext

Doppelbesteuerungsabkommen und Abgrenzung

Ertragsteuern können durch internationale Sachverhalte eine grenzüberschreitende Bedeutung erlangen. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln die Besteuerung bei grenzüberschreitenden Einkünften, indem sie das Besteuerungsrecht zwischen den Vertragsstaaten aufteilen, um Mehrfachbelastungen zu vermeiden.

EU-rechtliche Einflüsse

Die Europäische Union nimmt Einfluss auf die Ausgestaltung nationaler Ertragsteuern, insbesondere durch Vorschriften zur Vermeidung von Steuerhinterziehung, zur Harmonisierung und im Rahmen des Beihilferechts.

Bedeutung der Ertragsteuern für die öffentliche Hand

Ertragsteuern sind die bedeutendste Einnahmequelle für Bund, Länder und Gemeinden in Deutschland. Sie sichern die Finanzierung zentraler staatlicher Leistungen und wirken darüber hinaus als Instrument der Einkommensumverteilung und Wirtschaftslenkung.

Abgrenzung der Ertragsteuern von anderen Steuerarten

Ertragsteuern zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschließlich an das Erzielen von Einkommen oder Gewinn anknüpfen. Unterscheidungskriterien sind:

  • Subjektive Steuer: Knüpft an die Person und deren Leistungsfähigkeit an (z. B. Einkommensteuer).
  • Objektive Steuer: Besteuert einen bestimmten Sachverhalt, wie die Gewerbesteuer den Gewerbebetrieb.

Sie unterscheiden sich von anderen Steuerarten wie Umsatzsteuer (Verbrauchsteuer), Vermögensteuer und Verkehrssteuern durch ihre direkte Verbindung zum Einkommenserwerb.

Reformüberlegungen und Entwicklungen

Die rechtlichen Regelungen im Bereich der Ertragsteuern unterliegen wiederholt Reformen und Anpassungen. Diskutiert werden insbesondere die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens, die Bekämpfung von Steuervermeidung und die Anpassungen im internationalen Steuerrecht. Entwicklungen wie die Mindestbesteuerung auf internationaler Ebene und Digitalisierungsfaktoren beeinflussen das Ertragsteuerrecht zunehmend.

Literaturhinweise und weiterführende Vorschriften

Für eine vertiefte Auseinandersetzung sind folgende gesetzliche Grundlagen relevant:

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Gewerbesteuergesetz (GewStG)
  • Abgabenordnung (AO)
  • Internationales Steuerrecht, insbesondere Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA)

Weitergehende Informationen finden sich in den aktuellen Fassungen der genannten Gesetze sowie einschlägigen Verwaltungsanweisungen und Kommentierungen.


Zusammenfassung

Ertragsteuern umfassen im deutschen Recht sämtliche Steuerarten, die das Erzielen von Einkommen oder Erträgen erfassen. Ihre Ausgestaltung und Erhebung sind komplex und differenziert nach Steuerpflichtigen, Einkunftsarten sowie Bemessungsgrundlagen. Neben der fundamentalen Bedeutung für die Staatsfinanzen unterliegen sie fortlaufenden rechtlichen Entwicklungen im nationalen und internationalen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Festsetzung der Ertragsteuern in Deutschland?

Die Festsetzung der Ertragsteuern (insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) erfolgt durch die zuständigen Finanzbehörden auf Grundlage einer Steuererklärung, die der Steuerpflichtige innerhalb gesetzlicher Fristen einzureichen hat. Nach Prüfung der Angaben ergeht ein Steuerbescheid, in dem die festgesetzte Steuerhöhe sowie die Zahlungsmodalitäten detailliert ausgewiesen werden. Die Verwaltungshoheit liegt beim Wohnsitzfinanzamt beziehungsweise dem Betriebsfinanzamt; bei Körperschaften ist dies in der Regel das Finanzamt des Sitzes der Gesellschaft. Wesentlich sind hierbei die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und der Einzelsteuergesetze (EStG, KStG), die Umfang, Voraussetzungen und Verfahrensweise der Steuerfestsetzung bestimmen. Der Steuerpflichtige hat umfangreiche Mitwirkungspflichten, etwa zur Vorlage von Belegen und zur wahrheitsgemäßen Erklärung sämtlicher relevanter Sachverhalte, bei Unterlassungen oder Falschangaben drohen steuerrechtliche Konsequenzen bis hin zu strafrechtlichen Verfahren. Für die tatsächliche Steuerfestsetzung gilt das sogenannte Abschnittsprinzip, d.h., sie bezieht sich jeweils auf ein festgelegtes Steuerjahr. Änderungen sind durch Berichtigungs- oder Änderungsbescheide nach Maßgabe der Vorschriften durchsetzbar, wobei insbesondere der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen gegen rückwirkende Schlechterstellungen beachtet wird.

Welche Möglichkeiten der Rechtsbehelfe bestehen bei der Ertragsteuer-Festsetzung?

Ist ein Steuerpflichtiger mit der Festsetzung der Ertragsteuer nicht einverstanden, stehen ihm verschiedene Rechtsbehelfe offen. Zunächst kann gegen den Steuerbescheid innerhalb eines Monats nach dessen Bekanntgabe schriftlich Einspruch beim zuständigen Finanzamt eingelegt werden (§ 347 AO). Der Einspruch ist ein förmlicher Rechtsbehelf, der zu einer vollständigen Überprüfung des Steuerbescheides führt (sog. Devolutiveffekt). Während des Einspruchsverfahrens kann der Steuerpflichtige weitere Beweismittel und Erläuterungen nachreichen; das Finanzamt prüft sämtliche Aspekte erneut. Sollte dies nicht zum gewünschten Ergebnis führen, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem Finanzgericht zu erheben (§ 40 FGO). Im finanzgerichtlichen Verfahren gelten besondere Vorschriften, insbesondere zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage. Weitergehende Rechtsmittel wie Revision oder Beschwerde zum Bundesfinanzhof sind nur unter besonderen Voraussetzungen möglich, etwa bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Welche Aufbewahrungspflichten bestehen im Zusammenhang mit Ertragsteuern?

Die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten im Kontext der Ertragsteuern ergeben sich primär aus der Abgabenordnung (§§ 140-147 AO) sowie ergänzenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB). Für Steuerpflichtige, die eine Buchführungspflicht trifft (insbesondere Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte über bestimmte Umsatz- oder Gewinnschwellen hinaus), beträgt die Frist für die Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen, Jahresabschlüssen, Handelsbüchern und Inventaren grundsätzlich zehn Jahre. Für empfangene und abgesandte Geschäftsbriefe sowie sonstige relevante Dokumente gilt in der Regel eine Frist von sechs Jahren. Privatpersonen ohne Buchführungspflicht müssen Belege meist nur auf Anforderung vorlegen, sollten jedoch im Fall bestimmter Sachverhalte (z.B. Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen) entsprechende Nachweise für mindestens vier Jahre aufbewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt jeweils mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung gemacht wurde bzw. das Dokument entstanden ist. Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten können Zwangsgelder und Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen nach sich ziehen.

Welche Folgen hat eine fehlerhafte oder unterlassene Erklärungsabgabe bei den Ertragsteuern?

Die unterlassene oder fehlerhafte Abgabe der Steuererklärung stellt einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten nach § 149 AO dar. Bei Nichtabgabe trotz Aufforderung erlässt das Finanzamt in der Regel einen Schätzungsbescheid (§ 162 AO), wobei die Besteuerungsgrundlagen nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzt werden – in der Praxis oftmals zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Weiterhin können Verspätungszuschläge nach § 152 AO erhoben werden, die bei fortwährender Säumigkeit empfindlich ausfallen können. Werden vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt, liegt eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) vor, was mit empfindlichen Geld- oder Freiheitsstrafen sanktioniert werden kann. Es besteht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Grundsätzlich ist daher hohe Sorgfalt bei der Erklärungsabgabe und der Einhaltung gesetzlicher Fristen geboten.

Welche Personen sind zur Abgabe einer Ertragsteuererklärung verpflichtet?

Die Pflicht zur Abgabe einer Ertragsteuererklärung ergibt sich aus den Einzelsteuergesetzen (beispielsweise § 25 Absatz 3 EStG für die Einkommensteuer und § 31 KStG für die Körperschaftsteuer) sowie ergänzenden verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO. Grundsätzlich sind natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland (inländische unbeschränkte Steuerpflicht) sowie beschränkt Steuerpflichtige mit inländischen Einkünften zur Abgabe verpflichtet, wenn bestimmte Einkommensgrenzen oder besondere Tatbestände erfüllt sind (z.B. Bezug von Nebeneinkünften, Steuerklassenkombinationen, Bezug von Lohnersatzleistungen). Juristische Personen wie Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Vereine unterliegen stets einer Abgabepflicht zur Körperschaftsteuer unabhängig von der Gewinnhöhe. Für die Gewerbesteuererklärung sind alle Unternehmen und Selbstständigen ab Überschreiten bestimmter Freibeträge abgabepflichtig. Die Verpflichtung gilt auch für Gemeinschaften, deren Besteuerungsgrundlagen gegenüber den Gesellschaftern oder Mitgliedern festgestellt werden (insbesondere Personengesellschaften).

Welche Mitwirkungspflichten treffen Steuerpflichtige im Zusammenhang mit Ertragsteuern?

Im Ertragsteuerverfahren treffen den Steuerpflichtigen umfassende Mitwirkungspflichten nach den §§ 90 ff. AO. Dazu zählen die Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Offenlegung aller steuerlich relevanten Tatsachen, das Einreichen von Belegen und Unterlagen zur Glaubhaftmachung, sowie die Verpflichtung, auf Anforderung der Finanzbehörden Auskünfte zu erteilen und gegebenenfalls Erläuterungen abzugeben. Bei Auslandssachverhalten (z.B. bei ausländischem Einkommen oder ausländischen Gesellschaften) gelten erhöhte Mitwirkungspflichten, unter anderem zur Vorlage von Übersetzungen und fremdsprachigen Unterlagen oder zur Offenlegung der Beteiligungsstruktur. Kommt der Steuerpflichtige den Mitwirkungspflichten nicht ausreichend nach, ist das Finanzamt berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen oder Unterlagen mittels Zwangsmaßnahmen einzufordern. Die Mitwirkungspflichten bestehen auch bei Außenprüfungen (Betriebsprüfungen) sowie in nachgelagerten Rechtsbehelfs- und Einspruchsverfahren.

Wie erfolgt die Festsetzung und Anrechnung ausländischer Steuern bei den deutschen Ertragsteuern?

Bei in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen, die im Ausland erzielte Einkünfte haben, ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung ein zentrales Thema. Die Anrechnung oder Freistellung ausländischer Ertragsteuern erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) oder, falls kein DBA besteht, nach § 34c EStG bzw. § 26 KStG. Im Regelfall wird die ausländische Steuer vom im Inland zu versteuernden Betrag abgezogen oder angerechnet, sodass eine Doppelbesteuerung weitgehend ausgeschlossen ist; Details ergeben sich aus Art und Inhalt des jeweiligen DBA (Freistellungs- oder Anrechnungsverfahren). Die Anrechnung ist grundsätzlich an einen entsprechenden Nachweis der Steuerzahlung im Ausland gebunden (z.B. Steuerbescheinigungen, Zahlungsbelege). Für die konkrete Anwendung bestehen Meldepflichten im Rahmen der Steuererklärung sowie gegebenenfalls erweiterte Mitwirkungspflichten. Fehlerhafte oder unvollständige Nachweise können dazu führen, dass die Anrechnung oder Freistellung versagt wird und somit eine Besteuerung im Inland erfolgt.