Definition und Einordnung der Ersten Tätigkeitsstätte
Die Erste Tätigkeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit einer angestellten Person. Gemeint ist eine feste betriebliche Einrichtung, der eine Person durch den Arbeitgeber dauerhaft zugeordnet ist. Die Einordnung dient vor allem der steuerlichen Abgrenzung zwischen dem täglichen Weg zur Arbeit und beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten. Seit der Modernisierung des Reisekostenrechts wird der Begriff einheitlich verwendet, um klare und vergleichbare Maßstäbe für unterschiedliche Beschäftigungsformen zu schaffen.
Abgrenzungskriterien
Zuweisung durch den Arbeitgeber
Vorrangig entscheidet die Zuordnung durch den Arbeitgeber. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt an jener betrieblichen Einrichtung vor, die in schriftlicher oder mündlicher Form als regelmäßiger Arbeitsort benannt ist. Als betriebliche Einrichtung kommen insbesondere Standorte des Arbeitgebers, Einrichtungen eines verbundenen Unternehmens sowie Einrichtungen eines Dritten in Betracht, wenn dort Tätigkeiten im Auftrag des Arbeitgebers erbracht werden.
Dauerhaftigkeit der Zuordnung
Die Zuordnung gilt als dauerhaft, wenn sie auf unbestimmte Zeit vorgenommen wird oder für einen im Voraus festgelegten längeren Zeitraum angelegt ist. Auch projektbezogene Einsätze können dauerhaft sein, wenn sie über einen längeren, typischerweise mehrjährigen Zeitraum festgelegt sind. Kurzfristige, wechselnde oder nur vorübergehende Einsätze begründen regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte.
Ersatzkriterien ohne ausdrückliche Zuweisung
Fehlt eine klare Zuordnung, wird auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt dann dort, wo die Tätigkeit typischerweise in nennenswertem Umfang erbracht wird. Als praxiserprobte Richtgröße gilt, dass eine Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte gilt, wenn dort auf Dauer entweder an zwei vollen Arbeitstagen pro Woche oder mindestens ein Drittel der vereinbarten Arbeitszeit gearbeitet wird.
Beschränkung auf eine erste Tätigkeitsstätte je Arbeitsverhältnis
Pro Arbeitsverhältnis kann es nur eine erste Tätigkeitsstätte geben. Bestehen mehrere Arbeitsverhältnisse nebeneinander, ist je Arbeitsverhältnis eine gesonderte Beurteilung vorzunehmen.
Steuerliche Bedeutung
Fahrten zwischen Wohnung und Erster Tätigkeitsstätte
Der tägliche Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte wird pauschal behandelt. Für diese Strecke gilt eine Entfernungspauschale, die unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel angesetzt wird. Sie berücksichtigt nur die einfache Entfernung und kann pro Arbeitstag berücksichtigt werden. Tatsächliche Kosten spielen dabei grundsätzlich keine Rolle.
Auswärtstätigkeit und Dienstreise
Fahrten zu anderen Einsatzorten als der ersten Tätigkeitsstätte gelten als Auswärtstätigkeit. Für diese Fahrten kommen abweichende Regelungen zur Anwendung, die an den tatsächlichen Kosten anknüpfen können. Zusätzlich kann bei vorübergehender Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte ein pauschaler Mehrbedarf für Verpflegung berücksichtigt werden, sofern bestimmte Mindestabwesenheitszeiten erfüllt sind. Übernachtungskosten außerhalb der Wohnung und außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte können in angemessenem Rahmen berücksichtigt werden.
Leistungen des Arbeitgebers
Erstattet der Arbeitgeber Aufwendungen für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte, werden diese regelmäßig wie Leistungen für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte behandelt. Erstattungen für Auswärtstätigkeiten können steuerlich begünstigt sein, wenn sie die maßgeblichen Pauschalen oder die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten nicht überschreiten.
Dienstwagen
Die Behandlung privater Nutzungsvorteile bei einem zur Verfügung gestellten Fahrzeug kann von der Einordnung der ersten Tätigkeitsstätte abhängen. Insbesondere die Bewertung der Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte folgt standardisierten Ansätzen, die an die Entfernung anknüpfen.
Besonderheiten und Sonderkonstellationen
Homeoffice und häusliches Arbeitszimmer
Das häusliche Arbeitszimmer oder Homeoffice zählt in der Regel nicht als erste Tätigkeitsstätte, da es keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers ist. Die tägliche Anwesenheit im Homeoffice ändert daran grundsätzlich nichts. Eine erste Tätigkeitsstätte setzt regelmäßig eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten voraus.
Weiträumige Tätigkeitsgebiete und Sammelpunkte
Bei Tätigkeiten in einem weiträumigen Gebiet (etwa Forst, Revier, Großbaustellenfelder) oder bei Anordnung eines Sammelpunktes (zum Beispiel Betriebshof als täglicher Treffpunkt) gelten gesonderte Regelungen. Die Wege zu dem Sammelpunkt oder in das Gebiet werden teils ähnlich wie Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte behandelt, auch wenn der Sammelpunkt selbst nicht als erste Tätigkeitsstätte gilt. Dies betrifft vor allem die Art der Kostenberücksichtigung für diese Fahrten.
Leiharbeit und Einsatz in Einrichtungen Dritter
Bei Einsätzen in Einrichtungen von Kunden ist die Einordnung abhängig von der Dauerhaftigkeit der Zuordnung. Kurzfristig wechselnde Einsatzstellen begründen regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte. Wird eine Person jedoch auf Dauer einer bestimmten fremden Einrichtung zugeordnet, kann dort eine erste Tätigkeitsstätte liegen.
Baustellen- und Montageeinsätze
Wechselnde Baustellen und Montageorte sind typischerweise Auswärtstätigkeiten. Eine erste Tätigkeitsstätte kann jedoch entstehen, wenn eine feste betriebliche Einrichtung – etwa ein Werkhof, eine Zentrale oder ein fester Standort – dauerhaft als Arbeitsort zugewiesen ist und dort ein wesentlicher Teil der Arbeitsleistung oder der arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt wird.
Lehre, Ausbildung und duale Studiengänge
Bei Auszubildenden und Teilnehmenden dualer Studiengänge liegt die erste Tätigkeitsstätte regelmäßig im Ausbildungs- oder Praxisbetrieb, wenn dort eine dauerhafte Zuordnung erfolgt. Reine Bildungseinrichtungen ohne Zuordnung durch den Arbeitgeber sind in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte. Bei längerfristigen, durch den Arbeitgeber veranlassten Einsätzen in Ausbildungsstätten kann eine erste Tätigkeitsstätte vorliegen.
Typische Fallgruppen
Büro- und Verwaltungstätigkeit
Bei überwiegender Tätigkeit in einem festen Bürogebäude mit dauerhafter Zuordnung liegt die erste Tätigkeitsstätte in der betriebliche Einrichtung, in der regelmäßig gearbeitet wird.
Außendienst und mobiler Vertrieb
Ist keine dauerhafte Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung gegeben und erfolgt die Tätigkeit vorwiegend im Außendienst, fehlt häufig eine erste Tätigkeitsstätte. Fahrten sind dann Auswärtstätigkeiten, soweit nicht Sammelpunkte oder weiträumige Gebiete einschlägig sind.
Fahrer und Besatzungen
Für Fahrerinnen und Fahrer, die ihre Tätigkeit überwiegend unterwegs erbringen, kommt es darauf an, ob ein Unternehmen eine tägliche Meldung an einem Betriebshof oder eine andere Einrichtung verbindlich anordnet. Ohne entsprechende dauerhafte Zuordnung liegt regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte vor; bei angeordnetem Sammelpunkt gelten besondere Wege-Regelungen.
Lehrkräfte
Lehrkräfte sind häufig dauerhaft einer Schule oder einem Schulverbund zugeordnet. Liegt eine solche dauerhafte Zuordnung vor, bildet die Schule die erste Tätigkeitsstätte. Bei wechselnden Einsatzschulen ohne dauerhafte Zuordnung kann die Einordnung differieren.
Wechsel der Ersten Tätigkeitsstätte
Ein Wechsel tritt ein, wenn der Arbeitgeber die Zuordnung ändert oder die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse sich nachhaltig wandeln. Die steuerliche Einordnung gilt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt des Wechsels. Übergangs- oder Mischphasen sind anhand der Dauerhaftigkeit und der tatsächlichen Tätigkeit zu beurteilen.
Dokumentation und Nachweise
Für die Einordnung ist die Arbeitgeberzuordnung bedeutsam. Arbeitsverträge, Einsatzpläne und interne Mitteilungen können die Zuordnung dokumentieren. Ohne ausdrückliche Zuordnung wird auf die nachweisbare Verteilung der Arbeitszeit abgestellt. Eine klare und fortlaufende Dokumentation der regelmäßigen Einsatzorte erleichtert die Einordnung.
Auswirkungen auf Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungen
Bei Tätigkeiten außerhalb von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand sowie Übernachtungskosten in Betracht kommen. Maßgeblich sind die Dauer der Abwesenheit und der Charakter der Tätigkeit als Auswärtstätigkeit. Bei durchgehenden Einsätzen an demselben auswärtigen Ort kann der pauschale Verpflegungsmehraufwand zeitlich begrenzt sein.
Häufig gestellte Fragen
Kann es mehrere erste Tätigkeitsstätten geben?
Pro Arbeitsverhältnis gibt es nur eine erste Tätigkeitsstätte. Bestehen mehrere Arbeitsverhältnisse gleichzeitig, kann je Arbeitsverhältnis eine eigene erste Tätigkeitsstätte vorliegen.
Gilt das Homeoffice als erste Tätigkeitsstätte?
In der Regel nicht. Das Homeoffice ist keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Eine erste Tätigkeitsstätte setzt üblicherweise eine feste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten voraus.
Wie wird die erste Tätigkeitsstätte bestimmt, wenn es keine ausdrückliche Zuordnung gibt?
Ohne ausdrückliche Zuordnung wird auf die tatsächlichen Einsatzzeiten abgestellt. Eine Einrichtung gilt regelmäßig als erste Tätigkeitsstätte, wenn dort auf Dauer entweder an zwei vollen Arbeitstagen pro Woche oder mindestens ein Drittel der Arbeitszeit gearbeitet wird.
Worin liegt der steuerliche Unterschied zwischen Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte und Dienstreisen?
Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte werden pauschal nach der Entfernung behandelt. Dienstreisen zu anderen Einsatzorten knüpfen demgegenüber an tatsächliche Kosten und gegebenenfalls Verpflegungspauschalen an. Diese Unterscheidung betrifft auch die Behandlung von Arbeitgebererstattungen.
Wie werden Sammelpunkte und weiträumige Tätigkeitsgebiete eingeordnet?
Wege zu angeordneten Sammelpunkten oder in weiträumige Tätigkeitsgebiete werden teils ähnlich wie Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte behandelt, auch wenn dort keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. Dadurch gelten für diese Wege besondere Regelungen zur Kostenberücksichtigung.
Haben Leiharbeitnehmende eine erste Tätigkeitsstätte beim Kunden?
Bei kurz- oder mittelfristig wechselnden Einsätzen liegt regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte beim Kunden vor. Eine erste Tätigkeitsstätte kann entstehen, wenn eine dauerhafte Zuordnung zu einer bestimmten Einrichtung des Kunden erfolgt.
Kann eine Bildungseinrichtung erste Tätigkeitsstätte sein?
Das ist möglich, wenn eine dauerhafte Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer entsprechenden Einrichtung vorliegt. Bei dualen Ausbildungen ist häufig der Ausbildungs- oder Praxisbetrieb die erste Tätigkeitsstätte. Reine Hochschul- oder Schulbesuche ohne Arbeitgeberzuordnung begründen in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte.
Wann liegt ein Wechsel der ersten Tätigkeitsstätte vor?
Ein Wechsel liegt vor, wenn der Arbeitgeber die Zuordnung ändert oder die tatsächlichen Verhältnisse sich nachhaltig so wandeln, dass ein anderer Ort die dauerhafte Mitte der Tätigkeit bildet. Die Einordnung gilt ab dem Zeitpunkt des Wechsels.