Begriff und Bedeutung der Ersatzhehlerei
Die Ersatzhehlerei ist ein Begriff aus dem deutschen Strafrecht und stellt eine spezielle Form der Hehlerei dar. Sie betrifft den Umgang mit Gegenständen, die mittelbar aus einer Straftat stammen. Im Unterschied zur klassischen Hehlerei bezieht sich die Ersatzhehlerei auf Fälle, in denen der ursprünglich durch eine rechtswidrige Tat erlangte Gegenstand bereits weiterveräußert oder ausgetauscht wurde und der Täter, Hehler oder ein Dritter anstelle des Tatobjekts einen Ersatz oder dessen Gegenwert erhält. Die Ersatzhehlerei war bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 1998 in § 259 Abs. 2 StGB geregelt. Der Gesetzgeber hat die Erfassung der Ersatzhehlerei seither beschränkt, sodass sie sich nicht mehr ohne Weiteres aus dem geltenden Recht ergibt.
Gesetzliche Regelung der Ersatzhehlerei
Frühere Regelung
Bis zum 1. April 1998 enthielt § 259 Abs. 2 StGB eine ausdrückliche Vorschrift zur Ersatzhehlerei. Nach alter Rechtslage wurde auch die Erlangung, das Sichverschaffen, das Verwahren oder Verwenden des anstelle der Tatbeute getretenen Surrogats, wie etwa des Verkaufserlöses, unter den Tatbestand der Hehlerei gefasst. Dies sollte verhindern, dass der Hehler durch die Umwandlung der Beute in andere Vermögenswerte straffrei blieb.
Aktuelle Rechtslage
Mit der Neufassung des § 259 StGB im Jahr 1998 hat der Gesetzgeber die Ersatzhehlerei im engeren Sinne aus dem Tatbestand der Hehlerei entfernt. Der Wortlaut des § 259 StGB bezieht sich nun ausschließlich auf das „Sichverschaffen oder Veräußern einer Sache“, die aus einer rechtswidrigen Tat erlangt wurde. Die Erfassung von Surrogaten durch Hehlerei ist daher nach geltendem Recht grundsätzlich ausgeschlossen.
Strafgesetzbuch (StGB) § 259 – Hehlerei
„Wer eine Sache, die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat, insbesondere einen Diebstahl oder eine Unterschlagung, erlangt hat, sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, wird … bestraft.“
Als „Sache“ im Sinne dieser Norm werden nur körperliche Gegenstände verstanden, nicht aber Surrogate wie Geld, das anstelle der Beute getreten ist.
Von der Ersatzhehlerei umfasste Konstellationen
Typische Sachverhalte
Ersatzhehlerei betrifft Fälle, in denen ein gestohlener oder unterschlagener Gegenstand bereits veräußert wurde und der Hehler oder ein Dritter nunmehr den Kaufpreis (also das Surrogat) erhält oder an sich nimmt. Während nach alter Rechtslage das Einziehen des Gegenwerts anstelle der Originalware von der Hehlerstrafbarkeit umfasst war, entfällt dies heute größtenteils.
Beispiel
Ein Täter veräußert eine gestohlene Uhr an einen Unbeteiligten. Der Erlös aus diesem Verkauf, z. B. 1.000 Euro, gelangt in den Besitz einer weiteren Person. Nach aktueller Gesetzeslage ist die Weitergabe oder Entgegennahme dieser 1.000 Euro nicht als Hehlerei nach § 259 StGB strafbar.
Rechtliche Einordnung und Abgrenzung
Hehlerei (§ 259 StGB)
Die klassische Hehlerei setzt voraus, dass eine Sache aus einer rechtswidrigen Vortat stammt und vom Hehler an sich genommen, veräußert oder verwahrt wird. Maßgebliches Tatobjekt ist die Sache selbst, nicht jedoch der Wert, der durch deren Veräußerung erzielt wird.
Geldwäsche (§ 261 StGB)
Nachdem Ersatzhehlerei nicht mehr von § 259 StGB erfasst ist, tritt in bestimmten Fällen der Straftatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB in den Vordergrund. Dies gilt insbesondere dann, wenn Vermögenswerte, die aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, in den legalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Die Anforderungen und Strafdrohungen der Geldwäsche sind jedoch abweichend und zum Teil deutlich strenger als bei der Hehlerei.
Unterschlagung und Begünstigung
In Einzelfällen kann der Umgang mit dem Surrogat auch den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) oder Begünstigung (§ 257 StGB) erfüllen, sofern besondere Umstände hinzutreten. Die Tatbestände sind jedoch eigenständig und erfassen nicht allgemein alle Fälle der Ersatzhehlerei.
Strafrechtliche Konsequenzen
Straflosigkeit nach Wegfall der Ersatzhehlerei
Nach der Neuregelung von § 259 StGB ist der Erwerb oder die Weitergabe des Gegenwerts eines ursprünglich aus einer Straftat erlangten Gegenstands grundsätzlich straffrei, soweit kein anderer Straftatbestand erfüllt ist. Die Ersatzhehlerei als eigenständiges Delikt existiert nicht mehr.
Übergangsregelungen und Altfälle
Für Taten, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vom 1. April 1998 begangen wurden, galten die alten Regelungen weiter. Für aktuelle Sachverhalte ist ausschließlich die Neuregelung maßgeblich.
Kritische Betrachtung und rechtspolitische Diskussion
Mit der Streichung der Ersatzhehlerei wurde die Strafbarkeit im Zusammenhang mit Vermögensverschiebungen infolge Straftaten eingeschränkt. Kritiker bemängeln, dass es dadurch zu Strafbarkeitslücken kommen könne, insbesondere bei der Verschleierung von Vermögensherkunft durch Umwandlung in Surrogate. Befürworter der Änderung argumentieren hingegen, dass insbesondere bei Geld, als Surrogat, die Gefahr einer uferlosen Ausdehnung der Strafbarkeit bestünde, die nicht im Einklang mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Strafrechts stehe.
Die neu gefasste Geldwäscheregelung in § 261 StGB soll jedoch sicherstellen, dass schwerwiegende Fälle der Ersatzhehlerei weiterhin strafrechtlich erfasst werden können.
Literatur und weiterführende Quellen
- Fischer, Thomas: StGB Kommentar, § 259 Rn. 26 ff.
- Wessels/Beulke/Satzger: Strafrecht Besonderer Teil, Band 2, 44. Aufl., Rn. 317 ff.
- Schönke/Schröder: Strafgesetzbuch Kommentar, § 259 Rn. 35 f.
- BT-Drs. 13/8587, S. 37 (Begründung der Gesetzesänderung 1998)
- Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, 22. Auflage, 2023
Fazit
Die Ersatzhehlerei hat ihre Bedeutung im deutschen Strafrecht durch die Gesetzesänderung von 1998 weitgehend verloren. Heute ist der Umgang mit Surrogaten nicht mehr nach § 259 StGB strafbar. Die kriminalpolitische Diskussion um die Wirksamkeit dieses Konzepts hält jedoch an. Im Mittelpunkt stehen dabei Abgrenzungen zur Geldwäsche nach § 261 StGB und die Frage, ob durch die Streichung der Ersatzhehlerei relevante Strafbarkeitslücken entstanden sind. Für die Praxis bleibt die präzise Unterscheidung der Deliktstypen von zentraler Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Wer kann sich wegen Ersatzhehlerei strafbar machen?
Wegen Ersatzhehlerei kann sich grundsätzlich jeder strafbar machen, der vorsätzlich an einer Ersatzhehlerei mitwirkt – das heißt sowohl Privatpersonen als auch unter bestimmten Umständen Unternehmen beziehungsweise deren Verantwortliche. Entscheidend ist, dass der Täter nach dem Erwerb, der Absetzung oder Absatzhilfe einer durch eine rechtswidrige Vortat erlangten Sache einen Gegenstand, den er aus dieser Sache durch Umtausch, Verarbeitung, Veräußerung oder auf andere Weise erhalten hat, annimmt oder sich oder einem Dritten verschafft. Die Ersatzhehlerei knüpft im Gegensatz zur klassischen Hehlerei nicht direkt an die ursprüngliche Sache, sondern an einen Ersatzgegenstand an, den der Vortäter oder ein Dritter für die ursprünglich erlangte Sache erlangt hat. Täter können daher auch solche Personen sein, die erst nach dem Verwertungsvorgang eingreifen. Zu beachten ist, dass Ersatzhehlerei in der juristischen Literatur und Rechtsprechung im Detail umstritten ist und ihre Anerkennung sowie Reichweite teils kontrovers bewertet werden.
In welchem Verhältnis steht die Ersatzhehlerei zur klassischen Hehlerei?
Die Ersatzhehlerei wird als Unterform oder Erweiterung der klassischen Hehlerei betrachtet, unterscheidet sich jedoch deutlich im Tatgegenstand. Während sich die klassische Hehlerei nach § 259 StGB ausschließlich auf eine durch eine vorsätzliche rechtswidrige Vortat erlangte Sache bezieht, geht es bei der Ersatzhehlerei um Gegenstände, die der Vortäter anstelle der ursprünglich erlangten Sache – zum Beispiel durch Austausch oder Umwandlung – erhalten hat. Dies spielt insbesondere eine Rolle, wenn die ursprüngliche Hehlereisache nicht mehr greifbar ist, etwa weil sie verkauft oder umgetauscht wurde und der Täter nun den Erlös oder den eingetauschten Gegenstand an jemanden weitergibt. Die rechtliche Einordnung, ob und inwieweit diese Ersatzobjekte unter den Tatbestand der Hehlerei fallen, ist umstritten, wird aber gerade im Rahmen der sogenannten „Surrogathehlerei“ von Teilen der Rechtsprechung und Literatur anerkannt. Allerdings gibt es auch Judikate und Meinungen in der Rechtswissenschaft, die die Anwendung der Hehlerei auf solche Ersatzsachen ablehnen.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Strafbarkeit vorliegen?
Für die Strafbarkeit wegen Ersatzhehlerei müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein: Zunächst muss eine rechtswidrige Vortat vorliegen, durch die eine bestimmte Sache erlangt wurde. Anschließend muss diese Sache durch Veräußerung, Umtausch oder auf sonstige Weise in eine neue Vermögensposition (zum Beispiel Bargeld oder einen anderen Gegenstand) überführt worden sein. Die Person, die nun mit diesem Ersatzgegenstand umgeht (ihn zum Beispiel erwirbt oder sich verschafft), muss zudem vorsätzlich handeln, das heißt Kenntnis davon haben, dass der Ersatzgegenstand die Herkunft aus einer rechtswidrigen Vortat hat. Weiterhin ist erforderlich, dass die Tathandlung im Sinne von Anschaffen, Sichverschaffen oder Absetzen beziehungsweise Absatzhilfe entspricht. Schließlich darf der Täter nicht zugleich Täter oder Teilnehmer der Vortat gewesen sein (sogenannte persönliche Strafausschließungsgründe). Auch die Anforderungen an den sogenannten Gefährdungszusammenhang werden juristisch intensiv diskutiert.
Gibt es bei der Ersatzhehlerei Besonderheiten hinsichtlich der Einziehung oder des Verfalls?
Im Rahmen der Ersatzhehlerei kommt der Einziehung und dem Verfall eine besondere Bedeutung zu, da sichergestellte Vermögenswerte häufig nicht mehr die Originalgegenstände, sondern deren Surrogate oder Ersatzwerte darstellen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB kann die Einziehung auf Ersatzgegenstände oder surrogierte Werte ausgedehnt werden, wenn das ursprünglich Erlangte nicht mehr vorhanden ist. Im Fall der Ersatzhehlerei bedeutet dies, dass auch der Ersatzgegenstand, den der Täter oder ein Dritter für die ursprünglich deliktisch erlangte Sache erhalten hat, eingezogen werden kann. Die strafrechtliche Praxis steht hierbei jedoch häufig vor praktischen Herausforderungen, etwa bei Vermögensverschiebungen im internationalen Kontext oder bei Wertverlusten. Die Rechtslage wird zudem dadurch beeinflusst, ob die Ersatzhehlerei als eigenständiger (un)geschriebener Straftatbestand anerkannt wird.
Wann liegt eine Strafbarkeit wegen Ersatzhehlerei nicht vor?
Eine Strafbarkeit wegen Ersatzhehlerei scheidet aus, wenn der Erwerber des Ersatzgegenstandes in gutem Glauben gehandelt hat, das heißt, wenn er keine Kenntnis über die deliktische Herkunft des Gegenstandes hat und auch keine Umstände vorliegen, die darauf hätten schließen lassen. Ferner kommt es nicht zu einer Ersatzhehlerei, wenn der Ersatz für eine ursprünglich aus einer rechtswidrigen Tat erlangte Sache nicht einen selbständig bewertbaren Vermögensgegenstand darstellt (zum Beispiel bei bloßer Rückgabe oder Herausgabe). Darüber hinaus ist nach herrschender Meinung keine Ersatzhehlerei möglich, wenn der Täter identisch mit dem Täter der Vortat ist, da die Hehlerei nach dem sogenannten Teilnahme- und Exklusivitätsprinzip immer eine von der Vortat verschiedene Person voraussetzt. In einigen Konstellationen wird zudem angenommen, dass mit der Weiterveräußerung oder dem Austausch der Sache der für die Hehlerei notwendige Zusammenhang zur Vortat nicht mehr hinreichend besteht.
Welche Rolle spielt der sogenannte „Gefährdungszusammenhang“?
Der Gefährdungszusammenhang ist ein von der Rechtsprechung entwickeltes Kriterium, das im Zusammenhang mit der Ersatzhehlerei besondere Bedeutung hat. Dabei geht es um die Frage, ob zwischen der ursprünglich durch die rechtswidrige Vortat erlangten Sache und dem in Rede stehenden Ersatzgegenstand noch ein hinreichender wirtschaftlicher und rechtlicher Zusammenhang besteht. Dieser Zusammenhang ist Voraussetzung dafür, dass die Ersatzhehlerei überhaupt angenommen werden kann. So muss der Ersatzgegenstand unmittelbar auf die rechtswidrig erlangte Sache zurückzuführen sein, etwa als Surrogat im klassischen Sinne (z.B. Verkaufserlös, eingetauschter Wertgegenstand). Besteht dieser Zusammenhang nicht mehr, weil der Ersatzgegenstand bereits durch mehrere Transaktionen von der Ursprungssache gelöst wurde, lehnt die Rechtsprechung häufig eine Strafbarkeit als Ersatzhehlerei ab.
Wie unterscheiden sich Ersatzhehlerei und Geldwäsche?
Ersatzhehlerei und Geldwäsche überschneiden sich in ihrer Zielrichtung, das durch Straftaten erlangte Vermögen dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen oder diesem einen legalen Anstrich zu verschaffen. Dennoch gibt es wesentliche Unterschiede im Tatbestand: Die Ersatzhehlerei ist traditionell eine Erweiterung der Hehlerei und knüpft an die Vortat und deren Surrogate an, meist im Zusammenhang mit Sachen, die aus Vermögensdelikten stammen. Die Geldwäsche nach § 261 StGB geht darüber hinaus und kann auch den Umgang mit Ersatz- oder Surrogatgegenständen umfassen, wobei eine größere Bandbreite von Vortaten („Katalogtaten“) erfasst ist. Geldwäsche ist zudem meist eigenhändig begangen, wohingegen die Ersatzhehlerei insbesondere Handlungen Dritter im Nachgang zur Vortat erfasst. In der Praxis kommt es je nach Sachverhaltskonstellation zu Konkurrenz- und Abgrenzungsproblemen zwischen beiden Delikten, weshalb sorgfältige rechtliche Prüfung geboten ist.
Welche Rechtsfolgen drohen bei einer Verurteilung wegen Ersatzhehlerei?
Die Rechtsfolgen einer Verurteilung wegen Ersatzhehlerei richten sich nach den allgemeinen Strafvorschriften für Hehlerei in § 259 StGB, sofern die Rechtsprechung die Ersatzhehlerei darunter subsumiert. Hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen, etwa gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Ersatzhehlerei, kann die Strafe höher ausfallen. Daneben kommen Nebenfolgen wie Einziehung des durch die Tat Erlangten, Wertersatzeinziehung und Eintragungen in Führungszeugnisse in Betracht. Für Unternehmen beziehungsweise Verantwortliche juristischer Personen kann zusätzlich die Verhängung einer Geldbuße nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz in Betracht kommen. Darüber hinaus drohen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche des Geschädigten.