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Ersatzhehlerei

Begriff und Grundidee der Ersatzhehlerei

Ersatzhehlerei bezeichnet Konstellationen, in denen nicht die ursprünglich erbeutete Sache selbst, sondern deren wirtschaftlicher Ersatz oder Erlös im Mittelpunkt steht. Gemeint sind zum Beispiel Geldbeträge, die aus dem Verkauf einer entwendeten Sache stammen, eingetauschte Gegenstände, Forderungen auf einen Kaufpreis oder andere Surrogate. Der Ausdruck beschreibt somit eine Erscheinungsform im Umfeld der Hehlerei, ist jedoch keine eigenständige Straftatbezeichnung.

Die klassische Hehlerei knüpft in ihrem Kern an die ursprüngliche Sache an, die durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat erlangt wurde. Nach überwiegender Auffassung reicht die Hehlerei grundsätzlich nicht auf Ersatz- oder Surrogatgegenstände über. Die bloße Verfügung über Erlöse oder aus der Verwertung der Sache entstehende Ansprüche erfüllt danach regelmäßig nicht die Anforderungen, die an Hehlerei gestellt werden.

Abgrenzung zur klassischen Hehlerei

Hehlerei setzt typischerweise voraus, dass eine Person eine Sache, die ein anderer durch eine Vermögensstraftat erlangt hat, übernimmt, weiterveräußert, veräußern hilft oder sich in vergleichbarer Weise in den Verkehr bringt. Zentral ist die Anknüpfung an die ursprüngliche Tatbeute. Diese Bindung an die originale Sache grenzt die Hehlerei zu möglichen Ersatz- und Surrogatgegenständen ab.

Die Idee dahinter ist, die fortgesetzte Verwertung der ursprünglichen Tatbeute zu erfassen, ohne jede spätere Vermögensbewegung im Umfeld der Tat in gleicher Weise zu kriminalisieren. Deshalb ist maßgeblich, ob der Beitrag einer Person noch auf die Platzierung der ursprünglichen Sache gerichtet ist (klassische Hehlerei) oder bereits allein auf deren Verwertungserlös (Ersatzhehlerei). Nur im ersten Fall liegt nach verbreiteter Auffassung Hehlerei vor.

Typische Fallgruppen der Ersatzhehlerei

Weitergabe des Verkaufserlöses

Erhält der Vortäter nach dem Verkauf der entwendeten Sache einen Kaufpreis und leitet eine Drittperson diesen Erlös weiter oder verwahrt ihn, betrifft dies nicht mehr die ursprüngliche Sache, sondern deren Gegenwert. Solche Handlungen werden dem Bereich der Ersatzhehlerei zugerechnet. Sie gelten im Grundsatz nicht als Hehlerei, weil die Tatbeute bereits veräußert ist und sich die Handlung nur noch auf den Erlös bezieht. Etwas anderes kann gelten, wenn die Mitwirkung am Zahlungsfluss funktionaler Bestandteil des Absatzes der ursprünglichen Sache ist; dann kann weiterhin klassische Hehlerei vorliegen.

Tauschgeschäfte und Umwandlung der Sache

Wird die entwendete Sache gegen eine andere getauscht oder in anderer Weise umgewandelt (zum Beispiel Zerlegung, Verarbeitung), stellt sich die Frage, ob die hiervon betroffenen Gegenstände oder Produkte noch als ursprüngliche Tatbeute anzusehen sind. Nach überwiegender Auffassung sind die Surrogate (Tauschgegenstände, neue Produkte) keine Tatbeute der Vortat mehr. Handlungen mit diesen Surrogaten fallen daher grundsätzlich nicht unter Hehlerei, sondern werden dem Bereich der Ersatzhehlerei zugeordnet.

Forderungen und Zahlungsmittel

Aus einem Verkauf der entwendeten Sache kann eine Forderung auf den Kaufpreis entstehen. Die Verfügung über diese Forderung oder deren Erfüllung (Bar- oder Überweisungszahlung) betrifft nicht die ursprüngliche Sache, sondern einen durch die Verwertung entstandenen Anspruch beziehungsweise dessen Erfüllung. Auch dies wird als Ersatzhehlerei eingeordnet. Eine Besonderheit kann allerdings dann bestehen, wenn ausnahmsweise gerade die konkret verwendeten Zahlungsmittel selbst Tatbeute aus einer anderen Vortat sind; in einem solchen Ausnahmefall kann der Bezug zur ursprünglichen Tatbeute wieder bestehen.

Versicherungsleistungen und Dritte

Erhält der Eigentümer für die entwendete Sache eine Versicherungsleistung, handelt es sich nicht um Tatbeute des Vortäters, sondern um einen Ausgleich zwischen Versichertem und Versicherer. Handlungen mit solchen Leistungen haben keinen Bezug zur ursprünglichen Sache des Vortäters und betreffen daher keine Hehlerei; sie sind dem Themenkreis der Ersatzhehlerei zuzuordnen, bleiben dort aber regelmäßig ohne Bedeutung für Hehlerei.

Systematische Einordnung und Zweck

Die Hehlerei dient der Eindämmung der Verwertung kriminell erlangter Gegenstände durch Dritte und soll verhindern, dass ein illegaler Zweitmarkt entsteht. Die Beschränkung auf die ursprüngliche Sache ist ein bewusstes Abgrenzungskriterium. Sie verhindert, dass jede spätere Vermögensbewegung rund um die Tat erfasst wird und hält die Grenze zwischen Teilnahme an der Vortat, Hehlerei und anderen Anschlussdelikten klar.

Der Begriff Ersatzhehlerei hat daher vor allem eine klärende Funktion: Er beschreibt Konstellationen, die zwar in der Nähe der Hehlerei liegen, aber mangels Bezugs zur ursprünglichen Sache regelmäßig nicht unter deren Tatbestand fallen. Zugleich wird dadurch der Anwendungsbereich anderer Anschlussdelikte sichtbar, die den Umgang mit Taterträgen eigenständig erfassen.

Verhältnis zu anderen Delikten

Mitwirkung an der Vortat

Wer bereits vor oder während der Vortat mitwirkt, kann als Beteiligter an der Vortat in Betracht kommen. Hehlerei setzt demgegenüber eine zeitliche und sachliche Distanz zur Vortat voraus und richtet sich auf die Verwertung der bereits erbeuteten Sache. Der Vortäter selbst kann keine Hehlerei an der von ihm erlangten Sache begehen.

Geldwäsche

Der Umgang mit Erträgen aus Straftaten ist Gegenstand eines eigenständigen Deliktsbereichs, der nicht auf die ursprüngliche Sache beschränkt ist, sondern auf rechtswidrig erlangte Vermögenswerte zielt. Fälle der Ersatzhehlerei können daher, je nach konkreter Ausgestaltung, in diesen Anwendungsbereich fallen, obwohl sie keine Hehlerei im engeren Sinn darstellen.

Begünstigung und Strafvereitelung

Wer einem Täter nach dessen Tat hilft, sich Vorteile zu sichern oder Strafen zu entgehen, kann unter andere Anschlussdelikte fallen. Diese erfassen nicht die Verwertung der ursprünglichen Tatbeute als solche, sondern die Unterstützungshandlung zugunsten des Täters nach seiner Tat.

Rechtsfolgen und Strafzumessung

Ersatzhehlerei ist keine eigenständige Strafnorm. Entscheidend ist daher stets, ob die Handlung noch in einem hinreichend unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwertung der ursprünglichen Sache steht (klassische Hehlerei) oder ob sie sich lediglich auf Erlöse, Forderungen oder Surrogate bezieht (Ersatzhehlerei). Nur im ersten Fall kommt eine Bestrafung wegen Hehlerei in Betracht. Unabhängig davon können Handlungen im Bereich der Ersatzhehlerei, je nach Sachverhalt, von anderen Delikten erfasst werden, die speziell den Umgang mit Taterträgen oder die Unterstützung von Tätern nach der Tat regeln.

Praktische Bedeutung

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen Hehlerei und Ersatzhehlerei vor allem für die Beweisführung und die rechtliche Bewertung von Transaktionen im Umfeld entwendeter Gegenstände bedeutsam. Maßgeblich ist, ob eine Handlung auf die Platzierung der ursprünglichen Sache im Verkehr gerichtet ist oder sich lediglich auf deren Verwertungserlös und Surrogate bezieht. Diese Differenzierung beeinflusst, welche Tatbestände einschlägig sind und wie die Tathandlungen rechtlich einzuordnen sind.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Ersatzhehlerei

Was bedeutet Ersatzhehlerei in einfachen Worten?

Ersatzhehlerei beschreibt Fälle, in denen nicht mit der ursprünglich entwendeten Sache umgegangen wird, sondern mit dem, was an ihre Stelle getreten ist, etwa Geld aus dem Verkauf, eingetauschte Gegenstände oder daraus entstandene Forderungen. Es handelt sich um eine Umschreibung für Grenzfälle zur Hehlerei, nicht um eine eigene Straftatbezeichnung.

Ist Ersatzhehlerei strafbar wie Hehlerei?

Nach überwiegender Auffassung ist der Umgang allein mit Erlösen, Forderungen oder Surrogaten grundsätzlich keine Hehlerei, weil diese nicht mehr die ursprüngliche Tatbeute betreffen. Ob und inwieweit andere Delikte eingreifen, hängt vom Einzelfall ab.

Wann liegt trotz Geldflusses noch klassische Hehlerei vor?

Wenn die Mitwirkung am Zahlungsfluss funktionaler Bestandteil des Absatzes der ursprünglichen Sache ist, kann weiterhin klassische Hehlerei gegeben sein. Entscheidend ist, ob der Beitrag noch unmittelbar auf die Verwertung der ursprünglichen Tatbeute gerichtet ist.

Spielt es eine Rolle, ob die entwendete Sache zuvor verkauft oder getauscht wurde?

Ja. Wird die Sache verkauft oder getauscht, betreffen spätere Handlungen häufig nur noch Erlöse, Forderungen oder Surrogate. Diese werden dem Bereich der Ersatzhehlerei zugerechnet und fallen regelmäßig nicht unter Hehlerei. Wer hingegen am Verkauf der ursprünglichen Sache selbst mitwirkt, kann klassische Hehlerei verwirklichen.

Kommt es auf die Kenntnis der Herkunft als Tatertrag an?

Für Hehlerei ist ein Bewusstsein erforderlich, dass die Sache aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten Tat eines anderen stammt. Bei Ersatzhehlerei fehlt es typischerweise an der erforderlichen Bezugnahme auf die ursprüngliche Sache, sodass die Kenntnis allein nicht zur Hehlerei führt. Sie kann jedoch für andere Delikte von Bedeutung sein.

Kann der Vortäter selbst Ersatzhehlerei begehen?

Der Vortäter kann keine Hehlerei an der von ihm erlangten Sache begehen. Handlungen des Vortäters, die sich auf Erlöse oder Surrogate beziehen, sind keine Hehlerei. Ob andere Tatbestände in Betracht kommen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Wie verhält sich Ersatzhehlerei zur Geldwäsche?

Der Umgang mit Erträgen aus Straftaten kann von Geldwäschevorschriften erfasst sein, die nicht an die ursprüngliche Sache gebunden sind. Fälle, die als Ersatzhehlerei beschrieben werden, können deshalb in den Anwendungsbereich der Geldwäsche fallen, ohne Hehlerei zu sein.