Erkennungsdienstliche Maßnahmen

Erkennungsdienstliche Maßnahmen: Begriff und Einordnung

Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind Eingriffe von Sicherheitsbehörden, mit denen körperliche Merkmale einer Person erfasst, dokumentiert und in Datenbanken gespeichert werden, um Identität festzustellen, Personen wiederzuerkennen oder Spuren aus Straftaten zuzuordnen. Dazu zählen insbesondere fotografische Aufnahmen, Finger- und Handflächenabdrücke sowie die Erfassung besonderer Kennzeichen. Die Maßnahmen dienen sowohl der Aufklärung konkreter Straftaten als auch der vorbeugenden Verhinderung zukünftiger Taten. Sie unterscheiden sich von der bloßen Identitätsfeststellung, die sich auf Personalien und Ausweisdokumente beschränkt, indem sie biometrische und sonstige identitätsrelevante Merkmale dauerhaft sichern.

Typische Inhalte erkennungsdienstlicher Maßnahmen

  • Lichtbilder (Frontal- und Profilaufnahmen), ggf. Ganzkörper- und Detailfotos, etwa von Tätowierungen, Narben oder anderen besonderen Kennzeichen
  • Finger- und Handflächenabdrücke, bei Bedarf auch Fußabdrücke
  • Körpermaße und äußerlich feststellbare Merkmale (Größe, besondere körperliche Eigenheiten)
  • Stimm- oder Sprachproben sowie Schriftproben, soweit zur Identifizierung erforderlich

Genetische Untersuchungen (DNA-Analyse) fallen regelmäßig unter gesonderte Regelungen mit erweiterten Schutzvorgaben und zählen nicht ohne Weiteres zu den üblichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen.

Rechtszwecke und Anwendungsbereiche

Strafverfolgung

Im Rahmen eines Strafverfahrens dienen erkennungsdienstliche Maßnahmen dazu, die Identität einer beschuldigten Person zu sichern, ihre Wiedererkennung zu ermöglichen, Spuren abzugleichen und Beweismittel zu sichern. Sie können angeordnet werden, wenn dies zur Aufklärung oder zur Beweissicherung im konkreten Verfahren erforderlich erscheint.

Gefahrenabwehr und Prävention

Unabhängig von einem konkreten Strafverfahren können erkennungsdienstliche Maßnahmen auch vorbeugend eingesetzt werden, um künftige Straftaten zu verhindern oder die Aufklärung zukünftiger Straftaten zu erleichtern. Entscheidend ist hierbei die Prognose, dass die gespeicherten Merkmale künftig für Ermittlungen relevant sein können. Diese präventive Nutzung unterliegt besonderen Anforderungen an Anlass, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.

Weitere Kontexte

In bestimmten Bereichen, etwa bei Grenz- und aufenthaltsrechtlichen Kontrollen, können erkennungsdienstliche Erhebungen ebenfalls vorgesehen sein. Auch hier gelten strikte Zweckbindungen und datenschutzrechtliche Vorgaben.

Voraussetzungen und Grenzen

Erkennungsdienstliche Maßnahmen setzen grundsätzlich einen konkreten Anlass voraus. Sie müssen geeignet sein, den verfolgten Zweck zu erreichen, und dürfen nur angeordnet werden, wenn mildere Mittel nicht ausreichen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass Belastung und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen. Besonders sensibel sind Maßnahmen bei Personen, die nicht beschuldigt sind; hier sind die Hürden höher.

Anordnung und Zuständigkeit

Die Anordnung obliegt je nach Einsatzbereich den Strafverfolgungs- oder den Polizeibehörden. Im Strafverfahren entscheiden in der Regel die Ermittlungsbehörden; im präventiven Bereich sind es die Polizei- oder Ordnungsbehörden. Für bestimmte Konstellationen kann eine vorherige gerichtliche Entscheidung vorgesehen sein, insbesondere wenn eine einverständliche Mitwirkung fehlt oder der Eingriff erheblich ist.

Richterliche Kontrolle und Dokumentationspflichten

Erkennungsdienstliche Maßnahmen müssen nachvollziehbar begründet und dokumentiert werden. Für eingriffsintensive oder präventive Maßnahmen kann eine richterliche Kontrolle vorab oder nachträglich vorgesehen sein. Eine ordnungsgemäße Dokumentation dient der späteren Überprüfbarkeit, einschließlich der Frage, ob die Voraussetzungen vorlagen und der Eingriff verhältnismäßig war.

Zwangsanwendung und Gesundheitsschutz

Wird die Mitwirkung verweigert, kann in engen Grenzen unmittelbarer Zwang angewendet werden, sofern dies gesetzlich vorgesehen, erforderlich und verhältnismäßig ist. Gesundheitliche Belange sind zu berücksichtigen; invasive oder riskante Eingriffe sind unzulässig. Die Durchführung hat unter Wahrung der Würde der betroffenen Person zu erfolgen.

Ablauf und Durchführung

Vor Beginn werden Zweck und Umfang der Maßnahme erläutert. Die Erhebung erfolgt standardisiert, häufig in dafür eingerichteten Räumen. Fotografien und Abdrücke werden technisch so erstellt, dass eine spätere zuverlässige Zuordnung möglich ist. Nach Abschluss werden die Daten dem entsprechenden Vorgang zugeordnet und in den vorgesehenen Systemen gespeichert.

Protokollierung und Aktenführung

Art, Zeitpunkt, Anlass, durchführende Personen und eingesetzte Mittel werden protokolliert. Die Protokolle ermöglichen später die rechtliche Kontrolle, die Nachvollziehbarkeit der Datenherkunft und die Prüfung von Löschungsansprüchen.

Datenverarbeitung, Speicherung und Löschung

Die gewonnenen Daten werden zweckgebunden gespeichert, meist in speziellen Informationssystemen der Polizei. Zugriff erhalten nur befugte Stellen. Eine Weitergabe an andere Behörden ist nur unter gesetzlichen Voraussetzungen zulässig. Speicherdauer und Löschfristen richten sich nach dem Zweck: Im Strafverfahren regelmäßig bis zum Abschluss oder bis zur Erledigung des Aufbewahrungszwecks; bei präventiver Speicherung ist eine regelmäßige Überprüfung auf Erforderlichkeit vorgesehen. Entfällt der Zweck, sind die Daten zu löschen. Protokollierungen und Sperrkonzepte ergänzen die Löschungspflichten.

Übermittlungen und internationale Zusammenarbeit

Unter klar begrenzten Voraussetzungen können erkennungsdienstliche Daten im Rahmen nationaler und internationaler Zusammenarbeit abgeglichen oder übermittelt werden, etwa zur Identifizierung unbekannter Personen oder zur Spurenzuordnung. Solche Übermittlungen setzen rechtliche Grundlagen, Zweckbindung, Datensparsamkeit und angemessene Schutzvorkehrungen voraus.

Betroffenenrechte

Betroffene haben Rechte auf Information, Auskunft über gespeicherte Daten, Berichtigung unrichtiger Einträge sowie Löschung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Zudem bestehen Rechtsbehelfe gegen Anordnungen und gegen die Speicherung, etwa in Form verwaltungsrechtlicher oder strafverfahrensrechtlicher Rechtsmittel. Unabhängige Aufsichtsstellen überwachen die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben.

Minderjährige und schutzbedürftige Personen

Bei Minderjährigen gelten gesteigerte Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit. Soweit möglich, werden Sorgeberechtigte einbezogen. Die Maßnahme ist auf das erforderliche Minimum zu beschränken und besonders schonend durchzuführen.

Abgrenzungen zu anderen Maßnahmen

  • Identitätsfeststellung: Erfasst primär Personalien und Ausweisdokumente; keine dauerhafte biometrische Speicherung.
  • Körperliche Untersuchung: Dient der Feststellung körperlicher Zustände oder Spuren und geht über die Erfassung äußerer Identifizierungsmerkmale hinaus.
  • Durchsuchung: Betroffen sind Sachen oder Personen zur Auffindung bestimmter Gegenstände oder Beweismittel; keine eigenständige biometrische Erfassung.
  • Genetische Untersuchungen: Gesondert geregelt und an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft.

Folgen unzulässiger Maßnahmen

Rechtswidrig erhobene Daten können zu Löschungs- und Sperrungsansprüchen führen. Im Strafverfahren kommt es auf die Umstände an, ob und inwieweit Beweisergebnisse verwertbar sind. Zudem kann eine unzulässige Maßnahme kontrollrechtliche oder schadensersatzrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unklare oder fehlende Dokumentation kann die Rechtmäßigkeit in Frage stellen.

Häufig gestellte Fragen

Was umfasst der Begriff erkennungsdienstliche Maßnahmen konkret?

Er umfasst die Erhebung und Speicherung identitätsrelevanter Merkmale wie Lichtbilder, Finger- und Handflächenabdrücke, besondere Kennzeichen, gegebenenfalls auch Stimm- oder Schriftproben. Ziel ist die Identifizierung, Wiedererkennung und Spurenzuordnung im Rahmen von Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr.

In welchen Situationen dürfen solche Maßnahmen angeordnet werden?

Sie kommen im laufenden Strafverfahren gegen eine beschuldigte Person sowie präventiv zur Verhinderung und Aufklärung künftiger Straftaten in Betracht. Voraussetzung sind ein konkreter Anlass, Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Bei unbeteiligten Personen sind die Anforderungen besonders hoch.

Wer darf die Anordnung treffen und ist eine richterliche Entscheidung erforderlich?

Je nach Kontext entscheiden Strafverfolgungsbehörden oder Polizeibehörden. Für bestimmte Eingriffe oder bei fehlender freiwilliger Mitwirkung kann eine richterliche Entscheidung vorgesehen sein. Zudem unterliegen die Maßnahmen der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle.

Dürfen Minderjährige erkennungsdienstlich behandelt werden?

Ja, jedoch gelten gesteigerte Schutzanforderungen. Die Maßnahme muss besonders sorgfältig abgewogen werden, auf das notwendige Maß beschränkt bleiben und die Belange Minderjähriger berücksichtigen. Eine Einbeziehung der Sorgeberechtigten ist vorgesehen, soweit möglich.

Wie lange werden Fingerabdrücke und Fotos gespeichert?

Die Speicherdauer richtet sich nach dem Zweck. Im Strafverfahren grundsätzlich bis zur Erledigung des Verfahrens oder solange sie zur Beweissicherung erforderlich sind. Bei präventiver Speicherung ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob der Speicherzweck noch besteht; entfällt er, sind die Daten zu löschen.

Können Betroffene die Löschung verlangen?

Es bestehen Ansprüche auf Löschung, wenn die Speicherung unzulässig ist oder der Zweck entfallen ist. Zusätzlich kommen Berichtigung unrichtiger Daten und Auskunftsrechte in Betracht. Zuständig sind die speichernden Behörden; die Einhaltung wird durch Aufsichtsstellen überwacht.

Was passiert bei Weigerung, mitzuwirken?

Weigert sich eine betroffene Person, kann unter engen gesetzlichen Voraussetzungen unmittelbarer Zwang angewendet werden, sofern dies erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Maßnahme hat schonend zu erfolgen und gesundheitliche Belange zu beachten.

Werden die Daten ins Ausland übermittelt?

Eine Übermittlung ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig, etwa im Rahmen internationaler Zusammenarbeit zur Identifizierung oder Spurenzuordnung. Dabei gelten Zweckbindung, Datensparsamkeit und besondere Schutzvorkehrungen.