Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Erholungsurlaub

Erholungsurlaub


Begriff und rechtliche Grundlagen des Erholungsurlaubs

Der Erholungsurlaub ist ein gesetzlich geregelter Anspruch von Arbeitnehmern auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung mit dem Ziel der Erholung und Wiederherstellung der Arbeitskraft. In Deutschland ist das Recht auf Erholungsurlaub wesentlich durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Darüber hinaus enthalten zahlreiche Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Einzelarbeitsverträge ergänzende oder abweichende Regelungen. Der Schutz und die Durchsetzbarkeit des Erholungsurlaubs sind ein zentrales Anliegen des Arbeitsrechts, das sowohl individuelle als auch kollektive Aspekte umfasst.

Gesetzliche Regelungen im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)

Das Bundesurlaubsgesetz bildet die zentrale rechtliche Grundlage für den Erholungsurlaub in Deutschland. § 1 BUrlG normiert den Anspruch jedes Arbeitnehmers auf einen bezahlten Erholungsurlaub.

Mindesturlaub nach BUrlG

Gemäß § 3 BUrlG beträgt der gesetzliche Mindesturlaub mindestens 24 Werktage pro Kalenderjahr, wobei als Werktage grundsätzlich die Tage von Montag bis Samstag gelten. Für Arbeitnehmer mit einer Fünftagewoche entspricht dies 20 Arbeitstagen pro Jahr. Tarifverträge können vom Mindesturlaub nach oben abweichen und häufig werden längere Urlaubsansprüche gewährt.

Anspruch auf Erholungsurlaub

Der volle Urlaubsanspruch entsteht gemäß § 4 BUrlG erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Vor Ablauf dieser Wartezeit besteht lediglich ein anteiliger Anspruch (sog. Teilurlaub), falls das Arbeitsverhältnis vorzeitig endet oder die Wartezeit innerhalb eines Kalenderjahres nicht erfüllt wird (§ 5 BUrlG).

Zweck und Charakter des Erholungsurlaubs

Der Erholungsurlaub dient ausschließlich der Erholung des Arbeitnehmers. Während des Urlaubs besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts (Urlaubsentgelt, § 11 BUrlG). Eine während des Urlaubs ausgeübte Erwerbstätigkeit, die dem Erholungszweck widerspricht, ist gemäß § 8 BUrlG unzulässig.

Krankheitsfall während des Urlaubs

Erkrankt der Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs, werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage gemäß § 9 BUrlG nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Voraussetzung ist die unverzügliche Anzeige und Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung.

Übertragung und Verfall von Urlaubsansprüchen

Übertragbarkeit auf das Folgejahr

Urlaubsansprüche sind grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen und zu gewähren (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Eine Übertragung in das folgende Kalenderjahr ist nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesen Fällen ist der Urlaub bis spätestens 31. März des Folgejahres zu gewähren und zu nehmen.

Verfall von Urlaubsansprüchen

Nichtgenommener Urlaub verfällt grundsätzlich nach Ablauf des Übertragungszeitraums. Durch aktuelle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Arbeitgeber jedoch verpflichtet, auf verbleibende Urlaubsansprüche ausdrücklich hinzuweisen und zur Inanspruchnahme aufzufordern. Unterbleibt eine solche Information kann der Urlaubsanspruch auch über den gesetzlichen Zeitraum hinaus erhalten bleiben.

Sonderregelungen zum Erholungsurlaub

Besonderheiten für Teilzeitkräfte, Minijobber und Jugendliche

Der Urlaubsanspruch gilt unabhängig von der Anzahl der Wochenarbeitsstunden. Für Teilzeitbeschäftigte erfolgt eine Umrechnung der Urlaubstage auf die jeweilige Arbeitstageverteilung. Gemäß § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) haben Jugendliche unter 18 Jahren einen erweiterten Anspruch auf Erholungsurlaub, der altersabhängig gestaffelt ist.

Urlaub bei Wechsel des Arbeitsverhältnisses

Wechselt der Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres den Arbeitgeber, ist der bereits gewährte oder abgegoltene Urlaub gegenüber dem neuen Arbeitgeber nachzuweisen (§ 6 BUrlG). Eine Doppelgewährung im selben Urlaubsjahr ist ausgeschlossen.

Urlaubsabgeltung

Ein finanzieller Ausgleich für nicht genommenen Erholungsurlaub (Urlaubsabgeltung) kommt nur in Betracht, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Tarifliche und arbeitsvertragliche Regelungen

Viele Tarifverträge und Arbeitsverträge gewähren einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruch oder treffen zusätzliche Bestimmungen zu Verteilung, Berechnung und Sonderurlaubstatbeständen. Tarifbestimmungen sind im Verhältnis zum Bundesurlaubsgesetz vorrangig zu beachten, soweit sie günstiger für den Arbeitnehmer sind.

Erholungsurlaub im internationalen Kontext

Europarechtliche Vorgaben, insbesondere die Arbeitszeitrichtlinie der EU (Richtlinie 2003/88/EG), sichern jedem Arbeitnehmer einen Mindestjahresurlaub von vier Wochen. Die nationale Umsetzung erfolgt vor allem im Bundesurlaubsgesetz. Gerichtliche Entscheidungen, insbesondere vom Europäischen Gerichtshof, haben die Auslegung und Anwendung des Urlaubsrechts in Deutschland maßgeblich beeinflusst.

Fazit

Der Erholungsurlaub ist ein elementarer Bestandteil des Arbeitnehmerschutzes und dient der physischen und psychischen Regeneration. Die gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Regelungen zum Erholungsurlaub werden kontinuierlich durch die Rechtsprechung weiterentwickelt und präzisiert. Insbesondere die Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Proaktivität bei der Urlaubsgewährung und zur Information gewinnen zunehmend an Bedeutung. Alle arbeitsrechtlichen Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Erholungsurlaub müssen daher stets unter Berücksichtigung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben und der einschlägigen aktuellen Spruchpraxis erfolgen.

Häufig gestellte Fragen

Wann verfällt nicht genommener Erholungsurlaub?

Der Verfall von nicht genommenem Erholungsurlaub richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) sowie der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Grundsätzlich muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesem Fall muss der Urlaub bis spätestens 31. März des Folgejahres genommen werden, sonst verfällt er. Nach neuer Rechtsprechung darf Urlaub allerdings nur dann am Jahresende verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer klar, rechtzeitig und individuell darauf hingewiesen hat, dass und wann der Urlaub verfällt. Unterbleibt dieser Hinweis, bleibt der Anspruch bestehen und kann sich über mehrere Jahre hinweg ansammeln. Besondere Regelungen gelten bei Langzeiterkrankungen: Hier verfällt der Urlaubsanspruch nach 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres.

Kann Erholungsurlaub durch den Arbeitgeber einseitig festgelegt oder abgelehnt werden?

Einseitige Festlegung von Urlaub durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht zulässig. Nach § 7 Absatz 1 BUrlG muss der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, es sei denn, dringende betriebliche Belange oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer (die aus sozialen Gesichtspunkten zu bevorzugen sind) stehen dem entgegen. Der Arbeitgeber darf den Urlaubsantrag dann ablehnen, wenn z. B. personelle Engpässe, Auftragsspitzen oder wichtige Termine anstehen, muss dies jedoch konkret begründen. Generell ist eine Abstimmung erforderlich. Urlaubssperren sind nur in Ausnahmefällen zulässig und müssen angemessen und verhältnismäßig sein.

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei Krankheit während des Erholungsurlaubs?

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des bewilligten Erholungsurlaubs und weist dies durch ein ärztliches Attest nach, werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Die während der Krankheit nicht genommene Urlaubszeit bleibt dem Arbeitnehmer also erhalten und kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Es ist wichtig, die Erkrankung und ihre Dauer unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden und das Attest vorzulegen, um einen reibungslosen Nachweis zu ermöglichen.

Wie erfolgt die Berechnung des Urlaubsentgelts während des Erholungsurlaubs?

Das Urlaubsentgelt bemisst sich gemäß § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Einbezogen werden regelmäßige Zuschläge und laufende Bezüge, jedoch nicht gelegentliche Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld. Entgelt für Überstunden wird grundsätzlich nicht berücksichtigt. Sollte während des Bemessungszeitraums Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder eine unbezahlte Freistellung vorgelegen haben, werden diese Zeiträume nicht in die Berechnung einbezogen.

Besteht ein Anspruch auf Auszahlung nicht genommenen Erholungsurlaubs?

Ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung besteht grundsätzlich nur, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vollständig genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG). In laufenden Arbeitsverhältnissen ist eine Auszahlung des Urlaubsanspruchs nicht zulässig; er dient dem Gesundheitsschutz und nicht der monetären Kompensation. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abgeltung der noch offenen Urlaubstage – hierbei ist der Bruttolohn des entsprechenden Zeitraums auszuzahlen.

Können während des Erholungsurlaubs Nebenbeschäftigungen ausgeübt werden?

Nach § 8 BUrlG ist es dem Arbeitnehmer untersagt, während des Erholungsurlaubs eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Ziel des Gesetzgebers ist es, die Erholung, die dem Gesundheitsschutz dient, sicherzustellen. Eine Nebenbeschäftigung, die diesen Erholungszweck nicht beeinträchtigt (z. B. ein Ehrenamt oder geringfügige, nicht belastende Tätigkeiten), ist grundsätzlich erlaubt. Arbeitsrechtlich problematisch sind jedoch Tätigkeiten, die mit der Hauptbeschäftigung konkurrieren oder zu Übermüdung führen können. Verletzungen dieser Regelung können eine Abmahnung sowie im Wiederholungsfall eine Kündigung nach sich ziehen.

Muss Erholungsurlaub beantragt oder genehmigt werden?

Ja, der Erholungsurlaub muss vom Arbeitnehmer beantragt werden; es besteht kein automatischer Anspruch auf eigenmächtige Inanspruchnahme des Urlaubs (Selbstbeurlaubung). Die Urlaubsgenehmigung ist eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers, die allerdings die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen muss. Ein genehmigter Urlaub kann grundsätzlich nur in Ausnahmefällen aus dringenden betrieblichen Gründen widerrufen werden; bereits angetretener Urlaub darf nicht abgebrochen werden, es sei denn, der Arbeitnehmer ist dazu bereit und erhält Ersatz für entstandene Kosten (z. B. Stornierungsgebühren). Bei eigenmächtiger Inanspruchnahme des Urlaubs (ohne Genehmigung) kann im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung drohen.