Legal Lexikon

Erbteil


Begriff und Grundlagen des Erbteils

Der Begriff Erbteil ist ein zentrales Element des deutschen Erbrechts und beschreibt den Anteil am Nachlass, der einer einzelnen Person infolge einer gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge zusteht. Der Erbteil bezeichnet somit den rechnerisch bestimmten Anteil eines einzelnen Erben an der „Erbengemeinschaft“, welche mit dem Tod des Erblassers entsteht (§ 1922 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Die konkrete Rechtsstellung des Erben richtet sich dabei nach der Quote, die sich aus Gesetz, Testament oder Erbvertrag ergibt.

Entstehung des Erbteils

Mit dem Erbfall, dem Tod einer natürlichen Person, geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf eine oder mehrere Personen, die Erben, über. Existieren mehrere Erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Jedem Miterben steht dabei ein rechnerischer Anteil, der Erbteil, am Gesamtnachlass zu (§ 2032 BGB).

Gesetzliche Erbfolge

Kommt keine letztwillige Verfügung, etwa Testament oder Erbvertrag, zum Tragen, bestimmt die gesetzliche Erbfolge die Erbquoten (§§ 1924 ff. BGB). Diese hängt vom Verwandtschaftsgrad der Erben zum Erblasser und von der Anzahl der Erben ab. Die gesetzlichen Erbteile sind fest normiert; zum Beispiel erben Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen.

Gewillkürte Erbfolge (Testament und Erbvertrag)

Der Erblasser kann durch Testament (§§ 1937 ff. BGB) oder Erbvertrag (§§ 1941 ff. BGB) Verfügung über die Aufteilung des Nachlasses treffen. Damit kann die gesetzliche Erbquote abgewandelt oder abweichend festgelegt werden. Auch Teilungsanordnungen oder Vermächtnisse können die Höhe des Erbteils beeinflussen.

Berechnung und Darstellung des Erbteils

Der Erbteil wird in Bruchteilen („1/2, 1/4, 1/8″ etc.) oder in Prozentsätzen angegeben. Die Höhe des individuellen Erbteils hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Anzahl der Erben
  • Verwandtschaftsverhältnis
  • Regelungen in Testamenten oder Erbverträgen
  • Berücksichtigung von Pflichtteilsberechtigten

Beispiel: Hinterlässt der Erblasser zwei Kinder und keine weiteren erbberechtigten Verwandten, so erhält jedes Kind grundsätzlich einen Erbteil in Höhe von 1/2.

Abgrenzung: Erbteil, Pflichtteil und Vermächtnis

Der Erbteil unterscheidet sich vom Pflichtteil und dem Vermächtnis.

  • Pflichtteil: Ein Geldanspruch, der bestimmten Personen zusteht, wenn sie als Erben enterbt wurden (§ 2303 BGB).
  • Vermächtnis: Ein Anspruch auf Herausgabe bestimmter Vermögenswerte aus dem Nachlass, ohne Erbenstellung (§ 1939 BGB).

Rechte und Pflichten des Erbteilsinhabers

Der an einem Nachlass beteiligte Erbe wird mit Annahme oder kraft Gesetzes Eigentümer seines Erbteils und Miteigentümer des Gesamtnachlasses. Der Erbteil ist jedoch kein Anteil an bestimmten Vermögensgegenständen, sondern ein Anteil am gesamten Nachlassvermögen.

Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse

Miterben üben ihre Rechte am Nachlass gemeinsam aus (Gesamthandsgemeinschaft). Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände sind daher nur mit Zustimmung aller Miterben möglich, solange keine Auseinandersetzung erfolgte (§§ 2038, 2040 BGB).

Haftung

Der Erbe haftet mit seinem gesamten Vermögen für Nachlassverbindlichkeiten. Die Haftung kann unter bestimmten Voraussetzungen beschränkt werden, etwa durch die Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB).

Verkauf und Abtretung des Erbteils

Der Erbteil kann als solcher an Dritte verkauft oder abgetreten werden (§ 2033 BGB), wobei dies notariell beurkundet werden muss. Der Erwerber tritt in die Stellung des Veräußerers bezüglich aller Rechte und Pflichten ein.

Erbteil im Rahmen der Erbauseinandersetzung

Der Erbteil bildet die Grundlage der späteren Erbauseinandersetzung, bei welcher der Nachlass auf die einzelnen Miterben entsprechend ihrer Erbquoten aufgeteilt wird. Die Auseinandersetzung kann einvernehmlich zwischen den Erben oder durch gerichtliche Teilungsklage erfolgen (§§ 2042 ff. BGB).

Während der Auseinandersetzung behalten die Miterben ihre Rechte und Pflichten als Mitglieder der Erbengemeinschaft.

Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis

Der Erblasser kann bestimmte Anordnungen über die Verteilung des Nachlasses treffen (Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB), die die praktische Umsetzung der Erbteilregelung beeinflussen. Ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) kann einzelnen Erben zusätzliche Rechte am Nachlass einräumen.

Steuerrechtliche Aspekte des Erbteils

Der Erwerb eines Erbteils unterliegt der Erbschaftsteuer (§ 3 ErbStG). Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert des erworbenen Nachlassvermögens sowie nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und etwaigen Freibeträgen.

Besonderheiten und Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Erbteil

Anfechtung und Geltendmachung

Erbstreitigkeiten entstehen häufig aus Unklarheiten hinsichtlich der Erbteilquoten, Pflichtteilsrechten oder Anfechtung von Testamenten. Die gerichtliche Klärung dieser Fragen erfolgt vor dem Nachlassgericht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens oder durch Erbteilungsklagen.

Auseinandersetzung und Zwangsversteigerung

Bei Uneinigkeit über die Aufteilung des Nachlasses kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung verlangen. Kann keine einvernehmliche Regelung getroffen werden, ist eine gerichtliche Dokumentation oder sogar die Zwangsversteigerung einzelner Nachlassgegenstände möglich.

Zusammenfassung

Der Erbteil ist ein definierter, rechnerisch ermittelter Anteil eines Erben am gesamten Nachlass einer verstorbenen Person. Seine genaue Höhe und Ausgestaltung richtet sich nach gesetzlichen Vorschriften oder letztwilligen Verfügungen und ist häufig Ausgangspunkt für zahlreiche Rechtsfragen und Auseinandersetzungen in der Praxis. Neben der unmittelbaren Berechtigung an Vermögenswerten umfasst der Erbteil weitreichende Rechte und Pflichten im Hinblick auf Nachlassverwaltung, Haftung, steuerliche Behandlung und die Möglichkeit, den Erbteil zu veräußern oder zu übertragen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte und Pflichten sind mit dem Erbteil verbunden?

Mit dem Erbteil gehen auf den Erben sämtliche Rechte, aber auch Verpflichtungen über, die unmittelbar mit dem Nachlass des Erblassers verbunden sind. Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger (§ 1922 BGB) und übernimmt dadurch nicht nur das Vermögen (z.B. Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere), sondern auch die Verbindlichkeiten des Erblassers (Schulden, Verbindlichkeiten aus Verträgen, Steuerschulden etc.). Der Erbe ist berechtigt, über die Nachlassgegenstände zu verfügen, diese zu verwalten und an Dritte zu übertragen. Gleichzeitig trägt er aber auch die Verantwortung, für die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten einzustehen – bis hin zur Haftung mit seinem eigenen Vermögen, sofern er das Erbe nicht ausschlägt oder rechtzeitig eine Haftungsbeschränkung (z.B. Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz) beantragt. Weiterhin ist der Erbe verpflichtet, das Erbe zu inventarisieren sowie gegebenenfalls Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche Dritter (z.B. Pflichtteilsberechtigte, Miterben) zu erfüllen.

Kann der Erbteil übertragen oder verkauft werden?

Der Erbteil kann nach deutschem Recht übertragen oder verkauft werden (§ 2033 BGB). Dies kann etwa im Rahmen einer so genannten Erbteilsübertragung erfolgen, bei der ein Erbe seinen gesamten Anteil an der Erbengemeinschaft an einen Dritten (auch an einen Miterben) abtritt. Für die Wirksamkeit der Erbteilsübertragung bedarf es zwingend einer notariellen Beurkundung. Nach vollzogener Übertragung tritt der Käufer bzw. Erwerber in die Stellung des bisherigen Erben ein, mit sämtlichen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Die übrigen Miterben müssen über die Abtretung informiert werden, ihr Einverständnis ist jedoch nicht erforderlich. Werden einzelne Nachlassgegenstände übertragen, ist jedoch die Zustimmung sämtlicher Miterben der Erbengemeinschaft nötig.

Wie erfolgt die Auseinandersetzung des Erbteils innerhalb einer Erbengemeinschaft?

Die Auseinandersetzung des Erbteils bedeutet die Auflösung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB). Sie erfolgt grundsätzlich durch die Verteilung des Nachlasses entsprechend den Erbquoten, also dem jeweiligen Erbteil der Miterben. Jeder Miterbe kann die Auseinandersetzung verlangen, sofern nicht der Erblasser im Testament eine entsprechende Teilungsanordnung getroffen, eine Teilung ausgeschlossen oder eine Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Die Auseinandersetzung setzt meist eine Einigung der Miterben über die Bewertung und Verteilung des Nachlasses voraus. In der Praxis erfolgt dies häufig durch Verkauf einzelner Gegenstände und anschließende Verteilung des Verkaufserlöses. Kommt keine Einigung zustande, können Nachlassgegenstände notfalls teilungsversteigert werden. Im Rahmen der Auseinandersetzung werden zudem Nachlassverbindlichkeiten sowie etwaige Ausgleichspflichten berücksichtigt und beglichen.

Welche Bedeutung hat der Pflichtteil in Bezug auf den Erbteil?

Der Pflichtteil ist eine besondere Mindestbeteiligung am Nachlass, die gesetzlich nahen Angehörigen (z.B. Kindern, Ehegatten) auch dann zusteht, wenn sie durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Der Pflichtteil besteht stets in einer Geldforderung gegen die Erben und betrifft nicht den unmittelbaren Erwerb eines Erbteils am Nachlass (§§ 2303 ff. BGB). Der Pflichtteilsberechtigte wird damit nicht Mitglied der Erbengemeinschaft, sondern erwirkt ausschließlich einen Anspruch auf Auszahlung seines Pflichtteils gegen die eingesetzten Erben. Die Höhe bemisst sich nach dem Wert des tatsächlichen gesetzlichen Erbteils unter Berücksichtigung des gesamten Nachlasswerts zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Kann der Erbteil ausgeschlagen werden und was sind die Konsequenzen?

Ein Erbe kann innerhalb einer gesetzlichen Frist von sechs Wochen (bei Auslandswohnsitz: sechs Monate) die Erbschaft und damit seinen Erbteil ausschlagen (§§ 1942 ff. BGB). Die Ausschlagung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden und ist grundsätzlich unwiderruflich. Die Ausschlagung des Erbteils bewirkt, dass der jeweilige Erbe als nicht vorhanden gilt; sein Anteil fällt entweder an die übrigen gesetzlichen Erben oder, falls der Erblasser ein Testament verfasst hat, an etwaige Ersatz- oder Nacherben. Die Ausschlagung empfiehlt sich insbesondere in Fällen, in denen der Nachlass überschuldet ist, da der Erbe nur für einen angenommenen Erbteil auch mit seinem Privatvermögen haftet.

Wie wird der Wert eines Erbteils bestimmt?

Der Wert eines Erbteils bemisst sich entsprechend der Erbquote (dem Anteil des einzelnen Erben am Gesamtnachlass) multipliziert mit dem Verkehrswert des Nachlasses abzüglich sämtlicher Nachlassverbindlichkeiten. Die Ermittlung des Nachlasswerts erfolgt häufig durch ein Nachlassverzeichnis oder im Streitfall mithilfe eines Sachverständigen oder Gutachters. Zum Nachlass gehören sämtliche Aktiva wie Immobilien, Bankkonten, Wertpapiere, Schmuck oder Kunstgegenstände, aber auch sämtliche Passiva wie Schulden, Verpflichtungen und laufende Verbindlichkeiten. Für steuerliche Zwecke (Erbschaftsteuer) kann eine gesonderte Bewertung nach dem Bewertungsgesetz (BewG) erforderlich sein.

Welche steuerlichen Auswirkungen hat der Erwerb eines Erbteils?

Mit dem Erwerb eines Erbteils entsteht für den Erben in Deutschland grundsätzlich die Erbschaftsteuerpflicht (gemäß ErbStG). Die Höhe der Erbschaftsteuer richtet sich nach dem Wert des geerbten Erbteils, der Steuerklasse des Erben sowie den jeweiligen Freibeträgen, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad bestimmen. Der Erbe muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung vom Erbfall eine entsprechende Anzeige beim zuständigen Finanzamt machen. Anfallende Erbschaftsteuern auf den erworbenen Erbteil sind durch den Erben zu entrichten. Besondere Vorschriften gelten bei der späteren Veräußerung des Erbteils oder einzelnen Nachlassgegenständen, insoweit auch einkommensteuerliche Aspekte betroffen sein können (zum Beispiel bei Spekulationsgeschäften oder Beteiligungen an Unternehmen).