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Erbschaftskauf


Begriff und Grundlagen des Erbschaftskaufs

Der Erbschaftskauf ist ein im deutschen Zivilrecht geregeltes Rechtsgeschäft, bei dem der Verkäufer seine ihm zustehende Erbschaft oder einen Anteil daran als Ganzes an den Käufer verkauft. Damit findet ein Wechsel des Erben in Bezug auf die vermögensrechtliche Stellung gegenüber dem Nachlass statt. Die rechtliche Grundlage und die zentralen Bestimmungen zum Erbschaftskauf finden sich vor allem in den §§ 2371 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Der Erbschaftskauf umfasst immer die gesamte Erbschaftsposition des Verkäufers, nicht lediglich einzelne Nachlassgegenstände. Die Übertragung geschieht durch einen Kaufvertrag, der spezifischen Formvorschriften und rechtlichen Besonderheiten unterliegt.


Rechtsnatur des Erbschaftskaufs

Charakter des Rechtsgeschäfts

Beim Erbschaftskauf handelt es sich um einen Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB, der jedoch eine Besonderheit aufweist, da nicht konkrete Sachen oder Rechte, sondern der gesamte Bestand an vererbten Vermögenswerten und Verpflichtungen übertragen wird. Verkauft wird ein Bündel von Forderungen, Gegenständen und Verbindlichkeiten, die sich aus der Erbschaft ergeben.

Abgrenzung zu anderen Rechtsgeschäften

Der Erbschaftskauf unterscheidet sich deutlich von der Abtretung einzelner Nachlassforderungen (§ 398 BGB) oder dem Einzelverkauf von Nachlassgegenständen. Während bei der Abtretung ein bestimmter Anspruch (z.B. ein Bankguthaben) übertragen wird, bezieht sich der Erbschaftskauf immer auf das gesamte Erbrecht oder einen Erbteil.


Rechtliche Voraussetzungen und Formvorschriften

Vertragsschluss

Voraussetzung für einen wirksamen Erbschaftskauf ist ein Einigung zwischen dem Erben und dem Käufer. Der Kaufvertrag muss gemäß § 2371 BGB notariell beurkundet werden. Diese strenge Formvorschrift dient dem Schutz der Parteien angesichts der Komplexität und der Risiken dieses Geschäfts.

Beteiligte Parteien

Am Erbschaftskauf sind mindestens der Erbe als Veräußerer und der Käufer beteiligt. Mehrere Miterben können jeweils ihren Erbteil gesondert verkaufen. Ein gutgläubiger Erwerb eines Erbteils ist nach deutschem Recht nicht möglich.

Gesetzliche Vorschriften zum Inhalt

Mit dem Erbschaftskauf wird das Recht an der Erbschaft oder am Erbteil verkauft (§ 2371 BGB). Der Käufer erlangt nicht die Stellung eines Erben, sondern tritt in die Rechtsposition des Erben hinsichtlich des Nachlasses ein. Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Nachlass gehen im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer auf den Erwerber über.


Rechte und Pflichten aus dem Erbschaftskauf

Umfang der Übertragung

Mit Abschluss des Kaufvertrags und nach Erfüllung der Kaufpreiszahlung treten beim Käufer alle Rechte und Pflichten ein, die mit der gekauften Erbschaft verbunden sind. Dazu zählen Forderungen, Sachwerte sowie Nachlassverbindlichkeiten.

Haftung des Verkäufers

Der Verkäufer haftet dem Käufer nur gemäß den ausdrücklich im Gesetz genannten Mängelregelungen. Nach § 2376 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Haftung insbesondere nicht auf die tatsächliche Zusammensetzung des Nachlasses oder auf die Werthaltigkeit einzelner Nachlassgegenstände. Der Verkäufer ist jedoch verpflichtet, dem Käufer den „Bestand der Erbschaft“ offenzulegen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach oder gibt er wissentlich falsche Angaben ab, haftet er für daraus resultierende Schäden.


Mängelgewährleistung und Garantie

Haftungsausschluss

Mangels besonderer Vereinbarungen haftet der Veräußerer lediglich dafür, dass er tatsächlich Erbe geworden ist und seinen Erbteil verkaufen kann. Etwaige Mängel an einzelnen Nachlassgegenständen oder die tatsächliche Höhe der aktiven und passiven Nachlasswerte unterliegen nicht der Gewährleistung (§ 2376 Abs. 2 BGB).

Rechte des Käufers bei Mängeln

Hat der Verkäufer den Nachlass täuschend oder arglistig falsch dargestellt, stehen dem Käufer die allgemeinen Rechte wegen Täuschung nach den §§ 123, 437 ff. BGB zu. Insbesondere kann der Käufer in diesem Fall den Vertrag anfechten oder Schadensersatz verlangen.


Steuerrechtliche Behandlung des Erbschaftskaufs

Einkommensteuer und Erbschaftsteuer

Der Erbschaftskauf ist kein Erwerb von Todes wegen, sondern stellt ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar. Der Käufer zahlt keine Erbschaftsteuer, sondern ggf. Grunderwerbsteuer, falls zum Nachlass Immobilien gehören. Für den Verkäufer kann der Kaufpreis einkommensteuerlich von Relevanz sein, wenn der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft klassifiziert wird.


Rechtsfolgen und Besonderheiten

Wirkung gegenüber Dritten

Erbschaftskaufverträge entfalten unmittelbare Wirkung nur zwischen den Vertragsparteien. Gegenüber Dritten, wie etwa Nachlassgläubigern oder Miterben, wird der Käufer nicht von Rechts wegen automatisch als neuer Ansprech- oder Haftungspartner angesehen.

Mitteilungspflichten

Das Gesetz sieht keine Pflicht zur Anzeige des Verkaufs beim Nachlassgericht oder im Rahmen des Grundbuchs vor, außer bei Grundstücken, die Teil des Nachlasses sind. Hier ist eine Umschreibung erforderlich.


Typische Anwendungsfälle des Erbschaftskaufs

  • Liquiditätsbedarf: Erben, die zeitnah über finanzielle Mittel verfügen möchten, können ihren Erbteil durch Verkauf liquidieren.
  • Unklare Nachlasszusammensetzung: In Fällen, in denen der Nachlass schwer überschaubar oder die Auseinandersetzung mit anderen Miterben problematisch ist, kann ein Verkauf sinnvoll sein.
  • Streitvermeidung: Miterben können durch Verkauf ihres Anteils bestehende Erbengemeinschaften verlassen und auf diese Weise Konflikte reduzieren.

Zusammenfassung

Der Erbschaftskauf ist ein gesetzlich geregeltes Rechtsgeschäft, das den Verkauf einer gesamten Erbschaft oder eines Erbteils ermöglicht. Er unterliegt strengen Formvorschriften und besonderen Haftungsregeln. Die Übertragung betrifft sämtliche mit der Erbschaft verbundenen Rechte und Pflichten, während die Haftung des Verkäufers umfassend beschränkt ist. Steuerlich gelten eigene Grundsätze, die eine Abgrenzung zu schenkungs- und erbschaftsteuerlichen Vorgängen erforderlich machen. Der Erbschaftskauf bietet Erben eine Möglichkeit zur schnellen Realisierung von Nachlasswerten und wird von Gesetzes wegen als eigenständige Vertragsform anerkannt und geschützt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Erbschaftskauf vorliegen?

Für den Erbschaftskauf gelten besondere rechtliche Voraussetzungen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), genauer in den §§ 2371 ff., geregelt sind. Zunächst muss der Kaufgegenstand eine bereits angefallene Erbschaft sein; es kann also nur der gesamte Erbteil eines Erben verkauft werden, nicht lediglich einzelne Nachlassgegenstände, da diese nicht gesondert veräußert werden können, solange die Erbengemeinschaft besteht. Weiterhin ist zu beachten, dass der Erbschaftskauf zwingend notariell zu beurkunden ist; eine formnichtige Vereinbarung wäre unwirksam (§ 2371 BGB). Verkäufer kann grundsätzlich nur ein Erbe sein, der über seinen Erbteil noch frei verfügen kann. Ferner müssen Käufer und Verkäufer unbeschränkt geschäftsfähig sein. Im Fall bestehender Testamentsvollstreckung sind zusätzliche Einschränkungen hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Erben zu berücksichtigen. Besondere Schutzvorschriften greifen beim Verkauf an nahe Angehörige oder bei Geschäftsunfähigkeit. Schließlich sind die Vorschriften über die Genehmigungspflicht bei Minderjährigen oder betreuten Personen zu beachten.

Welche Rechte und Pflichten gehen beim Erbschaftskauf auf den Käufer über?

Mit Abschluss des Erbschaftskaufvertrags und wirksamer Übertragung des Erbteils erhält der Käufer sämtliche Rechte und Pflichten, die dem verkauften Erbteil innewohnen. Dazu gehören unter anderem Ansprüche auf das Nachlassvermögen, aber auch die Haftung für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten (§ 2373 BGB). Der Käufer wird Mitglied der Erbengemeinschaft und hat insoweit Mitwirkungsrechte bei der Nachlassverwaltung sowie Teilhabe an den Auseinandersetzungsverhandlungen. Rechte aus Vorvermächtnissen oder Auflagen, die dem Erben als Verpflichtungen auferlegt sind, gehen ebenfalls auf den Käufer über. Besondere Beachtung verdient, dass der Käufer ab dem Zeitpunkt der Einigung nicht nur begünstigte Vermögenswerte, sondern auch Verpflichtungen wie bestehende Schulden des Nachlasses und potenzielle Pflichtteilsansprüche übernehmen muss. Der Käufer übernimmt also eine gesamthafte Rechtsstellung des Erben mit allen Chancen und Risiken.

Welche Formerfordernisse gelten für den Erbschaftskauf?

Der Erbschaftskauf ist zwingend notariell zu beurkunden, ansonsten ist der Vertrag nach § 2371 BGB nichtig. Die notarielle Beurkundung erfordert die gleichzeitige Anwesenheit (persönlich oder wahlweise durch genügend bevollmächtigte Vertreter) sämtlicher Vertragsparteien vor dem Notar, der die Echtheit des Willens feststellt, die Unterschriften beglaubigt und den Inhalt beurkundet. Dies dient insbesondere dem Schutz der Vertragsparteien vor übereilten oder unüberlegten Verfügungen über erhebliche Vermögenswerte. Neben der Beurkundung muss die Erklärung klar und eindeutig den Erbteil beschreiben, den die Verfügung betrifft, sowie Käufer und Verkäufer ordnungsgemäß ausweisen. Ergänzend dazu erfolgen oftmals begleitende Belehrungen durch den Notar hinsichtlich der mit dem Kauf verbundenen Haftungs- und Steuerrisiken. Bei Nichtbeachtung der Formvorschrift ist der gesamte Vertrag schwebend unwirksam und kann nicht geheilt werden.

Welche Anfechtungsmöglichkeiten gibt es beim Erbschaftskauf?

Beim Erbschaftskauf gelten die allgemeinen Anfechtungsvorschriften des BGB (§§ 119 ff. BGB); der Vertrag kann bei Irrtum, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden. Besonderheiten bestehen jedoch hinsichtlich der Kenntnis vom Umfang des Nachlasses: Nach § 2375 BGB sind Gewährleistungsansprüche (insbesondere wegen Sachmängeln oder eines geringeren Nachlasswertes) im Grundsatz ausgeschlossen, außer wenn der Verkäufer den Käufer arglistig über den Bestand oder Wert des Nachlasses täuscht. Eine Anfechtung wegen Irrtums über die Höhe des Nachlasses ist hingegen ausgeschlossen, weil die Rechtsstellung des Verkäufers als solche verkauft wird, unabhängig vom tatsächlichen Wert. Dennoch bleibt die Möglichkeit der Anfechtung stets bestehen, wenn der Vertrag durch eine unerlaubte Handlung (z.B. arglistige Täuschung über Nachlassbeteiligungen, verschwiegenes Vermögen oder Belastungen) zustande kam.

Welche Haftungsregelungen greifen beim Erbschaftskauf?

Die Gewährleistungshaftung des Verkäufers ist beim Erbschaftskauf stark eingeschränkt. Nach § 2376 BGB haftet der Verkäufer grundsätzlich nicht für den Bestand, die Zusammensetzung oder den Wert des Nachlasses. Für offene und versteckte Mängel im Nachlassvermögen haftet der Verkäufer nur, wenn ausdrücklich entsprechende Zusicherungen gegeben wurden oder eine arglistige Täuschung vorlag. Anders verhält es sich bei Zusicherung einzelner Nachlasswerte; sind bestimmte Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten explizit garantiert, haftet der Verkäufer für deren Vorhandensein bzw. Ausbleiben. Für bekannte Lasten haftet der Verkäufer nicht. Die allgemeine Haftung für Rechtsmängel (d.h. dass ein anderer als der Verkäufer Inhaber des Erbteils ist) bleibt unberührt. Zusammengefasst trägt der Käufer das volle Nachlassrisiko, es sei denn, es wurde eine abweichende Regelung getroffen.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat der Erbschaftskauf auf die Erbengemeinschaft?

Durch den Verkauf eines Erbteils tritt der Käufer mit allen Rechten und Pflichten in die Erbengemeinschaft ein. Damit erlangt der Käufer nicht nur eine Beteiligung am Nachlass, sondern auch die Stellung als Miterbe und kann an der Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses mitwirken. Die übrigen Miterben haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 2034 BGB; sie können den Erbteil innerhalb von zwei Monaten zu den gleichen Bedingungen übernehmen. Das Vorkaufsrecht ist nur auf den ersten Kauf übertragbar und erlischt, wenn es nicht fristgerecht ausgeübt wird. Ab Zugang der Mitteilung über den Erbteilsverkauf beginnt die Frist. Das Mitspracherecht des Käufers umfasst insbesondere Maßnahmen der Verwaltung und der Auseinandersetzung, endet hingegen in seiner Einflussnahme, wenn seine Rechte durch Mehrheitsentscheidungen eingeschränkt werden.

Welche Steuerlichen Folgen sind mit dem Erbschaftskauf verbunden?

Auch wenn dies keine primär rechtliche, sondern eine steuerrechtliche Frage betrifft, spielen steuerliche Aspekte eine zentrale Rolle im Kontext des Erbschaftskaufs. Der Kauf des Erbteils unterliegt nicht der Erbschaftsteuer, sondern der Grunderwerbsteuer, sofern zum Nachlass Grundstücke gehören. Im Übrigen fällt Umsatzsteuer nur bei gewerbsmäßigen Erbschaftskäufen an. Zudem können für den Käufer durch den Eintritt in eine Erbengemeinschaft steuerliche Pflichten entstehen, insbesondere bei der Verwertung von Nachlassvermögen, etwa durch Veräußerung von Grundstücken innerhalb von Spekulationsfristen oder der Übernahme von Betriebsvermögen. Aus rechtlicher Sicht ist zudem zu beachten, dass die Mitteilungspflichten nach den Steuergesetzen gegenüber dem Finanzamt durch den Käufer zu beachten sind.

Welche Besonderheiten gelten, wenn Minderjährige oder Betreute am Erbschaftskauf beteiligt sind?

Sind Minderjährige oder betreute Personen am Erbschaftskauf beteiligt, gelten strengere rechtliche Anforderungen. Zum einen bedarf die Veräußerung eines Erbteils durch einen Minderjährigen oder seinen gesetzlichen Vertreter – ebenso der Erwerb durch einen Minderjährigen – stets der Genehmigung des Familiengerichts (§ 1822 Nr. 2 BGB). Gleiches gilt für Betreute, wenn deren Vertretungsbefugnis diese Rechtsgeschäfte erfasst, unter zusätzlicher Einbindung des Betreuungsgerichts. Zustimmungsbedürftig ist sowohl der Abschluss als auch die Erfüllung des Erbschaftskaufs. Besteht der Verdacht einer Benachteiligung des Minderjährigen oder Betreuten durch die Verfügung, kann das Gericht die Genehmigung versagen. Auch die Kontrolle der notariellen Form und inhaltlichen Angemessenheit kommt dabei dem Gericht zu. Ohne diese gerichtliche Genehmigung ist der Erbschaftskauf schwebend unwirksam, bis zur endgültigen Genehmigung.