Erbschaftskauf: Bedeutung, Ablauf und Rechtsfolgen
Der Erbschaftskauf bezeichnet den entgeltlichen Verkauf eines gesamten Erbteils durch eine Erbin oder einen Erben an eine andere Person. Die erwerbende Person tritt an die Stelle der veräußernden Person in die Gemeinschaft der Miterben ein und übernimmt deren Stellung mit allen Rechten und Pflichten, die mit dem Erbteil verbunden sind. Der Erbschaftskauf betrifft damit den Anteil am gesamten Nachlass, nicht einzelne Gegenstände.
Beteiligte und Gegenstand
Beteiligt sind typischerweise die veräußernde Person als Erbin oder Erbe, die erwerbende Person sowie die übrigen Miterbinnen und Miterben. Gegenstand ist der veräußerte Erbteil in seiner Gesamtheit, das heißt die Quote am gesamten Nachlass mit allen darin enthaltenen Vermögenswerten und Nachlassverbindlichkeiten.
Typische Motive
- Liquiditätsbeschaffung auf Seiten der veräußernden Person
- Vermeidung oder Beendigung von Auseinandersetzungen in der Erbengemeinschaft
- Investitionsinteresse der erwerbenden Person
Rechtliche Einordnung und Abgrenzung
Erbschaftskauf versus Verkauf einzelner Nachlassgegenstände
Beim Erbschaftskauf wird der gesamte Erbteil übertragen. Damit gehen Beteiligungs-, Stimm- und Verwaltungsrechte in der Erbengemeinschaft auf die erwerbende Person über. Demgegenüber betrifft der Verkauf einzelner Nachlassgegenstände nur bestimmte Vermögenswerte; die Stellung in der Erbengemeinschaft bleibt unverändert.
Verkauf einer künftigen Erbschaft
Die Übertragung eines noch nicht angefallenen Erbes ist grundsätzlich unwirksam. Vor dem Erbfall können nur besondere, formbedürftige Gestaltungen mit der künftigen Erblasserin oder dem künftigen Erblasser selbst getroffen werden. Ein gewöhnlicher Erbschaftskauf ist erst nach Eintritt des Erbfalls möglich.
Form- und Wirksamkeitsvoraussetzungen
Beurkundung
Der Vertrag über den Erbschaftskauf bedarf der notariellen Beurkundung. Ohne diese Form entfaltet der Vertrag keine Wirksamkeit. Die Beurkundung dient der Rechtssicherheit, der Identitäts- und Inhaltskontrolle sowie der Dokumentation.
Zeitpunkt des Übergangs
Regelmäßig geht der Erbteil mit Abschluss der beurkundeten Vereinbarung über, sofern keine abweichenden Bedingungen oder Termine vereinbart sind. Der Übergang erfasst den Erbteil in seiner jeweiligen, auch veränderlichen Zusammensetzung.
Teilabtretung
Neben der Übertragung des gesamten Erbteils ist auch die Übertragung eines Bruchteils dieses Erbteils möglich. Die erwerbende Person wird dann entsprechend ihrer Quote Mitglied der Erbengemeinschaft.
Zustimmungen und Genehmigungen
Die Übertragung des Erbteils selbst erfolgt grundsätzlich ohne Zustimmung der übrigen Miterbinnen und Miterben. Besondere Genehmigungen sind erforderlich, wenn schutzwürdige Personen betroffen sind, etwa bei minderjährigen oder unter Betreuung stehenden Beteiligten. Im Fall einer Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens können zusätzliche Zustimmungen notwendig sein.
Rechtsfolgen für Käuferin/Käufer und Verkäuferin/Verkäufer
Stellung in der Erbengemeinschaft
Die erwerbende Person tritt mit dem erworbenen Anteil in die Erbengemeinschaft ein. Sie hat Mitverwaltungsrechte, wirkt an Entscheidungen mit und kann die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betreiben. Ansprüche auf Auszahlung oder Übertragung einzelner Gegenstände entstehen erst im Zuge der Auseinandersetzung.
Haftung und Gewährleistung
Grundsätzlich haftet die veräußernde Person dafür, dass sie tatsächlich Erbin oder Erbe des veräußerten Erbteils ist und dass der veräußerte Anteil existiert. Für einzelne Nachlassgegenstände oder deren Zustand wird im Regelfall nicht gehaftet, es sei denn, dies ist ausdrücklich vereinbart. Nachlassverbindlichkeiten bleiben mit dem Erbteil verbunden; die erwerbende Person wirkt entsprechend ihrer Quote an deren Erfüllung mit. Interne Ausgleichsregelungen zwischen den Vertragsparteien sind möglich und üblich.
Verwaltungs- und Teilungsbefugnisse
Mit dem Erwerb gehen Verwaltungsrechte über, beispielsweise Zustimmungserfordernisse bei Verfügungen über wesentliche Nachlassgegenstände. Die erwerbende Person kann an Vereinbarungen zur Teilung des Nachlasses teilnehmen und ist an Beschlüsse der Erbengemeinschaft gebunden.
Vorkaufsrecht der Miterbinnen und Miterben
Beim Verkauf eines Erbteils an eine außenstehende Person steht den übrigen Miterbinnen und Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Sie können unter den Bedingungen des abgeschlossenen Kaufvertrags in den Erwerb eintreten. Das Vorkaufsrecht ist fristgebunden und setzt die Mitteilung über den Vertrag voraus.
Wirkung auf einzelne Nachlasspositionen
Immobilien und registerpflichtige Rechte
Die Übertragung des Erbteils erfasst auch im Nachlass enthaltene Immobilien sowie andere registerpflichtige Rechte. Eine gesonderte dingliche Übertragung einzelner Nachlassgegenstände ist hierfür nicht erforderlich. Gleichwohl sind Eintragungen im Grundbuch oder in anderen Registern anzupassen, sobald die spätere Auseinandersetzung zu Individualzuordnungen führt.
Unternehmensbeteiligungen
Bei im Nachlass befindlichen Gesellschaftsanteilen können gesellschaftsvertragliche Beschränkungen oder Zustimmungserfordernisse bestehen. Diese wirken sich auf die Ausübung der Rechte in der Erbengemeinschaft und die spätere Auseinandersetzung aus.
Rechte Dritter: Vermächtnisse und Pflichtteilsrechte
Vermächtnisse, Auflagen und Pflichtteilsrechte bleiben durch den Erbschaftskauf unberührt. Sie sind vorrangig aus dem Nachlass zu erfüllen. Die erwerbende Person teilt die daraus folgenden Lasten anteilig.
Preisbildung und Risiken
Der Kaufpreis spiegelt regelmäßig den Gesamtwert des Erbteils unter Berücksichtigung von Chancen und Risiken. Wertunsicherheiten ergeben sich unter anderem aus:
- unbekannter Zusammensetzung und Bewertung des Nachlasses
- bestehenden oder noch festzustellenden Nachlassverbindlichkeiten
- streitigen Auslegungsfragen zu Testamenten und Erbquoten
- Verzögerungen bei Verwaltung und Auseinandersetzung
Vertraglich werden häufig Informationsgrundlagen, Zusicherungen, Freistellungen und Anpassungsklauseln geregelt, um das Risiko zu verteilen.
Steuer- und Kostenaspekte
Der Erwerb von Todes wegen unterliegt der Erbschaftsteuer bei der erwerbenden Person des ursprünglichen Erbfalls. Der spätere Erbschaftskauf ist ein entgeltlicher Vorgang zwischen den Vertragsparteien. Je nach Zusammensetzung des Nachlasses können weitere Steuern berührt sein, etwa bei im Erbteil enthaltenen Immobilien oder betrieblichen Vermögenswerten. Zudem fallen Notar- und Registerkosten an. Die konkrete steuerliche Einordnung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Internationale Bezüge
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten können unterschiedliche Rechtsordnungen und Zuständigkeiten betroffen sein, insbesondere hinsichtlich des anwendbaren Erbrechts und der Formvorschriften. Auch steuerliche Folgen können sich in mehreren Staaten ergeben.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet Erbschaftskauf in einfachen Worten?
Erbschaftskauf ist der Verkauf eines gesamten Erbteils gegen Zahlung eines Kaufpreises. Die erwerbende Person übernimmt die Stellung der veräußernden Person in der Erbengemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten.
Ist für den Erbschaftskauf eine notarielle Beurkundung erforderlich?
Ja. Der Vertrag muss notariell beurkundet werden. Ohne Beurkundung ist der Erbschaftskauf unwirksam.
Welche Rechte haben Miterbinnen und Miterben beim Verkauf eines Erbteils?
Den Miterbinnen und Miterben steht ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu, wenn der Erbteil an eine außenstehende Person verkauft wird. Sie können unter den Bedingungen des Kaufvertrags in den Erwerb eintreten, wenn sie fristgerecht reagieren.
Wer haftet für Nachlassschulden nach dem Erbschaftskauf?
Nachlassschulden sind dem Nachlass zugeordnet und werden von der Erbengemeinschaft getragen. Mit dem Erwerb des Erbteils wirkt die erwerbende Person anteilig an der Erfüllung mit. Zwischen den Vertragsparteien können Ausgleichs- und Freistellungsregelungen vereinbart werden.
Werden einzelne Nachlassgegenstände durch den Erbschaftskauf unmittelbar übertragen?
Nein. Übertragen wird der Erbteil als Quote am Gesamtvermögen. Die Zuordnung einzelner Gegenstände erfolgt erst im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.
Kann ein noch nicht angefallenes Erbe verkauft werden?
Ein gewöhnlicher Erbschaftskauf ist erst nach Eintritt des Erbfalls möglich. Der Verkauf eines zukünftigen Erbes ist grundsätzlich unwirksam, sofern nicht besondere, eigenständige Verfügungen mit der zukünftigen Erblasserin oder dem zukünftigen Erblasser vorliegen.
Welche Kosten und Steuern können beim Erbschaftskauf anfallen?
Es fallen insbesondere Notarkosten und gegebenenfalls Registerkosten an. Steuerlich ist der ursprüngliche Erwerb von Todes wegen gesondert zu betrachten; der Erbschaftskauf selbst kann je nach Nachlasszusammensetzung weitere steuerliche Folgen auslösen, etwa im Zusammenhang mit Immobilien oder betrieblichen Vermögenswerten.
Benötigen die übrigen Miterbinnen und Miterben eine Zustimmung zum Erbschaftskauf?
Für die Übertragung des Erbteils ist grundsätzlich keine Zustimmung der übrigen Miterbinnen und Miterben erforderlich. Ihr Vorkaufsrecht bleibt davon unberührt.