Begriff und rechtliche Einordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis
Die Entziehung der Fahrerlaubnis stellt eine hoheitliche Maßnahme dar, durch die die zuständige Behörde oder ein Gericht einem Kraftfahrzeugführer das Recht aberkennt, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Diese Entziehung regelt in Deutschland vorrangig das Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Sie unterscheidet sich grundlegend vom Fahrverbot und knüpft an besondere rechtliche Voraussetzungen an.
Rechtsgrundlagen der Entziehung der Fahrerlaubnis
Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Die wesentlichen Bestimmungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis finden sich in den §§ 3 und 4 StVG. Nach § 3 Abs. 1 StVG ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer solchen als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)
Weiterführende Regelungen enthalten die §§ 46 ff. FeV. Hier werden sowohl die materiellen Voraussetzungen für die Entziehung als auch das Verwaltungsverfahren detailliert geregelt. Die FeV listet zudem katalogartig Gründe für die Entziehung der Fahrerlaubnis auf.
Unterschied zur Sperre und zum Fahrverbot
Entziehung der Fahrerlaubnis
Im Gegensatz zum Fahrverbot (§ 44 StGB, § 25 StVG), das ein zeitlich begrenztes Verbot betrifft, ein Kraftfahrzeug zu führen, bewirkt die Entziehung einen vollständigen und zeitlich unbegrenzten Wegfall der Fahrerlaubnis. Zusätzlich kann eine Sperrfrist (§ 69a StGB) festgelegt werden, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf.
Gründe für die Entziehung der Fahrerlaubnis
Eignungsmängel
Gemäß § 3 Abs. 1 StVG und § 46 FeV ist die Entziehung zwingend vorgeschrieben, wenn sich der Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet oder nicht befähigt erweist. Häufige Gründe sind:
- Alkohol- oder Drogenkonsum im Straßenverkehr
- Schwere oder wiederholte Straßenverkehrsverstöße
- Erkrankungen oder körperliche/geistige Mängel
- Erreichen von 8 Punkten im Fahreignungsregister (§ 4 Abs. 5 StVG)
Alkohol und Drogen
Insbesondere die Teilnahme am Straßenverkehr unter erheblichem Alkoholeinfluss (z. B. ab 1,1 Promille) oder der Nachweis von Betäubungsmittelmissbrauch führen häufig zur Annahme der Ungeeignetheit.
Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)
Bei Zweifeln an der Eignung kann die Anordnung einer MPU erfolgen. Das negative Gutachten ist regelmäßig Anlass zur Entziehung.
Verfahren der Entziehung der Fahrerlaubnis
Verwaltungsrechtliche Entziehung
Die Entziehung erfolgt in der Regel mittels eines förmlichen Verwaltungsakts der Fahrerlaubnisbehörde. Der Betroffene erhält hierzu einen Bescheid, der mit einer Anordnung zur Abgabe des Führerscheins verbunden ist. Gegen die Entscheidung ist Widerspruch möglich, anschließend gegebenenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht.
Strafgerichtliche Entziehung
Gemäß § 69 StGB kann das Strafgericht im Rahmen eines Strafverfahrens die Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich aus der Straftat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Neben der Entziehung ordnet das Gericht regelmäßig eine Sperre nach § 69a StGB an.
Rechtsfolgen der Entziehung der Fahrerlaubnis
Wirkung und Reichweite
Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis unmittelbar, der Führerschein wird eingezogen und verliert seine Gültigkeit. Das Führen von Kraftfahrzeugen ist sodann untersagt. Dies betrifft sämtliche fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeuge.
Sperrfrist
Häufig setzt die zuständige Stelle oder das Gericht eine Sperrfrist fest, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Die Mindestsperrfrist beträgt gemäß § 69a StGB sechs Monate und kann im Ausnahmefall bis zu fünf Jahre angeordnet werden.
Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung
Nach Ablauf der Sperrfrist ist ein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu stellen. Voraussetzung hierfür ist typischerweise:
- Nachweis der Fahreignung (ggf. durch Vorlage einer positiven MPU)
- Keine bestehenden Hinderungsgründe (z. B. aktuelle Straftaten oder offene Verfahren)
- Vorlage der beizubringenden Unterlagen (z. B. medizinische Gutachten)
Die Eignung für die Führung von Kraftfahrzeugen wird umfassend geprüft; die Erteilung erfolgt nicht automatisch mit Ablauf der Sperrfrist.
Entziehung der Fahrerlaubnis im europäischen Kontext
Durch die Teilnahme am internationalen Kraftfahrzeugverkehr spielen auch europarechtliche Regelungen eine Rolle. Mit der Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG) gibt es harmonisierte Standards bei Entziehung und Neuerteilung. Eine in Deutschland entzogene Fahrerlaubnis gilt im Regelfall auch in anderen EU-Mitgliedstaaten.
Rechtsmittel und Rechtsschutz
Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis durch Verwaltungsakt steht dem Betroffenen der Verwaltungsrechtsweg offen. Fristgerechte Einlegung von Widerspruch und Klage ermöglichen die Überprüfung der Entziehungsentscheidung. Gegen die strafgerichtliche Entziehung ist das strafprozessuale Rechtsmittel der Berufung oder Revision gegeben.
Praxisrelevante Fallgruppen
Alkohol und Drogenkonsum
Erhebliche Bedeutung hat die Entziehung im Zusammenhang mit Alkohol- und Drogendelikten. Die absolute Fahruntüchtigkeit (ab 1,1 Promille) führt regelmäßig zur Ungeeignetheit.
Punktesystem
Das Fahreignungs-Bewertungssystem sieht bei Erreichen von 8 Punkten automatisch die Entziehung vor.
Erkrankungen und Altersgründe
Auch relevante organisch oder psychisch bedingte Erkrankungen können die Eignung ausschließen und zur Entziehung führen.
Zusammenfassung: Bedeutung der Entziehung der Fahrerlaubnis
Die Entziehung der Fahrerlaubnis bildet einen zentralen Bestandteil des Verkehrswesens zum Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern. Sie greift bei gravierenden Eignungsmängeln, schweren Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten und stellt im Rechtssinn eine besonders weitreichende Maßnahme dar, die mit dem vollständigen Verlust der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen einhergeht. Die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis unterliegt strengen Voraussetzungen, die insbesondere den Schutz der Verkehrssicherheit gewährleisten sollen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechtsgrundlagen liegen der Entziehung der Fahrerlaubnis zugrunde?
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist im deutschen Recht vor allem im Straßenverkehrsgesetz (StVG), namentlich in § 3 StVG, geregelt. Ergänzend finden sich Bestimmungen in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), insbesondere § 46 FeV, der das Verwaltungsverfahren konkretisiert. Strafrechtlich spielt zudem § 69 Strafgesetzbuch (StGB) eine Rolle, der die gerichtliche Entziehung infolge bestimmter Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen beschreibt. Diese Bestimmungen definieren die Voraussetzungen, unter denen Behörden oder Gerichte die Fahrerlaubnis entziehen können, etwa wegen mangelnder Eignung, wiederholter Verstöße oder nach bestimmten Straftaten. Sie regeln auch das Verfahren, die Folgen eines Entzugs sowie die Voraussetzungen für eine mögliche Neuerteilung.
Wie läuft das Verwaltungsverfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis ab?
Das Verwaltungsverfahren wird in der Regel durch die Fahrerlaubnisbehörde eingeleitet, sobald ihr Tatsachen bekannt werden, die Zweifel an der Eignung oder Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen. Dabei werden die Betroffenen zunächst angehört und erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Je nach Verdachtslage kann die Behörde die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens, eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) oder weiterer Nachweise fordern. Wird die Eignung nicht nachgewiesen oder verweigert der Betroffene die Begutachtung, kann die Fahrerlaubnis gemäß § 46 FeV entzogen werden. Die Behörde erlässt daraufhin einen schriftlichen Entziehungsbescheid, in dem sie auch die sofortige Wirkung der Maßnahme (sofortige Vollziehung) anordnen kann. Gegen diesen Bescheid steht der Verwaltungsrechtsweg offen.
Wann erfolgt die Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Gericht?
Ein Gericht kann die Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB entziehen, wenn der Betroffene eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs, unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers oder unter Bedingungen begeht, die Zweifel an seiner charakterlichen oder geistigen Eignung begründen (z.B. Trunkenheitsfahrt, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort). Daneben kann auch bei schweren Verkehrsdelikten, bei denen ein grober Mangel an Verantwortungsbewusstsein erkennbar ist, eine gerichtliche Entziehung erfolgen. Mit dem gerichtlichen Entzug wird zwingend auch eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt.
Welche Auswirkungen hat die Entziehung der Fahrerlaubnis auf bestehende Fahrerlaubnisklassen?
Die Entziehung der Fahrerlaubnis umfasst grundsätzlich alle erteilten Fahrerlaubnisklassen. Das bedeutet, dass der Betroffene keine Kfz von keiner Klasse mehr führen darf. Teilweise ist es möglich, dass nur für eine oder mehrere Klassen die Eignung in Frage gestellt wird; in der Regel erfolgt jedoch ein vollständiger Entzug. Im Entziehungsbescheid oder im Urteil muss eine ausdrückliche Einschränkung auf einzelne Klassen erfolgen, ansonsten gilt der Entzug umfassend.
Welche Rechte hat der Betroffene nach Erlass eines Entziehungsbescheides?
Der Betroffene hat das Recht, gegen den Entziehungsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch einzulegen. Die Behörde prüft den Widerspruch und entscheidet erneut. Wird dieser abgelehnt, bleibt der Weg zu einer Klage vor dem Verwaltungsgericht offen. In dringenden Fällen kann zudem Eilrechtsschutz beantragt werden, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage wiederherzustellen, wenn die Behörde – wie regelmäßig – die sofortige Vollziehung der Entziehung angeordnet hat. Zudem hat der Betroffene Anspruch auf Akteneinsicht.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Fahrerlaubnis nach Entziehung neu erteilt werden?
Eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung setzt regelmäßig einen entsprechenden Antrag sowie den Nachweis der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen voraus. Die Behörde prüft insbesondere, ob eventuelle Sperrfristen abgelaufen sind, die charakterliche, geistige und körperliche Eignung nachgewiesen werden kann und ob ggf. erforderliche Nachweise (wie MPU) erbracht wurden. Bestehen Zweifel an der Eignung – etwa bei vorangegangenem Alkohol- oder Drogenkonsum – ist meist eine medizinisch-psychologische Untersuchung verpflichtend. Erst nach positiver Gesamtbewertung erfolgt die Neuerteilung.