Begriff und Bedeutung der Entschließung im Recht
Die Entschließung ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht und bezeichnet einen bestimmten Willensprozess oder das Willensergebnis im Rahmen rechtlicher Entscheidungsfindungen. Je nach Rechtsgebiet können mit „Entschließung” unterschiedliche, jedoch verwandte rechtliche Vorgänge gemeint sein. Der Begriff nimmt insbesondere im Verwaltungsrecht, im Strafrecht, im bürgerlichen Recht sowie im Prozessrecht eine maßgebliche Rolle ein. Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte, Ausprägungen und rechtlichen Folgen der Entschließung systematisch dargestellt.
Entschließung im Verwaltungsrecht
Begriff und Funktion
Im Verwaltungsrecht versteht man unter Entschließung die erste Stufe der behördlichen Willensbildung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Hier entscheidet eine Behörde, ob sie im konkreten Fall überhaupt tätig werden und ein Verwaltungsverfahren einleiten möchte. Diesem Willensakt geht eine entsprechende Tatsachenermittlung oder Kenntnisnahme voraus.
Abgrenzung: Entschließung und Auswahlmaßnahme
Verwaltungsrechtlich wird zwischen der Entschließung und der Auswahlmaßnahme differenziert. Die Entschließung ist der Grundsatzbeschluss über das „Ob” des Tätigwerdens. Die nachgelagerte Auswahlentscheidung betrifft das „Wie”, also in welcher konkreten Art und Weise, mit welchem Inhalt, wem gegenüber und mit welchem Ziel die Maßnahme durchgeführt werden soll.
Beispiel
Im Polizei- und Ordnungsrecht ist ein klassisches Beispiel für die Entschließung die Entscheidung einer Behörde, überhaupt gegen eine potenzielle Störung der öffentlichen Sicherheit einzuschreiten. Erst im weiteren Schritt wird festgelegt, wie dies geschehen soll (z. B. durch Platzverweis, Festhalten, Sicherstellung).
Rechtliche Relevanz
Die rechtliche Überprüfbarkeit der Entschließung ist ein wesentlicher Aspekt. Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich im Regelfall auf das gesamte Verwaltungshandeln, jedoch existieren auch Bereiche, in denen der Behörde ein Entschließungsermessen zusteht. In diesen Fällen wird der Behörde ein Handlungsspielraum eingeräumt, ob sie überhaupt tätig wird.
Ermessensfehler und gerichtliche Kontrolle
Ein etwaiger Ermessensfehler kann im Bereich der Entschließung vorliegen, insbesondere als Ermessensnichtgebrauch (Nichthandeln trotz Verpflichtung), Ermessensmissbrauch oder Ermessensüberschreitung. Die gerichtliche Kontrolle erfolgt im Rahmen einer Verpflichtungsklage oder einer Anfechtungsklage.
Entschließung im Strafrecht
Bedeutung im subjektiven Tatbestand
Im Strafrecht spielt die Entschließung vor allem im Zusammenhang mit dem Vorsatz und der Versuchslehre eine bedeutende Rolle. Im Spektrum der Willensbildung eines Täters wird die Entschließung als die innere, willentliche Festlegung auf die Begehung einer Straftat angesehen.
Stadium der Tatbestandsverwirklichung
Die Entschließung ist im Hinblick auf den Versuchsbeginn bedeutsam:
- Entschlussfassung (Tatentschluss): Der Täter fasst den Entschluss zur Tat, was im Stadium des sog. vorgelagerten straflosen Bereichs liegt.
- Ausführung der Tat: Erst mit der Vornahme der ersten Handlung, die unmittelbar zur Verwirklichung des Straftatbestandes führen soll, beginnt der strafbare Versuch.
Somit ist die Entschließung ein strafrechtlich relevantes Abgrenzungskriterium zwischen straflosem Vorbereitungshandeln und strafbarer Versuchsbeginn gemäß § 22 StGB.
Entschließung im Privatrecht
Willenserklärung und Vertragsschluss
Im Privatrecht bezeichnet die Entschließung regelmäßig den inneren Entschluss, eine rechtliche Erklärung abzugeben (z. B. Vertragsabschluss, Angebot, Annahme). Die Erklärung dieses Entschlusses nach außen bildet das wesentliche Strukturelement der Willenserklärung nach §§ 104 ff. BGB.
Abgrenzung zum bloßen Gedanken
Nach herrschender Meinung ist bereits die Entschließung, eine Willenserklärung abzugeben, jedoch ohne eine rechtsgeschäftliche Äußerung, nicht rechtswirksam. Erst das Zusammentreten von Entschließung, Erklärung und Zugang konstituiert eine wirksame rechtsgeschäftliche Handlung.
Anfechtbarkeit und Fehlerquellen
Fehler im Rahmen der Entschließung können eine Anfechtbarkeit gemäß § 119 BGB begründen, etwa wenn sich jemand über den Inhalt einer Willenserklärung im Irrtum befand (Erklärungsirrtum, Inhaltsirrtum).
Entschließung im Prozessrecht
Gerichtsentscheidungen und Beschlussfassung
Im Verfahrensrecht wird unter Entschließung meist die förmliche Entscheidung eines Gerichts im Rahmen eines Verfahrens verstanden. Dazu zählen Beschlüsse oder Entscheidungen, durch die über das weitere Vorgehen im Prozess oder über prozessuale Maßnahmen bestimmt wird.
Unterschied zu Urteilen
Eine Entschließung in diesem Sinne ist von richterlichen Urteilen abzugrenzen. Sie betrifft Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen, die nicht rechtskraftfähig oder vollstreckbar im Sinne eines Endurteils sind.
Besondere Erscheinungsformen der Entschließung
Entschließung im staatsrechtlichen Kontext
In völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Zusammenhängen bezeichnet eine Entschließung häufig eine formelle Erklärung oder Stellungnahme eines Gremiums (z. B. Bundestag, Landtag, UN-Organe), die jedoch keine unmittelbare Gesetzeskraft, sondern lediglich politisch-programmatischen oder empfehlenden Charakter aufweist.
Literatur, Rechtsprechung und weiterführende Hinweise
Zur Vertiefung bieten sich die einschlägigen Kommentare zu den maßgeblichen Vorschriften im Verwaltungsverfahrensrecht, Strafgesetzbuch, Bürgerlichen Gesetzbuch sowie die Standardwerke zum Allgemeinen Teil des öffentlichen und privaten Rechts an. Die Rechtsprechung der Bundesgerichte konkretisiert die Anwendungsfälle und bietet weiterführende Orientierung.
Zusammenfassung
Die Entschließung ist ein grundlegender Begriff in verschiedenen Rechtsgebieten und steht für ein bestimmtes Stadium oder Ergebnis des Willensbildungsprozesses im rechtlichen Kontext. Sie spielt sowohl beim Handeln von Behörden, bei strafrechtlichen Ermittlungen, privatrechtlichen Geschäften als auch im prozessualen Handeln eine zentrale Rolle. Eine exakte Kenntnis ihrer Bedeutung, ihrer rechtlichen Voraussetzungen und ihrer Abgrenzung zu anderen Willenshandlungen ist für das Verständnis und die rechtliche Bewertung zahlreicher Sachverhalte unerlässlich.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Zustandekommen einer Entschließung erfüllt sein?
Eine Entschließung im rechtlichen Kontext setzt voraus, dass ein zuständiges Organ – etwa die Gesellschafterversammlung einer GmbH, der Vorstand eines Vereins oder ein Gremium einer Körperschaft – überhaupt zur Fassung von Entschließungen befugt ist. Dies ergibt sich entweder aus dem Gesetz, wie beispielsweise §§ 47 ff. GmbHG für die Gesellschafterversammlung, oder aus einer entsprechenden Satzung beziehungsweise Geschäftsordnung. Für das wirksame Zustandekommen einer Entschließung ist es erforderlich, dass das Organ ordnungsgemäß einberufen wurde, die Mitglieder form- und fristgerecht eingeladen wurden und das Thema der Entschließung auf der Tagesordnung stand (Grundsatz der Tagesordnungsbindung). Ferner ist das Vorliegen der Beschlussfähigkeit und die Beachtung etwaiger qualifizierter Mehrheitsvorgaben zu prüfen. In manchen Fällen sind besondere Formerfordernisse einzuhalten (z.B. Schriftform, Protokollierung oder Eintragung in ein Register). Ist die Entschließung in Schriftform oder elektronisch gefasst worden, sind die gesetzlichen Regelungen zur elektronischen Kommunikation zu berücksichtigen.
Welche rechtlichen Wirkungen hat eine Entschließung nach ihrer Annahme?
Nach Annahme entfaltet eine Entschließung grundsätzlich ihre bindende Wirkung für das jeweilige Organ sowie die von der Entschließung betroffenen Personen oder Mitglieder. Die rechtliche Wirkung hängt dabei maßgeblich von der Art der Entschließung ab: Handelt es sich um einen Beschluss mit rechtsetzender Wirkung (z.B. Satzungsänderung), um einen Verwaltungsakt oder um eine Entscheidung interner Angelegenheiten? Erstreckt sich die Wirkung grundsätzlich nur auf den inneren Bereich der juristischen Person, kann die Entschließung auch Außenwirkung haben, wenn etwa durch die Entschließung Dritte gebunden werden oder rechtsgestaltende Veränderungen (wie Eintragung ins Handelsregister) eintreten. Wird die Entschließung nichtig oder anfechtbar, so entfällt ihre Wirksamkeit (rückwirkend oder ex nunc, je nach Anfechtungsgrund und rechtlicher Konstruktion).
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Entschließung rechtlich angefochten werden?
Die Anfechtung einer Entschließung ist immer an bestimmte formale und materielle Voraussetzungen gebunden. Zumeist kann jede Person, die durch die Entschließung unmittelbar betroffen ist und deren Rechte beeinträchtigt werden könnten, Klage erheben (z.B. Gesellschafterklage nach § 246 AktG oder Mitglied einer Körperschaft im Wege des Vereinsrecht). Die Anfechtungsgründe umfassen typischerweise Verstöße gegen Gesetz oder Satzung, insbesondere: mangelnde Beschlussfähigkeit, unzulässige Tagesordnung, Stimmrechtsausschluss, fehlerhafte Mehrheitsberechnung oder Einladungsfehler. Die Anfechtungsfrist beträgt häufig einen Monat ab Bekanntgabe oder Feststellung, kann aber je nach Rechtsform und Regelung abweichen. Wird nicht rechtzeitig angefochten, wird die Entschließung in der Regel unanfechtbar, es sei denn, es besteht ein besonders schwerwiegender Fehler, der zur Nichtigkeit führt.
Welche Unterschiede bestehen zwischen Entschließungen im privaten und öffentlichen Recht?
Im Privatrecht, insbesondere bei Gesellschaften oder Vereinen, haben Entschließungen (bzw. Beschlüsse) typischerweise die Funktion, interne Ordnungs- und Entscheidungsprozesse zu gestalten. Sie entstehen in Versammlungen, durch schriftliche Umlaufbeschlüsse oder auch in elektronischen Verfahren und binden die Mitglieder des betreffenden Verbandes; ihre Rechtswirkung ergibt sich aus Satzungen, Gesellschaftsverträgen oder Vereinsordnungen. Im Öffentlichen Recht werden Entschließungen regelmäßig von Organen der Hoheitsverwaltung oder Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. Gemeinderat, Ausschüsse) gefasst. Sie können normativen Charakter haben (z.B. Satzungsbeschlüsse), aber auch Einzelfallregelungen darstellen. Während im privaten Bereich weitgehend die Privatautonomie herrscht, sind im öffentlichen Bereich die Grundsätze des Verwaltungsrechts, das Legalitätsprinzip sowie oft umfangreiche Beteiligungs- und Veröffentlichungsverfahren zu beachten.
Wie verhalten sich Entschließungen zu sonstigen Beschlüssen und Verwaltungsakten?
Entschließungen sind rechtlich den Beschlüssen verwandt, unterscheiden sich aber häufig in ihrer rechtlichen Tragweite oder Wirkungsrichtung. Während jeder Beschluss definitionsgemäß eine Willensbildung und verbindliche Entscheidung eines Organs ausdrückt, kann der Begriff Entschließung teils weitergefasst sein und auch Willensbekundungen oder Grundsatzentscheidungen ohne direkte Außenwirkung erfassen. Verwaltungsakte hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einseitig durch eine Behörde oder ein Verwaltungsorgan gegenüber dem Bürger oder Dritten erlassen werden und unmittelbare Rechtswirkungen nach außen entfalten, etwa in Form von Genehmigungen, Verboten oder Anordnungen. Entschließungen können Grundlage oder Voraussetzung für Verwaltungsakte sein (z.B. Entschließung zur Einleitung einer Planungsmaßnahme, auf deren Basis später ein Verwaltungsakt ergeht).
Welche rechtlichen Folgen hat die Nichtigkeit einer Entschließung?
Ist eine Entschließung nichtig, so wird sie als von Anfang an unwirksam behandelt und entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Nichtigkeitsgründe können insbesondere Gesetzesverstöße mit besonders schwerwiegender Wirkung oder grobe Verfahrens- und Formfehler sein, wie etwa die Nichtbeachtung zwingender gesetzlicher Ladungsvorschriften, die vollständige Abwesenheit der Beschlusskompetenz oder Verstöße gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (§ 134 BGB, § 138 BGB). Die Nichtigkeit muss nicht gerichtlich festgestellt werden, gleichwohl kann sie in einem gerichtlichen Verfahren klargestellt werden. Anders als bei anfechtbaren Entschließungen wird die Nichtigkeit von Amts wegen beachtet und kann von jedermann geltend gemacht werden. Die Wiederholung oder erneute Fassung der Entschließung bleibt dabei möglich, sofern die Fehler behoben werden.
Inwiefern besteht eine Veröffentlichungspflicht für Entschließungen?
Die Veröffentlichung einer Entschließung ist rechtlich vorgeschrieben, wenn das Gesetz, die Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Verwaltungsverfahrensvorschriften dies verlangen. Im Gesellschaftsrecht sind insbesondere solche Entschließungen zu veröffentlichen, die registerpflichtige Tatsachen begründen (z.B. Satzungsänderungen oder Kapitalmaßnahmen bei Kapitalgesellschaften), wobei die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister zu erfolgen hat (§ 12 HGB). Im Vereinsrecht können Satzungsänderungen veröffentlicht werden müssen, um wirksam zu werden. Im öffentlichen Recht ist die Veröffentlichung z.B. von Gemeinderats- oder Verwaltungsentschließungen vielfach im Interesse der Rechtssicherheit sowie der Transparenz und Bürgerbeteiligung vorgeschrieben; Verstöße können zur Unwirksamkeit der Maßnahme führen. In Einzelfällen können aber auch Geheimhaltungsinteressen oder der Schutz personenbezogener Daten einer Veröffentlichung entgegenstehen.