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Entlastungsbetrag


Definition und rechtliche Einordnung des Entlastungsbetrags

Der Entlastungsbetrag ist ein Begriff aus dem deutschen Steuer- und Sozialrecht, der besonders im Kontext der Pflege sowie der Einkommensteuer auftritt. Er stellt eine steuerliche Vergünstigung oder einen zweckgebundenen Zuschuss dar, der bestimmte Personengruppen finanziell entlasten und ihre Lebenssituation verbessern soll. Rechtlich ist der Entlastungsbetrag in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen normiert, wobei die Rechtsgrundlage sowie die Anspruchsvoraussetzungen je nach Anwendungsbereich variieren.


Entlastungsbetrag im Steuerrecht

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)

Im deutschen Einkommensteuerrecht ist der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b Einkommensteuergesetz (EStG) ein besonderer steuerlicher Freibetrag. Er soll die steuerliche Mehrbelastung von alleinstehenden Elternteilen, die mit mindestens einem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben, ausgleichen.

Voraussetzungen für den Steuerlichen Entlastungsbetrag

  • Alleinerziehendeneigenschaft: Anspruchsberechtigt ist, wer mit mindestens einem Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht, in einem Haushalt lebt und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet, außer es handelt sich um volljährige Kinder.
  • Höhe: Der Entlastungsbetrag beträgt seit dem Veranlagungszeitraum 2023 jährlich 4.260 Euro. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro pro Jahr (§ 24b Abs. 2 EStG).
  • Antrag und Berücksichtigung: Der Entlastungsbetrag wird beim Lohnsteuerabzug (Lohnsteuerklasse II) automatisch berücksichtigt oder ist in der Einkommensteuererklärung geltend zu machen. Für eine Erhöhung wegen weiterer Kinder muss ein zusätzlicher Antrag beim Finanzamt gestellt werden.

Zweck des Entlastungsbetrages

Der Gesetzgeber erkennt mit dem Entlastungsbetrag ausdrücklich die besondere finanzielle Belastung von Alleinerziehenden an, die ausschließlich oder überwiegend selbst für ihre Kinder sorgen. Die Regelung dient der Minderung von Ungleichbehandlung gegenüber zusammenlebenden Elternteilen im steuerlichen Kontext.


Entlastungsbetrag in der Pflegeversicherung (§ 45b SGB XI)

Im Sozialrecht bezeichnet der Entlastungsbetrag insbesondere einen Betrag für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen gemäß § 45b Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Er richtet sich an Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1, die ambulant, d. h. zu Hause, gepflegt werden.

Anspruch und Voraussetzungen

  • Anspruchsberechtigte: Pflegebedürftige der Pflegegrade 1 bis 5, die zuhause versorgt werden, haben einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag.
  • Höhe: Der monatliche Entlastungsbetrag beträgt aktuell 125 Euro.
  • Zweckbindung: Der Betrag ist zweckgebunden und kann ausschließlich für qualitätsgesicherte Leistungen zur Unterstützung im Alltag verwendet werden. Hierzu zählen z. B. Leistungen von zugelassenen Pflegediensten, Betreuungsangeboten, Unterstützungsleistungen im Haushalt oder ehrenamtlichen Helferinitiativen.

Verwendung des Entlastungsbetrags

  • Anerkannte Anbieter: Die Leistungen müssen von anerkannten Dienstleistern erbracht werden, die landesrechtlich zugelassen sind.
  • Umfang der Erstattung: Pflegebedürftige erhalten die Kosten erstattet, wenn sie entsprechende Rechnungen und Zahlungsnachweise bei der Pflegekasse einreichen.
  • Übertragbarkeit nicht genutzter Beträge: Nicht genutzte Beträge können innerhalb eines Kalenderjahres angespart und bis zum 30. Juni des Folgejahres verwendet werden. Nach dieser Frist verfällt der Anspruch auf den nicht genutzten Betrag des Vorjahres.

Entlastungsbetrag im Zusammenhang mit weiteren Unterstützungsleistungen

Kombinationsmöglichkeiten und Verhältnis zu anderen Leistungen

Der Entlastungsbetrag ist zusätzlich zu anderen Leistungen der ambulanten Pflege (Pflegesachleistung, Pflegegeld, Tages- und Nachtpflege, Verhinderungspflege) einsetzbar, darf jedoch nicht für die gleichen Aufwendungen wie andere Leistungen genutzt werden (Doppelförderung ist ausgeschlossen). Die Pflegekassen informieren regelmäßig über die Kombinationsmöglichkeiten und die jeweiligen Voraussetzungen.

Landesrechtliche Unterschiede

Einzelne Bundesländer können weitergehende Regelungen zur Anerkennung von Entlastungsleistungen und zu den Voraussetzungen für Dienstleister erlassen. Maßgebend für die Anerkennung der Dienstleister und deren Angebote sind die jeweiligen Landesrahmenverträge oder landesrechtlichen Anerkennungsregelungen.


Steuerliche Berücksichtigung des Entlastungsbetrags nach § 45b SGB XI

Keine unmittelbare Steuervergünstigung

Der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI stellt keinen steuerlichen Freibetrag dar, sondern eine zweckgebundene Sozialleistung. Jedoch können im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen weitere steuermindernde Tatbestände greifen (z. B. Steuerermäßigung nach § 35a EStG bei haushaltsnahen Dienstleistungen oder außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG).


Nachweis, Antragstellung und Rechtsfolgen

Steuerrechtlicher Entlastungsbetrag (§ 24b EStG)

  • Nachweis und Antrag: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird grundsätzlich ohne gesonderten Antrag über die Lohnsteuerklasse II gewährt. Bei voneinander abweichenden Verhältnissen ist eine entsprechende Erklärung im Rahmen der Steuererklärung erforderlich.
  • Verpflichtung zur Mitteilung: Änderungen in den Lebensumständen, z. B. das Ende der Alleinerziehendeneigenschaft, müssen dem Finanzamt umgehend mitgeteilt werden, da die Gewährung der Steuervergünstigung ansonsten zu einer Steuernachzahlung führen kann.

Pflegeentlastungsbetrag (§ 45b SGB XI)

  • Nachweis gegenüber der Pflegekasse: Die Ausgaben sind durch Rechnung und Zahlungsnachweis zu belegen.
  • Antrag: Die Geltendmachung erfolgt durch Einreichung der Unterlagen bei der Pflegekasse oder einem privaten Versicherungsunternehmen.
  • Verfall von Ansprüchen: Nicht beantragte und nicht genutzte Beträge des Vorjahres verfallen grundsätzlich spätestens mit Ablauf des 30. Juni des Folgejahres.

Reformbestrebungen und aktuelle Entwicklung

Der Entlastungsbetrag sowohl im Steuer- als auch im Pflegekontext ist Gegenstand andauernder politischer und rechtlicher Diskussionen. Gesetzesänderungen, wie die Anhebung der Beträge oder die Ausweitung des berechtigten Personenkreises, werden regelmäßig im Rahmen von steuerlichen Entlastungspaketen und Pflegereformen geprüft und umgesetzt.


Zusammenfassung

Der Entlastungsbetrag ist ein zentraler Begriff des deutschen Steuer- und Sozialrechts. Er dient der finanziellen Unterstützung insbesondere von Alleinerziehenden und Pflegebedürftigen. Während im Steuerrecht der Fokus auf dem Ausgleich der Mehrbelastung für Alleinerziehende liegt, steht im Pflegekontext die Förderung der häuslichen Betreuung und Entlastung nahestehender Personen im Vordergrund. Die genaue Ausgestaltung, Anspruchsvoraussetzungen und Verwaltung sind detailliert gesetzlich geregelt und im Hinblick auf ihre gesellschaftspolitische Bedeutung kontinuierlichen Entwicklungen unterworfen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, den Entlastungsbetrag in Anspruch zu nehmen?

Der Entlastungsbetrag steht gemäß § 24b Einkommensteuergesetz (EStG) ausschließlich alleinstehenden Steuerpflichtigen zu, die mit mindestens einem Kind, für das ihnen der Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Rechtlich relevant ist hierbei der Status als „alleinerziehend“ im Sinne des Gesetzes, wobei keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bestehen darf, es sei denn, es handelt sich um ein Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht. Nicht ausreichend ist lediglich die alleinige Sorge für das Kind, maßgeblich ist die tatsächliche Führung eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind und das Fehlen einer weiteren erwachsenen Person im Haushalt, die nicht das beschriebene Kind ist. Der Entlastungsbetrag kann dadurch unterjährig entfallen, wenn sich an der Konstellation – beispielsweise durch Zuzug eines anderen Erwachsenen – etwas ändert.

Wie hoch ist der Entlastungsbetrag und wie wird er steuerlich berücksichtigt?

Der Entlastungsbetrag beläuft sich seit dem Veranlagungszeitraum 2023 auf 4.260 Euro pro Kalenderjahr (§ 24b Abs. 2 EStG) für das erste Kind. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro jährlich. Steuerlich wird der Entlastungsbetrag als besonderer Freibetrag vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, er reduziert also die steuerliche Bemessungsgrundlage unmittelbar. Die Berücksichtigung erfolgt entweder durch Eintrag eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte (Lohnsteuerermäßigungsverfahren gemäß § 39a EStG) oder im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wirkt sich der Betrag bereits monatlich mindernd auf die Lohnsteuer aus. Ist der Anspruch nicht für das gesamte Jahr gegeben, erfolgt eine zeitanteilige Aufteilung für volle Kalendermonate.

Kann der Entlastungsbetrag auch bei Wechselmodell gewährt werden?

Im rechtlichen Kontext ist das Wechselmodell – also die hälftige Betreuung des Kindes durch beide Elternteile – besonders zu betrachten. Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Entlastungsbetrag nur dem Elternteil zusteht, bei dem das Kind nach den tatsächlichen Verhältnissen überwiegend lebt. Ist das Kind etwa im Wechselmodell exakt zu gleichen Teilen bei beiden Elternteilen und sind beide „alleinerziehend“, wird der Entlastungsbetrag grundsätzlich aufgeteilt, sofern die rechtlichen Voraussetzungen für beide vorliegen. Kommt kein Einvernehmen zustande, entscheidet das Finanzamt nach Aktenlage. Ein doppelter Anspruch besteht jedoch nicht; eine Aufteilung findet höchstens hälftig statt. Entscheidend ist die melderechtliche Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei einem Elternteil.

Welche Nachweise sind für die Gewährung des Entlastungsbetrags erforderlich?

Das Finanzamt prüft die Anspruchsvoraussetzungen anhand sowohl amtlicher Meldebescheinigungen als auch durch weitere belegende Unterlagen, wie beispielsweise Nachweise über Kindergeldbezug oder Sorgerecht. Entscheidend sind: Meldebescheinigung (gemeinsamer Hauptwohnsitz mit dem Kind), Nachweis des Kindergeldbezugs oder der Anspruch auf den Kinderfreibetrag und ggf. Sorgerechtsbeschluss bei Alleinsorge. Kann der Steuerpflichtige nicht eindeutig belegen, dass keine weitere erwachsene Person im Haushalt lebt, etwa bei Wohngemeinschaften, werden zusätzliche Erklärungen oder Nachweise gefordert. Für die Eintragung als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte bedarf es zudem eines Antrags nach amtlichem Muster.

Was passiert bei Unterbrechungen im Anspruchszeitraum (z.B. Neue Partnerschaft oder Auszug des Kindes)?

Kommt es im Laufe des Jahres zu einer Änderung der Lebensverhältnisse – etwa durch einen Einzug eines neuen Partners, die Volljährigkeit des Kindes oder einen Wegzug des Kindes aus dem Haushalt – ist der Anspruch auf den Entlastungsbetrag für den betroffenen Zeitraum zu prüfen und ggf. zu beenden. Die Anspruchsberechtigung besteht stets monatsweise, sodass eine zeitanteilige Berücksichtigung erfolgt. Dies ist vor allem im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung relevant, wenn der Entlastungsbetrag zunächst voll über das Lohnsteuerermäßigungsverfahren berücksichtigt wurde und sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen nicht durchgängig vorlagen. In diesen Fällen kann es zu Nachforderungen durch das Finanzamt kommen.

Können gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften den Entlastungsbetrag beanspruchen?

Rechtlich ist die sexuelle Orientierung für den Anspruch ohne Belang. Entscheidend ist, dass keine andere volljährige Person als das Kind im Haushalt lebt, unabhängig von deren Beziehung zum Steuerpflichtigen. Lebt der alleinerziehende Elternteil – gleich ob hetero- oder homosexuell – mit einer anderen volljährigen Person in einer Verantwortungsgemeinschaft im gleichen Haushalt, entfällt der Anspruch. Nur wenn der Steuerpflichtige allein mit seinem Kind im Haushalt lebt und die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, besteht Anspruch; dies schließt gleichgeschlechtliche Alleinerziehende ein.

Ist der Entlastungsbetrag antragspflichtig oder wird dieser automatisch gewährt?

Der Entlastungsbetrag wird nicht automatisch bei der Berechnung der Steuer berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtig beschäftigt ist. Für eine unterjährige Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug ist ein Antrag auf Eintragung eines Freibetrags bei der Finanzverwaltung erforderlich (§ 39a EStG). Im Rahmen der jährlichen Einkommensteuerveranlagung erfolgt die Prüfung und – bei Vorliegen der Voraussetzungen – die Berücksichtigung dann aber automatisch, auch wenn im laufenden Jahr kein Lohnsteuerfreibetrag beantragt wurde. Eine nachträgliche Geltendmachung ist bis Ablauf der Festsetzungsfrist für die entsprechende Steuerveranlagung möglich.