Legal Wiki

Wiki»Wiki»Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Begriff und Zweck

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bezeichnet den Anspruch von Beschäftigten, bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit weiterhin ihr Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber zu erhalten. Sie schützt vor Einkommensverlusten, wenn eine Erkrankung die Arbeitsleistung zeitweise unmöglich macht. Die Leistung knüpft an ein bestehendes Arbeitsverhältnis an und gilt für die Ausfallzeit, in der Beschäftigte ohne Krankheit gearbeitet hätten.

Anspruchsvoraussetzungen

Persönlicher Geltungsbereich

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von Arbeitszeitmodell oder Beschäftigungsumfang. Dazu zählen Vollzeit- und Teilzeitkräfte, Minijob-Beschäftigte, Auszubildende, befristet Beschäftigte sowie Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer. Maßgeblich ist, dass ein Arbeitsverhältnis besteht und eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Leitende Angestellte sind ebenfalls erfasst.

Wartezeit

Der Anspruch setzt regelmäßig eine ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses von vier Wochen voraus. Erkrankungen innerhalb dieser Wartezeit lösen keine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber aus. Etwaige Leistungen der Krankenversicherung richten sich nach deren eigenen Voraussetzungen.

Kausalität und Verschulden

Die Arbeitsunfähigkeit muss auf Krankheit beruhen und die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht unmöglich machen. Kein Anspruch besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst herbeigeführt wurde. Alltägliche Lebensrisiken und übliche sportliche Betätigungen gelten grundsätzlich nicht als selbstverschuldete Herbeiführung.

Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung

Beginn und Zeitraum

Der Anspruch beginnt mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und erstreckt sich bis zu sechs Wochen je Krankheitsfall. Endet der Arbeitsvertrag vorher, endet auch die Entgeltfortzahlung. Nach Ablauf der sechs Wochen kommen gegebenenfalls Leistungen der Krankenversicherung in Betracht.

Wiederholungs- und Fortsetzungserkrankung

Erkrankt eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter erneut an derselben Krankheit, besteht ein neuer Sechs-Wochen-Anspruch nur unter bestimmten zeitlichen Bedingungen. Ein neuer Anspruch entsteht, wenn seit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit mindestens sechs Monate vergangen sind oder wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit zwölf Monate verstrichen sind. Bei einer anderen, neuen Krankheit beginnt der Anspruch grundsätzlich erneut.

Höhe und Berechnung

Die Entgeltfortzahlung entspricht dem Arbeitsentgelt, das ohne die Arbeitsunfähigkeit erzielt worden wäre (Entgeltausfallprinzip). Wiederkehrende Zuschläge (z. B. für Schicht- oder Nachtarbeit) sind erfasst, sofern sie regulär anfallen. Einmalige Sonderzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld) werden nicht durch die Entgeltfortzahlung ersetzt. Überstundenvergütungen werden regelmäßig nicht fortgezahlt, es sei denn, sie sind Bestandteil der üblichen Arbeitszeit. Variable Entgeltbestandteile wie Provisionen fließen ein, wenn sie dem regelmäßigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind.

Pflichten von Beschäftigten und Arbeitgebern

Anzeige- und Nachweispflichten

Beschäftigte müssen die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen. Eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich spätestens ab dem vierten Kalendertag vorzulegen; der Arbeitgeber kann die Vorlage früher verlangen. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit sind Folgebescheinigungen erforderlich, damit der Anspruch lückenlos belegt ist.

Datenschutz und Umgang mit Diagnosen

Die Mitteilung hat sich auf die Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer zu beschränken. Die Diagnose ist gegenüber dem Arbeitgeber grundsätzlich nicht offenzulegen. Medizinische Details unterliegen dem Schutz der Privatsphäre.

Abrechnung, Entgeltfortzahlung und Krankengeld

Die Abrechnung erfolgt durch den Arbeitgeber im Rahmen der üblichen Entgeltzahlung. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums kommt regelmäßig Krankengeld der Krankenversicherung in Betracht, sofern Versicherungsschutz besteht. Das Krankengeld ist typischerweise niedriger als das Nettoarbeitsentgelt.

Besondere Konstellationen

Krankheit im Urlaub

Erkranken Beschäftigte im Erholungsurlaub und weisen eine Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß nach, werden die dadurch belegten Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Krankheit im Ausland

Bei Arbeitsunfähigkeit während eines Auslandsaufenthalts sind besondere Melde- und Nachweispflichten zu beachten. Die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer sind dem Arbeitgeber zu melden und durch eine geeignete Bescheinigung nachzuweisen. Fristen und Formerfordernisse können je nach Zielstaat variieren.

Minijob, Teilzeit, Befristung, Auszubildende, Probezeit

Der Anspruch besteht unabhängig vom Beschäftigungsumfang und gilt auch in Minijobs, Teilzeit und befristeten Arbeitsverhältnissen. Auszubildende sind ausdrücklich einbezogen. In der Probezeit gilt der Anspruch nach Ablauf der vierwöchigen Wartezeit.

Leiharbeit

Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer haben den Anspruch gegenüber dem Verleiherunternehmen. Einsatzbezogene Besonderheiten ändern daran grundsätzlich nichts.

Schwangerschaft und Mutterschutz

Arbeitsunfähigkeit in der Schwangerschaft unterfällt der Entgeltfortzahlung, wenn die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen. Davon zu unterscheiden sind Schutzfristen und Leistungen im Zusammenhang mit Mutterschaft, die eigenen Regeln folgen.

Arbeitsunfall und Berufskrankheit

Auch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten können eine Arbeitsunfähigkeit begründen und damit die Entgeltfortzahlung auslösen. Daneben bestehen eigene Systeme der Absicherung durch Unfallversicherungsträger, die insbesondere bei langfristigen Folgen relevant werden können.

Quarantäne ohne eigene Erkrankung

Führt eine behördlich angeordnete Absonderung ohne eigene Erkrankung zur Arbeitsverhinderung, besteht regelmäßig kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Unter Umständen greifen gesonderte staatliche Entschädigungsregelungen.

Ende des Arbeitsverhältnisses und Krankheit

Kündigung während der Krankheit

Eine Kündigung ist auch während bestehender Arbeitsunfähigkeit rechtlich möglich. Die Entgeltfortzahlung endet mit Ablauf des Arbeitsverhältnisses. Ob eine Kündigung wirksam ist, hängt von den allgemeinen Regeln zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen ab.

Auslaufen befristeter Verträge

Läuft ein befristetes Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit aus, endet mit dem Vertragsende auch die Entgeltfortzahlung. Weitere Leistungen richten sich nach dem Versicherungsschutz und anderen Anspruchsgrundlagen.

Finanzierung und Umlageverfahren

Erstattungsmöglichkeiten für Arbeitgeber

Kleinere Arbeitgeber beteiligen sich an einem Umlageverfahren, das einen Teil der Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung ausgleicht. Die Teilnahmebedingungen und Erstattungssätze variieren je nach Kasse und Satzungsrecht.

Durchsetzung und Streitfragen

Beweislastfragen

Die ärztliche Bescheinigung hat einen hohen Beweiswert für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit. Zweifel können durch konkrete Tatsachen begründet werden. In Streitfällen kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und auf die Glaubhaftigkeit der Nachweise an.

Ausschluss- und Verfallfristen

Arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen können vorsehen, dass Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend zu machen sind. Wer Fristen versäumt, riskiert den Verlust an sich bestehender Ansprüche.

Verjährung

Unabhängig von Ausschlussfristen verjähren Zahlungsansprüche regelmäßig nach drei Jahren, gerechnet ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Kenntnis bestand.

Abgrenzungen und verwandte Leistungen

Krankengeld

Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung kann Krankengeld gezahlt werden, sofern Krankenversicherungsschutz besteht und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Krankengeld dient der Einkommenssicherung bei längerer Arbeitsunfähigkeit, ist aber in der Regel niedriger als das bisherige Nettoentgelt.

Stufenweise Wiedereingliederung

Die stufenweise Wiedereingliederung ermöglicht nach längerer Krankheit eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsalltag. Während dieser Phase besteht üblicherweise kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung; die finanzielle Absicherung erfolgt über andere Leistungssysteme.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich Teilzeit- und Minijob-Beschäftigte, Auszubildende, befristet Beschäftigte sowie Leiharbeitnehmende. Voraussetzung ist ein bestehendes Arbeitsverhältnis und eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.

Ab wann und wie lange wird Entgeltfortzahlung geleistet?

Nach einer Wartezeit von vier Wochen ununterbrochener Beschäftigung besteht ein Anspruch von bis zu sechs Wochen je Krankheitsfall. Der Zeitraum beginnt mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und endet spätestens nach sechs Wochen oder mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.

Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung?

Gezahlt wird das Entgelt, das ohne Arbeitsunfähigkeit erzielt worden wäre. Regelmäßig anfallende Zuschläge sind einbezogen, einmalige Sonderzahlungen nicht. Überstundenvergütungen werden nur berücksichtigt, wenn sie Bestandteil der üblichen Arbeitszeit sind.

Was gilt bei wiederholter Erkrankung?

Bei einer neuen, anderen Krankheit entsteht ein neuer Anspruch. Bei derselben Krankheit gibt es einen neuen Anspruch, wenn seit der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit mindestens sechs Monate vergangen sind oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit zwölf Monate verstrichen sind.

Muss die Diagnose dem Arbeitgeber mitgeteilt werden?

Nein. Es reicht die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer. Die Diagnose gehört grundsätzlich nicht in die Mitteilung an den Arbeitgeber.

Was passiert bei selbstverschuldeter Arbeitsunfähigkeit?

Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführter Arbeitsunfähigkeit besteht regelmäßig kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Übliche Alltagsrisiken und gewöhnliche sportliche Betätigungen gelten dabei nicht als selbstverschuldet im Sinne eines Ausschlusses.

Gilt der Anspruch auch in der Probezeit und bei Minijobs?

Ja. Der Anspruch gilt auch während der Probezeit sowie in Minijobs, jeweils nach Ablauf der vierwöchigen Wartezeit. Ohne erfüllte Wartezeit besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Worin unterscheidet sich Entgeltfortzahlung vom Krankengeld?

Die Entgeltfortzahlung ist eine Leistung des Arbeitgebers für bis zu sechs Wochen je Krankheitsfall. Das Krankengeld ist eine Leistung der Krankenversicherung, die im Anschluss und unter eigenen Voraussetzungen gezahlt wird und in der Regel niedriger ist als das Nettoarbeitsentgelt.