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Entfernungspauschale


Entfernungspauschale

Die Entfernungspauschale ist ein zentraler Begriff im deutschen Einkommensteuerrecht, der die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte regelt. Sie spielt insbesondere bei der Bemessung der Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine wesentliche Rolle. Die Entfernungspauschale wird nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewährt und enthält spezifische Vorgaben zu Berechnung, Anspruchsberechtigung und Nachweisführung.

Gesetzliche Grundlagen und Definition

Einkommensteuergesetz (EStG)

Die gesetzliche Grundlage der Entfernungspauschale findet sich in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Danach sind Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in Höhe einer Entfernungspauschale von aktuell 0,30 Euro pro Entfernungskilometer (seit 2021 ab dem 21. Entfernungskilometer 0,35 Euro, ab 2022 0,38 Euro) für jeden Arbeitstag als Werbungskosten abziehbar, unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel.

Zweck der Entfernungspauschale

Die Entfernungspauschale dient der steuerlichen Vereinfachung und pauschalierten Abgeltung der Wegekosten, die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der täglichen Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsplatz entstehen. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch die tatsächlichen Aufwendungen (z. B. für Kraftstoff, Fahrkarten, Fahrrad oder sonstige Verkehrsmittel) sind oder welches Verkehrsmittel genutzt wird.

Anwendungsbereich und Einschränkungen

Begünstigte Personen

Anspruchsberechtigt sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen und regelmäßig eine erste Tätigkeitsstätte aufsuchen. Auch bei doppelter Haushaltsführung oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen gilt die Entfernungspauschale jeweils für die Wege zur ersten Tätigkeitsstätte.

Erste Tätigkeitsstätte

Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt nach den Vorschriften des § 9 Abs. 4 EStG. Als solche gilt der Betrieb des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Für Tätigkeitsstätten, die wechselnd oder nur gelegentlich aufgesucht werden (z. B. Einsatzwechseltätigkeit, Baustellen), kann die Entfernungspauschale nicht angewendet werden.

Entfernungskilometer

Für die Berechnung wird stets der kürzeste Straßenverlauf zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als maßgeblich betrachtet. Die weiter entfernt liegende Strecke kann ausnahmsweise anerkannt werden, wenn sie regelmäßig und offensichtlich schneller oder verkehrsgünstiger ist. Maßgeblich ist dabei die einfache Entfernung (nicht Hin- und Rückfahrt).

Höhe der Entfernungspauschale und Besonderheiten

Pauschalbeträge und Staffelung

  • Für die ersten 20 Entfernungskilometer: 0,30 Euro je Entfernungskilometer pro Arbeitstag
  • Ab dem 21. Entfernungskilometer:

– 0,35 Euro je Entfernungskilometer pro Arbeitstag (ab 2021)
– 0,38 Euro je Entfernungskilometer pro Arbeitstag (ab 2022 bis 2026)

Begrenzung der Pauschale

Die Pauschale ist grundsätzlich auf maximal 4.500 Euro pro Kalenderjahr beschränkt, es sei denn der Steuerpflichtige nutzt einen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw für die Fahrten, dann entfällt die Höchstgrenze.

Unabhängigkeit vom Verkehrsmittel

Die Entfernungspauschale wird verkehrsmittelunabhängig gewährt. Sie gilt gleichermaßen für Pkw, Fahrrad, öffentliche Verkehrsmittel, Fußwege oder auch Mitfahrgelegenheiten. Lediglich bei Flugreisen bleibt es beim Ansatz des tatsächlich zurückgelegten Luftlinienweges.

Sonderregelungen und Ausnahmen

Sammelpunktregelung

Werden Sammelpunkte (z. B. Treffpunkte für Fahrgemeinschaften oder Arbeitsaufnahme an ständig wechselnden Orten) regelmäßig aufgesucht, kann die Entfernungspauschale für den Weg zum Sammelpunkt angesetzt werden. Die weiteren Fahrtstrecken zu den Einsatzstellen können unter bestimmten Voraussetzungen als Reisekosten geltend gemacht werden.

Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung

Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist die Entfernungspauschale auch für Familienheimfahrten ansetzbar, allerdings nur für eine Fahrt pro Woche.

Menschen mit Behinderung

Für Menschen mit einer anerkannten Behinderung, die einen Grad der Behinderung von mindestens 70 oder 50 mit Nachweis der erheblichen Beeinträchtigung und der dauerhaften Gehbehinderung aufweisen, können tatsächliche Aufwendungen statt der Pauschale geltend gemacht werden.

Nachweis und Dokumentation

Ermittlung der Entfernung

Die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist in der Regel anhand aktueller Straßenkarten, Routenplaner oder behördlicher Auskunft nachzuweisen. Die Wahl einer längeren, aber günstigeren Strecke ist zu begründen.

Arbeitstage

Die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage muss plausibel und nachvollziehbar angegeben werden. Bei Krankheit, Urlaub, Homeoffice oder Dienstreisen sind die jeweiligen Tage von der Berechnung auszunehmen.

Steuerliche Geltendmachung und Besonderheiten bei Selbständigen

Die Entfernungspauschale ist als Werbungskosten im Rahmen der Steuererklärung zu deklarieren. Bei selbständig Tätigen kann die Pauschale für Wege zur Betriebsstätte nicht als Betriebsausgabe angesetzt werden; es gelten insoweit abweichende Regelungen zur Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten.

Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen

Die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) haben zur Auslegung der Entfernungspauschale zahlreiche Urteile und Verwaltungsanweisungen veröffentlicht. Hierzu zählen Entscheidungen zur Definition der ersten Tätigkeitsstätte, zu außergewöhnlichen Wegeverhältnissen oder zur Anwendung bei mehreren Tätigkeitsstätten.

Aktuelle Entwicklungen und Reformüberlegungen

Die Entfernungspauschale ist regelmäßig Gegenstand steuerpolitischer Diskussionen. Insbesondere im Kontext der Energiewende, der Förderung von Klimaschutzmaßnahmen und der Ausweitung verkehrspolitischer Ziele werden immer wieder Änderungen bezüglich der Höhe oder der Berechnungsmodalitäten diskutiert.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 9 Abs. 4 EStG
  • Verwaltungsanweisungen der Finanzbehörden (BMF-Schreiben)
  • Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
  • Lohnsteuer-Richtlinien (LStR)

Hinweis: Dieser Artikel bietet eine umfassende und sachliche Einführung in die Entfernungspauschale im deutschen Steuerrecht. Änderungen der Rechtslage können nicht ausgeschlossen werden und sollten durch die jeweils aktuellen Gesetzesfassungen und amtlichen Mitteilungen geprüft werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Abzug der Entfernungspauschale erfüllt sein?

Um die Entfernungspauschale steuerlich geltend machen zu können, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss der Arbeitnehmer eine sogenannte erste Tätigkeitsstätte gemäß § 9 Abs. 4 EStG haben, zu der er regelmäßig fährt. Die Entfernungspauschale kann nur für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgesetzt werden, nicht jedoch für Fahrten zu wechselnden Einsatzstellen oder Heimarbeitsplätze, sofern diese nicht zur ersten Tätigkeitsstätte bestimmt wurden. Die Pauschale beträgt grundsätzlich 0,30 Euro pro Entfernungskilometer und ab dem 21. Kilometer 0,38 Euro (seit 2021 befristet), wobei immer die einfache Strecke angesetzt wird. Es ist unerheblich, welches Verkehrsmittel benutzt wird, außer bei Flugreisen und Fahrgemeinschaften bestehen Sonderregelungen. Die tatsächlichen Kosten für das Verkehrsmittel sind nicht relevant. Auch muss tatsächlich eine arbeitsrechtliche oder vertragliche Verpflichtung zur regelmäßigen Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte bestehen. Außerdem ist die Pauschale grundsätzlich auf 4.500 Euro im Jahr begrenzt, außer es wird ein eigenes oder zur Nutzung überlassenes Fahrzeug verwendet.

Kann die Entfernungspauschale auch bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden?

Die Entfernungspauschale kann unabhängig vom tatsächlich genutzten Verkehrsmittel in Anspruch genommen werden. Das bedeutet, sie gilt für Fahrten mit dem eigenen Pkw ebenso wie bei der Nutzung von Fahrrad, Motorrad, öffentlichen Verkehrsmitteln oder sogar bei Fußwegen. Ein Nachweis über die tatsächlichen Fahrtkosten ist nicht erforderlich, denn es handelt sich um eine Pauschale. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, zwischen verschiedenen Verkehrsarten zu unterscheiden, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten und gleiche Bedingungen für alle Steuerpflichtigen zu schaffen. Ausnahmen gibt es allerdings bei Steuerermäßigungen für Flugreisen, hierbei dürfen die tatsächlichen Kosten nicht überschritten werden, sofern sie niedriger als die Pauschale sind.

Wie wird die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte rechtlich korrekt ermittelt?

Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist ausschließlich die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgeblich (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Nur wenn eine andere Verbindung offensichtlich verkehrsgünstiger ist und regelmäßig genutzt wird, kann diese angesetzt werden. Die „verkehrsgünstigere Strecke“ muss unter normalen Bedingungen eine erhebliche Zeitersparnis gegenüber der kürzesten Strecke bieten. Als Nachweis sind ggf. Fahrpläne oder Routenpläne einzureichen. Fahrtunterbrechungen, Umwege und private Erledigungen auf dem Arbeitsweg dürfen nicht angesetzt werden. Liegt eine Arbeitsstätte im Ausland, gilt die Strecke ab deutscher Grenze, für Fahrten im EU-Ausland sind landestypische Normen zu beachten. Die Berechnung erfolgt pro Arbeitstag an dem die Fahrt tatsächlich erfolgt.

Können mehrere Arbeitnehmer im gleichen Haushalt die Entfernungspauschale jeweils separat geltend machen?

Ja, die Entfernungspauschale steht jedem Arbeitnehmer für seine individuellen Fahrten zu, auch wenn sie im gleichen Haushalt wohnen und möglicherweise gemeinsam pendeln. Maßgeblich ist, dass jeder Arbeitnehmer eine eigene erste Tätigkeitsstätte und somit einen eigenen Rechtsanspruch auf die Pauschale hat. Dies gilt auch in Fahrgemeinschaften: Jeder Mitfahrer kann die Pauschale für seine Strecke in Anspruch nehmen, Fahrer und Mitfahrer werden insoweit gleich behandelt. Eine Kürzung erfolgt höchstens dort, wo die Entfernungspauschale auf 4.500 Euro pro Jahr begrenzt ist – das betrifft aber nur Fälle, in denen kein eigenes oder zur Nutzung überlassenes Fahrzeug verwendet wird.

Wie ist die Rechtslage, wenn mehrere Wohnsitze vorliegen?

Wenn der Arbeitnehmer mehrere Wohnungen unterhält (z.B. doppelter Haushalt, Zweitwohnung), ist ausschlaggebend, von welcher Wohnung aus die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte überwiegend erfolgen. Die Entfernungspauschale kann immer nur von einer Wohnung – der sogenannten Hauptwohnung für die Arbeitswege – geltend gemacht werden. Entscheidend ist die gesetzliche Definition der „Wohnung“ als Mittelpunkt der Lebensinteressen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Die Entfernungspauschale darf nicht für fiktive, sondern nur für tatsächlich durchgeführte Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte beansprucht werden. Bei mehreren ersten Tätigkeitsstätten (z. B. bei mehreren Arbeitsverhältnissen) ist die Entfernungspauschale jeweils separat für jede Strecke anzusetzen.

Gibt es rechtliche Einschränkungen beim Abzug für bestimmte Fahrtunterbrechungen oder Teile der Strecke?

Die Entfernungspauschale darf nur für die tatsächlich zurückgelegten Wege zwischen der eigenen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte berechnet werden. Private Umwege oder zusätzliche Stopps (z.B. Kind zur Schule bringen, Einkäufe erledigen) dürfen nicht als Grundlage für eine längere Strecke genutzt werden. Wenn die Fahrt unterbrochen wird, zählt ausschließlich die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte, nicht die tatsächlich gefahrenen Mehrkilometer. Falls der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg noch einen anderen Arbeitsplatz aufsucht, ist für die Pauschale der direkte Weg zur ersten Tätigkeitsstätte entscheidend. Rechtsgrundlage hierfür ist die strikte Auslegung des Begriffs der einfachen Entfernung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG.

Welche Nachweispflichten hat der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt?

Grundsätzlich genügt für die Entfernungspauschale der glaubhafte Nachweis der regelmäßigen Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte. Das Finanzamt kann zur Plausibilitätsprüfung die Vorlage von Arbeitsverträgen, Fahrplänen oder anderer geeigneter Belege verlangen. Bei besonders langen Strecken, ungewöhnlich vielen Arbeitstagen oder bei der Geltendmachung einer verkehrsgünstigeren Route ist mit Nachfrage zu rechnen. Es besteht keine Pflicht, Fahrtenbuch oder einzelne Fahrkarten vorzulegen, wenn die Angaben nachvollziehbar und den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend sind. Besondere Sorgfalt ist bei Homeoffice-Regelungen geboten, da Fahrten ins Homeoffice nicht berücksichtigt werden.

Wie ist die Rechtslage bei Firmenwagen oder vom Arbeitgeber gestellten Fahrzeugen?

Auch bei Nutzung eines Firmenwagens oder ansonsten zur Verfügung gestellten Fahrzeugs kann die Entfernungspauschale beansprucht werden, da sie unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen gezahlt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Dennoch bleibt der geldwerte Vorteil für die private Nutzung und Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerpflichtig, sofern das Fahrzeug auch privat nutzbar ist (insbesondere nach der sog. 1 %-Regelung oder Fahrtenbuchmethode). Die Entfernungspauschale wird davon unabhängig als Werbungskosten anerkannt. Die 4.500-Euro-Grenze gilt in diesen Fällen nicht, da als „eigenes Fahrzeug“ auch der zur Nutzung überlassene Firmenwagen gilt.