Definition und Bedeutung des Endvermögens
Das Endvermögen ist ein zentraler Begriff im deutschen Familienrecht und bezeichnet im Kontext des ehelichen Güterrechts den Vermögensstand einer Person am Ende des Güterstands, typischerweise bei Beendigung der Ehe durch Scheidung oder Tod eines Ehegatten. Das Endvermögen spielt eine maßgebliche Rolle bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs, welcher im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorgeschrieben ist.
Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet insbesondere § 1375 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das Endvermögen wird entscheidend herangezogen, um wirtschaftlich faire Verhältnisse zwischen den Ehegatten nach Auflösung des Güterstands zu gewährleisten.
Gesetzliche Regelung des Endvermögens
Zugewinnausgleich und Endvermögen
Im System der Zugewinngemeinschaft bleibt während der Ehe das Vermögen der Ehegatten voneinander getrennt. Endet die Ehe, findet ein Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns statt, wobei das Endvermögen maßgebend ist:
- Anfangsvermögen: Vermögen jedes Ehegatten beim Eintritt des Güterstands (§ 1374 BGB).
- Endvermögen: Vermögensbestand jedes Ehegatten bei Beendigung des Güterstands (§ 1375 BGB).
- Zugewinn: Die Differenz zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen.
Gesetzliche Definition gemäß § 1375 BGB
Als Endvermögen gilt das Vermögen eines Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten am Ende des Güterstands. Unter Vermögen versteht man die Gesamtheit der wirtschaftlichen Werte im Eigentum der Person, dazu zählen bewegliche und unbewegliche Sachen, Forderungen, Rechte und Beteiligungen.
Gemäß § 1375 Abs. 2 BGB werden dem Endvermögen unter bestimmten Voraussetzungen Schenkungen und rechtswidrige Vermögensverschiebungen hinzugerechnet bzw. Abzüge versagt (Hinzu- und Anrechnungsregeln). Ziel ist es, Manipulationen zu verhindern und eine gerechte Vermögensaufteilung zu ermöglichen.
Zusammensetzung und Berechnung des Endvermögens
Stichtag der Wertermittlung
Das Endvermögen wird grundsätzlich zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags oder zu dem Zeitpunkt festgestellt, an dem der Güterstand auf andere Weise beendet wird. Für die Bewertung ist der aktuelle Marktwert der Vermögensgegenstände maßgeblich.
Zu- und Abgänge des Endvermögens
Zum Endvermögen gehören:
- Immobilien (Grundstücke, Eigentumswohnungen)
- Bargeld, Bankguthaben
- Wertpapiere, Aktien, Beteiligungen
- Kraftfahrzeuge
- Hausrat (je nach Einzelfall und Wert)
- Forderungen und Rechte
- Lebens- und Rentenversicherungen mit Rückkaufswert
Anzurechnen sind auch:
- Unentgeltliche Zuwendungen zwischen Dritten und einem Ehegatten innerhalb der letzten zehn Jahre (vor Beendigung des Güterstands).
- Vermögensverschiebungen, welche mit der Absicht vorgenommen wurden, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Verbindlichkeiten
Vom Endvermögen sind Schulden und sonstige Verbindlichkeiten abzuziehen. Dies sind beispielsweise:
- Kredite
- Darlehen
- Hypotheken
- Steuerschulden
Allerdings sind Schulden, die nur zum Schein aufgenommen wurden oder manipulativ zur Vermögensminderung dienen, unter Umständen nicht abzugsfähig (§ 1375 Abs. 2 BGB).
Besonderheiten und Sonderfälle
Negatives Endvermögen
Ist die Summe der Verbindlichkeiten höher als das Vermögen, kann auch ein negatives Endvermögen vorliegen. Dies wird bei der Zugewinnausgleichsberechnung voll berücksichtigt.
Ausschluss von Manipulationen
Um eine Verschiebung von Vermögenswerten zum Nachteil des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu verhindern, ordnet das Gesetz die Hinzurechnung (§ 1375 Abs. 2 BGB) bestimmter Auslagerungen und unentgeltlicher Übertragungen von Vermögen ins Endvermögen an. Auch Vermögensverschwendungen oder zweckwidrige Schuldaufnahmen werden nicht zum Nachteil des anderen berücksichtigt.
Ehevertragliche Regelungen
Durch einen Ehevertrag kann die Berechnung des Endvermögens modifiziert oder auch komplett ausgeschlossen werden. Üblicherweise werden aber die gesetzlichen Regeln angewendet, sofern keine abweichenden Vereinbarungen bestehen.
Verfahrensrechtliche Aspekte und Nachweis des Endvermögens
Mitwirkungs- und Auskunftspflichten
Beide Ehegatten sind verpflichtet, über ihr Endvermögen vollständig Auskunft zu erteilen (§ 1379 BGB). Dies umfasst die Vorlage von Belegen, Kontoauszügen, Immobilienwertgutachten und sonstige Unterlagen, die für die Bewertung erforderlich sind.
Streitfälle und gerichtliche Bewertung
Kommt es im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens zu unterschiedlichen Angaben oder Streit über Bestand, Bewertung oder Umfang des Endvermögens, entscheidet das zuständige Familiengericht. Sachverständigengutachten sind insbesondere bei Immobilien oder Beteiligungen oftmals von Bedeutung.
Rechtsfolge und Bedeutung im Rahmen des Zugewinnausgleichs
Das Endvermögen stellt eine der beiden maßgeblichen Rechengrößen für den Zugewinnausgleich dar. Nach Abzug des Anfangsvermögens ergibt sich der Zugewinn eines jeden Ehegatten. Der Ehegatte mit dem geringeren Zugewinn kann die Hälfte der Differenz (Zugewinnausgleich) gemäß § 1378 BGB beanspruchen.
Durch diese Regelung wird der während der Ehe gemeinsam erwirtschaftete Vermögenszuwachs gleichmäßig verteilt, wobei das Endvermögen als maßgeblicher Wert an das Ende der Ehe gestellt ist.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1363 ff., 1375 BGB.
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, aktuelle Auflage.
- Kogel/Brudermüller, Zugewinnausgleich, Kommentar zu §§ 1372-1390 BGB.
- Handbuch Familienrecht, aktuelle Auflage.
Zusammenfassung
Das Endvermögen ist ein zentraler Begriff des deutschen Familienrechts und bildet eine wesentliche Grundlage für die Durchführung des Zugewinnausgleichs im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Es umfasst das beim Ende des Güterstands vorhandene Vermögen abzüglich der Verbindlichkeiten, wobei umfassende gesetzliche Vorgaben zur Berücksichtigung und Hinzurechnung bestimmter Vermögensbewegungen bestehen. Im Rahmen der Scheidung oder nach dem Tod eines Ehegatten stellt die korrekte Ermittlung des Endvermögens einen unverzichtbaren Schritt zur gerechten Vermögensaufteilung dar.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird das Endvermögen bei der Zugewinngemeinschaft im deutschen Recht ermittelt?
Das Endvermögen wird im Rahmen des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1375 BGB ermittelt. Hierzu wird zum Stichtag der Beendigung des Güterstandes (z. B. durch Scheidung, Tod oder Wechsel des Güterstands) das Vermögen jedes Ehegatten festgestellt. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Güterstand endet. Zum Endvermögen zählen sämtliche Vermögenswerte eines Ehegatten, die ihm zu diesem Zeitpunkt gehören, abzüglich der bestehenden Verbindlichkeiten. Vermögenswerte umfassen sowohl bewegliche und unbewegliche Sachen, Forderungen, Bankguthaben, Wertpapiere, Unternehmensbeteiligungen als auch sonstige geldwerte Rechte. Für die Bewertung gilt grundsätzlich der Verkehrswert am Stichtag. Es ist zu beachten, dass bestimmte Vermögensverschiebungen, insbesondere illoyale Vermögensminderungen (z. B. Schenkungen an Dritte kurz vor dem Stichtag oder das Verheimlichen von Vermögen), gemäß § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzugerechnet werden können. Auch Erbschaften und Schenkungen, die während der Ehe erworben wurden, werden in besonderer Weise behandelt, da sie bei der Berechnung des Zugewinns zunächst dem Anfangsvermögen zugerechnet werden und damit wertneutral bleiben.
Welche Rolle spielen Schulden und Verbindlichkeiten beim Endvermögen?
Bei der Berechnung des Endvermögens werden die bestehenden Schulden und Verbindlichkeiten des jeweiligen Ehegatten gemäß § 1375 Abs. 1 BGB nach Abzug vom Bruttovermögen berücksichtigt. Maßgeblich ist die Rechtmäßigkeit und Werthaltigkeit der Verbindlichkeiten zum Stichtag. Hierzu zählen etwa private Darlehen, Hypothekendarlehen, offene Rechnungen und sonstige rechtsverbindliche Zahlungsverpflichtungen. Schulden, die im Zusammenhang mit Vermögensverlusten durch illoyales Handeln aufgebaut wurden, können jedoch vom Endvermögen abgezogen werden, sofern sie nicht dem § 1375 Abs. 2 BGB unterfallen und damit als missbräuchliche Vermögensminderungen behandelt werden. Nicht abziehbar sind fiktive oder außerhalb der wirtschaftlichen Verhältnisse stehende Verbindlichkeiten.
In welchem Umfang werden Schenkungen oder Erbschaften im Endvermögen berücksichtigt?
Schenkungen und Erbschaften, die ein Ehegatte während der Ehe erhalten hat, werden gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, auch wenn sie tatsächlich erst nach Eheschließung erworben wurden. Dies bedeutet, dass Gewinne aus Schenkungen und Erbschaften grundsätzlich aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen werden, da sie bei der Ermittlung des Zugewinns als neutral behandelt werden. Dennoch verbleibt der aktuelle Wert zum Stichtag im Endvermögen und kann – insbesondere bei einer entsprechenden Wertsteigerung – zu einem höheren Endvermögen führen. Zu beachten ist zudem, wie mit Kapitalerträgen, Mieterträgen oder anderweitigen Nutzungen aus Schenkungen oder Erbschaften während der Ehe umzugehen ist; diese werden nicht dem Anfangsvermögen zugerechnet, sondern stellen Zugewinn dar.
Wie erfolgt die Bewertung von Unternehmensanteilen oder komplexen Vermögensgegenständen im Endvermögen?
Unternehmensanteile und andere komplexe Vermögensgegenstände werden im Endvermögen nach ihrem marktüblichen Verkehrswert zum maßgeblichen Stichtag bewertet. Dies kann, insbesondere bei nicht börsennotierten Unternehmen oder spezifischen Vermögenswerten (etwa Patenten, Urheberrechten oder Beteiligungen an Gesellschaften), erhebliche Schwierigkeiten bereiten und verlangt in der Regel ein Sachverständigengutachten. Im Streitfall entscheidet das Familiengericht über die Höhe des anzusetzenden Verkehrswerts. Bei Unternehmenswerten wird auf etablierte Bewertungsverfahren wie das Ertragswertverfahren, das Discounted-Cash-Flow-Verfahren oder Vergleichswerte zurückgegriffen. Etwaige Veräußerungsbeschränkungen, gesellschaftsvertragliche Regelungen oder eine eingeschränkte Marktgängigkeit finden bei der Bewertung Berücksichtigung.
Welche Informations- und Auskunftspflichten bestehen zum Endvermögen?
Beide Ehegatten sind im Rahmen des Zugewinnausgleichs zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung ihres Endvermögens verpflichtet (§ 1379 BGB). Jeder Ehegatte kann vom anderen genaue Angaben über das Vermögen verlangen, das zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (bzw. im Falle anderer Beendigungsgründe des Güterstands zum entsprechenden Tag) vorhanden ist. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf sämtliche Aktiva und Passiva einschließlich Belege, Nachweise und Dokumente wie Kontoauszüge, Depotaufstellungen, Grundbuchauszüge und Bewertungen von Unternehmensanteilen. Die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung von Auskunftspflichten kann Schadensersatzansprüche des anderen Ehegatten nach sich ziehen.
Wie werden Vermögensverschiebungen kurz vor Beendigung des Güterstands behandelt?
Werden im Zeitraum zwischen der Trennung und der formalen Beendigung des Güterstands Vermögenswerte durch einen Ehegatten verschoben oder mutmaßlich beiseite geschafft, finden die Korrekturvorschriften des § 1375 Abs. 2 BGB Anwendung. Danach werden Vermögensminderungen, die in der Absicht erfolgt sind, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (z. B. unentgeltliche Übertragungen, Verschleuderungen oder verheimlichte Vermögenswerte), dem Endvermögen hinzugerechnet. Voraussetzung ist, dass eine Benachteiligungsabsicht nachgewiesen werden kann. Auch ehebedingte Zuwendungen oder sonstige Übertragungen an Dritte können, sofern kein Ehevertrag oder ausgleichende Gegenleistung vorliegt, anzurechnen sein. Das Gericht kann hierauf gestützt Korrekturen beim Endvermögen vornehmen und so eine gerechte Verteilung im Sinne des Gesetzes sicherstellen.