Legal Lexikon

Elternrente


Begriff und rechtliche Einordnung der Elternrente

Die Elternrente ist ein Begriff des deutschen Sozialrechts, der eine besondere Form der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezeichnet. Sie knüpft an die Versorgung der Eltern eines getöteten Versicherten an und dient dem finanziellen Ausgleich eines wegfallenden Unterhalts, den das verstorbene Kind, etwa durch Arbeitseinkommen, zuvor an die Eltern geleistet hat. Die Elternrente ist in den §§ 67 bis 69 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt.

Anspruchsvoraussetzungen der Elternrente

Grundlegende Voraussetzungen

Ein Anspruch auf Elternrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung setzt voraus, dass:

  • Die anspruchsberechtigte Person Elternteil des Versicherten ist (leiblich oder durch Adoption),
  • der Tod des Versicherten Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist und
  • der Verstorbene die Eltern während des letzten Jahres vor dem Versicherungsfall überwiegend oder zu einem wesentlichen Teil unterhalten hat (§ 67 Abs. 1 SGB VII).

Auch Stiefeltern können unter bestimmten Voraussetzungen anspruchsberechtigt sein, sofern sie die Stellung eines Elternteils innehatten.

Ermittlung des Unterhaltsanspruchs

Die Höhe der Elternrente bemisst sich danach, wie stark die Eltern wirtschaftlich auf den Unterhalt durch das verstorbene Kind angewiesen waren. Entscheidend ist, ob:

  • ein „überwiegender” Unterhalt durch den Versicherten geleistet wurde oder
  • „wesentliche” Beiträge zum Unterhalt des Elternteils erbracht wurden.

Die Gerichte und Versicherungsträger prüfen dies anhand der tatsächlichen finanziellen Zuwendungen in Relation zum Lebensbedarf des berechtigten Elternteils.

Anspruchsberechtigte und Ausschlussgründe

Anspruchsberechtigt sind in der Regel die leiblichen Eltern oder Adoptiveltern. Eine Anspruchsberechtigung besteht nur dann, wenn das unterhaltsberechtigte Kind zum Zeitpunkt seines Todes unterhaltspflichtig gegenüber seinen Eltern war (unter bestimmten Voraussetzungen auch Schwiegereltern oder Pflegeeltern). Der Anspruch kann entfallen oder eingeschränkt werden, wenn das unterhaltsberechtigte Elternteil selbst ausreichend Einkommen oder Vermögen hat.

Mehrfachberechtigung

Haben mehrere Elternteile einen Anspruch, ist die Elternrente anteilig zu gewähren. Je nach Unterhaltsanteil erfolgt die Aufteilung.

Ausschluss aus persönlichen Gründen

Der Anspruch auf Elternrente ist ausgeschlossen oder kann gemindert werden, wenn:

  • das Elternteil den Tod des Versicherten vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat oder
  • eine schwere Verfehlung gegenüber dem Versicherten vorliegt (§ 66 Abs. 2 SGB VII).

Berechnung und Höhe der Elternrente

Bemessungsgrundlage

Für die Berechnung der Elternrente dient das Jahresarbeitsverdienst (JAV) des verstorbenen Versicherten als Grundlage. Die Elternrente beträgt bis zu 20 Prozent des JAV, sofern ein vollständiger Unterhalt durch das Kind vorlag.

Staffelung nach Unterhaltsleistung

  • Bei überwiegendem Unterhalt: Bis zu 20 Prozent des JAV
  • Bei wesentlichem Unterhalt: Bis zu 10 Prozent des JAV

Die Höhe wird entsprechend des individuellen Unterhaltsbedarfes und des tatsächlichen Unterhalts durch den Versicherten festgelegt.

Berücksichtigung eigener Mittel

Das Einkommen und Vermögen des Elternteils werden angerechnet. Übersteigt das Einkommen einen bestimmten Freibetrag, wird die Elternrente entsprechend gekürzt oder entfällt ganz.

Auszahlung und Dauer

Die Elternrente wird monatlich ausgezahlt. Sie endet im Regelfall, wenn der Anspruchsberechtigte verstirbt oder keine Bedürftigkeit durch den Tod des Kindes mehr besteht (z. B. durch Aufnahme in eine neue Bedarfsgemeinschaft).

Rechtliche Grundlagen

Die maßgeblichen Vorschriften befinden sich insbesondere in:

  • §§ 63-69 SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung – Leistungen an Hinterbliebene)
  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften und Durchführungsanordnungen der Unfallversicherungsträger

Darüber hinaus können die jeweiligen Satzungen der Unfallversicherungsträger Detailregelungen enthalten, die z. B. die Antragstellung, Auszahlung oder Nachweispflichten normieren.

Verfahren zur Gewährung der Elternrente

Antragstellung

Die Elternrente muss beim zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger schriftlich beantragt werden. Dem Antrag sind in der Regel Nachweise über das Verwandtschaftsverhältnis, Nachweise über die tatsächliche Unterhaltsleistung sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse beizufügen.

Verwaltungsverfahren

Nach Antragstellung prüft der Unfallversicherungsträger die Anspruchsvoraussetzungen. Innerhalb einer bestimmten Frist wird ein Bescheid erlassen, mit dem die Elternrente bewilligt oder abgelehnt wird. Im Falle einer Ablehnung besteht die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen (Widerspruch und ggfs. Klage vor dem Sozialgericht).

Verhältnis zu anderen Leistungen

Anrechnung auf sonstige Hinterbliebenenleistungen

Die Elternrente wird grundsätzlich unabhängig von etwaigen anderen Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt. Sie steht insbesondere neben Renten für Witwen, Witwer oder Waisen, kann jedoch mit diesen Leistungarten verrechnet werden, wenn eine Doppelleistung aufgrund derselben Unterhaltsverhältnisse vorliegen sollte.

Elternrente und sonstige Sozialleistungen

Die Elternrente kann auf andere Sozialleistungen, wie die Grundsicherung im Alter oder Erwerbsminderung, angerechnet werden. Hierbei gelten die allgemeinen sozialrechtlichen Vorschriften zur Einkommensanrechnung.

Praxisrelevanz und Bedeutung

In der Praxis kommt die Elternrente im Vergleich zu anderen Hinterbliebenenleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung seltener vor, da oft keine wirtschaftliche Abhängigkeit der Eltern von ihren Kindern mehr besteht. Dennoch stellt die Elternrente für betroffene Hinterbliebene eine wichtige soziale Leistung dar, wenn das Einkommen des Verstorbenen tatsächlich zur Sicherung des Lebensunterhalts der Eltern beigetragen hat.

Zusammenfassung

Die Elternrente ist eine spezielle Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Unfallversicherung und soll Eltern für den Verlust von Unterhalt durch den Tod ihres Kindes nach einem versicherten Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit wirtschaftlich absichern. Ihre Gewährung unterliegt strengen gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Bedürftigkeit und des Umfangs der tatsächlichen Unterhaltsleistungen. Die Elternrente spielt im Kontext sozialer Sicherung und familienunterstützender Leistungen eine ergänzende Rolle zum weiteren Hinterbliebenenschutz des SGB VII.


Hinweis: Die Ausführungen in diesem Artikel beziehen sich auf die Rechtslage in Deutschland und den Stand bis einschließlich 2024. Änderungen durch zukünftige Gesetzgebung sind möglich.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für einen Anspruch auf Elternrente erfüllt sein?

Um einen Anspruch auf Elternrente zu erhalten, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen nach Sozialgesetzbuch (SGB) erfüllt sein. Zunächst muss nachgewiesen werden, dass die anspruchsberechtigte Person – in der Regel ein hinterbliebener Elternteil – durch den Tod des unterhaltspflichtigen Kindes einen Unterhaltsverlust erlitten hat. Die verstorbene Person muss nachweislich Unterhalt geleistet oder zumindest erhebliche Unterhaltsleistungen erbracht haben, die für das wirtschaftliche Auskommen der Eltern wesentlich waren. Außerdem ist eine enge überprüfbare verwandtschaftliche Beziehung Voraussetzung, die in der Regel durch Urkunden (z. B. Geburtsurkunde) belegt werden muss. Entscheidende rechtliche Grundlage ist hierbei § 48 SGB VI (für die gesetzliche Rentenversicherung). Zudem muss ein Antrag auf Elternrente bei der zuständigen Rentenversicherung gestellt werden, und der Tod darf nicht durch vorsätzliches, rechtswidriges Verhalten des anspruchsberechtigten Elternteils verursacht worden sein, da sonst nach § 66 SGB I das Recht auf Rente entfällt. Ergänzend bestehen spezifische Ausschlussgründe, wie etwa fortbestehende Erwerbsfähigkeit oder eigener hoher Unterhaltsbedarf, die individuell geprüft werden.

Wie berechnet sich die Höhe der Elternrente gesetzlich?

Die Höhe der Elternrente bemisst sich nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung und ist abhängig von den zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sowie den während des Erwerbslebens des verstorbenen Kindes gezahlten Beiträgen (Entgeltpunkte). Grundlage für die Berechnung ist der jeweilige Rentenwert sowie die im Versicherungsverlauf erfassten Entgeltpunkte des Kindes zum Todeszeitpunkt. Die Elternrente wird in der Regel als Anteil (je nach Umfang des nachgewiesenen Unterhaltsverlusts und der Zahl der anspruchsberechtigten Elternteile) an der eigentlichen Hinterbliebenenrente gewährt. Hinzu kommen Abschläge oder Zuschläge, beispielsweise wenn das Kind vor dem vollendeten 65. Lebensjahr verstorben ist (§ 77 SGB VI). Zudem sind etwaige Einkünfte und Einkommen der Eltern anzurechnen, wobei Freibeträge nach § 97 SGB VI zu berücksichtigen sind. Die genaue Berechnung ist komplex und erfordert die Vorlage sämtlicher rentenrelevanter Unterlagen und eine Einzelfallprüfung durch den Rentenversicherungsträger.

Welche Fristen sind für die Beantragung der Elternrente aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Für die Beantragung der Elternrente gilt grundsätzlich keine starre gesetzliche Ausschlussfrist, jedoch wirken Anträge in der Regel nur bis zu zwölf Monate rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung (§ 99 SGB VI). Wird der Antrag also beispielsweise erst mehr als ein Jahr nach dem Tod gestellt, gehen potenzielle Rentenzahlungen für den früheren Zeitraum verloren. Gleichwohl empfiehlt es sich, den Antrag unmittelbar nach dem Tod des Kindes einzureichen, da die Behörden eine Bearbeitungszeit benötigen, und ggf. ergänzende Unterlagen nachgefordert werden können. Eine Ausnahme besteht, wenn das Versäumnis nicht im Verschulden des Antragstellers liegt, etwa bei fehlender Kenntnis der Anspruchsberechtigung, wobei dann eine Nachfrist gemäß § 27 SGB X möglich sein kann. Für Bescheiderteilung und Auszahlung der Rentenleistung sind die eingereichten Unterlagen, wie Sterbeurkunde, Einkommensnachweis und Nachweis der Verwandtschaft, Voraussetzung.

Welche Auswirkungen hat eigenes Einkommen der Eltern auf die Elternrente?

Das eigene Einkommen der berechtigten Eltern wird bei der Berechnung der Elternrente nach den Vorgaben des § 97 SGB VI einkommensmindernd angerechnet. Dabei wird ein gesetzlich festgelegter Freibetrag berücksichtigt, der seitjährlich angepasst wird. Überschreitet das elterliche Einkommen (hierzu zählen beispielsweise Renten, Pensionen, Erwerbseinkommen oder sonstige laufende Einkünfte) den maßgeblichen Freibetrag, so wird der übersteigende Betrag zu 40 Prozent auf die zu gewährende Elternrente angerechnet, was zu einer proportionalen Kürzung oder im Einzelfall zum vollständigen Wegfall der Rentenleistung führen kann. Hierbei sind auch einmalige Einnahmen sowie Vermögenswerte zu berücksichtigen, sofern diese zu den anrechenbaren Einkommensarten zählen. Die genaue Berechnung erfolgt stets im Einzelfall durch den Rentenversicherungsträger.

In welchen Fällen ist ein Anspruch auf Elternrente gesetzlich ausgeschlossen?

Ein Anspruch auf Elternrente besteht nicht, wenn einer der gesetzlichen Ausschlussgründe nach dem SGB VI vorliegt. Dazu gehört unter anderem, wenn das verstorbene Kind nicht überwiegend für den Unterhalt der Eltern gesorgt hat oder diese zum Todeszeitpunkt des Kindes bereits ausreichend versorgt bzw. finanziell unabhängig waren. Ebenfalls ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn der Tod des Kindes durch vorsätzliches, unerlaubtes Handeln des Elternteils verursacht wurde (§ 66 SGB I). Andere Ausschlussgründe ergeben sich bei fortbestehender eigener Erwerbsfähigkeit der Eltern oder bestehenden gleichwertigen Hinterbliebenenansprüchen, wie Witwen-, Witwer- oder Waisenrenten, die vorrangig zu gewähren sind. Auch eine Eheschließung oder Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Tod des Kindes kann zum Wegfall des Anspruchs führen, da dann regelmäßig ein anderer Unterhaltspflichtiger existiert.

Welche Nachweise und Unterlagen sind für den Rentenantrag erforderlich?

Für die Beantragung der Elternrente sind verschiedene gesetzlich geforderte Nachweise und Dokumente einzureichen. Hierzu zählen insbesondere die Sterbeurkunde des verstorbenen Kindes, der eigene Personalausweis oder Reisepass, der Nachweis über die Verwandtschaft (z. B. Geburtsurkunde des Kindes), Unterlagen zum Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit und ggf. bestehende Unterhaltsvereinbarungen oder Gerichtsbeschlüsse. Ebenfalls erforderlich sind Einkommensnachweise der Eltern (Gehaltsabrechnungen, Rentenbescheide, Nachweise über weitere Einkünfte), sowie ein lückenloser Nachweis über den Versicherungsverlauf und die gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Kindes. Ergänzend kann der Rentenversicherungsträger weitere Unterlagen, wie Steuerbescheide, Kontoauszüge, Nachweise über Vermögen und Erklärungen zur familiären Situation verlangen.

Können Elternrenten rückwirkend gewährt werden?

Elternrenten können gemäß § 99 SGB VI nur für maximal zwölf Monate rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung ausgezahlt werden. Voraussetzung ist, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen – insbesondere der Tod des unterhaltspflichtigen Kindes und das Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen – für diesen Zeitraum nachgewiesen sind. Ein rückwirkender Anspruch für weiter zurückliegende Zeiträume besteht grundsätzlich nicht, es sei denn, es lag kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung vor und dies kann substantiiert dargelegt werden. In jedem Fall erfolgt die rückwirkende Zahlung ausschließlich für tatsächlich entstandene und nachweisbare Unterhaltsausfälle. Die Bearbeitung erfolgt erst nach vollständigem Eingang aller benötigten Unterlagen beim Rentenversicherungsträger.