Legal Lexikon

ELStAM


Begriff und rechtliche Einordnung von ELStAM

Definition von ELStAM

ELStAM steht für „Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale“. Das ELStAM-Verfahren bildet das zentrale Instrument der Lohnsteuererhebung in Deutschland und regelt die elektronische Übermittlung und Verwaltung der arbeitnehmerbezogenen Lohnsteuerabzugsmerkmale. Die bisherigen papierbasierten Lohnsteuerkarten wurden zum 1. Januar 2013 durch das vollständig elektronische Verfahren ersetzt.

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zum ELStAM-Verfahren finden sich im Einkommensteuergesetz (EStG) und in der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV). Im Einzelnen sind insbesondere folgende Normen einschlägig:

  • § 39 EStG (Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und deren Bereitstellung)
  • § 39e EStG (Abrufverfahren)
  • § 39f EStG (Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale)
  • § 39b EStG (Erhebung und Berechnung der Lohnsteuer)
  • §§ 39c bis 39g EStG (weitere Vorschriften zu Lohnsteuerabzugsmerkmalen)

Ziele und Funktionen des ELStAM-Verfahrens

Das ELStAM-Verfahren soll die Aktualität, Sicherheit und Effizienz der Lohnsteuererhebung erhöhen. Arbeitgeber erhalten die steuerlich relevanten Arbeitnehmerdaten direkt auf elektronischem Wege von der Finanzverwaltung und können so stets die korrekten Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigen.

Zu den wichtigsten gespeicherten und übermittelten Merkmalen zählen:

  • Steuerklasse
  • Zahl und Identität der Kinderfreibeträge
  • Kirchensteuermerkmal
  • Freibeträge
  • Hinzurechnungsbeträge
  • Angaben zum Faktorverfahren bei Ehegatten/Lebenspartnern

Ablauf und rechtliche Anforderungen des ELStAM-Verfahrens

Anmeldung, Identifizierung und Datenabruf

Beim Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses meldet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Finanzverwaltung elektronisch über das ELSTER-Portal an. Die eindeutige Identifizierung erfolgt über die steuerliche Identifikationsnummer (§ 139b AO). Nach Freischaltung kann der Arbeitgeber die aktuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale für den Arbeitnehmer abrufen.

Pflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber sind verpflichtet (§ 39e EStG), vor dem ersten Lohnzahlungszeitraum sowie bei wesentlichen Änderungen die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale vom ELStAM-Datenpool abzurufen und im Lohnabrechnungsprozess zu berücksichtigen. Eine Verletzung dieser Pflicht kann steuerliche und eventuell auch ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Pflichten und Rechte des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer müssen ihrem Arbeitgeber ihre steuerliche Identifikationsnummer und das Geburtsdatum mitteilen. Ferner sind Arbeitnehmer verpflichtet, Änderungen, die steuerlich relevante Auswirkungen haben (z. B. Heirat, Geburt eines Kindes), unverzüglich beim zuständigen Finanzamt anzugeben.

Korrektur- und Änderungsverfahren

Ergeben sich Fehler oder Änderungen an den Lohnsteuerabzugsmerkmalen (z. B. Wechsel der Steuerklasse, Änderung Freibetrag), ist eine Korrektur zwingend über das zuständige Finanzamt zu beantragen. Das Finanzamt korrigiert daraufhin die Einträge im ELStAM-Datensatz, und der Arbeitgeber erhält bei erneutem Abruf die aktualisierten Angaben (§ 39f EStG).


Datenschutz und Datensicherheit bei ELStAM

Schutz personenbezogener Daten

Im Rahmen des ELStAM-Verfahrens werden besonders sensible personenbezogene Daten verarbeitet. Die Übermittlung und Speicherung dieser Daten erfolgt datenschutzrechtlich konform im Sinne der DSGVO sowie nach den Vorgaben der Abgabenordnung (§ 30 AO – Steuergeheimnis).

Zugriffsrechte

Der Abruf der Lohnsteuerabzugsmerkmale ist ausschließlich dem Arbeitgeber gestattet, bei dem der Arbeitnehmer aktuell beschäftigt ist. Ein Zugriff durch Dritte oder ehemalige Arbeitgeber ist ausgeschlossen. Arbeitnehmer haben das Recht, Auskunft über die bei der Finanzverwaltung gespeicherten ELStAM zu erhalten und können diesen Abruf auf bestimmte Arbeitgeber beschränken (§ 39e Abs. 7 EStG).


Sonderregelungen und Ausnahmen

Mehrfachbeschäftigungen und Hauptarbeitgeber

Beschäftigt ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverhältnisse parallel, ist eine Zuordnung des Hauptarbeitsverhältnisses erforderlich (§ 39 Abs. 4 EStG). Nur für dieses werden die persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale (z. B. Steuerklasse I bis V) herangezogen; für weitere Beschäftigungen gilt grundsätzlich Steuerklasse VI.

Besonderheiten für bestimmte Personengruppen

Für bestimmte Gruppen – etwa Studenten, Auszubildende oder kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer – gelten ergänzende oder abweichende Regelungen zu ELStAM, insbesondere wenn kein dauerndes Arbeitsverhältnis besteht oder keine Identifikationsnummer vorliegt.


Rechtsfolgen bei Fehlern und Missbrauch

Haftung und Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen die Pflichten im Zusammenhang mit ELStAM – etwa die unbefugte Nutzung von Daten oder eine falsche Lohnsteuerabzugsberechnung durch Missachtung der ELStAM-Angaben – können steuerliche Nachzahlungsansprüche, Zinsforderungen (§ 233a AO), Bußgelder oder weitere Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen.

Korrekturmöglichkeiten

Arbeitnehmer wie Arbeitgeber können Anträge auf Berichtigung unrichtiger ELStAM direkt beim Finanzamt stellen. Bei nachgewiesenen Fehlern kann die Lohnsteuer gem. § 39f EStG rückwirkend korrigiert werden.


Fazit

Das ELStAM-Verfahren ist ein zentrales, gesetzlich geregeltes Verfahren zur digitalen Verwaltung der Lohnsteuerabzugsmerkmale in Deutschland. Es verbindet arbeits- und steuerrechtliche Vorgaben mit modernen Anforderungen an Datenschutz und Effizienz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen ihren jeweiligen Pflichten und Rechte im Zusammenhang mit ELStAM besondere Aufmerksamkeit schenken, um steuerliche Nachteile und Sanktionen zu vermeiden. Das System wird durch eine breite Palette detaillierter rechtlicher Regelungen im Einkommensteuergesetz und begleitender Vorschriften flankiert und fortentwickelt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln das ELStAM-Verfahren?

Das Verfahren zur Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ist primär durch das Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere § 39e EStG, geregelt. Ergänzend existieren weitere einschlägige Vorschriften in der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) sowie in verschiedenen BMF-Schreiben. Die Speicherung, Übermittlung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten unterliegt zudem den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Arbeitgeber sind verpflichtet, die ELStAM ihrer Arbeitnehmer abzurufen und beim Lohnsteuerabzug anzuwenden; sie dürfen die abgerufenen Daten ausschließlich für Zwecke der Lohnabrechnung nutzen. Arbeitnehmer haben einen Auskunftsanspruch bezüglich der zu ihrer Person gespeicherten ELStAM-Daten, wozu sie sich an ihr zuständiges Finanzamt wenden können. Eine Einsichtnahme des Arbeitgebers in frühere Beschäftigungsverhältnisse über das ELStAM-Verfahren ist rechtlich nicht vorgesehen. Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale durch die Finanzverwaltung werden dem Arbeitgeber in elektronischer Form zur Verfügung gestellt.

Welche Rechte hat der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit ELStAM?

Arbeitnehmer besitzen umfangreiche Rechte hinsichtlich ihrer im ELStAM-Verfahren verarbeiteten Daten. Gemäß Art. 15 DSGVO und § 39e Abs. 5 EStG können sie Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Lohnsteuerabzugsmerkmale verlangen. Zudem besteht das Recht auf Berichtigung, wenn Unstimmigkeiten oder Fehler in den Lohnsteuerabzugsmerkmalen vorliegen (§ 39 Abs. 3 und 4 EStG). Beantragt ein Arbeitnehmer beim Finanzamt einen Wechsel der Steuerklasse oder Freibeträge, ist das Finanzamt verpflichtet, die Änderungen unverzüglich in die ELStAM-Datenbank einzupflegen und den Arbeitgeber elektronisch zu informieren. Arbeitnehmer können weiterhin beantragen, dass abweichende oder zusätzliche Daten berücksichtigt werden, zum Beispiel Kinderfreibeträge oder Steuerklassenkombinationen bei Ehegatten. Ein Widerspruchsrecht gegen fehlerhafte ELStAM besteht sowohl direkt beim Finanzamt als auch im Rahmen eines Einspruchsverfahrens nach der Abgabenordnung (AO). Schließlich dürfen Arbeitnehmer aus datenschutzrechtlichen Gründen beantragen, dass ihre ELStAM für einzelne oder alle Arbeitgeber gesperrt werden (§ 39e Abs. 6 EStG).

Unter welchen Voraussetzungen ist der Arbeitgeber berechtigt bzw. verpflichtet, ELStAM abzurufen?

Arbeitgeber sind gemäß § 39e Abs. 2 EStG verpflichtet, die ELStAM ihrer Arbeitnehmer spätestens zum Beginn des ersten Lohnzahlungszeitraums nach Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses elektronisch bei der Finanzverwaltung abzurufen. Voraussetzung hierfür ist die Mitteilung der relevanten personenbezogenen Daten (Steueridentifikationsnummer und Geburtsdatum) durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist darüber hinaus verpflichtet, bei jeder Änderung der ELStAM, die ihm von der Finanzverwaltung mitgeteilt wird, den Lohnsteuerabzug entsprechend anzupassen. Eine Pflicht zum Abruf besteht auch, wenn das Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Kalenderjahres endet und ein neues beginnt (Wiederanmeldung). Für ehemalige Arbeitnehmer oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber keine neuen Daten abrufen. Wird der Abruf der ELStAM-Daten aus technischen oder rechtlichen Gründen (z. B. temporär gesperrte ELStAM) verhindert, sind die Ersatzbemessungsgrundlagen nach § 39c EStG anzuwenden.

Welche rechtlichen Folgen hat eine falsche Anwendung der ELStAM durch den Arbeitgeber?

Wendet der Arbeitgeber die ELStAM-Daten fehlerhaft oder pflichtwidrig nicht an, kann dies erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zuvorderst kann es zu einer nicht ordnungsgemäßen Abführung der Lohnsteuer kommen, weshalb der Arbeitgeber für den entstandenen Steuerschaden haftet (§ 42d EStG). Wird nachweislich vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, kann dies neben zivilrechtlichen Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Erstattung etwaiger Schäden auch steuerstrafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber und eventuell handelnde Personen nach sich ziehen (§§ 370 ff. AO, § 380 AO). Darüber hinaus können verstöße gegen den Datenschutz (z.B. unberechtigter Abruf oder Weitergabe von ELStAM-Daten) gem. DSGVO und BDSG mit Sanktionen geahndet werden. Der betroffene Arbeitnehmer hat bei fehlerhaftem Lohnsteuerabzug die Möglichkeit, über die Einkommensteuerveranlagung eine Korrektur zu erwirken und auf diesem Weg zu viel gezahlte Lohnsteuer rückzufordern.

Wie ist der Datenschutz im ELStAM-Verfahren rechtlich abgesichert?

Die Verarbeitung der im ELStAM-Verfahren eingesetzten personenbezogenen Daten unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere der DSGVO und dem BDSG. Die Finanzverwaltung darf die ELStAM ausschließlich für die Zwecke des Lohnsteuerabzugs bereitstellen und verarbeiten. Der Arbeitgeber darf die abgerufenen Lohnsteuerdaten nur für die Lohnabrechnung verwenden und muss die Daten nach Ablauf etwaiger gesetzlicher Aufbewahrungsfristen (i.d.R. zehn Jahre gemäß § 147 AO) löschen oder anonymisieren. Unberechtigte Einsichtnahmen oder Zugriffe sind strikt untersagt und werden mit Sanktionen belegt. Arbeitnehmer haben das Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung sowie gegebenenfalls auf Einschränkung der Verarbeitung ihrer Daten. Durch technische und organisatorische Maßnahmen sind Finanzverwaltung und Arbeitgeber verpflichtet, die Datensicherheit im Sinne von Art. 32 DSGVO zu gewährleisten. Im Datenaustausch zwischen Finanzverwaltung und Arbeitgeber ist die Übermittlung stets verschlüsselt abzuwickeln (§ 87a AO).

Unter welchen Bedingungen kann ein Arbeitnehmer die Sperrung seiner ELStAM für den Arbeitgeber beantragen?

Arbeitnehmer können nach § 39e Abs. 6 EStG beim zuständigen Finanzamt beantragen, ihre ELStAM gegenüber bestimmten oder allen Arbeitgebern sperren zu lassen. Dies kann aus datenschutzrechtlichen oder persönlichen Gründen erfolgen, etwa zur Verhinderung von Datenmissbrauch oder zum Schutz sensibler Informationen. Das Finanzamt prüft den Antrag, und bei Vorliegen schutzwürdiger Interessen wird eine Sperrung verfügt. Der betroffene Arbeitgeber erhält im Fall einer aktiven Sperre eine Mitteilung, dass die ELStAM nicht bereitgestellt werden; er ist in diesem Fall verpflichtet, die Lohnsteuer gemäß den Ersatzbemessungsgrundlagen, insbesondere der Steuerklasse VI, zu erheben (§ 39c EStG). Für den Zeitraum einer Sperre ist eine reguläre elektronische Übermittlung der Lohnsteuermerkmale an den Arbeitgeber ausgeschlossen. Sperrungen können vom Arbeitnehmer jederzeit aufgehoben oder erweitert werden; Änderungen werden dem Arbeitgeber wiederum elektronisch mitgeteilt.

Wie erfolgt die rechtliche Behandlung von Fehlern oder Änderungen der ELStAM im laufenden Jahr?

Werden im Laufe des Kalenderjahres Fehler in den gespeicherten ELStAM festgestellt oder treten relevante Änderungen (z. B. Heirat, Geburt eines Kindes, Wechsel der Steuerklasse) ein, ist das zuständige Finanzamt verpflichtet, die Korrekturen unverzüglich in das ELStAM-System einzupflegen (§ 39 Abs. 5 EStG). Der Arbeitgeber wird über die aktuellen Merkmale elektronisch informiert und muss sie ab dem bekanntgegebenen Änderungszeitpunkt anwenden. Die Korrekturen wirken für den Zeitraum, in dem die Verhältnisse tatsächlich bestanden haben; eine rückwirkende Berichtigung des Lohnsteuerabzugs durch den Arbeitgeber ist jedoch im Grundsatz nicht vorgesehen, es sei denn, die Fehler wurden vor Auszahlung des Arbeitslohns erkannt. Zu viel oder zu wenig einbehaltene Lohnsteuer wird ansonsten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers ausgeglichen. Arbeitnehmer haben bei fehlerhaften ELStAM einen Anspruch auf Berichtigung beim Finanzamt, gegebenenfalls auch im Wege des Einspruchs nach § 347 AO. Für Korrekturen aufgrund eines Wechsels des Arbeitgebers im selben Kalenderjahr gilt eine Pflicht zur Übertragung des „Hauptarbeitgeber“-Status im ELStAM-System.