Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
Begriffsdefinition und Zielsetzung
Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist ein Förderinstrument der Europäischen Union, welches im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eingerichtet wurde. Hauptzweck des ELER ist die Unterstützung nachhaltiger Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit im ländlichen Raum sowie die Verbesserung der Lebensqualität und die Förderung umweltfreundlicher landwirtschaftlicher Praktiken innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Rechtsgrundlagen
Primärrechtliche Grundlage
Die rechtliche Verankerung des ELER ergibt sich aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere aus Artikel 39 bis 42 AEUV, welche die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die europäische Agrarförderung regeln.
Sekundärrechtliche Ausgestaltung
Rechtsgrundlage auf sekundärrechtlicher Ebene ist vor allem die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005. Begleitet wird diese Verordnung durch die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013, die übergreifende Bestimmungen zu allen europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) bereithält.
Aufbau, Funktionsweise und Verwaltung
Strukturelle Einbettung im Rahmen der GAP
Der ELER bildet zudem – neben dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) – eine von zwei Säulen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Während der EGFL Direktzahlungen und marktbezogene Maßnahmen finanziert, kommt dem ELER die Aufgabe zu, ländliche Entwicklungsprogramme in den Mitgliedstaaten zu fördern.
Operationelle Umsetzung
Der Einsatz der ELER-Mittel erfolgt mittels sogenannter Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum, welche von den Mitgliedstaaten – häufig auf Ebene der Bundesländer – erarbeitet und der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden. Für jede Programmperiode (meist siebenjährige Abschnitte, z. B. 2014-2020, 2021-2027) wird festgelegt, welche Ziele und Maßnahmen gefördert werden.
Fördergegenstände und Schwerpunkte
Maßnahmenbereiche
Der ELER konzentriert seine Fördermittel auf vier übergreifende Schwerpunkte („Prioritäten“):
- Förderung von Wissenstransfer und Innovation in der Landwirtschaft, der Lebensmittelindustrie und im ländlichen Raum
- Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sämtlicher Formen der Landwirtschaft und nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern
- Förderung der Organisation der Lebensmittelkette und des Risikomanagements
- Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung von Ökosystemen in der Land- und Forstwirtschaft
- Förderung der Ressourceneffizienz und des Übergangs zu einer klimafreundlichen und klimaresilienten Wirtschaft
- Soziale Inklusion, Armutsbekämpfung und wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Gebieten
Rechtlicher Rahmen der Förderung
Der Förderzugang unterliegt detaillierten Regelungen, die unter anderem über:
- Auswahlkriterien,
- regionale Auswahlverfahren,
- Finanzierungsmodalitäten,
- Ko-Finanzierungsraten
sowie
- Kontroll- und Berichtspflichten
genau bestimmen, welche Vorhaben und Akteure im Rahmen des ELER Unterstützung erhalten.
Zuständigkeiten und Kontrollmechanismen
Verwaltungsbehörden
Für die Verwaltung des ELER sind auf nationaler und regionaler Ebene sogenannte Verwaltungsbehörden verantwortlich, die wiederum von Zahlstellen kontrolliert werden. Diese Behörden koordinieren die Umsetzung der Programme und sind in engem Austausch mit der Europäischen Kommission.
Prüfungs- und Sanktionsmechanismen
Zur Gewährleistung einer regelkonformen Verwendung der Mittel bestehen umfassende Prüfungen durch nationale Kontrollstellen, die Europäische Kommission sowie durch den Europäischen Rechnungshof. Unregelmäßigkeiten können zu Rückforderungen und Sanktionen führen.
Gleichstellung, Transparenz und Compliance
Die Regulationsdokumente verpflichten alle Begünstigten zur Einhaltung unionsrechtlicher Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf Gleichstellungsgrundsätze, Transparenz, Wettbewerb und Antikorruptionsmaßnahmen. Verstöße werden rechtlich verfolgt und führen im Bedarfsfall zum Ausschluss von der Förderung.
Finanzierungsmodalitäten und Haushaltsrechtliche Aspekte
Mittelzuweisung und Kofinanzierung
Die Finanzierung des ELER erfolgt aus Mitteln des EU-Haushalts, ergänzt durch nationale Kofinanzierungsbeiträge. Der Anteil der EU-Mittel variiert je nach Maßnahme und Priorisierung durch den Mitgliedstaat, in der Regel zwischen 20 % - 85 % der Projekt- bzw. Programmkosten.
Programmplanung und Mittelbindung
ELER-Mittel müssen innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens gebunden und abgerechnet werden (sog. N+3-Regel). Nicht fristgemäß verplante oder zugewiesene Mittel verfallen und werden zurückgeführt („Decommitment-Regel“).
Verhältnis zu anderen Fonds und Programmen
Abgrenzung und Koordinierung
Der ELER ist Teil der Europäischen Strukturfonds und Investitionsfonds (ESI-Fonds), zu denen auch der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Kohäsionsfonds zählen. Eine klare Abgrenzung der Maßnahmenbereiche und eine effektive Koordination mit diesen Programmen verhindern Doppel- oder Fehlförderungen.
Ausblick und Weiterentwicklung
Im Zuge der Weiterentwicklung der GAP und der neuen Förderperiode 2021-2027 erfolgten weitere Anpassungen und Vereinfachungen hinsichtlich der Programmarchitektur, Verwaltungsprozesse und Zielsetzungen. Es besteht eine fortlaufende Überprüfung und Justierung, um den ELER an neue gesellschaftliche, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen flexibel anzupassen.
Zusammenfassung:
Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) stellt ein zentrales Rechtsinstrument der EU zur Förderung der ländlichen Entwicklung dar. Er folgt einer umfassenden und genau geregelten Rechtsordnung, die von den Grundzügen der EU-Verträge über detaillierte Verordnungen bis hin zu haushaltsrechtlichen Präzisierungen reicht, und gewährleistet damit eine umfassende, rechtssichere Förderung des ländlichen Raumes in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)?
Der rechtliche Rahmen für den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) wird in erster Linie durch die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums geschaffen. Ergänzend dazu gelten die gemeinsamen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 sowie spezifische Durchführungsverordnungen und delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission. In Deutschland erfolgt die Umsetzung auf Basis des GAP-Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie der nationalen Ausführungsgesetze, die durch Bundes- und Landesbehörden erlassen werden. Für die einzelnen Fördermaßnahmen gelten zudem spezifische Förderrichtlinien und Bewilligungsbescheide. Die rechtlichen Grundlagen betreffen daher eine mehrschichtige Regelungsstruktur aus EU-Recht, nationalem Recht und nachrangigen Verwaltungsvorschriften.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Zuwendungsempfänger aus den ELER-Förderprogrammen?
Zuwendungsempfänger sind rechtlich verpflichtet, die im Zuwendungsbescheid, in den einschlägigen Förderrichtlinien und im maßgeblichen EU-Recht festgelegten Bedingungen strikt einzuhalten. Dazu gehören die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel im Sinne der Antragstellung, die Einhaltung von Fristen, die Erbringung von Nachweisen über die Durchführung der geförderten Maßnahmen sowie die Beteiligung an Prüfungen und Vor-Ort-Kontrollen durch Behörden und Prüforgane der Europäischen Union. Ferner besteht die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige von Änderungen, die die Förderfähigkeit oder die Durchführung des Vorhabens betreffen. Die Empfänger haben außerdem das Recht auf transparente Antrags- und Entscheidungsverfahren, Akteneinsicht und (im Fall ablehnender Bescheide) die Möglichkeit, Rechtsmittel wie Widerspruch oder Klage gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörden einzulegen.
Wie erfolgt die rechtliche Kontrolle und Überwachung der Fördermittelverwendung im Rahmen des ELER?
Die Kontrolle und Überwachung der Fördermittelverwendung im ELER unterliegen einem gestaffelten System aus Verwaltungs-, Prüfungs- und Auditinstanzen. Zunächst sind die Zahlstellen und Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten für die korrekte Durchführung der Programme verantwortlich, unterstützt durch interne Kontrollsysteme gemäß Art. 59 der ELER-Verordnung. Darüber hinaus sind die Europäische Kommission und der Europäische Rechnungshof befugt, Prüfungen und Audits im gesamten Durchführungsprozess durchzuführen, einschließlich unangekündigter Kontrollen vor Ort. Ergänzend werden spezielle Kontrollmechanismen über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (INVEKOS/GAP) realisiert. Bei festgestellten Unregelmäßigkeiten, wie z.B. der Zweckentfremdung von Mitteln, können Rückforderungen, strafrechtliche Ermittlungen sowie der Ausschluss von zukünftigen Förderungen rechtlich angeordnet werden.
Welche Rechtsmittel stehen Antragstellern und Zuwendungsempfängern bei Streitigkeiten zur Verfügung?
Antragsteller und Zuwendungsempfänger haben im Fall von ablehnenden oder einschränkenden Verwaltungsmaßnahmen grundsätzlich das Recht auf Überprüfung im Verwaltungsverfahren, zunächst im Rahmen eines förmlichen Widerspruchsverfahrens, sofern ein solcher Rechtsbehelf im nationalen Verwaltungsrecht vorgesehen ist. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann im Anschluss Klage vor den zuständigen Verwaltungsgerichten erhoben werden. Darüber hinaus besteht – etwa bei Verstößen gegen das Unionsrecht – in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit, eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzulegen oder eine Individualbeschwerde an den Europäischen Ombudsmann zu richten. Im Bereich der Rückforderungen sind ebenfalls verwaltungsgerichtliche Prüfungen bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) denkbar, sofern unionsrechtliche Fragestellungen betroffen sind.
Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der ELER-Förderung?
Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der ELER-Förderung unterliegt den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie den ergänzenden nationalen Datenschutzgesetzen. Die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten dürfen nur erfolgen, soweit diese für die Antragstellung, Bewilligung, Kontrolle und Abrechnung der Fördermittel zwingend erforderlich sind. Die betroffenen Personen sind umfassend über Zweck, Umfang und Dauer der Datenverarbeitung sowie über ihre Rechte (Auskunft, Berichtigung, Löschung etc.) zu informieren. Die Empfänger der Daten sind im Einzelfall anzugeben, insbesondere wenn Übermittlungen an europäische oder nationale Prüfungsbehörden erforderlich werden. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben können zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen sowie zu Sanktionen führen und sind mit erheblichen rechtlichen Risiken für die verantwortlichen Stellen verbunden.
Welche Sanktionen sieht das Recht vor, falls gegen Förderauflagen oder die Verwendungsbestimmungen im ELER verstoßen wird?
Verstöße gegen Förderauflagen oder die bestimmungsgemäße Verwendung von ELER-Mitteln können gemäß den einschlägigen unions- und nationalrechtlichen Vorschriften zu einer Vielzahl von Sanktionen führen. Dazu zählen die Rückforderung bereits ausgezahlter Fördermittel, die teilweise oder vollständige Versagung weiterer Förderungen sowie – bei schwerwiegenden Verstößen oder Betrugsverdacht – die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen. Auch können Verwaltungssanktionen wie förderrechtlicher Ausschluss von zukünftigen Programmen oder die Verhängung von Geldbußen greifen. Die Höhe und Art der Sanktionen richten sich dabei nach dem Grad und der Schwere des Verstoßes, wobei das Rechtsstaatsprinzip und die Verhältnismäßigkeit zu beachten sind. Bei vorsätzlichen Verstößen ist häufig mit deutlich verschärften Sanktionen zu rechnen.
Welche Rolle spielen die öffentlich-rechtlichen Transparenzvorgaben beim ELER?
Die Transparenzanforderungen im ELER sind rechtlich insbesondere durch Art. 111 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sowie weitere unionsrechtliche und nationale Vorschriften vorgegeben. Diese verpflichten die Verwaltungsbehörden zur Veröffentlichung bestimmter Daten über die Empfänger von Fördermitteln und die Art der geförderten Maßnahmen. Ziel ist es, die nachvollziehbare und überprüfbare Verwendung öffentlicher Gelder zu gewährleisten und Missbrauch vorzubeugen. Allerdings müssen diese Transparenzpflichten mit den Datenschutzvorgaben der DSGVO in Einklang gebracht werden. Die rechtliche Ausgestaltung bedeutet, dass sowohl die Veröffentlichung als auch die Verarbeitung und Weitergabe von Informationen einem gleichgewichtigen Interessenausgleich zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und dem Schutz personenbezogener Daten unterliegt. Beschwerden gegen die Veröffentlichung können gegebenenfalls auf Grundlage des Datenschutzrechts eingereicht werden.