Elektronische Gesundheitskarte: Begriff, Zweck und Einordnung
Die Elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist der amtliche Versicherungsnachweis für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Sie dient sowohl als Identitäts- und Anspruchsnachweis gegenüber Leistungserbringern (z. B. Praxen, Kliniken, Apotheken) als auch als technisches Zugangsmittel zu digitalen Gesundheitsanwendungen innerhalb der vernetzten Gesundheitsinfrastruktur. Die eGK ist keine Zahlungskarte und kein umfassender Datenspeicher für die gesamte Krankengeschichte. Sie trägt ausgewählte Pflichtangaben sowie optional freigeschaltete medizinische Informationen.
Abgrenzung zur früheren Krankenversichertenkarte
Im Unterschied zur früheren Krankenversichertenkarte ist die eGK mit einem sicheren Chip ausgestattet, unterstützt digitale Identitätsprüfung und ermöglicht den kontrollierten Zugriff auf elektronische Anwendungen wie Notfalldaten, elektronischen Medikationsplan, E‑Rezepte sowie den Zugriff auf die elektronische Patientenakte. Sie bindet Leistungserbringer an verbindliche Sicherheits- und Zugriffsregeln.
Einbettung in die Telematikinfrastruktur
Die eGK ist Teil der bundesweiten Telematikinfrastruktur. Der Zugriff auf Anwendungen erfolgt über ein Zusammenspiel aus der eGK der Versicherten, der Institutionskarte der Einrichtung und dem Heilberufsausweis der Behandelnden. Dadurch wird ein mehrstufiges Authentisierungs- und Berechtigungssystem umgesetzt.
Rechtsrahmen und Zuständigkeiten
Rolle der Krankenkassen
Gesetzliche Krankenkassen geben die eGK an ihre Versicherten aus, aktualisieren die darauf gespeicherten Pflichtangaben und stellen die technische Nutzbarkeit im Gesundheitswesen sicher. Die Kosten der Ausgabe tragen die Krankenkassen.
Rolle der Leistungserbringer
Leistungserbringer nutzen die eGK zur Prüfung des Versichertenstatus und zur rechtssicheren Zuordnung von Leistungen. Für den Zugriff auf optionale medizinische Anwendungen gelten zusätzliche Schutzmechanismen, die den Wille der Versicherten respektieren und dokumentieren.
Aufsicht und Koordination
Die Einführung und der Betrieb der digitalen Infrastruktur werden zentral koordiniert. Die Einhaltung von Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen unterliegt der Aufsicht der zuständigen Behörden. Technische Spezifikationen und Sicherheitsstandards sind verbindlich vorgegeben.
Daten auf der eGK und Zugriffsregeln
Pflichtangaben
Auf der eGK sind grundlegende Identitäts- und Versicherungsdaten gespeichert, etwa Name, Geburtsdatum, Versicherungsstatus, Krankenversichertennummer, Krankenkasse und Gültigkeitsinformationen. Diese Angaben dienen der eindeutigen Zuordnung von Behandlungen und der Abrechnung.
Freiwillige Anwendungen
Über die Pflichtangaben hinaus kann die eGK den Zugang zu medizinischen Zusatzinformationen ermöglichen, sofern die Versicherten dies gestatten. Dazu zählen insbesondere Notfalldaten, der elektronische Medikationsplan sowie der Zugang zur elektronischen Patientenakte. Die Nutzung ist freiwillig, die Freigabe kann eingeschränkt oder widerrufen werden.
Authentisierung, PIN und Zugriffsschutz
Für den Zugriff auf sensible Anwendungen werden Sicherheitsmechanismen eingesetzt. Dies umfasst die Kartenprüfung, die Authentisierung der Einrichtung und der Behandelnden sowie – je nach Anwendung – die Nutzung einer persönlichen Geheimzahl. Zugriffe werden protokolliert, um Transparenz herzustellen.
Nachweis der Versicherungsberechtigung
Die eGK dient als verbindlicher Nachweis, dass eine Person in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist und Leistungen beanspruchen kann. Leistungserbringer sind berechtigt, diesen Nachweis bei Beginn der Behandlung zu prüfen.
Notfalldaten und elektronischer Medikationsplan
Notfalldaten und Medikationsdaten können gespeichert bzw. verknüpft werden, sofern dies gewünscht wird. Der Zugriff ist auf notwendige Personen und Situationen beschränkt. In akuten Notlagen sind erleichterte Zugriffswege vorgesehen, die rechtlich besonders eingehegt und dokumentationspflichtig sind.
Elektronisches Rezept und elektronische Patientenakte
Die eGK ermöglicht die rechtssichere Einlösung elektronischer Rezepte sowie den Zugang zur elektronischen Patientenakte. Dabei fungiert die Karte als Identitäts- und Berechtigungsnachweis; die medizinischen Inhalte liegen nicht auf der Karte selbst, sondern in gesicherten Systemen.
Datenschutz und Datensicherheit
Grundprinzipien
Für die Verarbeitung von Daten gelten hohe Anforderungen an Vertraulichkeit, Integrität und Zweckbindung. Es werden nur die für die jeweilige Aufgabe erforderlichen Daten erhoben und verarbeitet. Eine weitergehende Nutzung erfolgt nur innerhalb klarer rechtlicher Grenzen.
Speicherorte und Datenflüsse
Ein Teil der Angaben liegt direkt auf der Karte, medizinische Inhalte und Dokumente werden in den Systemen der Leistungserbringer oder in Diensten der Telematikinfrastruktur verarbeitet. Die eGK steuert Zugriffe, ohne selbst umfassende Gesundheitsakten zu enthalten.
Transparenz und Protokollierung
Zugriffe auf sensible Anwendungen werden nachvollziehbar protokolliert. Versicherte können einsehen, welche Stelle wann auf welche Daten zugegriffen hat, soweit dies durch die jeweilige Anwendung vorgesehen ist.
Rechte der Versicherten
Versicherte verfügen über umfangreiche Rechte bezüglich Auskunft, Berichtigung, Einschränkung und Löschung, soweit dies rechtlich vorgesehen ist. Sie können Einwilligungen für freiwillige Funktionen erteilen, einschränken oder widerrufen. Zudem bestehen Informationsrechte über Sicherheitsvorfälle, die ihre Daten betreffen.
Ausgabe, Gültigkeit und Nutzung
Ausstellung und Identitätsprüfung
Die eGK wird von der zuständigen Krankenkasse ausgegeben. Ein Lichtbild ist im Regelfall vorgesehen, mit definierten Ausnahmen, etwa bei sehr jungen Versicherten. Die Identitätsprüfung richtet sich nach vorgegebenen Standards, um Missbrauch zu vermeiden.
Laufzeit und Aktualisierung
Die eGK besitzt eine befristete Gültigkeit. Änderungen bei den Pflichtangaben oder der Versicherungszugehörigkeit werden durch Aktualisierung oder Neuausstellung berücksichtigt. Karten mit ablaufender Gültigkeit werden rechtzeitig ersetzt.
Online-Prüfung der Versicherungsdaten
Leistungserbringer können den Versicherungsstatus online überprüfen. Diese Prüfung dient der Aktualität der Daten und der korrekten Abrechnung innerhalb des Gesundheitssystems.
Nutzung im europäischen Ausland
Die Rückseite der eGK enthält regelmäßig die Europäische Krankenversicherungskarte. Diese ermöglicht in den Mitgliedstaaten die Inanspruchnahme medizinisch notwendiger Leistungen im Rahmen der dortigen Regelungen. Umfang und Abwicklung können von den deutschen Standards abweichen.
Ersatzverfahren
Für Fälle, in denen die eGK vorübergehend nicht genutzt werden kann, sind geregelte Ersatzverfahren vorgesehen. Diese sichern die Leistungsgewährung und die spätere Nachweisführung ab.
Besondere Konstellationen
Minderjährige und Vertretung
Bei minderjährigen Versicherten üben Sorgeberechtigte die Rechte aus. Die eGK weist das versicherte Kind aus; Zugriffe auf freiwillige Anwendungen richten sich nach den jeweils geltenden Alters- und Vertretungsregeln.
Verlust, Diebstahl und Sperrung
Bei Verlust oder Diebstahl kann die Karte gesperrt und durch eine neue ersetzt werden. Eine Sperre verhindert unbefugte Nutzung und schützt vor Missbrauch.
Kostenerstattung und Prüfungen
Die eGK ist Grundlage für die Abrechnung der erbrachten Leistungen. Prüfmechanismen dienen der Rechtmäßigkeit der Abrechnung und der Qualitätssicherung.
Rechte und Pflichten im Behandlungsverhältnis
Vorlagepflicht der eGK
Versicherte sind gehalten, die eGK bei Behandlungsbeginn vorzulegen, damit Anspruch und Identität geprüft werden können. Dies schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Praxiswechsel und Behandlungsablauf
Die eGK ermöglicht die eindeutige Zuordnung von Leistungen auch bei Behandlerwechsel. Bestehende Datenschutz- und Schweigepflichten bleiben davon unberührt.
Dokumentations- und Nachweispflichten
Leistungserbringer müssen Behandlungen sachgerecht dokumentieren und die Inanspruchnahme mit der eGK nachweisen. Zugriffe auf optionale Anwendungen sind nachvollziehbar zu erfassen.
Aktuelle Entwicklungen und Digitalisierung
Digitale Identität und kontaktlose Nutzung
Neuere Kartengenerationen unterstützen kontaktlose Funktionen und die Nutzung per mobiler Identität. Ziel ist es, digitale Anwendungen benutzerfreundlich und zugleich sicher zugänglich zu machen.
Interoperabilität und Standards
Technische Standards sollen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Systemen und Einrichtungen gewährleisten. Einheitliche Spezifikationen dienen der Sicherheit und der Verlässlichkeit der Datenflüsse.
Barrierefreiheit
Die Gestaltung von Karte und Anwendungen berücksichtigt Anforderungen an Zugänglichkeit. Dies betrifft sowohl die physische Karte als auch digitale Oberflächen und Kommunikationswege.
Häufig gestellte Fragen (rechtlicher Kontext)
Welche Daten sind verpflichtend auf der Elektronischen Gesundheitskarte gespeichert?
Verpflichtend sind Identitäts- und Versicherungsdaten wie Name, Geburtsdatum, Krankenversichertennummer, Krankenkasse sowie Gültigkeitsangaben. Diese Informationen dienen der Anspruchsprüfung und Abrechnung. Medizinische Inhalte sind nicht verpflichtend auf der Karte hinterlegt.
Wer darf auf freiwillige medizinische Anwendungen über die eGK zugreifen?
Der Zugriff ist auf berechtigte Leistungserbringer beschränkt und setzt in der Regel die aktive Mitwirkung der Versicherten voraus. Notfallsituationen sind gesondert geregelt; Zugriffe werden protokolliert und unterliegen strengen Sicherheitsanforderungen.
Welche Rechte bestehen bei fehlerhaften Daten auf der eGK?
Versicherte haben Ansprüche auf Berichtigung unrichtiger personenbezogener Angaben. Dies umfasst sowohl die auf der Karte gespeicherten Pflichtdaten als auch fehlerhafte Einträge innerhalb angebundener Anwendungen, jeweils im Rahmen der vorgesehenen Verfahren.
Was gilt rechtlich bei Verlust oder Diebstahl der eGK?
Bei Verlust oder Diebstahl ist eine Sperre möglich, um Missbrauch zu verhindern. Die Krankenkasse stellt eine neue Karte aus. Bis zur Sperre bleibt die Karte formal gültig, besondere Schutzmechanismen reduzieren jedoch das Risiko des unbefugten Zugriffs auf sensible Anwendungen.
Ist die Nutzung der elektronischen Patientenakte über die eGK verpflichtend?
Die Nutzung der elektronischen Patientenakte ist freiwillig. Der Zugang erfolgt über gesicherte Verfahren, bei denen die eGK eine Rolle als Identitäts- und Berechtigungsnachweis einnimmt.
Darf eine Behandlung verweigert werden, wenn die eGK nicht vorgelegt wird?
Die eGK dient als Nachweis des Leistungsanspruchs. Ohne diesen Nachweis ist die Abrechnung über die gesetzliche Krankenversicherung erschwert; für akute Fälle bestehen gesonderte Regelungen, die eine Versorgung sicherstellen.
Wie lange ist die eGK gültig und wie erfolgt die Erneuerung?
Die Karte besitzt eine befristete Gültigkeit. Vor Ablauf wird durch die Krankenkasse eine Folgekarte bereitgestellt. Änderungen wesentlicher Daten können eine vorzeitige Aktualisierung erfordern.
Welchen Status hat die eGK im Ausland?
Die Rückseite der eGK enthält in der Regel die Europäische Krankenversicherungskarte. Diese ermöglicht in anderen europäischen Staaten medizinisch notwendige Leistungen nach dortigem Recht. Umfang und Abwicklung können von den in Deutschland geltenden Regelungen abweichen.