Begriff und Definition der Elektronischen Fußfessel
Die Elektronische Fußfessel ist ein technisches Überwachungsinstrument, das im Rahmen straf- oder sicherheitsrechtlicher Maßnahmen zur Kontrolle der Bewegungsfreiheit von Personen eingesetzt wird. Sie besteht in der Regel aus einem am Fußknöchel befestigten Sender- bzw. Ortungsgerät, das permanent die Position der jeweiligen Person erfassen und an eine Überwachungszentrale übermitteln kann. Die Anwendung der elektronischen Fußfessel ist in verschiedenen Rechtsgebieten gesetzlich geregelt, insbesondere im Strafvollzugsrecht, im Strafprozessrecht, im Maßregelvollzug sowie im Bereich des Gefahrenabwehrrechts.
Rechtliche Grundlagen und Anwendungsbereiche
Strafvollzugsrecht und Maßnahmen der Strafaussetzung
Im deutschen Strafvollzugsrecht kommt die elektronische Fußfessel vor allem im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests auf Bewährung und dem sogenannten „offenen Vollzug” zum Einsatz. Gemäß den §§ 56 ff. Strafgesetzbuch (StGB) und den dazugehörigen Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) kann das Gericht anordnen, dass die verurteilte Person unter bestimmten Auflagen, darunter die Überwachung mittels elektronischer Fußfessel, auf freien Fuß gesetzt wird. Ziel ist dabei, einen sozialen Empfangsraum zu schaffen und die Rückfallwahrscheinlichkeit zu minimieren, während gleichzeitig die gesellschaftlichen Schutzbedürfnisse gewahrt bleiben.
Gefahrenabwehrrecht und Präventionsmaßnahmen
Im Bereich des Gefahrenabwehrrechts – beispielsweise nach den Polizeigesetzen der Länder und dem Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) – kann insbesondere bei der Abwehr erheblicher Gefahren für die Allgemeinheit die elektronische Fußfessel zur „präventiven Telekommunikationsüberwachung” angeordnet werden. Dies betrifft vor allem Personen, denen besonders schwere Straftaten wie Terrorismus oder schwere Gewaltkriminalität zugerechnet werden und für die nach polizeilichen Maßstäben eine erhebliche Gefahr ausgeht.
Maßregeln der Besserung und Sicherung
Im weiteren Sinne kann die elektronische Fußfessel Teil sogenannter Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 66b StGB und § 68b StGB sein. Hierbei dient sie neben anderen Auflagen als Instrument der vergleichsweise freiheitsorientierten Überwachung, ohne denjenigen direkt in eine geschlossene Anstalt einweisen zu müssen.
Maßregeln im Rahmen der Führungsaufsicht
Darüber hinaus kann die elektronische Fußfessel im Rahmen der Führungsaufsicht nach §§ 68a ff. StGB zur Anwendung kommen, etwa wenn eine vollstreckte Freiheitsstrafe wegen schwerer Delikte verbüßt wurde und besondere Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit oder einzelner Personen erforderlich sind.
Voraussetzungen und Anordnung
Gesetzliche Voraussetzungen
Die Anordnung der elektronischen Fußfessel setzt regelmäßig eine richterliche Entscheidung voraus. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei stets zu beachten. Die Maßnahme darf nicht über das erforderliche Maß hinausgehen und muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um das angestrebte Ziel – meist die Verhinderung erneuter Straftaten oder erheblicher Gefahren – zu erreichen. Die gesetzlichen Grundlagen und Voraussetzungen ergeben sich insbesondere aus dem Strafgesetzbuch (StGB), der Strafprozessordnung (StPO), den jeweiligen Landesgesetzen und speziellen Bundesgesetzen.
Dauer und Umfang der Überwachung
Die Überwachung mittels elektronischer Fußfessel ist auf den durch das Gericht oder die zuständige Behörde festgelegten Zeitraum beschränkt. Die Überwachung kann auf bestimmte räumliche oder zeitliche Vorgaben beschränkt werden, beispielsweise ein nächtliches Aufenthaltsverbot oder eine Annäherungsverbotszone. Der Umfang der Datenüberwachung sowie der Kreis der zugriffsberechtigten Behörden unterliegt gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz.
Technische Ausgestaltung und Funktionsweise
Gerätetypen und Übermittlung der Daten
Die meisten elektronischen Fußfesseln arbeiten mit funkgesteuerter Standortermittlung über GPS (Global Positioning System) oder GSM (Global System for Mobile Communications). Sie erfassen und übermitteln die Bewegungsdaten der getragenen Person in Echtzeit an eine Leitstelle, die bei Verstößen – etwa bei Überschreiten von Auflagen oder beim Versuch, das Gerät zu manipulieren – Alarme auslöst und die zuständigen Behörden informiert.
Manipulationsschutz
Elektronische Fußfesseln sind mit diversen Manipulationssicherungen ausgestattet, die etwa das unbefugte Abnehmen, Durchschneiden oder äußere Beeinflussung der Geräte verhindern sollen. Jeglicher Versuch der Manipulation wird unmittelbar an die Überwachungszentrale gemeldet und kann entsprechende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Datenschutzrechtliche Aspekte
Grundrechte und Information der Betroffenen
Der Einsatz der elektronischen Fußfessel stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dar. Die rechtmäßige Anordnung und Durchführung bedingt daher die sorgfältige Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit und den Freiheitsrechten der Überwachten. Über die Anordnung und die damit verbundenen Überwachungsmodalitäten müssen die betroffenen Personen vollumfänglich informiert werden.
Speicherung und Löschung der Daten
Die erhobenen Positionsdaten dürfen ausschließlich zweckgebunden gespeichert und verarbeitet werden. Die Dauer der Speicherung richtet sich nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorgaben. Nach Ablauf der Maßnahme sind die Daten regelmäßig zu löschen, sofern keine zwingenden gesetzlichen Aufbewahrungspflichten bestehen.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Gerichtliche Überprüfung
Gegen die Anordnung einer elektronischen Fußfessel stehen der betroffenen Person, je nach Rechtsgebiet, Rechtsmittel wie die Beschwerde oder Anhängigmachung eines gerichtlichen Kontrollverfahrens offen. Die gerichtliche Überprüfung umfasst sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen der Anordnung.
Nachträgliche Überprüfung und Aufhebung
Die Anordnung der elektronischen Fußfessel kann auf Antrag der betroffenen Person aufgehoben oder abgeändert werden, wenn sich die maßgeblichen Umstände wesentlich ändern oder die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist. Die Vollzugsbehörden sind zudem verpflichtet, periodisch zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für den fortdauernden Einsatz des Überwachungsinstruments noch vorliegen.
Internationaler Vergleich und Entwicklung
Einsatz in Europa
Die Verwendung der elektronischen Fußfessel ist in zahlreichen europäischen Staaten gesetzlich geregelt, etwa in Frankreich, den Niederlanden, Spanien und Österreich. Die rechtlichen Rahmenbedingungen variieren dabei hinsichtlich der Anordnungsbefugnisse, der technischen Ausstattung und des datenschutzrechtlichen Rahmens.
Entwicklung in Deutschland
In Deutschland hat sich der Einsatz elektronischer Fußfesseln seit ihrer Einführung im Jahr 2011 (vor allem im Rahmen der Überwachung von sogenannten „Gefährdern”) stetig weiterentwickelt. Die Ausweitung auf weitere Deliktsbereiche und Präventionsfelder wird öffentlich und politisch kontrovers diskutiert, insbesondere im Spannungsfeld zwischen Freiheitsrechten und Sicherheitsinteressen.
Kritische Einordnung und Ausblick
Die elektronische Fußfessel ist ein Instrument, das zwischen Freiheitsentzug und freier Lebensführung vermittelt und zunehmend an Bedeutung gewinnt. Neben den Chancen zur sozialen Wiedereingliederung und Prävention von Straftaten liegt die Herausforderung insbesondere in der Wahrung des Grundrechtsschutzes und der kontinuierlichen Anpassung an technische sowie rechtliche Entwicklungen.
Zusammenfassung:
Die elektronische Fußfessel stellt ein technisch fortschrittliches und rechtlich vielschichtiges Überwachungsinstrument dar, das im deutschen Rechtssystem verstärkt zur Anwendung kommt. Sie unterliegt strengen gesetzlichen Voraussetzungen, datenschutzrechtlichen Anforderungen und einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle zum Schutz der davon Betroffenen sowie der Allgemeinheit.
Häufig gestellte Fragen
Wer entscheidet über die Anordnung einer elektronischen Fußfessel?
Die Anordnung einer elektronischen Fußfessel erfolgt ausschließlich durch ein Gericht. In Deutschland ist hier insbesondere das Vollstreckungsgericht zuständig, welches im Rahmen des Strafvollzugsrechts prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Entscheidung über den Einsatz einer elektronischen Überwachung als Auflage oder Weisung kann im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 68b Abs. 1 Satz 1 StGB), der Aussetzung des Strafrestes auf Bewährung (§ 57 Abs. 1 StGB) oder im Rahmen des Jugendrechts (§ 88a JGG) getroffen werden. Für die Anordnung ist stets ein richterlicher Beschluss erforderlich, in welchem die Gründe und der konkrete Überwachungsrahmen festgelegt werden. Die Staatsanwaltschaft kann einen entsprechenden Antrag stellen, ebenso kann die Überlegung auch im Rahmen der Bewährungshilfe angeregt werden, die Entscheidungsgewalt liegt jedoch immer beim Gericht.
Nach welchen Rechtsgrundlagen erfolgt der Einsatz einer elektronischen Fußfessel?
Die gesetzlichen Grundlagen für die Anordnung elektronischer Fußfesseln finden sich im deutschen Strafrecht, insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB), im Jugendgerichtsgesetz (JGG) sowie im Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Wichtige Normen sind § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB (Auflagen und Weisungen bei Führungsaufsicht), § 56c Abs. 2 StGB (Weisungen bei Aussetzung der Strafe zur Bewährung) sowie § 463a Abs. 4 StPO (Elektronische Aufenthaltsüberwachung im Strafvollzug). Das Gesetz unterscheidet klar zwischen einer elektronischen Überwachung im Rahmen der Führungsaufsicht und als Weisung bei der Aussetzung des Strafrestes. Die Bestimmungen regeln sowohl die Voraussetzungen, unter denen eine solche Überwachung zulässig ist, als auch den Ablauf der Anordnung und die Rechte der Betroffenen.
Welche Rechte stehen Betroffenen bei einer Anordnung zu?
Betroffene einer elektronischen Fußfessel verfügen über umfangreiche rechtliche Schutzmechanismen. Zunächst besteht das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, der vor der Anordnung gewahrt werden muss. Nach Erlass des Beschlusses können Betroffene gemäß § 304 StPO Beschwerde gegen die Anordnung einlegen. Während der Vollzugsphase besteht die Möglichkeit, Anträge auf Änderung oder Aufhebung der Maßnahme zu stellen, etwa bei veränderten Lebensumständen. Ferner unterliegt der Vollzug der elektronischen Überwachung den Vorgaben des Datenschutzes (insbesondere DSGVO und BDSG). Erhobene Daten dürfen ausschließlich zum Zweck der Aufenthaltsüberwachung verarbeitet werden, eine Weitergabe an Dritte ist ohne gesetzliche Grundlage unzulässig. Zudem sind regelmäßige Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit vorgeschrieben.
Welche Pflichten haben Betroffene während des Tragens einer elektronischen Fußfessel?
Mit dem Tragen einer elektronischen Fußfessel gehen spezifische Pflichten einher, die sich aus dem jeweiligen gerichtlichen Beschluss und den gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Insbesondere müssen Betroffene das Gerät ständig am Körper tragen, Manipulationen oder das eigenmächtige Entfernen sind untersagt und stellen eigenständige Straftaten dar (§ 145a StGB). Sie sind verpflichtet, alle technischen und organisatorischen Vorgaben zu erfüllen, etwa das regelmäßige Aufladen des Geräts und die Duldung von technischen Kontrollen. Zudem dürfen sie festgelegte räumliche und zeitliche Beschränkungen nicht verletzen (z. B. bestimmte Aufenthalts- oder Kontaktverbote). Änderungen im Tagesablauf und Aufenthaltsort müssen in der Regel zuvor mit der zuständigen Überwachungsstelle abgestimmt werden.
In welchen Fällen kann eine elektronische Fußfessel beendet oder aufgehoben werden?
Eine vorzeitige Beendigung oder Aufhebung der Maßnahme ist aus verschiedenen Gründen möglich: Sie kann entweder mit Ablauf der festgelegten Frist enden, durch Widerruf der Bewährung bzw. der Führungsaufsicht gemäß §§ 56f, 68e StGB beendet werden oder bei Wegfall der Überwachungsgründe durch gerichtlichen Beschluss aufgehoben werden. Auch auf Antrag der Betroffenen, etwa bei gravierenden Veränderungen der persönlichen oder sozialen Umstände, kann eine Überprüfung und ggf. Aufhebung erfolgen. Zudem sieht das Gesetz regelmäßige Überprüfungsfristen vor, bei denen die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme erneut bewertet werden müssen. Das Gericht behält in jedem Fall die Kontrolle über Beginn, Dauer und Beendigung der elektronischen Überwachung.
Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben gelten im Rahmen der elektronischen Fußfessel?
Die elektronische Überwachung im Rahmen der Fußfessel erfordert besondere Vorkehrungen für den Schutz personenbezogener Daten. Grundlage bildet die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Die Überwachungsdaten dürfen nur für den Zweck der Aufenthaltsdokumentation verarbeitet und gespeichert werden, eine Weitergabe an Dritte oder gar Veröffentlichung ist streng untersagt. Der Zugang zu diesen Daten ist auf die für Überwachung und Kontrolle zuständigen Behörden beschränkt und wird dokumentiert. Betroffenen steht das Recht auf Auskunft und ggf. Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu. Es gelten enge Fristen für die Datenaufbewahrung; nach dem Ende der Maßnahme sind die gesammelten Daten regelmäßig zu vernichten, sofern keine anderweitige gesetzliche Verpflichtung zur Aufbewahrung besteht.
Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen die auferlegten Auflagen im Zusammenhang mit der elektronischen Fußfessel?
Verstöße gegen die Auflagen und Weisungen im Zusammenhang mit der elektronischen Fußfessel können unterschiedliche straf- und vollzugsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein unerlaubtes Entfernen, Manipulieren oder Umgehen der Fußfessel stellt gemäß § 145a StGB eine Straftat dar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Zudem können Verstöße zum Widerruf der Bewährung oder Führungsaufsicht führen, was in der Regel die (vollständige) Verbüßung der Freiheitsstrafe zur Folge hat. Auch weitere vollzugliche Maßnahmen wie verschärfte Auflagen oder zusätzliche Kontrollen sind möglich. In schwerwiegenden Fällen wird sofortige polizeiliche Fahndung und Festnahme der betroffenen Person veranlasst.