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Eisenbahnkreuzungen und -übergänge


Definition und Begriffserklärung: Eisenbahnkreuzungen und -übergänge

Eisenbahnkreuzungen und -übergänge bezeichnen Schnittpunkte und Übergänge, an denen Schienenwege (Bahnlinien) sich mit anderen Verkehrswegen, insbesondere Straßen, Wegen, Plätzen, Wasserwegen oder öffentlichen Wegen schneiden. Je nach ihrem räumlichen Verlauf werden sie als höhengleich (Bahnübergänge) oder höhenungleich (Eisenbahnüberführungen bzw. Eisenbahnunterführungen) klassifiziert.

Im rechtlichen Kontext umfassen diese Begriffe sowohl technische Einrichtungen und bauliche Anlagen als auch die damit verbundenen organisatorischen, verkehrlichen und haftungsrechtlichen Bestimmungen.


Unterscheidung nach baulicher Ausführung

Bahnübergang (höhengleiche Kreuzung)

Ein Bahnübergang ist eine höhengleiche Kreuzung, an der sich der Schienenverkehr und der Straßen- oder Fußgängerverkehr auf gleichem Niveau begegnen. Bahnübergänge sind durch besondere Sicherungseinrichtungen (z. B. Lichtzeichen, Schranken, Andreaskreuze) und gegebenenfalls durch technische Sicherung gegen Unfälle geschützt.

Eisenbahnüberführung und Eisenbahnunterführung (höhenungleiche Kreuzung)

Im Unterschied zum Bahnübergang verlaufen Eisenbahnüberführungen und -unterführungen nicht höhengleich, sondern kreuzen sich auf verschiedenen Ebenen. Hierbei überquert die Eisenbahnstrecke in der Überführung die Straße oder den Fluss auf einem Brückenbauwerk, während sie bei der Unterführung das Hindernis unterquert.


Rechtliche Grundlagen in Deutschland

Eisenbahnkreuzungsgesetz (EBKrG)

Das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EBKrG) ist das zentrale Regelwerk in Deutschland zur Regelung von Kreuzungen zwischen Eisenbahnen und öffentlichen Straßen. Es stellt die rechtliche Grundlage für Errichtung, Sicherung, Änderung und Beseitigung von Eisenbahnkreuzungen dar und regelt insbesondere Kostenverteilung, Instandhaltung und Verantwortung der beteiligten Träger (Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Straßenbaulastträger etc.).

Wesentliche Regelungen des EBKrG umfassen:

  • Genehmigungspflichten für den Neubau, die Änderung und die Beseitigung von Kreuzungen
  • Kostenverteilung der Bau- und Unterhaltungslast zwischen Bahnunternehmen und Straßenbaulastträger
  • Sicherheitsvorschriften für die Sicherung von Bahnübergängen
  • Verfahren zur Auflösung von Gefahrenstellen

Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

Die Straßenverkehrs-Ordnung enthält Vorschriften zur Kennzeichnung und zum Verhalten an Bahnübergängen, zum Beispiel:

  • Zeichen 201 (Andreaskreuz): Kennzeichnet die Kreuzung einer Straße mit einer Eisenbahn
  • § 19 StVO: Regelt das Verhalten der Verkehrsteilnehmer an Bahnübergängen, das Haltegebot bei geschlossenen Schranken, bei Blinklicht und bei Wartepflichten

Weitere Rechtsquellen

Weitere einschlägige Regelungen ergeben sich aus dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), dem Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), Landesstraßengesetze und technischen Regelwerken wie Richtlinien des Eisenbahn-Bundesamtes.


Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

Eisenbahninfrastrukturunternehmen

Die jeweiligen Betreiber der Schieneninfrastruktur sind verantwortlich für das betriebs- und verkehrssichere Vorhandensein und die funktionierende Sicherung der Kreuzung sowie für die Einhaltung einschlägiger Sicherheitsvorschriften.

Straßenbaulastträger

Straßenbaulastträger sind für die Instandhaltung, Verkehrssicherung und gegebenenfalls für die Umbaumaßnahmen an Straßen an Kreuzungsbauwerken zuständig, ihre Zuständigkeit endet i.d.R. an den Schienen, sofern nichts anderes vereinbart oder gesetzlich geregelt ist.

Aufsichts- und Genehmigungsbehörden

Genehmigungsverfahren und Aufsicht liegen je nach Bauart, Bedeutung der Strecke und Beteiligten bei den zuständigen Landesbehörden oder dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA).


Kosten und Finanzierung

Die Kostenregelung für Bau, Unterhaltung, Änderung und Beseitigung einer Eisenbahnkreuzung ist ein zentrales Thema des EBKrG. Es gilt der Grundsatz der hälftigen Aufteilung der Kosten zwischen dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dem Straßenbaulastträger, sofern nicht eine andere Regelung (z. B. Verursacherprinzip oder Sonderregelung) eingreift.

Drittbeteiligungen, etwa durch kommunale Träger oder Privatinitiativen, können auf Antrag und nach behördlicher Verfügung ebenfalls an den Kosten beteiligt werden.


Sicherung und Verkehrssicherheit

Technische Sicherung

Zu den technischen Sicherungsmaßnahmen an Bahnübergängen zählen Schrankenanlagen, Lichtzeichenanlagen, akustische Signale und technische Barrieren. Der Umfang der Sicherung hängt von Faktoren wie Zugfrequenz, Streckengeschwindigkeit sowie Verkehrsbelastung der Straße ab und wird nach dem Stand der Technik und geltenden Richtlinien bestimmt.

Organisatorische Sicherung

Wo technische Sicherungen nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind, regeln organisatorische Maßnahmen (z. B. Posten, Flaggen, Verkehrszeichen) die Passage über den Übergang.


Rechtsfolgen bei Verstößen und Verkehrsunfällen

Verstöße gegen die Sicherungspflichten oder das Verkehrsverhalten an Bahnübergängen haben sowohl ordnungsrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen:

  • Ordnungswidrigkeiten: Falschverhalten an Bahnübergängen, wie das Missachten von Lichtzeichen oder Schranken, wird nach § 49 StVO geahndet.
  • Haftungstatbestände: Bei Unfällen sind verschuldensabhängig Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Straßenbaulastträger oder Verkehrsteilnehmer haftbar zu machen. Hierbei greifen unter Umständen die Gefährdungshaftung nach § 1 Haftpflichtgesetz (HPflG) und spezialgesetzliche Regelungen aus dem AEG.

Beseitigung, Änderung und Umgestaltung von Bahnübergängen

Bei hoher Verkehrsbelastung oder zur Erhöhung der Verkehrssicherheit kann eine Beseitigung höhengleicher Bahnübergänge durch Bau von Über- oder Unterführungen angeordnet werden. Solche Maßnahmen bedürfen regelmäßig eines Planfeststellungsverfahrens und lösen Fragen der Kostenbeteiligung und Enteignung aus.


Internationaler Vergleich und EU-Regelungen

Auf europäischer Ebene gibt es Mindeststandards und Empfehlungen im Hinblick auf die Sicherheit an Eisenbahnkreuzungen. Die einschlägigen Regelungen werden in der Europäischen Union über Richtlinien und Verordnungen zur Eisenbahnsicherheit und Interoperabilität harmonisiert.


Zusammenfassung

Eisenbahnkreuzungen und -übergänge stellen zentrale Schnittstellen im Verkehrsnetz dar und unterliegen in Deutschland umfangreichen rechtlichen Regelungen. Das Zusammenwirken unterschiedlicher Träger, detaillierte Vorschriften zur Sicherung und Haftungsregeln sowie die komplexe Kostenverteilung sind wesentlich. Gerade im Kontext von Verkehrssicherheit und Infrastrukturmodernisierung nehmen diese Schnittpunkte eine wichtige Rolle in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ein.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist an einem Bahnübergang vorrangig zur Vorsicht verpflichtet?

Alle Verkehrsteilnehmer, die sich einem Bahnübergang nähern, sind vorrangig zur Vorsicht verpflichtet. Dies ergibt sich aus §19 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Vor allem ist zu beachten, dass Schienenfahrzeuge grundsätzlich Vorrang vor dem Straßenverkehr haben. Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer müssen daher besonders wachsam sein, ob ein Zug naht oder sich bereits nähert. Fahrzeuge haben rechtzeitig und so zu halten, dass eine Gefährdung des Zugverkehrs mit Sicherheit ausgeschlossen ist. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Haltelinien, der Beachtung von Lichtzeichen, akustischen Signalen und Schranken hat höchste Priorität. Missachtung kann im Falle eines Verstoßes als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und je nach Schwere auch zu einer Straftat, insbesondere bei Gefährdung des Bahnverkehrs, führen.

Wann ist das Überqueren eines Bahnübergangs trotz geschlossener oder sich schließender Schranken erlaubt?

Das Überqueren eines Bahnübergangs bei geschlossenen oder sich senkenden Schranken ist ausnahmslos verboten. Die rechtliche Grundlage hierfür ist §19 Abs. 2 StVO. Auch wenn weder Zug noch Aufsichtspersonal erkennbar ist, darf die Sicherungseinrichtung keinesfalls überfahren oder umgangen werden. Verstöße werden als schwerwiegende Ordnungswidrigkeit eingestuft, die mit hohen Bußgeldern, Punkten in Flensburg und ggf. Fahrverbot geahndet werden. Das Nachträgliche Öffnen der Schranken durch Unbefugte stellt darüber hinaus eine Straftat dar (§315 StGB „Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr“).

Welche gesetzlichen Pflichten bestehen für die Eisenbahngesellschaft zur Sicherung eines Bahnübergangs?

Die Eisenbahngesellschaften sind nach §11 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) sowie der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) verpflichtet, Bahnübergänge entsprechend der jeweiligen Gefährdungslage zu sichern. Dies kann durch technische Einrichtungen wie Lichtzeichen, Schranken oder auch durch einen Posten geschehen. Die Entscheidung über die Art der Sicherung basiert auf regelmäßigen Sicherheitsaudits und wird im Wege eines Verwaltungsverfahrens mit den örtlichen Straßen- und Ordnungsbehörden abgestimmt. Des Weiteren ist die Eisenbahngesellschaft verpflichtet, die Einrichtungen zu kontrollieren, instand zu halten und im Störungsfall umgehend zu handeln.

Was ist bei Bahnübergängen ohne Lichtzeichen oder Schranken zu beachten?

Bei beschrankten Bahnübergängen ohne technische Sicherung – sogenannt „unbeschrankten Bahnübergängen“ – besteht eine gesteigerte Sorgfaltspflicht aller Verkehrsteilnehmer. Nach §19 Abs. 1 StVO ist spätestens hier eine doppelte Vorsicht anzuwenden und notfalls durch Anhalten sicherzustellen, dass kein Schienenfahrzeug naht. Die Höchstgeschwindigkeit kann in solchen Fällen aus Gründen der Sorgfalt deutlich unterhalb der zulässigen Geschwindigkeit liegen. Folge einer Missachtung ist nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern im Falle eines Unfalls auch eine erhöhte Haftung, selbst bei sonst geringfügigem Fehlverhalten.

Welche Strafen drohen bei Verstoß gegen die Vorschriften am Bahnübergang?

Das mögliche Strafmaß richtet sich nach Art und Schwere des Verstoßes. Ordnungswidrigkeiten, beispielsweise das Überfahren einer roten Ampel am Bahnübergang, werden mit Bußgeldern zwischen 240 Euro (ohne Gefährdung) und 700 Euro (bei Gefährdung oder Sachbeschädigung), Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet. Kommt es zur Gefährdung des Zugverkehrs oder gar einer Unfallverursachung, können Straftatbestände wie Fahrlässige Körperverletzung (§229 StGB) oder Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr (§315 StGB) mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe greifen. Neben der strafrechtlichen Sanktionierung drohen zudem zivilrechtliche Schadensersatzforderungen.

Können Radfahrer und Fußgänger bei Verstößen an Bahnübergängen ebenfalls belangt werden?

Ja, alle Verkehrsteilnehmer – einschließlich Fußgänger und Radfahrer – unterliegen den Vorschriften des §19 StVO. Auch für sie gelten bei Bahnübergängen besondere Sorgfalts- und Wartepflichten. Verstöße, wie das Überqueren bei Rot oder Umgehen von Schranken, werden mit Verwarn- oder Bußgeldern sanktioniert. Besonders im Falle einer Gefährdung können zusätzlich zivil- und strafrechtliche Konsequenzen entstehen. Bei Unfällen kann sogar ein erhebliches Mitverschulden angenommen werden, das eine Reduzierung oder den vollständigen Ausschluss von Schadensersatzansprüchen nach sich zieht.

Was ist im Falle einer Störung oder Blockade am Bahnübergang zu tun?

Im Fall einer Störung – beispielsweise steckenbleibender Schranken oder liegengebliebener Fahrzeuge auf den Gleisen – ist sofort zu handeln. Zunächst ist, wenn möglich, das Fahrzeug aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Gelingt dies nicht, muss umgehend der Notruf 112 gewählt und auf die Situation sowie die genaue Lage des Bahnübergangs hingewiesen werden (Bahnübergangsnummer an den Übergängen vorhanden). Die Eisenbahnunternehmen und Polizeibehörden unterhalten eigene Notfallpläne, und bei rechtzeitigem Handeln kann der Zugverkehr gestoppt werden. Unterlassene Hilfe wird rechtlich als grob fahrlässig bzw. als unterlassene Hilfeleistung (§323c StGB) bewertet und kann eine erhebliche strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen.