Begriff und rechtliche Definition der Eisenbahn
Die Eisenbahn stellt im rechtlichen Sinn ein komplexes System des öffentlichen Verkehrs dar, das aus Eisenbahninfrastruktur und Eisenbahnfahrzeugen besteht und dem Transport von Personen oder Gütern auf hierfür bestimmten Schienenwegen dient. Die rechtliche Definition und Regulierung der Eisenbahn sind in Deutschland insbesondere im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), dem Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) sowie einschlägigen europäischen Normen und Verordnungen geregelt. Die Begriffsbestimmung unterscheidet zwischen Eisenbahnunternehmen, Eisenbahninfrastrukturunternehmen sowie verschiedenen Arten von Eisenbahnen, etwa öffentlich oder nichtöffentliche Eisenbahnen.
Eisenbahn im Sinne des AEG
Das Allgemeine Eisenbahngesetz definiert Eisenbahnen als „Unternehmen des öffentlichen oder nichtöffentlichen Verkehrs, die Eisenbahninfrastruktur betreiben oder Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen“. Hinzu kommt, dass der Eisenbahnbetrieb regelmäßig bestimmte technische und betriebliche Anforderungen erfüllen muss, wobei unter anderem das Eisenbahnrecht, Sicherheitsgesetzgebungen und der Schutz der Umwelt zu beachten sind.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Quellen
Die Regelung der Eisenbahn erfolgt in Deutschland sowie auf europäischer Ebene durch ein komplexes Gefüge von Rechtsquellen.
Nationale Rechtsgrundlagen
Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
Das AEG bildet die zentrale rechtliche Grundlage für den Betrieb und die Regulierung von Eisenbahnen. Hier werden Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich, Zulassungsregeln, Betriebsvoraussetzungen und deren Überwachung geregelt.
Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG)
Das Eisenbahnregulierungsgesetz dient insbesondere der Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur und legt die Rechte und Pflichten von Eisenbahnunternehmen sowie Infrastrukturbetreibern fest.
Weitere relevante Gesetze
- Eisenbahnbau- und Betriebsordnung (EBO)
- Allgemeines Eisenbahngesetz
- Verordnung über die Bereitstellung und den Betrieb von Eisenbahninfrastruktur
- Binnenschifffahrtsaufgabengesetz (in Abgrenzung zur Eisenbahn)
- Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
Europäische Rechtsgrundlagen
Die Eisenbahn unterliegt harmonisierten Vorschriften der Europäischen Union. Wichtige Regelungsbereiche sind hier die Interoperabilität, Sicherheit und der diskriminierungsfreie Zugang zum Schienennetz.
- Richtlinie (EU) 2016/797 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems
- Richtlinie (EU) 2016/798 über Eisenbahnsicherheit
- Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 zum Schutz der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr
- Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI)
Arten von Eisenbahnen und deren rechtliche Einordnung
Öffentliche und nichtöffentliche Eisenbahnen
Öffentliche Eisenbahnen sind solche, deren Dienstleistungen jedermann zu allgemeinen Bedingungen offen stehen. Nichtöffentliche Eisenbahnen sind betriebene Strecken, die ausschließlich eigenen oder einem begrenzten Zweck dienen (z. B. Werkbahnen in Industrieanlagen).
Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen
Eisenbahninfrastrukturunternehmen stellen Schienennetze bereit und sind für deren Unterhaltung und Betrieb verantwortlich. Eisenbahnverkehrsunternehmen hingegen erbringen Transportleistungen auf diesem Netz (Personen- und Güterverkehr) und müssen hierfür lizenziert sein.
Zulassung, Betrieb und Überwachung
Zulassung von Eisenbahnverkehrsunternehmen
Für die Aufnahme des Betriebes benötigt ein Eisenbahnverkehrsunternehmen eine eigene Betriebsgenehmigung (Lizenz), die von der zuständigen Aufsichtsbehörde, in der Regel dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA), erteilt wird. Voraussetzung ist der Nachweis ausreichender finanzieller Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Personalausstattung und Fachkunde.
Sicherheitszertifikat und Sicherheitsgenehmigung
Unternehmen, die Eisenbahnverkehr betreiben, benötigen gemäß § 7a AEG und nach Maßgabe der europäischen Eisenbahnsicherheitsrichtlinie ein Sicherheitszertifikat. Infrastrukturunternehmen bedürfen einer Sicherheitsgenehmigung. Beide Dokumente dienen dem Nachweis, dass die Unternehmen geeignete Sicherheitsmanagementsysteme vorhalten.
Überwachung und Aufsicht
Die Kontrolle und Überwachung des Eisenbahnwesens obliegt primär dem Eisenbahn-Bundesamt sowie im Bereich der Schienenwege des Nahverkehrs den Landesbehörden.
Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und Entgeltregulierung
Nichtdiskriminierender Netzzugang
Das Eisenbahnrecht sieht einen diskriminierungsfreien und transparenten Zugang zur Eisenbahninfrastruktur vor. Die Netzbetreiber sind verpflichtet, Kapazitäten fair zu vergeben und diskriminierungsfreie Zugangsregelungen vorzuhalten.
Entgeltregelung
Die Entgelte für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur werden durch die Eisenbahnregulierungsgesetzgebung überwacht. Sie müssen kalkulationsgerecht, transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet werden.
Haftung und Versicherungspflichten
Haftung beim Eisenbahnbetrieb
Für den Eisenbahnbetrieb gelten spezifische Haftungsnormen, insbesondere aus dem Haftpflichtgesetz sowie spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen im AEG. Die Haftung betrifft insbesondere Schäden gegenüber Fahrgästen, Dritten und dem Transportgut.
Versicherungsanforderungen
Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, ausreichende Versicherungen insbesondere für die Bereiche Personen- und Sachschäden, Umweltschäden sowie die Haftung von Betriebsunfällen vorzuhalten.
Umweltschutzrechtliche Anforderungen
Der Betrieb von Eisenbahnen unterliegt darüber hinaus umfangreichen umweltrechtlichen Pflichten, wie etwa dem Immissionsschutzrecht, dem Wasserhaushaltsgesetz sowie Naturschutzbestimmungen. Neue Strecken bedürfen regelmäßig einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
Mitwirkung, Anzeigepflichten und Pflichten der Betreiber
Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen haben weitreichende Informations-, Mitwirkungs- und Anzeigepflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden, insbesondere im Hinblick auf Sicherheitsstörungen, Unfälle und Veränderungen der Betriebsführung.
Fazit
Die Eisenbahn ist in Deutschland und Europa umfassend reglementiert. Die rechtlichen Anforderungen an Betreiber und Infrastrukturunternehmen betreffen unter anderem die Zulassung, Betriebssicherheit, Netzzugang, Haftung, Versicherung, Umweltschutz und Aufsicht. Für die Planung, Realisierung und den Betrieb von Eisenbahnen sind eine Vielzahl an gesetzlichen, technischen und betrieblichen Normen zu beachten, um einen sicheren, leistungsfähigen und diskriminierungsfreien Schienenverkehr zu gewährleisten.
Häufig gestellte Fragen
Welche Genehmigungen sind für die Errichtung und den Betrieb einer Eisenbahninfrastruktur erforderlich?
Für die Errichtung und den Betrieb einer Eisenbahninfrastruktur in Deutschland ist eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben zu beachten, die insbesondere im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), im Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) sowie in einschlägigen Verordnungen geregelt sind. Vor Baubeginn ist eine Planfeststellung nach § 18 AEG zwingend erforderlich. Das bedeutet, dass ein förmliches Verwaltungsverfahren durch die jeweils zuständige Planfeststellungsbehörde durchgeführt wird, welches sowohl Umweltauswirkungen als auch die Belange Dritter intensiv prüft. Zusätzlich kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sein. Für den Betrieb der Infrastruktur ist nach § 6 AEG eine Betriebsgenehmigung erforderlich, die an bestimmte Anforderungen – zum Beispiel in Bezug auf die Sicherheit, den Lärmschutz und die technische Ausstattung – gebunden ist. Auch technische Zulassungen und Abnahmen durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) sind häufig Voraussetzung, wobei zusätzlich weitere Verpflichtungen – etwa zur Wartung und Überwachung der Anlage – bestehen. Wird die Infrastruktur öffentlich genutzt, kommen ergänzende Regelungen zur Netz- und Trassenvergabe hinzu.
Welche Haftungsregelungen gelten bei Unfällen im Eisenbahnbetrieb?
Die Haftung bei Unfällen im Eisenbahnbetrieb ist in Deutschland überwiegend durch das Haftpflichtgesetz (HPflG) und spezifische Vorschriften im Eisenbahnrecht reguliert. Eisenbahnverkehrsunternehmen unterliegen meist einer Gefährdungshaftung, was bedeutet, dass sie auch ohne eigenes Verschulden für Schäden haften, die durch den Betrieb ihrer Züge entstehen (§ 1 HPflG). Die Haftung erstreckt sich sowohl auf Personenschäden als auch auf Sach- und Vermögensschäden und betrifft nicht nur Fahrgäste, sondern auch Dritte. In bestimmten Fällen kann sich das Unternehmen entlasten, etwa wenn ein unabwendbares Ereignis nachgewiesen werden kann. Daneben gilt für grenzüberschreitende Verkehre das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF), insbesondere das CIV-Abkommen, das zusätzliche Regelungen zur Haftung bei internationalen Fahrten enthält. Unternehmen sind zudem verpflichtet, eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Welche Verpflichtungen haben Eisenbahnunternehmen im Bereich der Fahrgastrechte?
Eisenbahnunternehmen sind durch die EU-Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sowie das nationale Eisenbahnrecht zur umfassenden Wahrnehmung von Fahrgastrechten verpflichtet. Dies umfasst insbesondere Informationspflichten bei Verspätungen und Ausfällen, Ansprüche auf Erstattung beziehungsweise Entschädigung im Falle von erheblichen Verspätungen, barrierefreie Zugänglichkeit, Unterstützung für mobilitätseingeschränkte Personen sowie das Beschwerdemanagement. Die Verordnung schreibt außerdem Mindestrechte vor, deren Umsetzung und Kontrolle durch nationale Durchsetzungsstellen, in Deutschland durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), überwacht wird. Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, sowohl interne als auch externe Beschwerdestellen zu benennen und über die Rechte umfassend zu informieren.
Wie erfolgt die Trassenzuweisung durch Eisenbahninfrastrukturunternehmen?
Die Trassenzuweisung ist gesetzlich im Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) reguliert und hat zum Ziel, einen diskriminierungsfreien Zugang für Eisenbahnverkehrsunternehmen zum Schienennetz sicherzustellen. Eisenbahninfrastrukturunternehmen müssen Trassen nach transparenten und objektiven Kriterien vergeben, wobei der Antragsteller frühzeitig, spätestens jedoch mit der Trassenbeantragung, sämtliche erforderlichen Angaben machen muss. Im Falle von Überlastung eines Netzteils kommt ein gesetzliches Kapazitätsmanagement zur Anwendung. Über die Trassenvergabe ergeht ein verbindlicher Bescheid; gegen diesen kann ein Nachprüfungsverfahren bei der Bundesnetzagentur eingeleitet werden. Die Bedingungen der Trassenzuweisung und die Entgelte sind in den sogenannten Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) öffentlich bekannt zu machen.
Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Instandhaltung von Eisenbahninfrastruktur?
Eisenbahninfrastrukturbetreiber unterliegen umfassenden gesetzlichen und vertraglichen Instandhaltungspflichten, die sich vorrangig aus dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) und den einschlägigen europäischen Vorschriften, etwa der VO (EU) Nr. 2019/779 (Instandhaltungsstellen-Verordnung), ergeben. Betreiber sind verpflichtet, ihre Anlagen technisch sicher, funktionsfähig und betriebstauglich zu halten; dies schließt regelmäßige Wartungsarbeiten, Inspektionen sowie die Beseitigung von Mängeln ein. Vernachlässigt der Betreiber diese Pflichten, drohen neben zivilrechtlichen Haftungsfolgen auch behördliche Auflagen und gegebenenfalls die Untersagung des Betriebs durch das Eisenbahn-Bundesamt. Weiterhin treffen Betreiber Dokumentations- und Nachweispflichten, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Instandhaltung gegenüber den Behörden belegen zu können.
Unter welchen Voraussetzungen können Eisenbahnunternehmen als gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen beauftragt werden?
Die Beauftragung von Eisenbahnunternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen (sogenannter öffentlicher Dienstleistungsauftrag) unterliegt den Vorgaben der EU-Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sowie dem Gesetz über die Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (Regionalisierungsgesetz). Öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet, das Vergabeverfahren diskriminierungsfrei, transparent und wettbewerblich auszugestalten, wobei insbesondere die Vergabe im Wege einer öffentlichen Ausschreibung oder, in engen Ausnahmefällen, durch Direktvergabe erfolgen kann. Im Rahmen des Vertrages werden dem Unternehmen gemeinwirtschaftliche Ausgleichszahlungen gewährt, die dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Betrieb bei der Erfüllung festgelegter Verkehrsleistungen ermöglichen. Die Verträge müssen spezifische Anforderungen hinsichtlich Umfang, Qualität und Tarifen enthalten sowie Regelungen zur Kontrolle und zu Sanktionen bei Pflichtverletzungen.
Wie wird die Sicherheit im Eisenbahnbetrieb rechtlich überwacht?
Die Sicherheit im Eisenbahnbetrieb ist durch ein umfangreiches System aus gesetzlichen, untergesetzlichen und technischen Regelwerken gewährleistet. Zentrale Rechtsgrundlagen bilden das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) und die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) sowie für spezielle Bereiche die Eisenbahn-Signalordnung (ESO) und die einschlägigen europäischen Richtlinien und Verordnungen (insbesondere die EU-Sicherheitsrichtlinie 2004/49/EG und die Verordnung (EU) 2016/796). Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) überwacht die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen, führt regelmäßige Audits, Inspektionen und Zertifizierungen durch und kann bei festgestellten Mängeln Anordnungen erlassen oder den Betrieb untersagen. Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber müssen zudem Sicherheitsmanagementsysteme implementieren und nachweisen, Mitarbeiter regelmäßig schulen und Ereignisse mit potenziellen Auswirkungen auf die Sicherheit melden.