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Einziehung im Strafverfahren

Begriff und Zweck der Einziehung im Strafverfahren

Die Einziehung im Strafverfahren ist eine staatliche Maßnahme, mit der Gegenstände oder Vermögenswerte entzogen werden, die aus einer rechtswidrigen Tat stammen, für sie eingesetzt wurden oder mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ziel ist, unrechtmäßig Erlangtes abzuschöpfen, die Allgemeinheit zu schützen und die Wirkungen von Straftaten rückgängig zu machen, soweit dies über Vermögenswerte möglich ist. Die Einziehung dient nicht der Bestrafung, sondern der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände und der Verhinderung weiterer Gefahren.

Gegenstände der Einziehung

Taterträge und Wertersatz

Taterträge sind alle Vermögensvorteile, die unmittelbar oder mittelbar aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, etwa Geld, Gegenstände oder ersparte Aufwendungen. Ist der konkrete Gegenstand oder das Geld nicht mehr vorhanden, kann der entsprechende Wert als Geldbetrag eingezogen werden (Wertersatz). Dadurch soll verhindert werden, dass sich rechtswidriges Verhalten wirtschaftlich lohnt.

Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte

Als Tatprodukte gelten Gegenstände, die durch die Tat erst entstanden sind. Tatmittel sind Dinge, die zur Vorbereitung oder Durchführung verwendet wurden. Tatobjekte sind Gegenstände, auf die sich die Tat bezogen hat. Solche Gegenstände können eingezogen werden, um Gefahren abzuwenden und die Begehung weiterer Taten zu erschweren.

Erweiterte Einziehung

Die erweiterte Einziehung ermöglicht es, Vermögenswerte einzuziehen, die nach den Umständen mit wiederholten rechtswidrigen Handlungen in Verbindung stehen, auch wenn nicht jeder einzelne Vermögenswert einer konkreten Tat zugeordnet werden kann. Dadurch wird der Abschöpfung unrechtmäßiger Gewinne eine breitere Grundlage gegeben, sofern das Gericht aufgrund der Gesamtumstände überzeugt ist, dass die Werte aus rechtswidrigen Handlungen stammen.

Einziehung bei Dritten

Vermögenswerte können auch bei Personen eingezogen werden, die nicht selbst die Tat begangen haben, wenn sie die Werte aus der Tat erlangt haben. Dabei werden Rechte unbeteiligter Personen berücksichtigt. Wer Vermögenswerte in gutem Glauben und gegen angemessene Gegenleistung erworben hat, genießt besonderen Schutz.

Ablauf und Entscheidung im Verfahren

Sicherung des Vermögens

Bereits während des Ermittlungsverfahrens kann die Sicherung von Vermögenswerten angeordnet werden. Dazu zählen vorläufige Maßnahmen wie die Sicherstellung von Gegenständen, Kontenpfändungen oder das Einfrieren von Vermögenswerten. Diese Maßnahmen dienen der Absicherung einer später möglichen Einziehung und sind vorläufiger Natur.

Entscheidung des Gerichts

Die Einziehung wird durch das Gericht angeordnet, in der Regel zusammen mit einer Entscheidung über die Tat. Möglich ist auch eine eigenständige Anordnung, wenn aus besonderen Gründen keine Bestrafung erfolgt, die Vermögensabschöpfung aber angezeigt ist. Der Beschluss muss klar erkennen lassen, welche Gegenstände oder welcher Geldbetrag betroffen sind.

Beteiligung Betroffener und Geschädigter

Personen, deren Vermögen betroffen ist, werden in das Verfahren einbezogen und können ihre Sichtweise darlegen. Geschädigte können Ansprüche anmelden. Die Einziehung kann so ausgestaltet werden, dass vorrangig Schäden ausgeglichen werden, etwa durch spätere Auskehrung eingezogener Werte an Berechtigte.

Rechtsfolgen der Einziehung

Eigentumsübergang und Vernichtung

Mit rechtskräftiger Einziehung geht das Eigentum an den betroffenen Gegenständen auf den Staat über. Gegenstände, deren Besitz verboten ist oder von denen erhebliche Gefahren ausgehen, können vernichtet werden. Im Übrigen werden eingezogene Sachen verwertet oder verwaltet.

Verhältnis zu zivilrechtlichen Ansprüchen

Die Einziehung steht neben privatrechtlichen Ansprüchen. Geschädigte behalten grundsätzlich ihre Ansprüche auf Herausgabe oder Schadensersatz. Eingezogene Werte können an Berechtigte ausgekehrt werden. Soweit keine berechtigten Ansprüche bestehen oder geltend gemacht werden, verbleiben die Werte beim Staat.

Vollstreckung und Verwaltung

Die Vollstreckung der Einziehung erfolgt durch die zuständigen Behörden. Gegenstände werden verwertet, Geldbeträge vereinnahmt. Auch digitale Vermögenswerte und Buchgeld können erfasst und realisiert werden, etwa durch Übertragung, Verkauf oder Auflösung gesperrter Guthaben.

Rechtsschutz und Grenzen

Rechtsmittel

Gegen Einziehungsentscheidungen stehen Rechtsmittel zur Verfügung. Sowohl beschuldigte Personen als auch betroffene Dritte können eine gerichtliche Überprüfung beantragen. Dabei wird insbesondere geprüft, ob die Voraussetzungen vorlagen und die Anordnung hinreichend bestimmt ist.

Schutz gutgläubiger Dritter

Rechte unbeteiligter Personen werden besonders berücksichtigt. Wer Vermögenswerte ohne Kenntnis ihrer Herkunft und gegen angemessene Gegenleistung erworben hat, ist grundsätzlich geschützt. Auch Sicherungsrechte und andere vorrangige Rechte können einer Einziehung entgegenstehen.

Verhältnismäßigkeit und Bestimmtheit

Die Einziehung muss erforderlich und angemessen sein. Sie darf nicht über das hinausgehen, was zur Abschöpfung unrechtmäßiger Vorteile oder zur Gefahrenabwehr nötig ist. Zudem muss klar feststehen, welche Gegenstände oder welcher Wert betroffen sind.

Zeitliche Aspekte

Die Einziehung ist von der Strafe unabhängig und kann unter bestimmten Voraussetzungen auch dann angeordnet werden, wenn aus verfahrensbezogenen Gründen keine Bestrafung erfolgt. Gleichwohl gelten rechtliche Grenzen zum Schutz der Betroffenen und zur Wahrung der Rechtssicherheit.

Abgrenzungen zu ähnlichen Maßnahmen

Abgrenzung zur Geldstrafe und Geldbuße

Anders als eine Geldstrafe oder Geldbuße dient die Einziehung nicht der Sanktion, sondern der Beseitigung rechtswidriger Vermögenslagen. Sie knüpft an den Zusammenhang mit einer Tat an, nicht an die Schuld des Betroffenen.

Sicherstellung und Beschlagnahme

Sicherstellung und Beschlagnahme sind vorläufige Maßnahmen zur Beweissicherung oder Sicherung der Vollstreckung. Die Einziehung ist demgegenüber eine endgültige Entscheidung über das Vermögen oder den Gegenstand.

Internationale Bezüge

Grenzüberschreitende Vermögensabschöpfung

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann die Sicherung und Einziehung von Vermögenswerten in Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden erfolgen. Entscheidungen können gegenseitig anerkannt und vollstreckt werden, damit Vermögenswerte nicht dem Zugriff entzogen werden.

Rückführung an Geschädigte im Ausland

Eingezogene Vermögenswerte können im Rahmen internationaler Zusammenarbeit an Geschädigte im Ausland ausgekehrt werden. Dadurch wird die Wiedergutmachung über Staatsgrenzen hinweg erleichtert.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet Einziehung im Strafverfahren?

Einziehung ist die endgültige Entziehung von Gegenständen oder Geld, die aus einer rechtswidrigen Tat stammen, für sie verwendet wurden oder mit ihr eng verbunden sind. Sie soll unrechtmäßige Vorteile abschöpfen und Gefahren abwenden.

Ist die Einziehung eine Strafe?

Nein. Die Einziehung ist keine Strafe, sondern eine Maßnahme zur Wiederherstellung rechtmäßiger Vermögensverhältnisse und zur Sicherung der Allgemeinheit.

Welche Gegenstände können eingezogen werden?

Eingezogen werden können Taterträge, Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte. Ist ein Gegenstand nicht mehr vorhanden, kann der entsprechende Geldwert erfasst werden.

Was passiert, wenn der Gegenstand oder das Geld nicht mehr vorhanden ist?

In diesem Fall kann der Wert des erlangten Vorteils als Geldbetrag eingezogen werden (Wertersatz), um zu verhindern, dass rechtswidrige Gewinne behalten werden.

Können auch unbeteiligte Dritte betroffen sein?

Ja, wenn sie Vermögenswerte aus der Tat erlangt haben. Rechte gutgläubiger Erwerber und sonstiger Berechtigter werden jedoch besonders geschützt.

Wie wird eine Einziehung vollstreckt?

Nach Rechtskraft verwerten die zuständigen Behörden die Gegenstände oder vereinnahmen Geldbeträge. Dazu gehören Verkauf, Übertragung oder die Realisierung gesperrter Guthaben.

Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen?

Betroffene können gerichtliche Überprüfung beantragen. Geprüft wird insbesondere, ob Voraussetzungen, Umfang und Bestimmtheit der Einziehung gewahrt sind und ob Rechte Dritter beachtet wurden.

Wie verhält sich die Einziehung zu Ansprüchen von Geschädigten?

Die Einziehung steht neben privaten Ansprüchen. Eingezogene Werte können an Berechtigte ausgekehrt werden. Nicht beanspruchte Werte verbleiben grundsätzlich beim Staat.