Einzelveranlagung: Begriff, Bedeutung und Einordnung
Die Einzelveranlagung ist eine Form der Einkommensteuerveranlagung, bei der verheiratete Personen oder Lebenspartnerinnen und Lebenspartner ihre Einkommen jeweils getrennt steuerlich erfassen lassen. Sie stellt die Alternative zur Zusammenveranlagung dar und führt dazu, dass jede Person ihre individuell ermittelten Einkünfte mit dem Grundtarif besteuern lässt. Für nicht verheiratete Personen ist die individuelle Veranlagung der Regelfall; der Begriff Einzelveranlagung wird jedoch in der Praxis vor allem im Zusammenhang mit Ehegatten und Lebenspartnern verwendet.
Definition und Zweck
Die Einzelveranlagung bedeutet, dass jede steuerpflichtige Person eine eigene Steuerberechnung erhält, die ausschließlich auf ihren eigenen Einkünften, Abzugsbeträgen und anrechenbaren Steuern basiert. Ziel ist eine personenbezogene Besteuerung, die insbesondere dann relevant wird, wenn eine gemeinsame Besteuerung nicht in Betracht kommt oder nicht gewünscht ist.
Abgrenzung zur Zusammenveranlagung
Bei der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte beider Personen zusammengerechnet und nach dem Splittingtarif besteuert. Demgegenüber werden bei der Einzelveranlagung keine Einkünfte zusammengeführt; jede Person wird für sich betrachtet, es gilt der Grundtarif. Dadurch unterscheiden sich Bemessungsgrundlage, Tarifwirkung und die Zuordnung bestimmter Abzugsbeträge.
Anwendungsbereich und Voraussetzungen
Wer kann die Einzelveranlagung wählen?
Einzelveranlagung kommt bei verheirateten Personen und eingetragenen Lebenspartnern in Betracht, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung nicht erfüllt sind oder keine gemeinsame Veranlagung beantragt wird. Die Wahl kann jährlich neu erfolgen.
Fälle, in denen Einzelveranlagung zwingend ist
Eine Einzelveranlagung wird typischerweise durchgeführt, wenn die Voraussetzungen für die gemeinsame Veranlagung fehlen, etwa bei dauerhaft getrenntem Leben im Veranlagungszeitraum oder wenn nur eine der Personen unbeschränkt steuerpflichtig ist. In solchen Konstellationen kommt eine Zusammenveranlagung nicht in Betracht.
Rechtsfolgen der Einzelveranlagung
Tarif und Bemessungsgrundlage
In der Einzelveranlagung wird die Einkommensteuer jeder Person nach dem Grundtarif ermittelt. Einkünfte und Abzugsbeträge werden personenbezogen festgestellt. Ein Progressionsausgleich zwischen den Personen findet nicht statt, da keine Zusammenrechnung erfolgt.
Zurechnung von Einkünften und Verlusten
Einkünfte werden demjenigen zugerechnet, der sie erzielt. Bei gemeinschaftlich erzielten Einkünften, etwa aus gemeinsamem Vermögen, erfolgt die Zuordnung grundsätzlich anteilig nach Beteiligung. Verluste werden jeweils nur mit eigenen positiven Einkünften verrechnet; ein Verlustausgleich zwischen den Personen findet nicht statt. Verlustvorträge und -rückträge bleiben personenbezogen.
Abzugsbeträge und Steuerermäßigungen
Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen
Abzugsfähige Aufwendungen werden der Person zugerechnet, die wirtschaftlich belastet ist. Wurden Aufwendungen aus einem gemeinsamen Konto oder für beide Personen getätigt, ist eine hälftige Zuordnung üblich, sofern keine abweichende wirtschaftliche Belastung nachgewiesen wird. Spenden und Mitgliedsbeiträge werden der zahlenden Person zugerechnet. Außergewöhnliche Belastungen werden ebenfalls individuell berücksichtigt.
Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen
Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen werden in der Einzelveranlagung derjenigen Person zugerechnet, die die Aufwendungen getragen hat. Bei gemeinsamer Bezahlung und Nutznießung kann eine Aufteilung entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung erfolgen.
Kinder, Freibeträge und Betreuungskosten
Freibeträge für Kinder werden grundsätzlich beiden Elternteilen je zur Hälfte zugerechnet, sofern keine Übertragung vorgesehen ist. Aufwendungen für Kinderbetreuung können bei der Person berücksichtigt werden, die wirtschaftlich belastet ist. Kindergeld und kinderbezogene Freibeträge wirken sich bei der Einzelveranlagung individuell aus.
Steuerabzug und Anrechnung
Quellensteuern (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) und Vorauszahlungen werden jeweils bei der Person angerechnet, der die entsprechenden Einkünfte zugerechnet werden. Sparer-Pauschbeträge und Freistellungsaufträge gelten je Person separat. Anrechnungen aus dem Steuerabzug vom Arbeitslohn betreffen ausschließlich die betreffende Person.
Haftung und Erstattungen
In der Einzelveranlagung haftet jede Person nur für ihre eigene festgesetzte Einkommensteuer. Erstattungen und Nachzahlungen werden jeweils personenbezogen festgesetzt und ausgezahlt oder angefordert. Eine gesamtschuldnerische Haftung, wie sie bei der Zusammenveranlagung bestehen kann, tritt nicht ein.
Wahlrecht und Verfahren
Ausübung, Bindung und Wechsel
Die Wahl zwischen Einzelveranlagung und Zusammenveranlagung ist ein jährliches Wahlrecht. Die Entscheidung wird mit Abgabe der Steuererklärung für das jeweilige Jahr dokumentiert. Ein Wechsel der gewählten Veranlagungsart ist grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids möglich; nach Eintritt der Bestandskraft kommt ein Wechsel nur unter engen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen in Betracht.
Wirkung im Jahr der Eheschließung und bei Trennung
Die gewählte Veranlagungsart gilt für das gesamte Kalenderjahr. Das betrifft auch das Jahr der Eheschließung. Bei dauerhafter Trennung innerhalb des Jahres kommt eine Zusammenveranlagung regelmäßig nicht mehr in Betracht; in diesen Fällen wird die Einzelveranlagung durchgeführt.
Verhältnis zur Kirchensteuer
Die Kirchensteuerpflicht wird in der Einzelveranlagung personenbezogen bestimmt. In konfessionsverschiedenen Partnerschaften richtet sich die Kirchensteuerlast nach der jeweiligen Zugehörigkeit. Besondere Regelungen, die bei gemeinsamer Veranlagung zu abweichenden Ergebnissen führen können, finden in der Einzelveranlagung keine Anwendung.
Abgrenzungen und typische Konstellationen
Unverheiratete Steuerpflichtige
Nicht verheiratete Personen werden stets individuell veranlagt. Der Begriff Einzelveranlagung wird hier nicht gesondert hervorgehoben, weil keine alternative gemeinsame Veranlagungsform vorgesehen ist.
Grenzüberschreitende Sachverhalte
Bei Wohnsitz- oder Einkunftssituationen mit Auslandsbezug gelten die allgemeinen Grundsätze der Einzelveranlagung. Die persönliche Steuerpflicht, die Anrechnung ausländischer Steuern und die Anwendung internationaler Abkommen wirken sich jeweils individuell aus.
Unternehmerische Beteiligungen und Gemeinschaftsvermögen
Bei gemeinschaftlichem Eigentum (zum Beispiel Vermietungsobjekten) oder Beteiligungen werden Einkünfte regelmäßig nach Beteiligungsquoten zugerechnet. Entsprechendes gilt für Werbungskosten und Abschreibungen. Die steuerliche Behandlung erfolgt jeweils unabhängig für jede Person.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet Einzelveranlagung bei Ehegatten oder Lebenspartnern?
Einzelveranlagung bedeutet, dass jede Person eine eigene Einkommensteuerberechnung erhält, die nur auf den eigenen Einkünften und Abzugsbeträgen basiert. Es erfolgt keine Zusammenrechnung der Einkünfte und keine Anwendung des Splittingtarifs.
Wer kann die Einzelveranlagung nutzen?
Sie kommt für verheiratete Personen und eingetragene Lebenspartner in Betracht, wenn keine gemeinsame Veranlagung beantragt wird oder deren Voraussetzungen nicht vorliegen. Nicht verheiratete Personen werden ohnehin individuell veranlagt.
Welche steuerlichen Tarife gelten in der Einzelveranlagung?
Es gilt der Grundtarif. Jede Person wird getrennt besteuert, wodurch kein Progressionsausgleich zwischen den Personen stattfindet.
Wie werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen berücksichtigt?
Diese Aufwendungen werden der wirtschaftlich belasteten Person zugerechnet. Bei gemeinsamer Zahlung ist eine hälftige Aufteilung naheliegend, sofern keine abweichende Zuordnung nachgewiesen wird.
Wie wirkt sich die Einzelveranlagung auf Verluste aus?
Verluste können nur mit eigenen positiven Einkünften verrechnet werden. Ein Ausgleich zwischen den Personen findet nicht statt; Verlustvorträge bleiben personenbezogen.
Kann die Veranlagungsart nachträglich gewechselt werden?
Ein Wechsel ist grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids möglich. Nach Bestandskraft kommt eine Änderung nur in verfahrensrechtlich engen Grenzen in Betracht.
Welche Auswirkungen hat die Einzelveranlagung auf Kirchensteuer?
Die Kirchensteuerpflicht wird für jede Person individuell bestimmt. In konfessionsverschiedenen Partnerschaften wird keine gemeinsame Kirchensteuerbasis gebildet.
Wie werden Kinderfreibeträge und Kindergeld in der Einzelveranlagung behandelt?
Freibeträge für Kinder werden in der Regel hälftig je Elternteil berücksichtigt, sofern keine Übertragung vorgesehen ist. Kindergeld und kinderbezogene Freibeträge wirken sich jeweils auf die einzelne Person aus.