Definition und rechtliche Grundlagen der einvernehmlichen Scheidung
Die einvernehmliche Scheidung bezeichnet jene Form der Ehescheidung, bei der beide Ehegatten gemeinsam und übereinstimmend die Auflösung der Ehe anstreben und sämtliche Scheidungsfolgen (insbesondere Unterhalt, Vermögensaufteilung, Versorgungsausgleich, elterliche Sorge und Umgangsrecht) einvernehmlich regeln. Die einvernehmliche Scheidung stellt den Regelfall des Scheidungsverfahrens in Deutschland und Österreich dar und zeichnet sich durch eine verminderte Konflikt- und Kostenintensität aus.
Gesetzliche Regelung in Deutschland
In Deutschland ist die einvernehmliche Scheidung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. § 1566 Abs. 1 BGB legt fest, dass eine Ehe als zerrüttet gilt und geschieden werden kann, wenn beide Ehegatten seit mindestens einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner dieser zustimmt.
Voraussetzungen für eine einvernehmliche Scheidung
Trennungsjahr
Voraussetzung für jede Scheidung ist regelmäßig das mindestens einjährige Getrenntleben der Ehegatten (§ 1566 BGB). Während dieses Zeitraums müssen die Ehepartner voneinander getrennt leben, wobei eine räumliche Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung möglich ist, sofern eine „Trennung von Tisch und Bett“ nachweisbar ist.
Scheidungsantrag und Zustimmung
Mindestens einer der Ehegatten muss beim Familiengericht einen Scheidungsantrag stellen. Der andere Ehepartner stimmt diesem Antrag zu, wodurch die Einvernehmlichkeit der Scheidung gegeben ist. Eine gesonderte Begründung ist im Regelfall nicht erforderlich.
Einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen
Um eine einvernehmliche Scheidung zu erreichen, sollten folgende Folgesachen außergerichtlich oder spätestens im Rahmen des gerichtlichen Scheidungstermins geregelt werden:
- Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt
- Umgangsrecht und Sorgerecht
- Zugewinnausgleich sowie Vermögensauseinandersetzung
- Regelung des Hausrats
- Versorgungsausgleich (Ausgleich der Rentenanwartschaften)
Eine umfassende, notarielle oder gerichtlich protokollierte Scheidungsfolgenvereinbarung ist für die Einvernehmlichkeit ratsam, aber nicht zwingend vorgeschrieben.
Ablauf des Verfahrens der einvernehmlichen Scheidung
Einleitung des Scheidungsverfahrens
Das Verfahren der einvernehmlichen Scheidung beginnt mit dem Einreichen des Scheidungsantrags beim zuständigen Familiengericht. Der Antrag kann nur von einem Ehegatten gestellt werden. Die Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgt im Rahmen des Scheidungstermins.
Durchführung des gerichtlichen Verfahrens
Das Familiengericht prüft, ob die Voraussetzungen für die Scheidung, insbesondere das Trennungsjahr und die Einigung der Parteien, vorliegen. Es findet üblicherweise nur ein Anhörungstermin statt, zu dem beide Ehegatten zu erscheinen haben. Im Scheidungstermin gibt der Antragsgegner seine Zustimmung ab. Liegen zu diesem Zeitpunkt bereits Einigungen über weitere Folgesachen vor, werden diese ebenfalls protokolliert.
Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich ist ein zwingend durchzuführender Teil des Scheidungsverfahrens, es sei denn, die Ehe war kürzer als drei Jahre oder beide Ehegatten verzichten einvernehmlich und mit richterlicher Genehmigung darauf. Hierbei werden die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Ehegatten ausgeglichen.
Abschluss des Verfahrens und Rechtskraft der Scheidung
Das Familiengericht verkündet den Scheidungsbeschluss im Termin oder versendet diesen schriftlich. Die Scheidung wird rechtskräftig, wenn beide Ehegatten auf Rechtsmittel verzichten oder der Beschluss unanfechtbar geworden ist.
Vorteile der einvernehmlichen Scheidung
Die einvernehmliche Scheidung bietet zahlreiche Vorteile gegenüber der streitigen Scheidung, unter anderem:
- Kosteneinsparung: Durch schnelle Einigung werden Verfahrenskosten und Anwaltsgebühren reduziert.
- Zeitersparnis: Verfahren verlaufen deutlich schneller, da keine streitigen Gerichtsverfahren über Folgesachen notwendig sind.
- Verminderung emotionaler Belastung: Konflikte werden minimiert, was insbesondere bei gemeinsamen Kindern vorteilhaft ist.
- Flexibilität: Die Parteien können individuell auf ihre Lebensumstände angepasste Lösungen vereinbaren.
Kostenfrage bei der einvernehmlichen Scheidung
Die Kosten richten sich nach dem Verfahrenswert, der von den Einkommen der Ehegatten abhängt. In der Regel genügt bei einer einvernehmlichen Scheidung ein gemeinsamer Anwalt, den der Antragsteller beauftragt. Es besteht jedoch keine anwaltliche Vertretungspflicht für den Antragsgegner. Die Aufteilung der Kosten kann von den Parteien untereinander geregelt werden.
Internationale Aspekte der einvernehmlichen Scheidung
Bei binationalen Ehen oder bei Beteiligung von Ehepartnern mit Auslandsbezug ist zu prüfen, welches nationale Scheidungsrecht anwendbar ist. Die Verordnungen Brüssel IIb und Rom III regeln die internationale Zuständigkeit der Gerichte sowie das anwendbare Recht innerhalb der Europäischen Union.
Scheidungsfolgenvereinbarung
Definition und Zweck
Eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist ein Vertrag, in dem die Ehegatten ihre Einigung über alle mit der Trennung verbundenen rechtlichen Folgen schriftlich festhalten. Sie kann bereits vor Einleitung des Scheidungsverfahrens geschlossen werden und wird mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung wirksam.
Inhalt einer Scheidungsfolgenvereinbarung
Typischerweise werden folgende Punkte geregelt:
- Nachehelicher Unterhalt
- Vermögensauseinandersetzung und Zugewinnausgleich
- Regelung der ehelichen Wohnung und des Hausrats
- Versorgungsausgleich (Verzicht oder Modifikation)
- Umgangs- und Sorgerecht für gemeinsame Kinder
Notarielle Beurkundung
Bestimmte Regelungen, wie ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich oder Vereinbarungen über Immobilien, bedürfen zur Rechtsgültigkeit einer notariellen Beurkundung (§ 1408 BGB).
Fazit
Die einvernehmliche Scheidung stellt eine rechtlich geregelte Möglichkeit dar, Ehen mit geringem Konfliktpotenzial und in gegenseitigem Einvernehmen aufzulösen. Sie bietet den Ehegatten zahlreiche Vorteile hinsichtlich Zeit-, Kosten- und Emotionalaufwand. Die rechtssichere Ausgestaltung der Scheidungsfolgen ist zumeist durch umfassende Vereinbarungen gewährleistet, sodass langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können.
Siehe auch:
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen für eine einvernehmliche Scheidung erfüllt sein?
Für die einvernehmliche Scheidung müssen beide Ehepartner dem Wunsch nach Scheidung zustimmen und die wesentlichen Scheidungsfolgen wie Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht sowie die Vermögensaufteilung einvernehmlich regeln. Das deutsche Familienrecht sieht weiterhin vor, dass das Trennungsjahr absolviert wird, das heißt, die Ehegatten müssen seit mindestens einem Jahr getrennt leben. Ein gemeinsamer Scheidungsantrag ist im Gericht nicht möglich, jedoch kann der Antragsgegner der Scheidung zustimmen, was die Einvernehmlichkeit sicherstellt. Des Weiteren erfordert das Gericht für die einvernehmliche Scheidung keine aufwendige Beweisaufnahme über zerrüttete Eheverhältnisse, da die Zustimmung zur Scheidung und die geregelten Nebenfolgen als Nachweis genügen. Häufig wird im Vorfeld eine Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, die die getroffenen Regelungen dokumentiert.
Was sind die gerichtlichen Abläufe bei einer einvernehmlichen Scheidung?
Das Scheidungsverfahren wird beim zuständigen Familiengericht durch einen anwaltlichen Antrag eines Ehepartners eingeleitet. Im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung kann auf eine streitige Auseinandersetzung vor Gericht meist verzichtet werden. Nachdem das Gericht alle notwendigen Unterlagen, insbesondere den Scheidungsantrag, die Zustimmung des Ehegatten und gegebenenfalls die Scheidungsfolgenvereinbarung, erhalten hat, ermittelt es von Amts wegen den Versorgungsausgleich. Es folgt ein Scheidungstermin, zu dem beide Ehepartner persönlich erscheinen müssen. Dort prüft das Gericht abschließend das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen und die Einigung in den relevanten Bereichen. Stimmt das Gericht zu, wird die Scheidung ausgesprochen; dieser Beschluss kann mit Ende der Rechtsmittelfrist rechtskräftig werden.
Welche Kosten entstehen bei einer einvernehmlichen Scheidung?
Die Kosten für eine einvernehmliche Scheidung setzen sich aus Gerichts- und Anwaltskosten zusammen. Da für die Antragstellung mindestens einer der Ehepartner anwaltlich vertreten sein muss, fallen hier Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) an, die sich nach dem sogenannten Verfahrenswert richten. Die Gerichtsgebühren werden ebenfalls anhand des Verfahrenswerts berechnet. Bei Einvernehmlichkeit kann auf einen zweiten Anwalt verzichtet werden, was die Kosten erheblich senkt. Sind die Eheleute finanziell nicht in der Lage, die Kosten zu tragen, kann Verfahrenskostenhilfe beantragt werden. Die Gesamtkosten einer einvernehmlichen Scheidung bewegen sich, je nach Verfahrenswert, meist zwischen 1.000 und 2.500 Euro, können jedoch im Einzelfall – etwa aufgrund komplexer Vermögensverhältnisse oder umfangreichem Versorgungsausgleich – abweichen.
Welche Rolle spielt der Versorgungsausgleich bei einer einvernehmlichen Scheidung?
Der Versorgungsausgleich ist auch bei einer einvernehmlichen Scheidung grundsätzlich vom Familiengericht durchzuführen. Er regelt den Ausgleich der während der Ehe erworbenen Anwartschaften auf Altersversorgung (z. B. gesetzliche Rentenansprüche, betriebliche Altersvorsorge, private Versicherungen). Beide Ehegatten sind verpflichtet, ihre Rentenanwartschaften umfassend offenzulegen. Das Gericht prüft dann die Ausgleichspflicht. In Ausnahmefällen, wie bei kurzer Ehedauer oder klarer vertraglicher Regelung, kann auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden. Ein solcher Verzicht muss jedoch entweder in einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung oder im Gerichtstermin wirksam erklärt werden und unterliegt der richterlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle.
Kann auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung verzichtet werden?
Theoretisch ist eine Scheidungsfolgenvereinbarung im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung nicht zwingend erforderlich, praktisch wird sie jedoch empfohlen. Sie gibt Rechtssicherheit, da alle Aspekte wie Unterhalt, Vermögensaufteilung, Schulden, Sorgerecht und Umgangsrecht schriftlich geregelt werden. Ohne eine solche Vereinbarung kann es nach der Scheidung zu neuen Streitigkeiten kommen, die langwierige Verfahren und zusätzliche Kosten verursachen können. Der Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung ist notariell oder vor Gericht zu beurkunden, andernfalls ist sie nicht rechtswirksam. Bei Vorliegen einer solchen Vereinbarung kann das Gericht die Regelungen übernehmen, sofern sie keinen gesetzlichen Verstößen unterliegen.
Was passiert, wenn sich beide Parteien im laufenden Verfahren nicht mehr einig sind?
Kommt es im Verlauf des Verfahrens zu Uneinigkeiten bezüglich einer oder mehrerer Scheidungsfolgen, wird aus der einvernehmlichen eine streitige Scheidung. Das Gericht muss nun entscheiden, wie mit den offenen Punkten umzugehen ist. Dies führt in der Regel zu einer Verlängerung des Scheidungsverfahrens und erhöhten Kosten, da möglicherweise eine streitige Verhandlung erforderlich wird und häufig beide Parteien anwaltlich vertreten werden müssen. Die einmalige Zustimmung zur Scheidung ist bindend, bezogen auf die Scheidung an sich, jedoch können alle anderen im Rahmen der Scheidung zu regelnden Fragen einzeln streitig werden. In solch einem Fall können auf Antrag der Parteien sogenannte Folgesachen in das Scheidungsverfahren einbezogen werden.
Welche Unterlagen müssen für eine einvernehmliche Scheidung eingereicht werden?
Zu den notwendigen Unterlagen gehören in der Regel die Heiratsurkunde (im Original oder beglaubigter Kopie), Geburtsurkunden etwaiger gemeinsamer minderjähriger Kinder, Einkommenserklärungen zum Nachweis des Versorgungsausgleichs sowie die Nachweise über während der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaften. Liegt eine Scheidungsfolgenvereinbarung vor, muss auch diese dem Gericht vorgelegt werden. Des Weiteren ist die Kopie der Meldebescheinigung sinnvoll, um die Trennung nachzuweisen. Die Liste der erforderlichen Dokumente kann im Einzelfall davon abhängen, ob weitere Aspekte (etwa Grundstücksauflösung, Schuldenregelung oder Ehegattenunterhalt) zu berücksichtigen sind. Das Familiengericht informiert im Vorfeld, welche spezifischen Nachweise benötigt werden.