Einstiegsgeld
Das Einstiegsgeld ist eine einkommensabhängige und zeitlich befristete Leistung im deutschen Sozialrecht, die Arbeitsuchenden mit Anspruch auf Bürgergeld den Einstieg in eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit oder die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erleichtern soll. Die gesetzliche Grundlage für das Einstiegsgeld bildet § 16b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Einstiegsgeld dient dazu, die wirtschaftlichen Hürden beim Übergang von der Arbeitslosigkeit in den Arbeitsmarkt abzumildern und so die nachhaltige Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu fördern.
Gesetzliche Grundlagen
Regelungsinhalt des § 16b SGB II
Der § 16b SGB II bestimmt die Voraussetzungen, den Umfang sowie die Dauer der Förderung durch Einstiegsgeld. Ziel ist insbesondere die Unterstützung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durch einen temporären Zuschuss. Die Leistung ist eine „Kann-Leistung“ und steht somit im Ermessen des zuständigen Trägers der Grundsicherung (Jobcenter). Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Bewilligung, aber die Entscheidung ist unter Beachtung des gesetzlichen Ermessens auszuüben.
Anspruchsberechtigte
Anspruch auf Einstiegsgeld haben erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II, die folgendes erfüllen:
- Bezug von Bürgergeld gemäß § 7 ff. SGB II
- Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit, die Hilfebedürftigkeit verringert oder beendet
- Antragstellung vor Aufnahme der Tätigkeit
Ausschlaggebend ist der Status als „leistungsberechtigt“, sodass auch erwerbsfähige Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen anspruchsberechtigt sein können.
Inhalt und Zweck des Einstiegsgeldes
Ziele der Förderung
Das Einstiegsgeld soll einen finanziellen Anreiz schaffen und den Übergang aus Arbeitslosigkeit mit Bürgergeld-Bezug in eine dauerhafte, möglichst existenzsichernde Beschäftigung erleichtern. Typische Anwendungsfälle sind:
- Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung (sozialversicherungspflichtig)
- Aufnahme einer hauptberuflichen, selbständigen Tätigkeit
- Übergang aus Mini-Job oder geringfügiger Beschäftigung in sozialversicherungspflichtige Tätigkeit
Förderung von Existenzgründungen
Für den Fall der Selbständigkeit kann das Einstiegsgeld mit weiteren Leistungen zur Eingliederung in Arbeit kombiniert werden, wie beispielsweise dem sogenannten Gründungszuschuss oder Sachleistungen zur Unterstützung der Existenzgründung.
Berechnung und Höhe des Einstiegsgeldes
Bemessungsgrundlagen
Die Höhe des Einstiegsgeldes wird individuell festgelegt und orientiert sich an mehreren Faktoren, u. a.:
- Dauer der Arbeitslosigkeit vor Aufnahme der Tätigkeit
- Größe und Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft
- Höhe des zukünftigen Einkommens aus der Tätigkeit
- Persönliche Umstände und Integrationsprognose
- Ermessenslenkende Weisungen der Bundesagentur für Arbeit
- Besondere Erschwernisse, z. B. Alleinerziehung, Schwerbehinderung
Das Einstiegsgeld kann sowohl als Festbetrag als auch in Form gestaffelter Beträge bewilligt werden.
Maximaldauer und zeitlicher Rahmen
Die Auszahlung des Einstiegsgeldes erfolgt monatlich und in der Regel für einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten (§ 16b Abs. 2 SGB II). Die konkrete Förderdauer richtet sich nach dem individuellen Integrationsbedarf und der Planung des Jobcenters.
Kombination mit anderen Leistungen
Das Einstiegsgeld kann neben weiteren einkommensabhängigen Leistungen gewährt werden, beispielsweise ergänzend zum Bürgergeld oder mit Leistungen nach dem SGB III (z. B. Gründungszuschuss der Arbeitsagentur).
Rechtsnatur des Einstiegsgeldes
Ermessensleistung und Verwaltungspraxis
Das Einstiegsgeld ist eine sogenannte Ermessensleistung. Über die Gewährung entscheidet das Jobcenter im Rahmen des eingeräumten Ermessens nach pflichtgemäßen Gesichtspunkten. Die Verwaltungspraxis wird durch interne Weisungen und Auslegungshilfen der Bundesagentur für Arbeit gesteuert, welche unter anderem Maßstäbe zur Förderungshöhe und zur Abwägung der individuellen Bedarfe enthalten.
Anspruchsprüfung und Antragstellung
Ein Einstiegsgeld muss vor Aufnahme der geförderten Beschäftigung beantragt werden. Die Prüfung und Bewilligung erfolgen durch das zuständige Jobcenter. Die Entscheidung ist schriftlich zu bescheiden und unterliegt der verwaltungsrechtlichen Überprüfung im Widerspruchs- und Klageverfahren.
Rückforderung und Wegfalltatbestände
Das Einstiegsgeld unterliegt bestimmten Rückforderungstatbeständen, etwa bei Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen, bei nicht angetretener oder vorzeitig beendeter Tätigkeit bzw. bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Falschangabe. Die Regelungen zur Rückforderung finden sich ebenfalls im SGB II sowie in allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften (§ 50 SGB X).
Abgrenzung zu anderen Förderinstrumenten
Das Einstiegsgeld ist von weiteren arbeitsmarktpolitischen Leistungen zu unterscheiden, insbesondere:
- Gründungszuschuss: richtet sich an Empfänger von Arbeitslosengeld I und wird von der Agentur für Arbeit vergeben
- Förderung aus dem Vermittlungsbudget: einmalige oder kurzfristige Leistungen zur Eingliederung
- Regelbedarfsleistung/Bürgergeld: umfassende Grundsicherung unabhängig von der Arbeitsaufnahme
Das Einstiegsgeld ist stets an einen Arbeitsmarktbezug geknüpft und dient explizit der nachhaltigen Überwindung von Hilfebedürftigkeit durch Erwerbstätigkeit.
Rechtsprechung und Verwaltungsvollzug
Gerichtsentscheidungen
Die Rechtsprechung der Sozialgerichte konkretisiert Einzelfallfragen zur Anwendung des § 16b SGB II, insbesondere zur Ausübung des Ermessens, zur Bemessung der Höhe und zur Ablehnung von Anträgen aufgrund missbräuchlichen Verhaltens oder fehlender Eingliederungsaussicht. Entscheidungen des Bundessozialgerichts setzen hierbei verbindliche Maßstäbe für die Verwaltung.
Verwaltungsvorschriften
Die Bundesagentur für Arbeit gibt regelmäßig Arbeitsanweisungen und Rundschreiben zum Einstiegsgeld heraus, die die Auslegung vereinheitlichen und den Trägern der Grundsicherung Bindungswirkung entfalten.
Praktische Anwendungsbeispiele
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
Ein langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter nimmt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf. Das Einstiegsgeld wird zur Überbrückung des finanziellen Mehraufwands (z. B. Fahrtkosten, Kinderbetreuung) für mehrere Monate gewährt, um eine nachhaltige Integration zu fördern.
Existenzgründung durch Einstiegsgeld
Eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte startet in die Selbständigkeit und erhält Einstiegsgeld zur teilweisen Sicherung des Lebensunterhaltes während der Aufbauphase des Unternehmens. Es erfolgt eine regelmäßige Überprüfung der Fortsetzungsvoraussetzungen.
Zusammenfassung:
Das Einstiegsgeld nach § 16b SGB II ist ein zentrales arbeitsmarktpolitisches Instrument zur Förderung des Übergangs von Hilfebedürftigkeit in sozialversicherungspflichtige oder selbständige Erwerbstätigkeit. Die Leistung wird nach Maßgabe des Ermessens des jeweils zuständigen Jobcenters gewährt und dient der finanziellen Unterstützung in der Übergangsphase. Die genaue Ausgestaltung und Höhe orientieren sich an individuellen Bedarfen und Integrationshemmnissen. Der Rechtsrahmen ist geprägt von detaillierten gesetzlichen Regelungen, verwaltungsinternen Weisungen und einer umfangreichen Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat einen rechtlichen Anspruch auf Einstiegsgeld und wie wird dieser geprüft?
Einen rechtlichen Anspruch auf Einstiegsgeld im Sinne des § 16b SGB II haben grundsätzlich erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die aus der Arbeitslosigkeit heraus eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen wollen und bei denen dies zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist. Der Einstiegsgeldanspruch besteht jedoch nicht absolut; das Einstiegsgeld steht vielmehr im Ermessen des Jobcenters (sog. Ermessensleistung). Im Rahmen der Ermessensausübung prüft das Jobcenter, ob die Voraussetzungen vorliegen: Neben der grundsätzlichen Erwerbsfähigkeit und dem Leistungsbezug nach SGB II muss ein Eingliederungserfordernis bestehen, d. h., das Einstiegsgeld muss voraussichtlich die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erheblich fördern. Weiterhin darf die zu fördernde Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht nur geringfügig, sondern muss mindestens sozialversicherungspflichtig sein. Die Prüfung erfolgt auf Antrag und im Einzelfall: Es sind die persönlichen, familiären und finanziellen Verhältnisse des Antragstellers sowie die lokale Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen. Besteht kein Ermessensfehler, ist die Ablehnung durch das Jobcenter rechtlich zulässig, weshalb Anspruchsberechtigte im Zweifelsfall eine Überprüfung oder eine Rechtshilfe in Betracht ziehen sollten.
Welche Rechtsgrundlagen regeln das Einstiegsgeld und welche Vorschriften sind zu beachten?
Die maßgebliche Rechtsgrundlage für das Einstiegsgeld ist § 16b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Daneben findet die Verordnung zur Berechnung des Einstiegsgeldes (Einstiegsgeld-Verordnung – EinstGAV) Anwendung, insbesondere für die Höhe und die Berechnungsweise des Einstiegsgeldes. Es greifen außerdem die allgemeinen Vorschriften des SGB II, insbesondere im Bereich der Bedürftigkeitsprüfung (§ 7 und § 9 SGB II) sowie der Mitwirkungspflichten (§ 60 SGB I ff.). Für die Antragstellung und das Verwaltungsverfahren gelten die Vorschriften des Sozialverwaltungsrechts, beispielsweise für die Widerspruchseinlegung (§ 83 SGG). Darüber hinaus sind bei Unklarheiten die Rechtsprechungen der Sozialgerichte und insbesondere die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit heranzuziehen, welche verbindliche Auslegungsrahmen für die Praxis vorgeben.
Inwieweit kann das Einstiegsgeld gekürzt oder versagt werden und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen dagegen?
Das Einstiegsgeld kann nach Ermessen des Jobcenters gekürzt oder vollständig versagt werden, etwa wenn der Leistungsberechtigte seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt, unzutreffende Angaben macht oder die Voraussetzungen nach § 16b SGB II nicht mehr vorliegen. Weiterhin können bereits bewilligte Leistungen eingestellt oder zurückgefordert werden, wenn nachträglich festgestellte Umstände zu einer Unberechtigung führen (Rücknahme oder Widerruf gemäß § 45 und § 48 SGB X). Gegen eine Kürzung, Versagung oder Rückforderung haben Betroffene das Recht, Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids einzureichen (§ 84 SGG). Im Falle der Ablehnung des Widerspruchs besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats beim zuständigen Sozialgericht Klage zu erheben (§ 87 SGG). In allen Fällen ist eine Prüfung etwaiger Ermessensfehler sowie die Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften im Verwaltungsverfahren ratsam.
Wie wird die Höhe des Einstiegsgeldes rechtlich berechnet?
Die Höhe des Einstiegsgeldes wird nach § 16b Abs. 2 SGB II im Rahmen einer Ermessensentscheidung berechnet, wobei dem individuellen Förderbedarf des Leistungsberechtigten Rechnung zu tragen ist. Nach der Einstiegsgeld-Verordnung (EinstGAV) hängt der Grundbetrag der Förderung in der Regel von der Dauer der Arbeitslosigkeit und der Größe der Bedarfsgemeinschaft ab. Der Grundbetrag beträgt maximal 50 Prozent des monatlichen Regelbedarfs nach § 20 SGB II. Darüber hinaus kann das Jobcenter einen Zuschlag gewähren, etwa für besondere Integrationshemmnisse, lange Arbeitslosigkeit oder besondere familiäre Umstände, wobei der Höchstbetrag 100 Prozent des monatlichen Regelbedarfs grundsätzlich nicht überschreiten darf. Die Entscheidung über die letztendliche Höhe liegt im pflichtgemäßen Ermessen, muss jedoch nachvollziehbar, verhältnismäßig und nachweisbar begründet sein. Die Angaben zur Berechnung werden dem Bewilligungsbescheid entnommen und können im Zweifelsfall einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden.
Welche Mitwirkungspflichten bestehen nach Bewilligung des Einstiegsgeldes aus rechtlicher Sicht?
Mit der Bewilligung des Einstiegsgeldes gehen für den Leistungsberechtigten zahlreiche Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 ff. SGB I einher. Diese umfassen unter anderem die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung von Änderungen, die für die Leistung erheblich sein können (z.B. Aufnahme, Wechsel oder Beendigung der Tätigkeit, Veränderungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, zusätzliche Leistungen durch andere Stellen etc.). Der Antragsteller ist verpflichtet, Nachweise vorzulegen, die die weitere Förderwürdigkeit belegen (z.B. Arbeitsverträge, Nachweise über die Tätigkeit oder Einkommensabrechnungen). Werden die Mitwirkungspflichten verletzt, kann das Einstiegsgeld entzogen, zurückgefordert oder die weitere Auszahlung ausgesetzt werden. Im Einzelfall kann ein Mitwirkungsverweigerer mit einer entsprechenden Rechtsfolgenbelehrung belegt und über sein Recht auf Anhörung sowie die Konsequenzen mangelnder Mitwirkung informiert werden.
Welche rechtlichen Folgen hat ein vorzeitiger Abbruch der geförderten Beschäftigung?
Kommt es während des Bewilligungszeitraumes zu einem vorzeitigen Abbruch der geförderten Tätigkeit – sei es durch Eigenkündigung, Kündigung durch den Arbeitgeber oder das Scheitern einer selbstständigen Existenz – sind die rechtlichen Folgen gemäß § 48 SGB X und ggf. § 31 SGB II (Sanktionen) zu prüfen. Das Jobcenter kann die weitere Auszahlung des Einstiegsgeldes einstellen und bereits gezahlte Leistungen anteilig zurückfordern, sofern keine wichtigen Gründe für den Abbruch vorliegen und die Eingliederungsmaßnahme damit gescheitert ist. Liegt Eigenverschulden vor, kann dies zu Sanktionen führen und eine Sperrzeit gemäß SGB II auslösen. Die Betroffenen haben das Recht, im Rahmen eines Anhörungsverfahrens ihre Gründe darzulegen. Anschließend kann gegen etwaige Sanktionen oder Rückforderungsbescheide der Rechtsweg genutzt werden (Widerspruch und ggf. Klage).
Ist eine gleichzeitige Inanspruchnahme weiterer Förderleistungen rechtlich zulässig?
Die gleichzeitige Inanspruchnahme weiterer Förderleistungen neben dem Einstiegsgeld ist nur eingeschränkt zulässig. Grundsätzlich ist eine Kumulierung mit anderen Leistungen des SGB II möglich, sofern keine Doppelförderung desselben Zwecks erfolgt. Eine gleichzeitige Förderung durch andere Programme (z. B. Gründerzuschuss nach SGB III) ist hingegen ausgeschlossen, da damit eine Überförderung drohen würde und dies gemäß § 16b Abs. 4 SGB II untersagt ist. Das Jobcenter hat bei Gewährung des Einstiegsgeldes zu prüfen, ob und inwiefern andere Leistungen bezogen werden und ob die Voraussetzungen für den Ausschluss gegeben sind. Rechtswidrig gewährte Doppelförderungen können nachträglich zurückgefordert werden, und unvollständige Angaben über andere Leistungsbezüge können Sanktionen begründen. Bei Unklarheiten empfiehlt sich die Einholung einer rechtskundigen Auskunft vor Antragsstellung.