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Einmanngesellschaft, Einpersonengesellschaft


Einmanngesellschaft, Einpersonengesellschaft: Rechtliche Grundlagen und Charakteristika

Die Begriffe Einmanngesellschaft und Einpersonengesellschaft bezeichnen Kapitalgesellschaften, bei denen sämtliche Gesellschaftsanteile von einer einzigen natürlichen oder juristischen Person gehalten werden. Im Allgemeinen kann jede Kapitalgesellschaft als Einpersonengesellschaft geführt werden, wenn nach der Gründung oder durch Erwerb alle Gesellschaftsanteile in einer Hand vereint werden. Die Rechtsform der Einmanngesellschaft ist insbesondere im GmbH- und Aktienrecht geregelt. Dieser Beitrag bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen, Besonderheiten und Implikationen von Einmanngesellschaften und Einpersonengesellschaften im deutschen Recht.


Begriffsklärung und Abgrenzung

Definition

Eine Einmanngesellschaft (alternativ Einpersonengesellschaft) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft (AG) oder andere Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Anteile von einer einzelnen Person gehalten werden. Diese wird dann als Alleingesellschafter oder Einheitsgesellschafter bezeichnet. In der Praxis sind damit insbesondere die Ein-Mann-GmbH oder Ein-Personen-AG gemeint.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

Im Gegensatz zur Personengesellschaft, bei der mindestens zwei Gesellschafter beteiligt sein müssen (zum Beispiel oHG oder GbR), erlaubt das Kapitalgesellschaftsrecht die Gründung und den Betrieb mit nur einem Gesellschafter. Auch bei anderen Gesellschaftstypen kann faktisch eine Einzelperson wirtschaftlich dominieren, doch rechtlich ist erst bei den Kapitalgesellschaften eine echte Einpersonengesellschaft vorgesehen.


Rechtlicher Hintergrund im deutschen Gesellschaftsrecht

Einmanngesellschaft als Sonderform der Kapitalgesellschaft

Das deutsche Gesellschaftsrecht differenziert grundsätzlich zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Die Einpersonengesellschaft ist ausschließlich bei Kapitalgesellschaften zulässig und betrifft insbesondere folgende Rechtsformen:

  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – UG
  • Aktiengesellschaft (AG)
  • Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)
  • Societas Europaea (SE)

Gesetzliche Regelungen zur Einmanngesellschaft

Einpersonen-GmbH (Ein-Mann-GmbH / § 1 Abs. 1a GmbHG)

Nach § 1 Abs. 1a GmbH-Gesetz (GmbHG) kann eine GmbH von einer einzelnen Person gegründet werden („Kann eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch eine einzelne Person gegründet werden?“). Auch der Übergang zur Einmanngesellschaft durch Übertragung aller Anteile ist zulässig.

Einpersonen-AG (§ 2 AktG)

Die Aktiengesellschaft kann gemäß § 2 Aktiengesetz (AktG) ebenfalls von einer Person gegründet werden. Das Gesetz stellt sicher, dass das Prinzip der Trennung zwischen Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen gewahrt bleibt.

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – Einmann-UG

Die 2008 eingeführte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), auch Mini-GmbH genannt, kann ebenfalls von einer Einzelperson gegründet und betrieben werden.


Gründung und Satzungsfragen

Gründungsakt (GmbH und AG)

Die Gründung einer Einmanngesellschaft unterscheidet sich formal kaum von der Mehrpersonengesellschaft. Erforderlich ist bei der GmbH die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags (§ 2 GmbHG); bei der AG ist die notarielle Beurkundung des Gründungsprotokolls (§ 23 AktG) vorgeschrieben. Auch Einmanngesellschaften müssen ein Stammkapital bzw. Grundkapital nachweisen und die Kapitalaufbringung sicherstellen.

Formerfordernisse und Handelsregister

Die Anmeldung der Einmanngesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister erfordert neben den üblichen Unterlagen eine spezielle Versicherung über die Alleingesellschafterstellung, um die klare Zurechenbarkeit sicherzustellen (§ 8 Abs. 2 GmbHG, § 37 AktG).


Rechtsstellung des Alleingesellschafters

Stellung als Organ und Gesellschafter

Der Einheitsgesellschafter nimmt in der Praxis oft mehrere Rollen ein (z.B. auch Geschäftsführer). Es besteht jedoch eine strikte Trennung zwischen der Gesellschafterfunktion und Organstellung. Rechtlich bleibt die Gesellschaft stets eine eigenständige juristische Person.

Gefahr der Vermögensvermischung

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Trennung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen des Gesellschafters. Insbesondere bei der Einmanngesellschaft wird dies in Gesellschafts- und Insolvenzverfahren geprüft. Eine sogenannte „Durchgriffshaftung“ droht, wenn diese Trennung in der Praxis nicht eingehalten wird (Stichwort: Rechtsformmissbrauch und Haftungsdurchgriff).


Vertragsbeziehungen und Vertretung

Geschäftsführerverträge und Organstellung

Bei der Einmanngesellschaft kann der alleinige Gesellschafter zugleich Geschäftsführer sein und mit sich selbst Verträge abschließen (sogenannte Insichgeschäfte). Diese Verträge bedürfen besonderer Dokumentation und Beachtung von Formvorschriften (vgl. § 181 BGB, § 35 GmbHG).

Organkontrolle und Mitbestimmung

Die gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen sind bei Einmanngesellschaften auf ein Minimum reduziert. Gleichwohl bleiben die gesetzlichen Vorgaben zur Prüfung und Kontrolle (z.B. bei der AG) bestehen, und der Alleingesellschafter muss stets die Fremdorgane, wie den Aufsichtsrat bei der AG, einhalten, sofern gesetzlich vorgeschrieben.


Haftungsfragen und Insolvenz

Haftungsstruktur

Auch bei der Einpersonengesellschaft haftet grundsätzlich nur das Gesellschaftsvermögen. Eine persönliche Haftung des Alleingesellschafters ist nur im Fall von Pflichtverletzungen, Durchgriffstatbeständen oder im Rahmen der Geschäftsführerhaftung möglich.

Insolvenz der Einmanngesellschaft

Im Insolvenzfall ist der Gesellschaftsvertrag, wie bei mehreren Gesellschaftern, zu beachten. Der Alleingesellschafter kann jedoch im Insolvenzverfahren stärkeren Einfluss nehmen, bleibt aber im Regelfall in seiner Rolle als Gesellschafter begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen.


Steuerrechtliche Aspekte

Für Einmanngesellschaften gelten die allgemeinen steuerlichen Vorschriften für Kapitalgesellschaften. Der Alleingesellschafter ist, sofern er Einnahmen als Geschäftsführer bezieht, lohnsteuerpflichtig. Ausschüttungen unterliegen wie bei Mehrpersonengesellschaften der Kapitalertragsteuer.


Besondere Melde- und Offenlegungspflichten

Transparenzregister und Offenlegung

Seit der Einführung des Geldwäschegesetzes (GwG) bestehen auch für Einmanngesellschaften Meldepflichten zum Transparenzregister, insbesondere wenn es sich um wirtschaftlich Berechtigte handelt (§ 19 GwG).

Jahresabschluss und Publizität

Einmanngesellschaften sind verpflichtet, wie Mehrpersonengesellschaften, ihre Jahresabschlüsse zu erstellen und – ab einer bestimmten Größenordnung – offenzulegen (§ 325 HGB).


Umwandlung und Nachfolge

Einmanngesellschaften können in Mehrpersonengesellschaften umgewandelt werden, z.B. durch Anteilsübertragungen oder bei Neueintritt von Gesellschaftern. Ebenso bleibt die Möglichkeit zur Umstrukturierung in andere Rechtsformen erhalten. Erbrechtliche Aspekte spielen bei der Unternehmensnachfolge eine besondere Rolle, da das Gesellschaftsvermögen und die Geschäftsführung in einer Hand konzentriert sind.


Internationale Einpersonen-Kapitalgesellschaften

Die Idee der Einpersonengesellschaft findet sich auch im europäischen Recht. Die Societas Unius Personae war Gegenstand von Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene. Heute kennen zahlreiche europäische Staaten spezifische gesetzliche Regelungen für Einpersonengesellschaften (z. B. UK: Limited Company, Frankreich: SASU).


Zusammenfassung

Die Einmanngesellschaft oder Einpersonengesellschaft ist integraler Bestandteil des modernen Gesellschaftsrechts und ermöglicht die Führung einer Kapitalgesellschaft durch eine Person. Das deutsche Recht sieht umfassende Regelungen vor, die der Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen, der Wahrung der Publizität sowie der Aufrechterhaltung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen dienen. Neben wirtschaftlichen Chancen bringt die Einpersonengesellschaft rechtliche Herausforderungen mit sich, die insbesondere in den Bereichen Haftung, Offenlegung und Organstellung zu beachten sind. Die Einmanngesellschaft stellt somit eine attraktive und flexible Organisationsform dar, unterliegt aber spezifischen rechtlichen Anforderungen und Pflichten.


Weiterführende Begriffe

  • Alleingesellschafter
  • Durchgriffshaftung
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • Einzelkaufmann
  • Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Häufig gestellte Fragen

Kann eine Einmanngesellschaft auch nachträglich auf mehrere Gesellschafter erweitert werden?

Ja, eine Einmanngesellschaft – im rechtlichen Kontext etwa als Einpersonengesellschaft mit beschränkter Haftung (z. B. GmbH oder UG nach deutschem Recht) – kann grundsätzlich nach ihrer Gründung durch Aufnahme weiterer Gesellschafter erweitert werden. Hierzu bedarf es in der Regel einer Änderung des Gesellschaftsvertrags (Satzungsänderung), die im Falle einer GmbH oder UG notariell beurkundet und im Handelsregister eingetragen werden muss. Die Einbringung neuer Gesellschafter kann entweder durch die Ausgabe neuer Geschäftsanteile (Kapitalerhöhung) oder durch die Abtretung bestehender Geschäftsanteile erfolgen; beide Vorgänge unterliegen bestimmten gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften. Es sind die Mitwirkungsrechte, Zustimmungserfordernisse und gegebenenfalls Vorkaufsrechte laut Gesellschaftsvertrag zu prüfen. Außerdem ist eine Anpassung der Gesellschafterliste erforderlich, die dem Registergericht einzureichen ist. Steuerliche Auswirkungen, insbesondere im Bereich der Grunderwerbsteuer und Ertragsteuern, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Welche spezifischen Haftungsregelungen gelten für den einzigen Gesellschafter einer Einpersonengesellschaft?

Der einzige Gesellschafter einer Einpersonengesellschaft haftet im Regelfall – z. B. bei einer GmbH oder UG – grundsätzlich nicht mit seinem privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft; die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Allerdings gelten einige Sonderregelungen: Bei fehlerhafter Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen oder bei sogenannten „Durchgriffstatbeständen“, wie etwa bei Missbrauch der Gesellschaftsform, Unterkapitalisierung oder Vermögensvermischung, kann im Ausnahmefall eine persönliche Haftung des Gesellschafters entstehen (sog. „Haftungsdurchgriff“). Weiterhin haftet der alleinige Gesellschafter für Einlagenverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft vollumfänglich und kann unter Umständen für bestimmte Steuerschulden (insbesondere Lohn- und Umsatzsteuer, § 69 AO) und Sozialversicherungsbeiträge persönlich in Anspruch genommen werden, sofern er auch Geschäftsführer ist und seine Pflichten schuldhaft verletzt hat.

Welche Melde- und Veröffentlichungspflichten bestehen für Einpersonengesellschaften?

Einpersonengesellschaften unterliegen den gleichen Melde- und Veröffentlichungspflichten wie Mehrpersonengesellschaften der jeweiligen Rechtsform. Bei einer GmbH oder UG sind insbesondere die Anmeldung zum Handelsregister, die Einreichung der Gesellschafterliste, regelmäßige Offenlegungspflichten – wie die jährliche Einreichung des Jahresabschlusses beim Bundesanzeiger – sowie ggfs. registerrechtliche Meldungen (etwa bei Sitzverlegung oder Gesellschafterwechsel) zu beachten. Seit 2022 besteht überdies eine Meldepflicht zum Transparenzregister hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten (in der Regel der einzige Gesellschafter). Verstöße gegen diese Pflichten können zu Bußgeldern führen.

Muss bei einer Einpersonengesellschaft zwingend ein Geschäftsführer bestellt werden?

Ja, bei Kapitalgesellschaften wie der Einpersonengesellschaft in Form einer GmbH oder UG ist die Bestellung mindestens eines Geschäftsführers gesetzlich vorgeschrieben (§ 6 GmbHG). Der alleinige Gesellschafter kann sich dabei selbst zum Geschäftsführer bestellen. Das Amt des Geschäftsführers muss zwingend beim Handelsregister angemeldet werden. Die Funktionen des Gesellschafters und des Geschäftsführers können – müssen aber nicht – in Personalunion ausgeübt werden. Es ist zu beachten, dass die Organe strikt voneinander getrennt bleiben müssen, auch wenn die gleiche Person in beiden Funktionen tätig ist.

Was passiert bei Tod des alleinigen Gesellschafters einer Einmanngesellschaft?

Im Todesfall des alleinigen Gesellschafters einer Einpersonengesellschaft gehen die Gesellschaftsanteile im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Dies ist gesetzlich im GmbH-Gesetz (§ 15 GmbHG) geregelt. Die Gesellschaft bleibt fortbestehen, allerdings müssen die neuen Gesellschafter im Handelsregister eingetragen werden. Sind die Erben minderjährig oder besteht Streit unter ihnen, kann dies zu Verwaltungsschwierigkeiten führen. Es empfiehlt sich daher, die gesellschaftsrechtliche Nachfolge durch entsprechende gesellschaftsvertragliche und erbrechtliche Gestaltungen abzusichern. Die Geschäftsführerrolle wird nicht automatisch vererbt; sofern der Verstorbene auch Geschäftsführer war, muss ein neuer Geschäftsführer bestellt werden.

Welche insolvenzrechtlichen Besonderheiten gelten bei Einmanngesellschaften?

Bei Einmanngesellschaften gelten die allgemeinen insolvenzrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Gesellschaftsform. Befindet sich die Gesellschaft in einer Krise, ist der Geschäftsführer verpflichtet, bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich (§ 15a InsO) einen Insolvenzantrag zu stellen. Unterlässt der Gesellschafter-Geschäftsführer dies schuldhaft, haftet er persönlich auf Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft (bzw. der Insolvenzmasse) und ggfs. auch strafrechtlich. Außerdem sind in der Insolvenz Rückforderungen von unzulässig entnommenen Gesellschafterdarlehen oder Auszahlungen im letzten Jahr (Insolvenzanfechtung) möglich. Die Eigenständigkeit zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen ist streng zu beachten.

Gibt es besondere Vorschriften für die notarielle Beurkundung bei der Gründung einer Einpersonengesellschaft?

Ja, bei der Gründung einer Einpersonengesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine notarielle Beurkundung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags zwingend vorgeschrieben (§ 2 GmbHG). Der einzige Gesellschafter übernimmt alle Geschäftsanteile, die Übernahmeerklärung und die Satzung werden üblicherweise in einer Urkunde zusammengefasst. Die Anmeldung zum Handelsregister erfolgt durch den Notar. Besondere Aufmerksamkeit gilt der ordnungsgemäßen Bestimmung des Geschäftsführeramtes und der Abgabe der Versicherung über das Stammkapital sowie ggf. die Zustimmung zur Firmenführung.

Inwieweit ist bei Einmanngesellschaften eine Organschaft steuerlich möglich?

Aus steuerlicher Sicht kann auch eine Einmanngesellschaft (z. B. Einpersonen-GmbH als Organträgerin) eine umsatzsteuerliche oder körperschaftsteuerliche Organschaft mit anderen Gesellschaften bilden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bzw. § 14 KStG). Der kontrollierende Einfluss durch den einzigen Gesellschafter reicht hierfür aus, sofern die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung nachgewiesen ist. Die Einmanngesellschaft kann also vollwertiger Organträger im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen oder gewerbesteuerlichen Organschaft sein. Besondere Hürden bestehen nicht, allerdings sind die einschlägigen Anforderungen im Detail zu beachten.