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Einlagensicherung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Einlagensicherung

Die Einlagensicherung ist ein zentrales Instrument des Bank- und Finanzrechts, das darauf abzielt, die Guthaben von Einlegern bei Kreditinstituten im Falle einer Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit der Bank zu schützen. Durch verschiedene gesetzliche und privatrechtliche Regelungen werden Kundeneinlagen bis zu bestimmten Höchstbeträgen gesichert, um das Vertrauen in das Finanzsystem zu stärken und einen sogenannten „Bank-Run“ zu verhindern.

Definition der Einlagensicherung

Die Einlagensicherung bezeichnet alle gesetzlichen, staatsvertraglichen oder vertraglich geregelten Maßnahmen zum Schutz von Einlagen (wie Girokonten, Sparbüchern und Tagesgeld) bei Kreditinstituten vor Verlust, insbesondere im Insolvenzfall der Bank. Ziel ist es, dem Einleger eine Rückzahlung seiner Einlagen bis zur jeweils festgelegten Sicherungsobergrenze zu gewährleisten.

Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland

Gesetzliche Einlagensicherung gemäß Einlagensicherungsgesetz (EinSiG)

Das zentrale Regelwerk zur gesetzlichen Einlagensicherung in Deutschland bildet das Einlagensicherungsgesetz (EinSiG), welches am 3. Juli 2015 in Kraft getreten ist. Durch dieses Gesetz erfolgt die Umsetzung der europäischen Einlagensicherungsrichtlinie 2014/49/EU („Deposit Guarantee Schemes Directive“, DGS) in nationales Recht.

Anwendungsbereich des EinSiG

Das EinSiG gilt grundsätzlich für alle Institute, die im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) als Kreditinstitute eingestuft werden. Hierunter fallen insbesondere Banken, Sparkassen sowie ausgewählte Spezialinstitute, jedoch nicht Wertpapierhandelsbanken oder reine Zahlungsdienstleister.

Gesicherte Einlagen

Erfasst werden unter anderem:

  • Guthaben auf Girokonten,
  • Spar- und Termineinlagen,
  • Tagesgeld,
  • Einlagenzertifikate.

Nicht erfasst sind in der Regel Inhaberschuldverschreibungen, eigene Wechsel, Nachrangverbindlichkeiten, Eigenkapitalbestandteile sowie Einlagen öffentlicher Stellen oder von Finanzunternehmen.

Sicherungshöchstbetrag

Die gesetzliche Einlagensicherung erstreckt sich bis zu einem Betrag von 100.000 Euro pro Einleger und Bank. Unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Verkauf einer privat genutzten Wohnimmobilie, Sozialleistungen, bestimmte Entschädigungszahlungen) kann dieser Betrag zeitlich befristet auf 500.000 Euro erhöht werden.

Auszahlungsmodalitäten

Im Entschädigungsfall ist die gesetzliche Einlagensicherung verpflichtet, die gesicherten Einlagen innerhalb von sieben Arbeitstagen nach Feststellung des Entschädigungsfalls auszuzahlen. Einleger werden hierzu aktiv informiert, ein gesonderter Antrag ist regelmäßig nicht erforderlich.

Träger der gesetzlichen Einlagensicherung: Entschädigungseinrichtungen

Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB)

Die EdB sorgt für die Durchführung der gesetzlichen Einlagensicherung bei Privatbanken und bestimmten weiteren Instituten.

Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH (EdÖ)

Die Entschädigungseinrichtung der öffentlichen Banken ist für Sparkassen, Landesbanken und bestimmte Förderinstitute zuständig.

Besondere Institute

Sonderregelungen bestehen für Kreditgenossenschaften. Hier ist die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken für ihre Mitglieder zuständig.

Ergänzende Systeme: Freiwillige Einlagensicherung

Einlagensicherungsfonds der privaten Banken

Über die gesetzlich vorgeschriebenen Systeme hinaus existieren freiwillige Einlagensicherungseinrichtungen. Besonders hervorzuheben ist der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. (BdB), der Einlagenbeträge sichert, die die gesetzlichen Höchstgrenzen deutlich übersteigen können.

Institutssicherung und sektorspezifische Sicherungssysteme

Genossenschaftsbanken (z. B. Volks- und Raiffeisenbanken) sowie Sparkassen verfügen über eigene Institutssicherungssysteme, deren primäres Ziel die Gesunderhaltung angeschlossener Banken ist. Diese Systeme verhindern im Regelfall die Insolvenz der angeschlossenen Institute und sind somit als „Institutssicherung“ ausgestaltet. Sie gelten als einlagensicherungsgleiche Systeme im Sinne der Einlagensicherungsrichtlinie.

Europäische Dimension der Einlagensicherung

EU-weit harmonisierte Mindestanforderungen

Mit der Einlagensicherungsrichtlinie 2014/49/EU wurden die wesentlichen Elemente der Einlagensicherung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vereinheitlicht. Ziel war eine europaweite Mindestsicherung von 100.000 Euro, standardisierte Auszahlungsfristen und eine stärkere Verflechtung der nationalen Systeme.

Perspektive eines Europäischen Einlagensicherungssystems (EDIS)

Konzepte wie das Europäische Einlagensicherungssystem (EDIS) verfolgen das Ziel, die Nachhaltigkeit und Stabilität der Einlagensicherungssysteme europaweit zu stärken und eine gemeinschaftliche Haftung einzuführen. Bislang existiert EDIS jedoch lediglich als Vorschlag der Europäischen Kommission, ohne eine bindende Umsetzung.

Rechtliche Bewertung und Bedeutung der Einlagensicherung aus Sicht des Anlegerschutzes

Schutzfunktion und Systemstabilität

Die Einlagensicherung entfaltet ihre Schutzfunktion sowohl auf individueller als auch auf systemischer Ebene. Sie verbessert unmittelbar die Stellung des Bankkunden im Insolvenzfall gegenüber Banken, stärkt jedoch zugleich die allgemeine Finanzstabilität, indem sie das Vertrauen in das Finanzsystem und die Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung an Banken erhöht.

Ausschlussgründe und Begrenzung der Einlagensicherung

Nicht alle Einlagen oder Einleger sind schutzberechtigt. Ausgeschlossen sind u. a.:

  • Finanzinstitute sowie regulierte Wertpapierfirmen,
  • Einlagen von Unternehmen der öffentlichen Hand,
  • Verbindlichkeiten aus eigenen Wechseln oder Schuldverschreibungen.

Die genaue Bestimmung erfolgt anhand der gesetzlichen Regelungen im EinSiG sowie in den Statuten der jeweiligen Sicherungseinrichtungen.

Steuerliche und zivilrechtliche Implikationen der Einlagensicherung

Steuerrechtliche Behandlung

Entschädigungsleistungen aus der Einlagensicherung stellen im Regelfall keine zu versteuernden Einnahmen dar, solange sie lediglich der Rückerstattung des zuvor eingelegten Kapitals dienen.

Zivilrechtlicher Anspruch

Im Falle der Insolvenz eines Kreditinstituts tritt der gesetzliche Sicherungsanspruch nach dem EinSiG an die Stelle des ursprünglichen vertraglichen Rückzahlungsanspruchs. Die Einlagensicherung erfolgt grundsätzlich außerhalb der Insolvenzmasse und genießt daher eine bevorrechtigte Behandlung im Vergleich zu anderen Gläubigern.

Internationale Aspekte und grenzüberschreitende Einlagensicherung

Einlagen bei Zweigniederlassungen eines deutschen Kreditinstituts im EU-Ausland werden von der deutschen Einlagensicherung erfasst. Für ausländische Banken mit Niederlassungen in Deutschland gilt grundsätzlich das Einlagensicherungssystem des Herkunftslandes (Herkunftslandprinzip). Gleichwohl bestehen europaweite Mindeststandards und Informationspflichten zur Transparenz gegenüber Einlegern.

Zusammenfassung

Die Einlagensicherung ist ein multifunktionales rechtliches Schutzsystem, das durch nationale und europäische Vorgaben weitgehend harmonisiert ist. Sie dient dem umfassenden Schutz privater und geschäftlicher Einlagen und trägt entscheidend zur Vertrauensbildung und Stabilität des Finanzsystems bei. Durch die Kombination von gesetzlichen Sicherungseinrichtungen, freiwilligen Fonds und sektoralen Institutssicherungssystemen entsteht in Deutschland ein mehrschichtiges Sicherungsnetz, das besonders in internationalen Vergleichen als weitentwickelt gilt. Die Einlagensicherung ist damit ein zentraler Bestandteil des modernen Bankrechts.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Einlagensicherung in Deutschland gesetzlich geregelt?

Die Einlagensicherung in Deutschland basiert auf mehreren Gesetzen, hauptsächlich auf dem Einlagensicherungsgesetz (EinSiG), welches seit 2015 in Kraft ist und die Vorgaben der EU-Einlagensicherungsrichtlinie (2014/49/EU) in nationales Recht umsetzt. Demnach sind alle Kreditinstitute verpflichtet, sich dem gesetzlichen Einlagensicherungssystem, dem Entschädigungsfonds der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB), anzuschließen. Die gesetzliche Einlagensicherung schützt Einlegerinnen und Einleger bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Euro pro Person und Bank. Zusätzlich existieren freiwillige Einlagensicherungssysteme, beispielsweise die Einlagensicherungseinrichtungen des Bundesverbandes deutscher Banken, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus zusätzlichen Schutz bieten können. Die rechtlichen Grundlagen regeln dabei klar die Voraussetzungen, den Umfang des Schutzes, das Verfahren im Entschädigungsfall sowie die Fristen zur Auszahlung der gesicherten Einlagen.

Welche Einlagen sind vom gesetzlichen Schutz der Einlagensicherung umfasst?

Der gesetzliche Einlagenschutz erstreckt sich auf Guthaben auf Girokonten, Tagesgeldkonten, Festgeldkonten, Sparbuchguthaben sowie auf bestimmte Sparbriefe. Rechtlich ausgeschlossen vom Schutz sind unter anderem eigene Schuldverschreibungen der Banken sowie unternehmerische Einlagen wie zum Beispiel Nachrangdarlehen oder Hybridkapital. Außerdem sind Einlagen von Banken, Finanzinstituten, Wertpapierfirmen sowie öffentliche Stellen, wie etwa Bund, Länder oder Gemeinden, nicht geschützt. Dies ist im § 2 EinSiG detailliert geregelt. Einlagen, welche auf Fremdwährungskonten geführt werden, unterliegen ebenfalls dem Schutz, sofern die betreffende Währung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zugelassen ist.

Wer ist berechtigt, Entschädigung durch das Einlagensicherungssystem zu erhalten?

Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist im Einlagensicherungsgesetz klar definiert. Geschützt sind grundsätzlich natürliche Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Wohnsitz, ebenso wie Personengesellschaften und bestimmte juristische Personen (z.B. gemeinnützige Organisationen oder kleine Unternehmen). Nicht anspruchsberechtigt sind große Unternehmen, Finanzinstitute, Versicherungsgesellschaften, Staaten und staatliche Stellen. Die Berechtigung muss im Entschädigungsfall von der Einlagensicherung anhand der Kundendaten geprüft werden. Für Gemeinschaftskonten oder Treuhandkonten gibt es spezielle Regelungen, die eine Aufteilung beziehungsweise Auskehrung an die wirtschaftlich Berechtigten nachweisen und ermöglichen.

Wie gestaltet sich das Verfahren im Entschädigungsfall rechtlich?

Kommt es bei einem Kreditinstitut zu einer Insolvenz oder aus anderen Gründen zur Feststellung des Entschädigungsfalles durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wird das gesetzliche Einlagensicherungssystem aktiviert. Das Institut muss der Entschädigungseinrichtung zeitnah alle relevanten Kundendaten bereitstellen. Innerhalb von sieben Werktagen müssen die gesicherten Einlagen, bis zu der gesetzlich festgelegten Obergrenze, an die Berechtigten ausgezahlt werden (§ 15 EinSiG). Die Frist beginnt, sobald die Entschädigungseinrichtung alle notwendigen Informationen erhalten hat. Es besteht für die Einleger kein gesondertes Antragsverfahren; allerdings müssen Unklarheiten bezüglich der Berechtigung oder der Höhe der Einlage gegebenenfalls durch geeignete Nachweise (z.B. Legitimation oder Vollmachten) geklärt werden.

Wie werden gesicherte und nicht gesicherte Einlagen in der Praxis voneinander abgegrenzt?

Im Rahmen der rechtlichen Prüfung durch die Entschädigungseinrichtung erfolgt eine exakte Abgrenzung, welche Einlagen dem Schutz unterfallen und welche nicht. Dies geschieht anhand der jeweiligen Kontobezeichnungen, Vertragstypen und dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis. Einlagen, die dem Schutz nicht unterliegen, werden nach den gesetzlichen Kriterien ausgeschlossen und in der Regel im Rahmen des Insolvenzverfahrens behandelt. Die Abgrenzung erfolgt auch hinsichtlich der Höhe der einzelnen Einlagen sowie der Anrechnung verschiedener Konten einer Person pro Bank. Für Gemeinschaftskonten erfolgt eine anteilige Zuordnung zu den einzelnen Kontoinhabern, für Treuhandkonten ist die wirtschaftlich berechtigte Person bzw. der Endkunde zu berücksichtigen.

Welche Rolle spielen freiwillige Einlagensicherungssysteme und welchen rechtlichen Status haben sie?

Neben der gesetzlichen Einlagensicherung existieren in Deutschland zusätzliche, freiwillige Sicherungssysteme der Bankenverbände, etwa der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken oder die Sicherungseinrichtungen der Sparkassen-Finanzgruppe und der Genossenschaftsbanken. Diese Systeme sind privatrechtlich organisiert und bieten – unter jeweils eigenen Satzungen und Bedingungen – einen zusätzlichen Schutz, der allerdings rechtsverbindlich nur im Rahmen der zwischen Bank und Kunden vertraglich vereinbarten Regelungen gilt. Der Schutz durch freiwillige Sicherungseinrichtungen kann weit über die gesetzliche Grenze hinausgehen, ist jedoch nicht gesetzlich garantiert, sondern basiert auf ergänzenden Regelwerken, deren Anpassung bankintern jederzeit möglich ist. Im Rechtssinne handelt es sich um privatrechtliche Vereinbarungen, die im Insolvenzfall als Kulanzleistung gewährt werden können, aber grundsätzlich nicht einklagbar sind.

Welche Informationspflichten hat die Bank bezüglich der Einlagensicherung gegenüber ihren Kunden?

Gemäß den Vorgaben des Einlagensicherungsgesetzes (insbesondere § 23 EinSiG) sind Kreditinstitute verpflichtet, ihre Kunden bei Kontoeröffnung sowie auf Anfrage klar und verständlich über die jeweilige Einlagensicherung und deren Umfang zu informieren. Dazu gehört die Information über die Zugehörigkeit zu den gesetzlichen und gegebenenfalls zu freiwilligen Sicherungseinrichtungen sowie über die Sicherungsgrenzen. Kunden müssen zudem in jährlichen Kontoauszügen oder separaten Informationsblättern regelmäßig auf den aktuellen Stand der Einlagensicherung hingewiesen werden. Diese Informationspflichten dienen der Transparenz und sollen gewährleisten, dass Kunden jederzeit genau wissen, in welchem Umfang ihre Gelder geschützt sind und an wen sie sich im Ernstfall wenden können. Bei Änderungen am Status oder Umfang des Einlagenschutzes besteht eine Mitteilungspflicht der Bank gegenüber den betroffenen Kunden.