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Einkünfte


Begriff und Bedeutung der Einkünfte

Einkünfte sind ein zentraler Begriff des deutschen Steuerrechts, insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts. Sie beschreiben den steuerlich relevanten Zugang an wirtschaftlichen Gütern, der einer natürlichen Person innerhalb eines Kalenderjahres aus einer bestimmten Quelle zufließt. Der Begriff wird insbesondere im Einkommensteuergesetz (EStG) definiert und ist eng mit dem objektiven Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts verknüpft.

Definition der Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz

Der Begriff „Einkünfte“ ist im deutschen Einkommensteuerrecht gesetzlich definiert. Gemäß § 2 Abs. 1 EStG versteht man unter Einkünften die Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten bzw. bei Gewinneinkunftsarten den Unterschiedsbetrag zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben.

Sieben Einkunftsarten

Das Einkommensteuergesetz unterscheidet sieben verschiedene Einkunftsarten:

  1. Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG)
  2. Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
  3. Selbständige Arbeit (§ 18 EStG)
  4. Nichtselbständige Arbeit (§ 19 EStG)
  5. Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
  6. Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
  7. Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG

In den ersten drei Fällen wird von den sogenannten Gewinneinkünften, in den vier übrigen Fällen von Überschusseinkünften gesprochen. Die systematische Zuordnung ist entscheidend für die Ermittlung und Besteuerung der Einkünfte.

Rechtsgrundlagen und Systematik

Einkünfte als steuerrechtlicher Oberbegriff

Einkünfte im Sinne des Steuerrechts sind von anderen ähnlichen rechtlichen Begriffen wie „Einnahmen“, „Betriebseinnahmen“ oder „Gewinnen“ abzugrenzen. Rechtsdogmatisch bezeichnet der Begriff den erzielten Überschuss oder Gewinn, der nach Abzug betrieblicher und beruflicher Aufwendungen verbleibt.

Unterscheidung: Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte

Gewinneinkünfte

Bei den Gewinneinkünften (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständige Arbeit) wird durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (vgl. § 4 Abs. 1 EStG) der Gewinn ermittelt.

Überschusseinkünfte

Bei den Überschusseinkünften (nichtselbständige Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte) wird durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) der Überschuss errechnet.

Rechtliche Abgrenzungen und Besonderheiten

Abgrenzung zu Einnahmen

Im Unterschied zu den bloßen Einnahmen sind Einkünfte bereits um gewisse Aufwendungen vermindert. Einnahmen sind alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert, Einkünfte berücksichtigen den Abzug betriebsbedingter oder beruflich veranlasster Ausgaben (Betriebsausgaben/Werbungskosten).

Nicht steuerbare Einkünfte

Nicht jeder Vermögenszugang gilt im steuerlichen Sinne als Einkunft. So sind beispielsweise Lottogewinne, Schenkungen oder Erbschaften grundsätzlich nicht als Einkünfte im Sinne des EStG steuerpflichtig.

Steuerpflicht und Bemessungsgrundlage

Die Ermittlung der Einkünfte ist insbesondere relevant für die Festsetzung der Einkommensteuer. Das zu versteuernde Einkommen ergibt sich aus der Summe aller erzielten Einkünfte abzüglich bestimmter Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen (vgl. § 1, § 2 EStG).

Sonderfälle und Spezialregelungen

Sonstige Einkünfte

Sonstige Einkünfte (vgl. § 22 EStG) umfassen insbesondere wiederkehrende Bezüge (z. B. Renten), Unterhaltsleistungen sowie gelegentliche Einnahmen wie private Veräußerungsgeschäfte. Für private Veräußerungsgeschäfte gilt eine Spekulationsfrist: Gewinne aus dem Verkauf bestimmter Wirtschaftsgüter (wie Immobilien oder Wertpapieren) sind steuerpflichtig, wenn sie unter Einhaltung bestimmter Fristen erzielt wurden.

Progression und Verlustausgleich

Die Einkünfte können unterschiedlich stark besteuert werden, abhängig von der Art der Einkunftsquelle und geltenden Freibeträgen. Für viele Einkünfte ist zudem der sogenannte Verlustausgleich relevant. Verluste aus einer Einkunftsart können unter bestimmten Voraussetzungen mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden (Verlustverrechnung, vgl. § 10d EStG).

Internationale Aspekte der Einkünfte

Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind sowohl bei unbeschränkt als auch beschränkt steuerpflichtigen Personen in Deutschland relevant. Das Welteinkommensprinzip verpflichtet unbeschränkt Steuerpflichtige grundsätzlich, ihre in- und ausländischen Einkünfte zu deklarieren.

Doppelbesteuerungsabkommen

Im internationalen Steuerrecht sorgen bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dafür, dass Einkünfte nicht doppelt besteuert werden, sondern das Besteuerungsrecht unter den Vertragsstaaten aufgeteilt wird. Dies betrifft insbesondere grenzüberschreitende Einkünfte aus Arbeit, Vermögensanlagen und Unternehmensgewinnen.

Zusammenfassung und Bedeutung

Der Begriff der Einkünfte ist von zentraler Bedeutung im deutschen Steuerrecht. Er regelt, welche Zuflüsse einer natürlichen Person der Besteuerung unterliegen und wie diese Einkünfte nach Einkunftsart zu ermitteln sind. Die präzise Unterscheidung und rechtliche Qualifikation der Einkünfte entscheidet maßgeblich darüber, inwieweit und in welcher Höhe Einkünfte steuerlich erfasst werden. Die Systematik der Einkunftsarten, die Abgrenzung zu sonstigen Einnahmen sowie die Berücksichtigung von Sonderfällen und internationalen Besonderheiten sind elementar für das Verständnis und die Anwendung des Begriffs.


Hinweis: Dieser Artikel liefert einen umfassenden Überblick zu den Einkünften im Sinne des deutschen Steuerrechts. Weitere Details finden sich im einschlägigen Gesetzestext des Einkommensteuergesetzes sowie der aktuellen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis.

Häufig gestellte Fragen

Wie sind Einkünfte rechtlich von Einnahmen zu unterscheiden?

Im rechtlichen Kontext, insbesondere im deutschen Steuerrecht, wird eine klare Unterscheidung zwischen Einkünften und Einnahmen vorgenommen. Einnahmen stellen sämtliche in Geld oder Geldeswert bestehenden Zuflüsse im Rahmen einer Einkunftsart dar, während Einkünfte das Ergebnis sind, das sich nach Abzug der Werbungskosten von den Einnahmen ergibt (→ „Nettoprinzip“). Bei Gewinneinkunftsarten (wie Einkünften aus Gewerbebetrieb) ist es der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, bei Überschusseinkunftsarten (z.B. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Rechtlich entscheidend für die Besteuerung ist stets der Begriff der Einkünfte, da das Einkommensteuergesetz diese Bemessungsgrundlage vorgibt. Einnahmen ohne Abzug von Kosten wären nicht sachgerecht, da dadurch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen verzerrt dargestellt würde.

Welche gesetzlichen Einkunftsarten werden unterschieden?

Das deutsche Einkommensteuerrecht unterscheidet gemäß § 2 Abs. 1 EStG sieben Einkunftsarten: (1) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, (2) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, (3) Einkünfte aus selbständiger Arbeit, (4) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, (5) Einkünfte aus Kapitalvermögen, (6) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie (7) sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. Diese Unterscheidung ist wesentlich, da sich je nach Einkunftsart unterschiedliche Vorschriften zur Ermittlung, Zuordnung und Behandlung ergeben. Die ersten drei sogenannten Gewinneinkunftsarten ermitteln Einkünfte als Gewinn; die übrigen vier, die Überschusseinkunftsarten, als Überschuss der Einnahmen über Werbungskosten.

Wann erzielt eine Person Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts?

Eine Person erzielt dann steuerrechtlich relevante Einkünfte, wenn sie im Rahmen einer der gesetzlich definierten Einkunftsarten einen wirtschaftlichen Vorteil erhält, der zur Vermögensmehrung führt und nicht steuerfrei gestellt ist. Dabei ist der Tatbestand einer der sieben Einkunftsarten entscheidend, d.h., es muss eine gegenwärtige Tätigkeit oder Tätigkeit im Rahmen eines bestimmten Rechtsverhältnisses (z.B. Arbeitsverhältnis, Vermietung) vorliegen. Einmalige sowie laufende Leistungen können gleichsam zu Einkünften führen, solange eine der Tatbestände der genannten Einkunftsarten erfüllt ist. Unerheblich ist dabei grundsätzlich die Bezeichnung oder der äußere Anschein; auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es an (sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise).

Wie werden bei der Einkünfteermittlung Werbungskosten und Betriebsausgaben behandelt?

Im steuerlichen Kontext sind Werbungskosten und Betriebsausgaben abzugsfähige Aufwendungen, die unmittelbar zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der steuerpflichtigen Einkünfte dienen (§ 9 EStG für Werbungskosten, § 4 Abs. 4 EStG für Betriebsausgaben). Werbungskosten sind bei Überschusseinkunftsarten (etwa aus nichtselbständiger Arbeit oder Vermietung) relevant, während Betriebsausgaben im Rahmen von Gewinneinkunftsarten (zum Beispiel Gewerbebetrieb) gelten. Der Gesetzgeber sieht explizite Kataloge und Abzugsverbote vor, sodass nicht jede Ausgabe automatisch abzugsfähig ist. Maßgeblich ist stets der objektive wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftserzielung, wobei private und berufliche/betriebliche Aufwendungen zu trennen sind.

Welche Rolle spielt das Zufluss- und Abflussprinzip bei Einkünften?

Für die steuerliche Erfassung von Einkünften ist das sogenannte Zufluss- bzw. Abflussprinzip (§ 11 EStG) maßgeblich. Es besagt, dass Einnahmen in dem Kalenderjahr zu erfassen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen tatsächlich zufließen. Dasselbe gilt spiegelbildlich für Ausgaben (Werbungskosten/Betriebsausgaben), die im Zeitpunkt des Abflusses berücksichtigt werden. Eine Ausnahme hiervon bilden regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben, die innerhalb eines kurzen Zeitraums zu Beginn oder am Ende des Kalenderjahres zufließen bzw. abfließen. Für Gewinneinkunftsarten, insbesondere bei buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen, ist oft der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Veranlassung maßgeblich (sog. Betriebsvermögensvergleich).

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen für die Zuordnung von Einkünften bei Ehegatten?

Bei Ehegatten sind für die steuerliche Zuordnung von Einkünften die Grundsätze des wirtschaftlichen Eigentums maßgebend, nicht die formale Inhaberschaft. Grundsätzlich werden Einkünfte demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die wirtschaftliche Quelle kontrolliert und das Unternehmerrisiko trägt. Bei gemeinschaftlichem Vermögen oder gemeinschaftlicher Tätigkeit ist eine detaillierte Prüfung anhand der tatsächlichen Verhältnisse erforderlich. Im Rahmen der Zusammenveranlagung erfolgt beim Splittingtarif eine gemeinsame Veranlagung, jedoch bleibt die Einkünftezurechnung bei den einzelnen Ehegatten relevant, insbesondere für Sondervorschriften wie Freibeträge oder Verlustabzüge.

Wann liegt eine steuerfreie Einkunft vor und wie wird dies rechtlich geregelt?

Steuerfreie Einkünfte sind solche Einkünfte, die trotz Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einkunftsart durch explizite Bestimmungen gesetzlich von der Besteuerung ausgenommen werden. Dies erfolgt zumeist durch Normen wie § 3 EStG, der einen Katalog von steuerfreien Einnahmen enthält (z.B. bestimmte Sozialleistungen, Entschädigungen oder Kapitalerträge unter dem Sparer-Pauschbetrag). Auch verschiedene internationale Abkommen (Doppelbesteuerungsabkommen) oder besondere Gesetze (z.B. das § 50 EStG für bestimmte Auslandsbezüge) können zu Steuerbefreiungen führen. Die exakte Abgrenzung obliegt den Finanzbehörden und Gerichten, wobei der Steuerpflichtige regelmäßig die Nachweispflicht für die Steuerfreiheit trägt.