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Einigung


Begriff und Bedeutung der Einigung im Rechtssinn

Der Begriff Einigung bezeichnet im rechtlichen Kontext das Übereinstimmen mindestens zweier übereinstimmender Willenserklärungen, mit denen ein rechtsverbindlicher Tatbestand geschaffen wird. Sie stellt ein zentrales Element zahlreicher Rechtsgebiete dar, insbesondere im Schuldrecht, Sachenrecht und Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Die rechtliche Einigung dient als notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen der meisten schuldrechtlichen Verträge und kommt insbesondere bei der dinglichen Übereignung von Sachen (§ 929 BGB) sowie bei der Aufhebung oder Modifikation bestehender Rechtsverhältnisse zur Anwendung.


Einigung als rechtlicher Begriff

Definition und allgemeine Voraussetzungen

Die Einigung ist das „Zusammentreffen zweier übereinstimmenden Willenserklärungen“ (auch „Konsens“ genannt), durch die eine Rechtsfolge ausgelöst wird. Die rechtliche Wirkung einer Einigung beruht darauf, dass die Parteien einen erklärten und gewollten Rechtserfolg gemeinsam herbeiführen. Dies kann sowohl durch ausdrückliche als auch durch konkludente (schlüssige) Erklärung erfolgen.

Elemente der Einigung:

  • Mindestens zwei Beteiligte: In der Regel sind dies Antrag (Angebot) und Annahme.
  • Inhaltliche Übereinstimmung: Die Willenserklärungen müssen inhaltlich deckungsgleich sein (Konsens).
  • Rechtsbindungswille: Beide Parteien beabsichtigen, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.
  • Freiwilligkeit: Die Einigung muss ohne Zwang oder Drohung zustande kommen.

Einigung im Allgemeinen Teil des BGB

Einigung beim Vertragsschluss

Die Einigung ist der zentrale Bestandteil des Vertragsschlusses (§§ 145 ff. BGB). Sie kommt durch Angebot und Annahme zustande, wobei beide Willenserklärungen in Bezug auf die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) übereinstimmen müssen. Die Einigung erfolgt grundsätzlich formlos, es sei denn, das Gesetz verlangt eine bestimmte Form (z.B. notarielle Beurkundung bei Grundstückskaufverträgen).

Abgrenzung zum bloßen Verhandlungsstadium

Nicht jede Absprache oder Vorverhandlung stellt bereits eine rechtlich bindende Einigung dar. Solange kein übereinstimmender Wille hinsichtlich der wesentlichen Vertragsbestandteile vorliegt, ist lediglich von Vertragsverhandlungen zu sprechen.


Die Einigung im Sachenrecht

Die Einigung als sachenrechtliches Verfügungsgeschäft

Im Sachenrecht bezeichnet die Einigung insbesondere das dingliche Einigungsgeschäft, das Voraussetzung für den Eigentumsübergang an beweglichen Sachen (§ 929 Satz 1 BGB) sowie an Grundstücken (§ 873 BGB) ist. Die Übereignung setzt hier eine Einigung („Einigung über den Eigentumsübergang“) und in den meisten Fällen eine Übergabe der Sache voraus.

Besonderheiten im Sachenrecht:

  • Abstraktionsprinzip: Das Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag) und das Verfügungsgeschäft (z.B. Übereignung) sind rechtlich unabhängig voneinander.
  • Konsensualprinzip: Die Einigung bedarf des tatsächlichen Übereinkommens im Zeitpunkt der Übergabe der Sache.
  • Widerruf und Rücknahme: Die Einigung kann bis zur Übergabe der Sache widerrufen werden (§ 929 Satz 2 BGB).

Einigung in weiteren Rechtsbereichen

Erbrechtliche Einigung

Im Erbrecht spielt die Einigung unter Miterben, insbesondere bei der Erbauseinandersetzung, eine entscheidende Rolle. Sie führt zur Aufteilung des Nachlasses und kann sowohl formfrei, als auch – in besonderen Fällen – formbedürftig abgeschlossen werden.

Ehe-, Familien- und Gesellschaftsrecht

Eine Einigung ist auch bei familien- und gesellschaftsrechtlichen Rechtsgeschäften maßgeblich, etwa bei Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen oder gesellschaftsrechtlichen Verträgen. Hier sind zum Teil besondere Formerfordernisse zu beachten, beispielsweise notarielle Beurkundung.


Form und Wirksamkeit der Einigung

Formerfordernisse

Im deutschen Recht gilt grundsätzlich Formfreiheit. Allerdings sieht das Gesetz in bestimmten Fällen eine Schriftform, öffentliche Beglaubigung oder notarielle Beurkundung vor, welche zur Wirksamkeit der Einigung erforderlich ist.

Anfechtung, Nichtigkeit und Wirksamkeit

Eine Einigung kann durch Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB), Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB) rückwirkend unwirksam sein. Ferner kann eine Einigung nichtig sein, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB).

Anwendung von Einigungstheorie und Konsenstheorie

In der deutschen Rechtswissenschaft überwiegt die Konsenstheorie. Maßgebend ist das tatsächliche Vorliegen eines übereinstimmenden Willens; reine Willensmängel können zur Unwirksamkeit führen.


Grenzen und Sonderfälle der Einigung

Dissens (offener und versteckter Dissens)

Ein voll wirksamer Vertrag kommt nur im Fall eines Konsenses zustande. Liegt ein sogenannter Dissens (Einzelheiten sind nicht geklärt oder strittig) vor, ist die Einigung nicht oder nur teilweise zustande gekommen. Das Gesetz unterscheidet zwischen offenem und verstecktem Dissens (§ 154, § 155 BGB).

Bedingte beziehungsweise befristete Einigung

Auch bedingte oder befristete Einigungen sind möglich und führen zu einem bereits wirksamen, jedoch von einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung abhängigen Rechtsgeschäft.


Bedeutung der Einigung im internationalen Recht und im Zivilprozess

Im internationalen Privatrecht spielt die Einigung ebenfalls eine zentrale Rolle, etwa zur Bestimmung des anwendbaren Rechts durch Rechtswahlvereinbarungen. Im Zivilprozess können Parteien durch Einigung den Rechtsstreit etwa durch einen gerichtlichen Vergleich beenden.


Zusammenfassung

Die Einigung bildet im deutschen Recht die Grundlage für das Zustandekommen zahlreicher Rechtsgeschäfte und Rechtsverhältnisse. Ihre Voraussetzungen, Folgen und Besonderheiten sind über verschiedene Rechtsgebiete hinweg detailliert geregelt. Ihre systematische Bedeutung erstreckt sich vom Vertragsrecht über das Sachenrecht bis hin zu familien- und gesellschaftsrechtlichen Konstellationen und stellt ein wesentliches Instrument zur Steuerung und Gestaltung privater und geschäftlicher Beziehungen dar. Die präzise Kenntnis ihrer rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen ist für das Verstehen und Durchsetzen zivilrechtlicher Ansprüche unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Formerfordernisse gelten für eine rechtliche Einigung?

Ob für eine rechtliche Einigung spezielle Formerfordernisse bestehen, hängt im deutschen Recht zunächst von der Art des Rechtsgeschäfts ab, das durch die Einigung begründet werden soll. Grundsätzlich gilt der Grundsatz der Formfreiheit, das heißt, dass Einigungen und Willenserklärungen formfrei, also mündlich, schriftlich oder sogar konkludent (durch schlüssiges Verhalten) abgeschlossen werden können. Allerdings bestehen zahlreiche Ausnahmen, die sich entweder aus dem Gesetz, aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien oder aus der Natur des Rechtsgeschäfts ergeben. Für besonders bedeutsame Rechtsgeschäfte – wie zum Beispiel Grundstückskaufverträge (§ 311b BGB), Eheverträge (§ 1410 BGB) oder Schenkungsversprechen (§ 518 BGB) – ist regelmäßig eine notarielle Beurkundung notwendig. Weitere Beispiele sind Kündigungen, Bürgschaften oder Testamente, für die besondere Formerfordernisse (Schriftform, öffentliche Beurkundung, Eigenhändigkeit u.a.) bestehen. Wird die erforderliche Form nicht eingehalten, ist die Einigung in der Regel nichtig (§ 125 BGB), es sei denn, das Gesetz sieht eine Heilung vor (wie etwa bei nachträglicher Beurkundung oder Bewirken der versprochenen Leistung bei einer Schenkung). Es ist deshalb stets zu prüfen, ob sich aus gesetzlichen Vorschriften oder aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis spezifische Vorgaben hinsichtlich der Form ergeben.

Wann ist eine Einigung rechtlich wirksam und welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen?

Für die rechtliche Wirksamkeit einer Einigung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst müssen mindestens zwei sich deckende Willenserklärungen vorliegen: Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB). Diese Erklärungen müssen sich inhaltlich entsprechen, sprich: der Annahme muss das Angebot ohne Abweichungen zugrunde liegen. Daneben müssen die handelnden Personen geschäftsfähig sein (§§ 104 ff. BGB). Ferner darf kein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder ein Sittenverstoß (§ 138 BGB) vorliegen. Die Willenserklärungen dürfen nicht durch Anfechtung wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung rückwirkend unwirksam geworden sein (§§ 119 ff. BGB). Falls für die Einigung eine besondere Form vorgeschrieben ist, muss auch diese eingehalten werden (siehe vorherige Frage). Sind alle diese Voraussetzungen gegeben, entfaltet die Einigung ihre rechtliche Bindungswirkung zwischen den Parteien.

Wie kann eine Einigung rechtlich angefochten werden und welche Folgen hat das?

Die Anfechtung einer Einigung erfolgt durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 143 BGB), mit der eine Partei ihre Erklärung wegen eines Willensmangels – insbesondere Irrtum, arglistige Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (§§ 119, 123 BGB) – rückwirkend beseitigt. Die Anfechtung ist dem Anfechtungsgegner unverzüglich, spätestens jedoch binnen der gesetzlichen Fristen (bei Irrtum ohne schuldhaftes Zögern, bei Täuschung/Drohung innerhalb eines Jahres ab Entdeckung/Lagebeendigung) zu erklären. Wird die Einigung wirksam angefochten, ist das Rechtsgeschäft gemäß § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an (ex tunc) nichtig. Bereits ausgetauschte Leistungen sind nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) zurückzugewähren. Die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts kann im Einzelfall zu Schadensersatzansprüchen führen, insbesondere wenn eine Partei schuldhaft einen Rechtsschein gesetzt hat (§ 122 BGB).

Welche Bedeutung hat der „dissens“ bei der Einigung aus rechtlicher Sicht?

Von einem „Dissens“ spricht man rechtlich, wenn keine vollständige Übereinstimmung (Konsens) zwischen den Willenserklärungen der Parteien besteht. Es wird unterschieden zwischen offenem Dissens (§ 154 BGB), bei dem die Parteien bewusst erkennen, dass noch Einigungslücken bestehen, und verstecktem Dissens (§ 155 BGB), bei dem die Einigungslücken im Nachhinein entdeckt werden. Im Falle eines offenen Dissens gilt der Vertrag normalerweise als nicht geschlossen, sofern nicht ausnahmsweise anderes gewollt ist. Beim versteckten Dissens kommt es auf die Auslegung der Erklärungen an; die Regel ist, dass der Vertrag nur insoweit wirksam ist, als Einigkeit besteht. Daher ist der Dissens ein zentraler Aspekt bei der rechtlichen Überprüfung, ob und mit welchem Inhalt eine Einigung tatsächlich zustande gekommen ist.

Welche Rolle spielt die Geschäftsfähigkeit bei der Wirksamkeit einer Einigung?

Geschäftsfähigkeit ist eine unabdingbare Voraussetzung für die rechtswirksame Beteiligung an einer Einigung. Geschäftsunfähige Personen (§ 104 BGB) – Kinder unter 7 Jahren, geistig dauerhaft Gestörte – können keine rechtswirksame Willenserklärung abgeben, ihre Erklärungen sind nichtig (§ 105 BGB). Beschränkt geschäftsfähige Personen (7 bis 18 Jahre) können lediglich im Rahmen der sogenannten „Taschengeldklausel“ (§ 110 BGB: lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte oder solche mit Einwilligung der Eltern) wirksam erklären. Fehlt die notwendige Geschäftsfähigkeit, ist die Einigung insgesamt unwirksam. In Praxis und Rechtsprechung ist deshalb besonders auf die Geschäftsfähigkeit der Parteien zu achten, um spätere Anfechtungen oder Unwirksamkeit zu vermeiden.

Kann eine rechtliche Einigung nachträglich geändert oder aufgehoben werden und was ist hierfür erforderlich?

Eine einmal geschlossene Einigung bindet die Parteien grundsätzlich. Änderungsverlangen oder Aufhebung („Rücktritt“, „Widerruf“, „Aufhebungsvertrag“) sind nur möglich, sofern ein gesetzliches (z. B. Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften, §§ 355 ff. BGB), vertraglich vereinbartes oder einvernehmliches Recht dazu besteht. In den meisten Fällen bedarf es einer neuen Einigung („Aufhebungsvertrag“), für die dieselben Voraussetzungen wie bei der ursprünglichen Einigung gelten (Willenserklärungen, Form, Geschäftsfähigkeit etc.). In bestimmten Konstellationen lässt das Gesetz ein einseitiges Lösungsrecht zu (z. B. Rücktritt vom Vertrag bei Mängeln, §§ 323 ff. BGB). Ansonsten kann eine Einigung auch durch Anfechtung oder durch Bedingung/Auflage ihre Wirkung verlieren oder ändern. In jedem Fall sind die geltenden Formvorschriften und etwaige Fristen zu beachten.

Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten bei der Einigung?

Verstößt eine Einigung gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), so ist sie nichtig und daher rechtlich unwirksam. Das bedeutet, dass keinerlei rechtlich verbindliche Ansprüche aus der Einigung entstehen. Das Nichtigkeitsfolgeproblem kann zusätzlich zur Folge haben, dass geleistete Zahlungen oder Übertragungen zurückzugewähren sind (Bereicherungsrecht), außer das Gesetz schließt entsprechende Rückforderungen aus (z. B. bei verbotenen Wetten oder Sittenwidrigkeit, § 817 Satz 2 BGB). Besonders relevant ist diese Problematik etwa bei sittenwidrigen Verträgen, überhöhten Zinsen oder Vereinbarungen zu gesetzlich untersagten Handlungen. Gerichte überprüfen daher den Vertragsinhalt auch auf eventuelle Verstöße und erklären eine solche Einigung im Streitfall für unwirksam.