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Eingliederungsschein


Definition des Eingliederungsscheins

Der Eingliederungsschein (auch: Eingliederungsbescheinigung) ist ein rechtliches Instrument des deutschen Arbeits- und Sozialrechts. Er dient in erster Linie der Förderung besonders schutzwürdiger am Arbeitsmarkt benachteiligter Personen, insbesondere schwerbehinderter Menschen. Der Eingliederungsschein ist eine amtliche Bescheinigung, die als Nachweis gegenüber Arbeitgebern fungiert, wenn ein Anspruch auf Beschäftigung nach bestimmten sozialrechtlichen Bestimmungen besteht oder bestimmte Fördermaßnahmen des Integrationsamts oder der Bundesagentur für Arbeit ausgelöst werden sollen.

Rechtliche Grundlagen des Eingliederungsscheins

Gesetzliche Regelungen

Die rechtliche Grundlage für den Eingliederungsschein ergibt sich vor allem aus dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), welches die Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen sowie die Voraussetzungen ihrer Teilhabe am Arbeitsleben regelt. Ergänzend dazu sind auch das Schwerbehindertenrecht, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) relevant.

Schwerbehindertenrecht (§§ 151 ff. SGB IX)

Das SGB IX regelt die Integration schwerbehinderter Menschen ins Arbeitsleben und sieht Maßnahmen zur Eingliederung in das Erwerbsleben vor. Der Eingliederungsschein ist ein zentraler Nachweis für die Einstellungsbereitschaft und die Beschäftigung einer schwerbehinderten Person.

Bundesversorgungsgesetz (BVG)

Für Kriegsbeschädigte, Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes sowie dienstgeschädigte Personen kann nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ebenfalls ein Eingliederungsschein ausgestellt werden.

Personenkreis (Anspruchsberechtigte)

Anspruchsberechtigt sind insbesondere:

  • Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung gemäß § 2 SGB IX,
  • Menschen mit Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX,
  • Kriegs- und Wehrdienstbeschädigte gemäß §§ 26 ff. Bundesversorgungsgesetz,
  • Personen, die sich aufgrund einer anerkannten Behinderung oder aufgrund einer besonderen Schutzbedürftigkeit (z.B. Rehabilitanden nach SGB VI) um eine Tätigkeit bemühen.

Inhalt und Funktion des Eingliederungsscheins

Wesentliche Inhalte

Der Eingliederungsschein enthält folgende Informationen:

  • Persönliche Daten der eingliederungsberechtigten Person
  • Grund der Ausstellung (z.B. Schwerbehinderung, Gleichstellung, Rehabilitandenstatus)
  • Geltungsdauer (in der Regel begrenzte Zeitspanne)
  • die ausstellende Behörde (i.d.R. Integrationsamt oder Agentur für Arbeit)
  • Hinweise auf rechtliche Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber

Rechtliche Wirkung

Der Eingliederungsschein ist Nachweis für einen gesetzlich normierten Anspruch auf bevorzugte Einstellung und Beschäftigung (§ 164 SGB IX). Arbeitgeber, die öffentlich gefördert werden oder eine Mindestanzahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung stellen, können durch die Einstellung eines Mitarbeiters mit Eingliederungsschein von Erleichterungen, finanziellen Förderungen oder einem Ausgleich der sogenannten „Ausgleichsabgabe“ profitieren.

Einstellungsanspruch

Mit Vorlage des Eingliederungsscheins können schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung von Arbeitsplätzen pochen. Dies gilt insbesondere für öffentliche Arbeitgeber und größere private Unternehmen mit gesetzlicher Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Arbeitnehmer (§ 154 SGB IX).

Fördermaßnahmen

Der Eingliederungsschein kann Voraussetzungen für zusätzliche Leistungen der Integrationsämter oder der Bundesagentur für Arbeit schaffen, etwa:

  • Zuschüsse zum Arbeitsentgelt
  • Kostenübernahme für besondere Hilfsmittel
  • Zuschüsse für die behinderungsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes
  • Übernahme von Kosten für notwendige Qualifizierungsmaßnahmen

Verfahren zur Ausstellung des Eingliederungsscheins

Antragstellung

Die Ausstellung eines Eingliederungsscheins erfolgt auf Antrag der antragsberechtigten Person oder auf Veranlassung eines potenziellen Arbeitgebers. Zuständig ist in der Regel das Integrationsamt oder die Agentur für Arbeit. Für Personen nach dem Bundesversorgungsgesetz können auch andere Versorgungsbehörden zuständig sein.

Prüfverfahren

Im Rahmen des Antragsverfahrens wird überprüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört der Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft, die Vorlage des entsprechenden Bescheids oder die Feststellung der Gleichstellung.

Geltungsdauer und Verlängerung

Der Eingliederungsschein wird in der Regel für sechs Monate ausgestellt, kann jedoch bei Nichtvermittlung oder weiteren Bemühungen auf Antrag verlängert werden.

Rechtsfolgen bei Vorlage eines Eingliederungsscheins

Für Arbeitgeber

Arbeitgeber, insbesondere solche mit Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX, erfüllen durch die Einstellung eines Bewerbers mit Eingliederungsschein ihre gesetzliche Quote zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Dies kann zur Verringerung oder zum Erlass der Ausgleichsabgabe führen.

Für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer mit einem Eingliederungsschein genießen Vorrang bei bestimmten Einstellungen, insbesondere im öffentlichen Dienst. Sie können sich auf gesetzliche Fördermaßnahmen nach SGB IX berufen und haben Anspruch auf spezielle Integrationsleistungen.

Besonderheiten und Ausschlussgründe

Nicht jeder Arbeitsplatz kann mit Hilfe eines Eingliederungsscheins besetzt werden. Der Arbeitsplatz muss den Anforderungen entsprechen, die im Rahmen der jeweiligen Beeinträchtigung zumutbar und möglich sind. Ausgeschlossen sind Arbeitsverhältnisse, wenn die Tätigkeit aus betrieblichen oder gesundheitlichen Gründen nicht ausgeübt werden kann.

Abgrenzung zu ähnlichen Instrumenten

Der Eingliederungsschein unterscheidet sich von anderen urkundlichen Nachweisen, wie zum Beispiel dem Schwerbehindertenausweis oder der Gleichstellungsbescheinigung, durch seine spezifische Funktion im Bewerbungs- und Förderverfahren. Im Gegensatz zu bloßen Bescheinigungen über die Behinderung begründet der Eingliederungsschein einen konkreten und nachweisbaren Anspruch auf bevorzugte Beschäftigung.

Literaturhinweise und Quellen

  • §§ 151-168 SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
  • Bundesversorgungsgesetz (BVG)
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Informationen der Bundesagentur für Arbeit und Integrationsämter

Dieser Artikel bietet eine umfassende, rechtlich fundierte Übersicht über Zweck, Voraussetzungen und Folgen der Ausstellung eines Eingliederungsscheins im deutschen Recht.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsgrundlagen regeln den Eingliederungsschein?

Die rechtlichen Grundlagen für den Eingliederungsschein sind im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) geregelt, insbesondere § 8 und § 45 SGB III. Ergänzende Ausführungsbestimmungen finden sich zudem in Verwaltungsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit. Der Eingliederungsschein wird im Kontext der Förderung der Teilhabe am Arbeitsmarkt und der beruflichen Eingliederung ehemaliger Soldaten auf Zeit, ehemaliger Zivildienstleistender sowie anderer begünstigter Personenkreise verwendet. Ziel ist es, die Wiedereingliederung dieser Personen in das zivile Berufsleben durch spezielle Fördermöglichkeiten zu unterstützen. Zentrale Aspekte sind dabei das Anspruchsrecht, die Ausgestaltung der Förderung sowie die Festlegung förderfähiger Arbeitsverhältnisse und Arbeitgeber. Die gesetzlichen Vorschriften regeln außerdem das Verfahren zur Beantragung, die Bewilligung sowie die Pflichten der Beteiligten. Diese Vorgaben gewährleisten eine rechtssichere Abwicklung und dienen dem Schutz sowohl der anspruchsberechtigten Personen als auch der einstellenden Arbeitgeber.

Wer ist aus rechtlicher Sicht anspruchsberechtigt auf einen Eingliederungsschein?

Anspruch auf einen Eingliederungsschein haben gemäß rechtlicher Vorgaben insbesondere ehemalige Soldaten auf Zeit nach Beendigung ihres Wehrdienstverhältnisses, soweit sie einen Anspruch auf Leistungen zur beruflichen Eingliederung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) haben. Gleiches gilt für bestimmte andere Personengruppen, wie beispielsweise ehemalige Zivildienstleistende und unter bestimmten Voraussetzungen auch Personen, die aufgrund öffentlicher Dienste oder Tätigkeiten Anspruch auf Eingliederung haben. Voraussetzung ist in der Regel, dass die Betroffenen nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht sofort eine angemessene Beschäftigung finden und somit der Eingliederungsschein als Hilfe zur beruflichen Integration dient. Zudem müssen formelle Antragsvoraussetzungen erfüllt und bestimmte Fristen eingehalten werden, die in den jeweiligen Spezialgesetzen und Verwaltungsvorschriften geregelt sind. Die Feststellung der Anspruchsberechtigung erfolgt durch die jeweils zuständige Behörde, meist die Agentur für Arbeit oder das zuständige Versorgungsamt.

Welche rechtlichen Verpflichtungen ergeben sich für Arbeitgeber bei der Einstellung mit einem Eingliederungsschein?

Arbeitgeber, die einen Eingliederungsschein akzeptieren und im Rahmen dessen einen berechtigten Arbeitnehmer einstellen, unterliegen spezifischen rechtlichen Verpflichtungen. Zunächst ist sicherzustellen, dass das Arbeitsverhältnis den Anforderungen des Eingliederungsscheins entspricht – so muss es sich beispielsweise um ein sozialversicherungspflichtiges und grundsätzlich unbefristetes Beschäftigungsverhältnis handeln. Während des Förderzeitraums muss der Arbeitgeber zu festgelegten Zeitpunkten Nachweise über die Durchführung und Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses erbringen. Kommt es zu einem vorzeitigen Abbruch des Arbeitsverhältnisses, muss die Beendigung unmittelbar gemeldet werden, damit eventuell überzahlte Leistungen zurückgefordert werden können. Arbeitgeber müssen zudem dafür sorgen, dass die im Eingliederungsschein angegebenen Bedingungen wie Arbeitszeit, Tätigkeit und Vergütung eingehalten werden; Verstöße können förderrechtliche Konsequenzen und Rückforderungen nach sich ziehen. Schließlich sind datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten, da personenbezogene Daten im Antrags- und Bewilligungsverfahren verarbeitet werden.

Gibt es rechtliche Fristen, die bei der Beantragung und Nutzung des Eingliederungsscheins zu beachten sind?

Ja, es bestehen mehrere rechtlich verbindliche Fristen im Zusammenhang mit dem Eingliederungsschein. Die Beantragung des Eingliederungsscheins muss regelmäßig innerhalb einer bestimmten Frist nach Beendigung des Dienstverhältnisses, meist innerhalb von sechs Monaten, bei der zuständigen Behörde erfolgen. Versäumen Betroffene diese Frist, kann der Anspruch auf Ausstellung des Eingliederungsscheins erlöschen oder erheblich eingeschränkt sein. Auch bei der Einlösung des Schein durch einen Arbeitgeber – das heißt beim Abschluss eines begünstigten Arbeitsvertrages – gelten Fristen: Nach Ausstellung des Eingliederungsscheins ist dieser in der Regel innerhalb von sechs bis zwölf Monaten für die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zu verwenden. Die spezifischen Fristen sind dem Gesetzeswortlaut und den behördlichen Ausführungsbestimmungen zu entnehmen, wobei auch Ausnahmeregelungen (etwa bei nachweisbaren Hinderungsgründen) möglich sein können.

Welche Rechtsfolgen treten bei missbräuchlicher Verwendung des Eingliederungsscheins ein?

Die missbräuchliche Verwendung des Eingliederungsscheins hat verschiedene rechtliche Konsequenzen. Wird der Schein etwa für ein Arbeitsverhältnis verwendet, das nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, oder werden falsche Angaben gemacht, können bereits ausgezahlte Förderungen durch die Bundesagentur für Arbeit oder andere zuständige Stellen rückgefordert werden (§ 48 SGB X). Darüber hinaus kann ein solches Verhalten als Ordnungswidrigkeit oder, bei vorsätzlicher Täuschung und Bereicherungsabsicht, auch als Straftat (z. B. Betrug nach § 263 StGB) geahndet werden. Arbeitgeber, denen ein solcher Missbrauch nachgewiesen wird, riskieren zudem den Ausschluss von weiteren Fördermaßnahmen und, je nach Einzelfall, auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen. Die Betroffenen werden verpflichtend zu Rückmeldungen und Nachweisen aufgefordert, um eine ordnungsgemäße Verwendung des Eingliederungsscheins zu garantieren.

Können Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Eingliederungsschein rechtlich angefochten werden?

Entscheidungen von Behörden bezüglich der Ausstellung, Ablehnung oder Rückforderung im Zusammenhang mit dem Eingliederungsschein sind Verwaltungsakte im Sinne des Verwaltungsrechts und können durch die Betroffenen mit den vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten werden. In der Regel ist zunächst das Widerspruchsverfahren zu durchlaufen, in dem die zuständige Behörde ihre Entscheidung nachprüft. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, besteht die Möglichkeit der Klage beim zuständigen Sozialgericht. Die Rechtsmittelfristen orientieren sich an den allgemeinen Regelungen der Verwaltungsprozessordnung; in der Regel beträgt sie einen Monat ab Zustellung des Bescheids. Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung ist, dass die Ablehnung oder Rückforderung rechtswidrig ist oder Verfahrensfehler vorliegen. Rechtsschutz wird gleichermaßen für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber gewährt, sofern sie durch eine behördliche Entscheidung betroffen sind.