Begriff und Einordnung der Eingemeindung
Eine Eingemeindung ist die Eingliederung einer bisher selbstständigen Gemeinde in eine andere, bereits bestehende Gemeinde. Die eingegliederte Gemeinde verliert dabei ihre rechtliche Selbstständigkeit; ihr Gebiet, ihre Einwohnerinnen und Einwohner sowie ihre Aufgaben gehen auf die aufnehmende Gemeinde über. Eingemeindungen sind eine Form der kommunalen Gebietsänderung und dienen häufig der Neuordnung kommunaler Strukturen, der Bündelung von Verwaltungskapazitäten oder der Anpassung an demografische und wirtschaftliche Entwicklungen.
Abgrenzung zu verwandten Formen
Von der Eingemeindung zu unterscheiden ist die Fusion (Gemeindeneubildung), bei der zwei oder mehrere Gemeinden zu einer neuen Gemeinde verschmelzen. Ebenfalls abzugrenzen sind bloße Grenzkorrekturen, bei denen nur kleinere Flächen übertragen werden, ohne dass eine Gemeinde ihre Selbstständigkeit vollständig verliert. Die Eingemeindung ist zudem kein privatrechtlicher Vorgang, sondern erfolgt durch hoheitliche Entscheidung auf Grundlage des Kommunal- und Landesrechts.
Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten
Die rechtliche Ausgestaltung von Eingemeindungen liegt in Deutschland in der Zuständigkeit der Länder. Dort finden sich Regeln zu Zuständigkeiten, Verfahren, Beteiligung, Inkrafttreten und Rechtsfolgen. Je nach Land kann die Eingemeindung durch Gesetz, Verordnung oder einen anderen hoheitlichen Akt angeordnet werden. Daneben gibt es vertraglich vorbereitete Modelle (Gebietsänderungsverträge), die jedoch erst durch einen staatlichen Hoheitsakt rechtlich wirksam werden.
Verfahren der Eingemeindung
Initiierung
Eine Eingemeindung kann von beteiligten Gemeinden initiiert oder von staatlicher Seite angestoßen werden. Beteiligte kommunale Gremien fassen hierzu Beschlüsse, die den Willen zur Gebietsänderung dokumentieren. In manchen Ländern sind auch Anregungen aus der Bevölkerung oder von übergeordneten Verwaltungseinheiten vorgesehen.
Beteiligung und Anhörung
Vor der Entscheidung werden regelmäßig die betroffenen Gemeinden, übergeordneten Gebietskörperschaften und weitere Stellen beteiligt. Häufig sind öffentliche Auslegungen, Stellungnahmeverfahren oder Informationsformate vorgesehen. Einwohnerinnen und Einwohner haben je nach Landesrecht Möglichkeiten der Mitwirkung, zum Beispiel durch Anhörungen oder Abstimmungen auf kommunaler Ebene. Das Beteiligungsverfahren dient der Ermittlung und Abwägung öffentlicher und örtlicher Belange.
Entscheidung und Inkrafttreten
Die Eingemeindung wird durch einen hoheitlichen Akt festgestellt. Die Entscheidung wird bekannt gemacht und enthält in der Regel einen Stichtag, an dem die Eingemeindung wirksam wird. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Gebiet der ehemaligen Gemeinde als Teil der aufnehmenden Gemeinde, und die entsprechenden Zuständigkeiten gehen über. Übergangsbestimmungen regeln Details der Umstellung.
Rechtsfolgen der Eingemeindung
Rechtsnachfolge
Mit dem Wirksamwerden tritt die aufnehmende Gemeinde grundsätzlich in die Rechte und Pflichten der eingegliederten Gemeinde ein. Diese Rechtsnachfolge erstreckt sich auf öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Rechtsverhältnisse, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Die eingegliederte Gemeinde erlischt als eigenständiger Rechtsträger.
Vermögen, Schulden und Verträge
Das gesamte Vermögen der eingegliederten Gemeinde, einschließlich Grundstücken, Beteiligungen, Forderungen und sonstigen Vermögenswerten, geht auf die aufnehmende Gemeinde über. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten. Laufende Verträge, Konzessionen und Nutzungsrechte bestehen grundsätzlich fort, nunmehr mit der aufnehmenden Gemeinde als Vertragspartnerin. Etwaige Sonderregelungen können Übergänge, Zuordnungen und Ausnahmen festlegen.
Personal und Organe
Beschäftigte der eingegliederten Gemeinde werden in der Regel von der aufnehmenden Gemeinde übernommen. Dienst- und Arbeitsverhältnisse bestehen fort, vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen. Die politischen Organe der eingegliederten Gemeinde (zum Beispiel Gemeinderat und Bürgermeisteramt) enden, während die Organe der aufnehmenden Gemeinde fortbestehen. Für die demokratische Vertretung vor Ort können besondere Ortsstrukturen vorgesehen werden.
Satzungen, Ortsrecht und Abgaben
Das Ortsrecht der eingegliederten Gemeinde (Satzungen, Verordnungen) gilt üblicherweise für einen Übergangszeitraum fort, soweit es nicht mit höherrangigem Recht kollidiert und bis es durch das Recht der aufnehmenden Gemeinde ersetzt oder angepasst wird. Abgabensätze, Gebührenordnungen und Steuerhebesätze können daher vorübergehend gebietsweise unterschiedlich sein, bis eine Vereinheitlichung erfolgt.
Ortsrechtliche Identität und Vertretung
Zur Wahrung örtlicher Belange können Ortschaftsverfassungen, Ortschaftsräte oder Ortsvorsteher eingerichtet werden. Diese Gremien vertreten die Interessen der betroffenen Ortsteile innerhalb der aufnehmenden Gemeinde und wirken bei ortsbezogenen Angelegenheiten mit. Umfang und Befugnisse sind landesrechtlich und satzungsrechtlich ausgestaltet.
Planung, Bauen und Straßen
Zuständigkeiten in der Bauleitplanung, im Straßen- und Wegewesen sowie im Liegenschaftswesen gehen auf die aufnehmende Gemeinde über. Bestehende Bebauungspläne und sonstige ortsrechtliche Regelungen behalten grundsätzlich Geltung, bis sie geändert oder aufgehoben werden. Straßenbaulast, Widmungen und verkehrsrechtliche Anordnungen werden entsprechend neu zugeordnet.
Öffentliche Einrichtungen und Daseinsvorsorge
Schulen, Kindertagesstätten, Feuerwehren, kulturelle Einrichtungen und sonstige öffentliche Einrichtungen der eingegliederten Gemeinde werden der aufnehmenden Gemeinde zugeordnet. Trägerschaften, Benutzungsregelungen und Gebührenordnungen können übergangsweise fortgelten und später harmonisiert werden.
Wirtschaftliche Betätigung und Verbände
Beteiligungen, Eigenbetriebe und Unternehmen der eingegliederten Gemeinde gehen auf die aufnehmende Gemeinde über, soweit keine abweichenden Regelungen bestehen. Mitgliedschaften in kommunalen Zweckverbänden werden angepasst; die aufnehmende Gemeinde tritt an die Stelle der eingegliederten Gemeinde oder es erfolgt eine Neuzuordnung.
Finanzielle Wirkungen
Finanzausgleich und Umlagen
Die Eingemeindung wirkt sich auf Schlüsselzuweisungen, Umlagen und weitere transfersystemische Komponenten aus, da Einwohnerzahlen, Steuerkraft und Flächengrößen zusammengeführt werden. Übergangsmechanismen können finanzielle Brüche abfedern und Anpassungszeiträume vorsehen.
Gebühren und Steuern
Gebühren und kommunale Steuern können nach der Eingemeindung zeitweilig unterschiedlich hoch sein, wenn das Ortsrecht übergangsweise fortgilt. Ziel ist meist eine schrittweise Harmonisierung, die die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt.
Rechte und Rechtsschutz
Schutz der kommunalen Selbstverwaltung
Betroffene Gemeinden haben Anspruch auf Beachtung ihres Selbstverwaltungsrechts. Dazu gehören insbesondere ordnungsgemäße Anhörung und Abwägung. Gegen gebietsändernde Maßnahmen stehen je nach Landesrecht gerichtliche Überprüfungsmöglichkeiten offen. Maßstab ist die Vereinbarkeit der Maßnahme mit den verfassungsrechtlich geschützten Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung und den einschlägigen landesrechtlichen Vorgaben.
Rechte der Einwohnerinnen und Einwohner
Einwohnerinnen und Einwohner können nach Maßgabe des Landesrechts an Verfahren mitwirken, etwa durch Informations- und Beteiligungsformate. Mit Inkrafttreten ändern sich kommunale Zuständigkeiten, Wahlzuordnungen und straßen- sowie melderechtliche Bezüge. Ortsteile können durch besondere Vertretungen in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
Unternehmen und Dritte
Rechtsbeziehungen zu Unternehmen und anderen Dritten setzen sich fort, nunmehr gegenüber der aufnehmenden Gemeinde. Erlaubnisse, Genehmigungen, Beitrags- und Gebührenbescheide bleiben grundsätzlich wirksam. Anpassungen erfolgen durch Bekanntmachungen und organisatorische Umstellung.
Zeitliche und organisatorische Umstellung
Stichtag und Übergang
Die Eingemeindung wird zu einem festgelegten Stichtag wirksam. Übergangsregeln betreffen häufig Haushaltsführung, Kassen- und Rechnungswesen, IT-Systeme, Aktenführung, Adress- und Beschilderungsanpassungen sowie die Harmonisierung von Satzungen. Die praktische Umsetzung erfolgt schrittweise und wird durch Bekanntmachungen begleitet.
Sonderformen und Alternativen
Gebietsänderungsverträge
Häufig bereiten die beteiligten Gemeinden die Eingemeindung durch einen Gebietsänderungsvertrag vor. Dieser regelt Eckpunkte wie Vermögenszuordnung, Ortsstrukturen, Personalüberleitung und Übergangsfristen. Wirksam werden solche Vereinbarungen erst durch den staatlichen Hoheitsakt, der die Gebietsänderung anordnet.
Interkommunale Zusammenarbeit
Als Alternative zur Eingemeindung kommen Formen der interkommunalen Zusammenarbeit in Betracht, bei denen Gemeinden ihre Selbstständigkeit behalten und einzelne Aufgaben gemeinsam wahrnehmen. Diese Modelle verändern die Gebietsgrenzen nicht, können aber ähnliche Effizienzgewinne in einzelnen Aufgabenfeldern bewirken.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Eingemeindung
Was bedeutet eine Eingemeindung rechtlich?
Rechtlich ist die Eingemeindung die Auflösung der Selbstständigkeit einer Gemeinde und der Übergang ihrer Rechte, Pflichten, Aufgaben und ihres Gebietes auf eine andere, aufnehmende Gemeinde. Die eingegliederte Gemeinde erlischt als eigener Rechtsträger.
Wer entscheidet über eine Eingemeindung?
Die Entscheidung trifft eine staatliche Stelle des jeweiligen Landes auf Grundlage der dort geltenden Regelungen. Zuvor werden in der Regel die betroffenen Gemeinden beteiligt und angehört; vielfach bereiten kommunale Beschlüsse den Vorgang vor.
Welche Folgen hat eine Eingemeindung für bestehende Satzungen und Steuern?
Ortsrecht der eingegliederten Gemeinde gilt regelmäßig übergangsweise fort. Dadurch können Gebühren und Steuerhebesätze vorübergehend unterschiedlich sein, bis die aufnehmende Gemeinde ihr Recht vereinheitlicht.
Was passiert mit Vermögen, Schulden und Verträgen?
Vermögen, Verbindlichkeiten und laufende Verträge der eingegliederten Gemeinde gehen grundsätzlich auf die aufnehmende Gemeinde über. Abweichungen können in Übergangs- oder Zuordnungsregelungen festgelegt sein.
Bleibt die örtliche Vertretung im Ortsteil erhalten?
Zur Wahrung örtlicher Belange können in der aufnehmenden Gemeinde Ortschaftsräte oder Ortsvorsteher eingerichtet werden. Umfang und Befugnisse ergeben sich aus Landesrecht und der Hauptsatzung der aufnehmenden Gemeinde.
Welche Mitwirkungsrechte haben Einwohnerinnen und Einwohner?
Mitwirkungsrechte ergeben sich aus den landesrechtlichen Beteiligungsvorgaben und kommunalen Regelungen. Üblich sind Anhörungen und Informationsverfahren; in einigen Ländern sind weitere Beteiligungsformen vorgesehen.
Wie wirkt sich die Eingemeindung auf Personal und Mandatsträger aus?
Beschäftigte werden in der Regel von der aufnehmenden Gemeinde übernommen. Mandate und Ämter der eingegliederten Gemeinde enden mit Wirksamwerden; die demokratische Vertretung erfolgt fortan über die Organe der aufnehmenden Gemeinde und gegebenenfalls über Ortschaftsgremien.
Ab wann gilt die Eingemeindung?
Maßgeblich ist der durch den hoheitlichen Akt festgelegte Stichtag. Ab diesem Zeitpunkt gelten die neuen Gebietsgrenzen, Zuständigkeiten und Rechtsfolgen; Übergangsregeln steuern die praktische Umstellung.