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Einfuhrumsatzsteuer


Einfuhrumsatzsteuer: Rechtliche Grundlagen und Bedeutung

Die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) ist eine besondere Form der Umsatzsteuer, die auf die Einfuhr von Waren aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (Drittländer) in das Zollgebiet der Europäischen Union erhoben wird. Als Verkehrssteuer dient die Einfuhrumsatzsteuer dem Zweck, die Gleichbehandlung von eingeführten und inländisch produzierten Waren im Hinblick auf die Umsatzbesteuerung sicherzustellen. Nachfolgend werden die rechtlichen Grundlagen, Erhebungsmechanismen, Bemessungsgrundlagen, Unterschiede zur Umsatzsteuer, Besonderheiten im internationalen Handel sowie die wichtigsten Ausnahmen und Sonderregelungen im Detail dargestellt.

Rechtliche Grundlagen der Einfuhrumsatzsteuer

Gesetzliche Regelung

Die Einfuhrumsatzsteuer ist im deutschen Mehrwertsteuergesetz (Umsatzsteuergesetz – UStG) geregelt. Maßgeblich sind insbesondere die §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 21 und 21a UStG. Ergänzende Vorgaben ergeben sich aus dem Zollkodex der Union (Verordnung (EU) Nr. 952/2013 – UZK) und weiteren unionsrechtlichen Vorschriften, etwa Verordnungen zur Feststellung der Zollschulden oder Abgabenbefreiung.

Steuergegenstand

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG unterliegt die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland der Einfuhrumsatzsteuer. Für die Besteuerung wird als Einfuhr jede Warenverbringung aus einem Drittland in das Zollgebiet der Union angesehen, soweit die eingeführten Waren dem zollrechtlich freien Verkehr zugeführt werden.

Entstehungstatbestand und Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer

Entstehung der Steuer

Die Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht nach § 21 Abs. 2 UStG mit der Anmeldung zum freien Verkehr, d. h. mit der Überführung der eingeführten Ware aus einem Drittland in das Inland (Union). Die Steuer ist grundsätzlich im Zeitpunkt der Überlassung der Ware zur freien Verfügung zu entrichten.

Steuerschuldner

Als Steuerschuldner gilt in der Regel derjenige, der die Einfuhr vornimmt, das heißt der Importeur oder Anmelder im zollrechtlichen Sinne (§ 21 Abs. 3 UStG in Verbindung mit Art. 77 UZK). Kommt es zur Überführung der Ware durch eine Spedition oder einen Dritten, kann die Steuerschuld auch auf diese übergehen. Die Vorschriften zu Gesamtschuldnerschaft und möglichen Haftungen sind im deutschen Zollrecht sowie in den unionsrechtlichen Regelungen enthalten.

Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer

Herleitung der Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer unterscheidet sich von der Grundlage für die Regelumsatzsteuer. Sie ist in § 11 UStG geregelt. Die Steuer berechnet sich grundsätzlich auf Basis des Zollwerts der eingeführten Ware (Art. 69 UZK), also dem Betrag, den der Käufer im Drittland für die Ware tatsächlich bezahlt oder zu bezahlen hat.

Erweiterungen der Bemessungsgrundlage

Zur Bemessungsgrundlage zählen neben dem Zollwert auch bestimmte Nebenkosten, wie etwa Transportkosten bis zum Ort der Einfuhr, Versicherung, Provisionen und weitere Abgaben, die im Zusammenhang mit der Einfuhr entstehen, soweit sie nicht bereits im Zollwert enthalten sind.

Abzüge und Sonderfälle

Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören nachträgliche Skonti, Rabatte und Preisnachlässe, soweit sie im Zeitpunkt der Einfuhr feststehen und nachweisbar sind. Auch Zölle und Verbrauchsteuern, die im Drittland auf die Ware entfallen, sind nicht als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Abgrenzung zur Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug

Anders als die Umsatzsteuer auf inländische Lieferungen und Leistungen wird die Einfuhrumsatzsteuer nicht mit einer inländischen Rechnung ausgewiesen, sondern bei der Zollabfertigung erhoben. Sie ist für Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, in voller Höhe als Vorsteuer abziehbar (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG), soweit die Ware dem Unternehmensbereich zuzuordnen ist.

Behandlung im internationalen Warenverkehr

Bedeutung für Importeure

Für Unternehmen, die Waren aus Drittländern einführen, stellt die Einfuhrumsatzsteuer einen durchlaufenden Posten dar; sie ist zwar zunächst zu zahlen, kann jedoch im Rahmen der monatlichen oder vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht werden, sofern die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind.

Zusammenwirken mit Zollabgaben

In der Praxis wird die Einfuhrumsatzsteuer von der Zollverwaltung zusammen mit etwaigen Einfuhrzöllen erhoben. Die Höhe der Einfuhrumsatzsteuer ist separat auszuweisen und zu entrichten. Die Einfuhrabgaben sind an die Zollbehörden zu zahlen, die in Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen agieren.

Steuerbefreiungen, Sonderregelungen und Ermäßigungen

Steuerbefreiungen

Es existieren verschiedene Steuerbefreiungen für die Einfuhrumsatzsteuer, insbesondere im Zusammenhang mit besonderen Verwendungszwecken oder speziellen Warenarten. Zu den wichtigsten Ausnahmen zählen:

  • Einfuhr von Gegenständen, die unmittelbar in einen steuerfreien Ausfuhrlieferungsvorgang eingebunden werden (§ 5 Abs. 1 UStG)
  • Rückwaren unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn nachgewiesen wird, dass die eingeführte Ware zuvor legal exportiert wurde
  • Einfuhr von Waren unter besonderen Zollverfahren (aktive Veredelung, vorübergehende Verwendung)
  • Einfuhr von Übersiedlungsgut, bestimmten Investitionsgütern oder Hilfsgütern nach offiziellen Listen

Kleinbetragsregelung und besondere Verfahren

Für geringwertige Sendungen (z. B. Warenwert unter 150 Euro) gelten Vereinfachungen und eventuell Befreiungen im Rahmen der unionsrechtlichen Einfuhrumsatzsteuerregelungen. Darüber hinaus gibt es besondere Vereinfachungen für Unternehmen mit bewährtem Status, wie etwa das Verfahren der zugelassenen wirtschaftlichen Beteiligten.

Einzug und Verwaltung der Einfuhrumsatzsteuer

Die Erhebung, Festsetzung und Verwaltung der Einfuhrumsatzsteuer erfolgen durch die Zollverwaltung. Zuständig sind die Hauptzollämter. Der Einzug der Steuer geschieht im Rahmen der Zollabfertigung, die Festsetzung erfolgt über den Zollbescheid. Die Einfuhrumsatzsteuer muss innerhalb der festgesetzten Zahlungsfrist entrichtet werden, Verzögerungen führen zu Säumniszuschlägen und weiteren Ordnungsmitteln.

Rechtsbehelfe und Rechtsschutz

Betroffene können gegen die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides Einspruch einlegen. Im Falle der Ablehnung des Einspruchs steht der Klageweg zum Finanzgericht offen. Die Einfuhrumsatzsteuer unterliegt dabei denselben Rechtsschutzmechanismen wie alle Abgaben, Steuern und Zölle.

Bedeutung der Einfuhrumsatzsteuer im Steuersystem

Die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer trägt neben der fiskalischen auch eine regulative Funktion zur Sicherung des Wettbewerbs bei. Sie stellt sicher, dass eingeführte Waren denselben steuerlichen Belastungen unterliegen wie heimische Produkte und verhindert so steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen Waren des Binnenmarkts und Importwaren.


Zusammenfassung
Die Einfuhrumsatzsteuer ist ein integraler Bestandteil der Umsatzbesteuerung im internationalen Warenverkehr. Sie basiert auf EU-rechtlichen und nationalen steuerlichen Vorgaben und verfolgt das Ziel, die Gleichbehandlung eingeführter Waren mit inländischen Produkten sicherzustellen. Ihre Erhebung, die vielfältigen Ausnahmen und ihre Rolle im unternehmerischen Vorsteuerabzug machen sie zu einem essenziellen Faktor für Unternehmen im internationalen Handel. Ein umfassendes Verständnis ihrer rechtlichen Grundlagen und ihrer praktischen Bedeutung ist für die steuerliche Behandlung von Einfuhren elementar.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist bei der Einfuhr aus einem Drittland Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer?

Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist nach § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) regelmäßig die Person, die im Zeitpunkt der Einfuhr der Waren aus einem Drittland in das Inland als „Anmelder“ im zollrechtlichen Sinne auftritt. Dies ist üblicherweise derjenige, der gegenüber dem Zoll die Anmeldung zur Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr vornimmt, also der Importeur oder ein von ihm bevollmächtigter Vertreter (z. B. ein Spediteur, der für Rechnung des Importeurs handelt). Maßgeblich ist, wer gemäß den zollrechtlichen Vorschriften als Anmelder gilt. Es kann sich auch um mehrere Personen handeln, wenn beispielsweise eine gesamtschuldnerische Haftung bei Zollgemeinschaften oder im Rahmen von Sammelverzollungen besteht. Werden Waren im Rahmen einer Organschaft eingeführt, ist grundsätzlich das Organträgerunternehmen Steuerschuldner, sofern es als Anmelder auftritt. Die Steuerschuld entsteht grundsätzlich bereits mit dem Entstehen der Zollschuld.

Gibt es Möglichkeiten zur Befreiung oder Ermäßigung der Einfuhrumsatzsteuer?

Im rechtlichen Kontext sieht das Umsatzsteuergesetz verschiedene Befreiungstatbestände für die Einfuhrumsatzsteuer vor. Nach § 5 UStG sind etwa im Ausland bearbeitete Gegenstände, Rückwaren, bestimmte eingeführte Arzneimittel und Hilfsmittel oder auch Gegenstände geringfügigen Wertes und bestimmte Warensendungen als Privatgeschenke von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, sofern sie die definierten Voraussetzungen erfüllen. Die jeweiligen Einzelheiten, wie Wertgrenzen bei Geschenksendungen, Bedingungen für Rückwaren (innerhalb von drei Jahren rückgeführte Waren ohne Veränderung außer normalen Verschleiß), oder die besonderen Anforderungen für bestimmte Warengruppen, sind im Gesetz und in den entsprechenden Verordnungen präzise geregelt. Eine Ermäßigung des Steuersatzes ist ebenfalls möglich, beispielsweise bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder bestimmten Lebensmitteln, so wie sie auch bei Inlandslieferungen mit ermäßigter Umsatzsteuer gelten würden. Für den Nachweis der Steuerbefreiung sind regelmäßig besondere Dokumentationspflichten gegenüber dem Zoll zu beachten.

Wie wird die Einfuhrumsatzsteuer bei Reihengeschäften innerhalb der Europäischen Union behandelt?

Im Falle von Reihengeschäften, die eine Wareneinfuhr aus einem Drittland in die Europäische Union betreffen, ist die Bestimmung des Steuerschuldners und die Zuordnung der Einfuhrumsatzsteuer zum jeweiligen Erwerbsgeschäft entscheidend. Gemäß § 3 Abs. 8 UStG gilt grundsätzlich als Ort der Einfuhr der Ort, an dem die Waren in den Wirtschaftskreislauf der EU übergehen, meistens also der erste Bestimmungsort im Inland. Wenn ein Reihengeschäft vorliegt und ein weiteres Unternehmen (z. B. ein Zwischenhändler) als Anmelder der Einfuhr auftritt, kann diesem die Einfuhrumsatzsteuer zugerechnet werden. Wird die Einfuhr zur Befriedigung des Abnehmers vorgenommen, ist dieser als Steuerschuldner anzusehen, sofern die Voraussetzungen des § 3 Abs. 8 Satz 2 UStG erfüllt sind. Diese Rechtsfolgen haben Auswirkungen auf das Vorsteuerabzugsrecht der beteiligten Unternehmen und erfordern eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Dokumentation der zugrunde liegenden Liefer- und Leistungsbeziehungen.

Welche Regelungen bestehen hinsichtlich des Vorsteuerabzugs bei der Einfuhrumsatzsteuer?

Der Vorsteuerabzug aus der Einfuhrumsatzsteuer ist in § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG geregelt. Danach ist ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer berechtigt, die bei der Einfuhr auf ihn entfallende und von ihm tatsächlich entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend zu machen, wenn die eingeführten Gegenstände für sein Unternehmen bestimmt sind. Voraussetzung ist eine ordnungsgemäße zollamtliche Einfuhrabfertigung und der Nachweis der bezahlten Steuer durch entsprechende Unterlagen, etwa den Steuerbescheid des Zollamtes. Ist ein Dienstleister (z. B. Spediteur) als indirekter Vertreter auftritt, muss eindeutig zwischen den Parteien geregelt sein, wem die Ware wirtschaftlich zuzurechnen ist; nur diese Partei kann die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ist im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung geltend zu machen, wobei die Dokumentation zu Prüfzwecken 10 Jahre aufzubewahren ist.

Wie erfolgt die Festsetzung und Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer aus formaler Sicht?

Die Einfuhrumsatzsteuer wird grundsätzlich im Rahmen des Zollverfahrens festgesetzt und erhoben. Dazu erstellt das zuständige Hauptzollamt nach Überprüfung der Einfuhranmeldung einen Steuerbescheid, der die Berechnungsgrundlage und den Steuerbetrag enthält. Die Steuer muss in der Regel gleichzeitig mit den erhobenen Einfuhrabgaben (wie etwa dem Zoll) entrichtet werden. Der Steuerbetrag ist gleichzeitig mit der Annahme der Zollanmeldung fällig, wobei bestimmte Zahlungsbedingungen, wie z. B. das Bewilligen von Zahlungsaufschub oder die Teilnahme am sogenannten Aufschubverfahren (§ 21 Abs. 3 UStG, § 80 Zollkodex-Durchführungsgesetz), möglich sind. Bei Verstößen gegen diese Pflichten, etwa durch verspätete oder nicht vollständige Zahlung, drohen neben der Festsetzung von Säumniszuschlägen auch straf- oder bußgeldbewährte Maßnahmen nach dem Zoll- und Steuerrecht.

Welche Konsequenzen ergeben sich bei Verstößen gegen die Vorschriften zur Einfuhrumsatzsteuer?

Verstöße gegen die Vorschriften zur Einfuhrumsatzsteuer, etwa durch unrichtige, unvollständige oder verspätete Anmeldungen, nicht ordnungsgemäße Entrichtung oder versuchte Steuerhinterziehung, haben sowohl zollrechtliche als auch steuer- und strafrechtliche Konsequenzen. Das Gesetz sieht bei leichteren Verstößen zunächst unbürokratische Maßnahmen wie Nachforderungen und Verzugszinsen vor. Liegt jedoch eine vorsätzliche Steuerverkürzung (§ 370 AO) oder gar eine Steuerhinterziehung vor, drohen empfindliche Geld- und Freiheitsstrafen, wenn der Steuerschaden erheblich ist. Auch der Versuch ist bereits strafbar. Darüber hinaus ist das betroffene Unternehmen gegenüber der Zollbehörde zur Zahlung nachträglicher Steuerforderungen, Säumniszuschlägen sowie gegebenenfalls Bußgeldern verpflichtet. Im Wiederholungsfall können weitere Maßnahmen, wie der Entzug bestimmter Zollprivilegien (z. B. vereinfachte Zollverfahren), erfolgen.

Welche Rolle spielt der Zollwert bei der Bemessung der Einfuhrumsatzsteuer?

Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer ist nach § 11 Abs. 1 UStG in Verbindung mit Art. 69 Zollkodex der Europäische Union der sogenannte Zollwert. Hierunter versteht man den Wert, der für die Waren bei der Einfuhr zu bestimmen ist und u. a. den Kaufpreis, Transport- und Versicherungskosten bis zum Tag der Einfuhr sowie gegebenenfalls weitere, vom Importeur zu tragende Nebenkosten umfasst. Auch nachträglich abgerechnete Kosten, wie Lizenzgebühren oder Vermittlungsprovisionen, können in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Der Zollwert muss unter Beachtung zollrechtlicher Vorschriften (Art. 70 ff. EU-Zollkodex) korrekt und vollständig deklariert werden. Unzutreffende Angaben oder spätere Änderungen des Zollwertes wirken sich unmittelbar auf die Höhe der Einfuhrumsatzsteuer und damit auch auf das Vorsteuerabzugsrecht aus und können zu Nachforderungen oder Sanktionen führen.