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Einfuhrabgaben


Begriff und rechtlicher Rahmen von Einfuhrabgaben

Einfuhrabgaben sind sämtliche steuerlichen und zollrechtlichen Abgaben, die beim grenzüberschreitenden Verbringen von Waren aus einem Drittland in das Zollgebiet der Europäischen Union (EU) oder eines Mitgliedstaates erhoben werden. Diese Abgaben dienen neben fiskalischen Zwecken dem Schutz des Binnenmarktes, der Steuerung des Außenhandels sowie der Umsetzung wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Die rechtlichen Grundlagen für Einfuhrabgaben finden sich sowohl im Unionsrecht als auch im nationalen Recht der Mitgliedstaaten.


Arten von Einfuhrabgaben

Zollabgaben

Zölle sind die traditionell wichtigste Kategorie der Einfuhrabgaben. Sie werden auf der Grundlage des Zolltarifs der Union, insbesondere nach der Zolltarifnummer einer Ware sowie ihrem Wert oder ihrer Menge berechnet. Zölle unterscheiden sich nach dem Erhebungsgrund (z. B. Wertzoll, spezifischer Zoll) und können als Festzölle, Mindest- oder Höchstzölle ausgestaltet sein. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen finden sich in der Zollkodex-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 952/2013).

Einfuhrumsatzsteuer

Die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) ist eine besondere Form der Umsatzsteuer, die bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern in das Inland (insbesondere Deutschland) anfällt. Ihre Bemessungsgrundlage orientiert sich regelmäßig am Zollwert der Ware zuzüglich weiterer Kosten (z. B. Transport, Versicherung bis zum ersten Bestimmungsort im Inland). Die Einfuhrumsatzsteuer ist nach § 21 UStG eine Verbrauchsteuer und unterliegt den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuerrechts.

Verbrauchsteuern

Bestimmte Waren unterliegen neben Zollabgaben und der Einfuhrumsatzsteuer spezifischen Verbrauchsteuern. Hierzu zählen insbesondere Tabaksteuer, Alkoholsteuer, Mineralölsteuer und Kaffeesteuer. Die rechtlichen Grundlagen für diese Einfuhrabgaben ergeben sich aus den jeweiligen Verbrauchsteuergesetzen.

Zusätzliche Abgaben und Maßnahmen

Neben den vorgenannten Einfuhrabgaben können weitere Abgabenarten wie Antidumpingzölle, Ausgleichszölle, Landwirtschaftliche Abgaben oder Schutzmaßnahmen gemäß WTO-Regeln anfallen. Deren Erhebung erfolgt meist auf Grundlage spezieller unionsrechtlicher oder nationaler Verordnungen zur Abwehr von Handelsverzerrungen oder unlauterem Wettbewerb.


Rechtliche Grundlagen

Unionsrechtliche Normen

Die wesentlichen Regelungen über Einfuhrabgaben im Anwendungsbereich der EU sind im Unionszollkodex (UZK), seiner Delegierten Verordnung und Durchführungsverordnung sowie im Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) niedergelegt. Zusätzliche Regelungen enthalten die jeweiligen Vorschriften über spezifische Abgaben wie die Antidumpingverordnung der EU und die Verbrauchsteuerrichtlinien.

Nationales Recht

Im deutschen Recht sind die Einfuhrabgaben insbesondere im Zollverwaltungsgesetz (ZollVG), der Abgabenordnung (AO), dem Gesetz über den internationalen Warenverkehr (AWG), dem Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie den Verbrauchsteuergesetzen geregelt. Nationale Vorschriften vollziehen und ergänzen die Vorgaben des Unionsrechts.


Entstehung und Erhebung der Einfuhrabgaben

Entstehungstatbestand

Einfuhrabgaben entstehen regelmäßig mit der Überführung von Waren in ein zoll- und steuerrechtlich relevantes Verfahren, insbesondere mit der Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr (§ 21 UStG). Die Verpflichtung zur Abgabe entsteht bereits mit der Anmeldung zur Überführung oder in bestimmten Fällen mit der illegalen Verbringung von Waren in das Zollgebiet (z. B. Schmuggel).

Anmeldeverfahren und Festsetzung

Die Entrichtung der Einfuhrabgaben setzt die Anmeldung der Waren bei der zuständigen Zollbehörde voraus. Die Festsetzung erfolgt regelmäßig durch den Zollbescheid, in welchem die Höhe der zu entrichtenden Abgaben (Zölle, Einfuhrumsatzsteuer, Verbrauchsteuer) festgestellt wird. Die Zahlung ist innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu leisten; bei Nichtzahlung kann die Zollbehörde Vollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Haftung und Sicherheiten

Für Einfuhrabgaben haftet regelmäßig der Anmelder (meist der Einführer bzw. Importeur). Im Falle von Zollverfahren mit Aufschubregelung oder unklarer Verantwortlichkeiten (z. B. Transithandel, Frachtführer) können auch andere Personen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Die Zollbehörden haben das Recht, die Bestellung von Sicherheiten zu verlangen (§ 118 AO).


Befreiungen und Ausnahmen von Einfuhrabgaben

Regelmäßige Befreiungstatbestände

Verschiedene gesetzliche Regelungen sehen Ausnahmen oder Erleichterungen bei der Erhebung von Einfuhrabgaben vor. Hierzu zählen z. B.:

  • Befreiungen für Waren mit geringem Wert (Kleinsendungen)
  • Persönlicher Bedarf bei Übersiedlung
  • Befreiungen für Waren im Rahmen diplomatischer oder humanitärer Zwecke

Zollpräferenzen und internationale Abkommen

Durch Zollpräferenzabkommen kann für bestimmte Waren ein ermäßigter oder gar kein Zollsatz angewendet werden. Diese Präferenzregelungen sind häufig an die Vorlage von Ursprungsnachweisen (z. B. EUR.1, Ursprungserklärung) gekoppelt und dienen der Förderung des Handels mit bestimmten Staaten oder Staatengruppen.


Rechtsmittel und Rechtsschutz

Gegen die Festsetzung von Einfuhrabgaben besteht die Möglichkeit des Einspruchs bzw. Widerspruchs bei der zuständigen Zollbehörde. Im Streitfall kann die Angelegenheit außerdem zur Entscheidung an die Finanzgerichte bzw. in letzter Instanz an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht werden. Maßgebliche Fristen und Formerfordernisse sind zu beachten; die Nichtbeachtung kann zu einem vollständigen Rechtsverlust führen.


Bedeutung und Funktion der Einfuhrabgaben

Einfuhrabgaben erfüllen zentrale Funktionen innerhalb des internationalen und nationalen Wirtschaftsverkehrs. Sie sichern staatliche Einnahmen, schützen die heimische Wirtschaft vor unlauterem Wettbewerb, unterstützen steuerliche Regulierungszwecke (insbesondere bei Verbrauchssteuern) und sind integraler Bestandteil externer Handels- und Wirtschaftspolitik. Ihre rechtskonforme Abwicklung und Beachtung ist daher für alle Beteiligten von erheblicher Bedeutung.


Fazit

Einfuhrabgaben stellen ein komplexes, vielschichtig geregeltes Teilgebiet des Steuer- und Zollrechts dar. Sie umfassen verschiedene Abgabentypen, deren rechtliche Erhebung, Bemessung und Abwicklung sich nach einem umfassenden Regelungsgeflecht aus Unions- und nationalem Recht richtet. Ihr Verständnis und die Beachtung der maßgeblichen Vorschriften sind für Importeure, Händler und alle am internationalen Warenverkehr beteiligten Akteure unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden Einfuhrabgaben gesetzlich erhoben und welche Rechtsgrundlagen gelten in Deutschland?

Einfuhrabgaben werden in Deutschland nach den Bestimmungen der jeweils einschlägigen nationalen und unionsrechtlichen Vorschriften erhoben. Zentrale Rechtsgrundlage für die Erhebung von Zöllen ist der Unionszollkodex (UZK – Verordnung (EU) Nr. 952/2013), der seit dem 1. Mai 2016 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar gilt. Ergänzt wird dieser durch diverse Durchführungsvorschriften und delegierte Rechtsakte, etwa die Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 und die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446. Neben dem Zoll können auch Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 21 UStG sowie gegebenenfalls Verbrauchsteuern auf bestimmte Warenarten anfallen, deren rechtliche Grundlagen im jeweiligen Verbrauchsteuergesetz (z.B. dem Tabaksteuergesetz oder Energiesteuergesetz) geregelt sind. Die nationale Durchführung und Verwaltung erfolgt durch die deutschen Zollbehörden, die den Rahmen und die konkreten Erhebungsvorgänge über die Zollverwaltungsgesetze regeln. Rechtsmittel gegen Festsetzungen können nach §§ 348 ff. AO (Abgabenordnung) eingelegt werden.

Welche Verfahrensvorschriften sind bei der Anmeldung von Einfuhrabgaben zu beachten?

Für die Anmeldung und Entrichtung von Einfuhrabgaben sind die Verfahrensvorschriften des Unionszollkodex maßgeblich. Die Zollanmeldung muss grundsätzlich elektronisch über das IT-Verfahren „ATLAS“ erfolgen, es sei denn, spezifische Ausnahmeregelungen gelten (notwendige Ersatzverfahren in bestimmten Fällen). Die Anmeldung hat alle erforderlichen Angaben zum Warenwert, zur Warennummer nach dem Harmonisierten System sowie zum Ursprung und Bestimmungsland zu enthalten. Unterlagen wie Handelsrechnung, Frachtbriefe oder Ursprungspapiere sind beizufügen. Nach Artikel 195 UZK entsteht die Zollschuld grundsätzlich im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Die Zahlungspflichtigen erhalten anschließend einen Abgabenbescheid und müssen die fälligen Einfuhrabgaben innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen begleichen. Die Zahlungsfrist beträgt in der Regel zehn Tage nach der Mitteilung des Abgabenbetrages.

Welche Ausnahmen und Befreiungen von Einfuhrabgaben sieht das Recht vor?

Das europäische und nationale Recht sieht verschiedene Ausnahmen und Befreiungen von der Einfuhrabgabenpflicht vor. Nach Artikel 23 und 25 des UZK bestehen z.B. Zollbefreiungen für bestimmte Warenarten (z.B. Rückwaren, diplomatische Sendungen, Umzugsgut) oder bei Wiederausfuhr innerhalb festgelegter Fristen. Auch für Waren unterhalb bestimmter Einfuhrwertschwellen gibt es Erleichterungen, die im Fall der Einfuhrumsatzsteuer in § 1a UStG und für Zölle in der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 geregelt sind. Verbrauchsteuerrechtlich gibt es vergleichbare Freigrenzen, beispielsweise für private Reiseverkehrsmengen. Die konkreten Voraussetzungen, insbesondere hinsichtlich Nachweispflichten und Antragsverfahren, sind jeweils in den einschlägigen Rechtsvorschriften bzw. Verwaltungsvorschriften geregelt.

Welche Folgen hat eine unrichtige oder verspätete Anmeldung von Einfuhrabgaben?

Werden Einfuhrabgaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig angemeldet, stellt dies einen Verstoß gegen zollrechtliche Pflichten dar. Es entsteht in solchen Fällen regelmäßig nach Artikel 79 UZK eine Zollschuld wegen Nichtbefolgung der zollrechtlichen Vorschriften. Hieran schließt sich die Pflicht zur Zahlung der hinterzogenen oder verkürzten Einfuhrabgaben sowie die Gefahr ordnungsrechtlicher oder strafrechtlicher Konsequenzen an. Nach § 370 AO kann dies als Steuerhinterziehung verfolgt werden, was mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren) geahndet werden kann. Darüber hinaus können zollrechtliche Sanktionen, etwa Bußgelder und Einziehung der Waren, verhängt werden.

Wie können Einfuhrabgaben nachträglich berichtigt oder erstattet werden?

Nachträgliche Berichtigungen der Einfuhrabgaben sind nach den Vorgaben des Artikels 116 UZK möglich, sofern zu viel erhoben wurde oder ein erstattungsfähiger Grund (z.B. Irrtum des Zollamtes oder Rücksendung fehlerhafter Ware) vorliegt. Der Antrag auf Erstattung oder Erlass ist formgebunden und muss unter Beifügung aller erforderlichen Nachweise innerhalb einer gesetzlichen Frist (in der Regel drei Jahre ab Festsetzung) bei der zuständigen Zollstelle gestellt werden. Eine Rückzahlung erfolgt nur, wenn die entsprechenden Voraussetzungen nachgewiesen sind, etwa der tatsächliche Verbleib der Waren oder die fehlende Inanspruchnahme der Einfuhrwaren. Verfahrensrechtliche Details regelt die AO sowie die jeweiligen Durchführungsbestimmungen.

Welche Besonderheiten gelten für Einfuhrabgaben im Rahmen von Präferenzabkommen?

Bei Anwendung von Präferenzabkommen (z.B. mit bestimmten Drittstaaten) können reduzierte Zolltarife oder Zollfreiheit gewährt werden. Voraussetzung ist meist ein präferenzieller Warenursprung, der durch spezielle Ursprungsdokumente (wie Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder Ursprungserklärung auf der Rechnung) nachzuweisen ist. Die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich u.a. in den jeweiligen bilateralen oder multilateralen Präferenzabkommen sowie den dazugehörigen Durchführungsbestimmungen. Verstöße gegen Ursprungsregeln können den Verlust der Präferenzbegünstigungen sowie Nachforderungen der Einfuhrabgaben und ggf. Sanktionen zur Folge haben. Die Zollverwaltung prüft in regelmäßigen Abständen die Einhaltung dieser Ursprungsregeln mittels Nachprüfungen und Audits.

Wie wirkt sich die Zollschuldnerschaft auf die Haftung für Einfuhrabgaben aus?

Die Zollschuldnerschaft und damit die Haftung für Einfuhrabgaben ist in Artikel 77 ff. UZK geregelt. Primär haftet der Anmelder der Ware, aber auch indirekte Vertreter (z.B. Spediteure oder Zolldienstleister) können nach den Regelungen des Art. 18 UZK in Verbindung mit § 36 ZollVG zur Haftung herangezogen werden. In bestimmten Fällen, etwa bei Beteiligung an einer zollrechtlichen Pflichtverletzung, kann auch der tatsächliche Wareninhaber oder andere Beteiligte als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Die Haftung erstreckt sich jeweils auf den gesamten Abgabenbetrag; eine Befreiung oder Beschränkung ist nur in den gesetzlich zugelassenen Ausnahmefällen möglich. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Anfechtung einer Inanspruchnahme ergeben sich aus den Regelungen der AO (Abgabenordnung) und der Finanzgerichtsordnung (FGO).