Legal Lexikon

EINECS


Begriff und rechtlicher Hintergrund von EINECS

Das European Inventory of Existing Commercial Chemical Substances (EINECS) ist ein zentrales Chemikalienverzeichnis innerhalb der Europäischen Union, das eine bedeutsame Rolle im europäischen Chemikalienrecht einnimmt. EINECS dient als offizielle Liste aller chemischen Stoffe, die zwischen dem 1. Januar 1971 und dem 18. September 1981 legal auf dem Markt in der EU beziehungsweise den damaligen Mitgliedstaaten in Umlauf waren. Die Aufnahme in das EINECS hat weitreichende rechtliche Konsequenzen für Hersteller, Importeure und Händler chemischer Stoffe im Hinblick auf Zulassung, Notifizierung und Verkehrsfähigkeit.

Definition und Ziel von EINECS

EINECS katalogisiert chemische Substanzen, die sich bereits vor Einführung des EG-Chemikalienrechts auf dem europäischen Markt befanden. Ziel war, einen klaren Unterschied zwischen „bestehenden” und „neuen” chemischen Stoffen im Rechtsrahmen der EU zu schaffen und so regulatorische Verfahren differenziert anwenden zu können. Die gelisteten Stoffe erhalten eine eindeutige EINECS-Nummer, die eine präzise Identifizierung gewährleistet.

Rechtliche Grundlagen von EINECS

Entstehungsgeschichte und gesetzliche Verankerung

Die rechtliche Grundlage von EINECS findet sich insbesondere in der Richtlinie 67/548/EWG (Stoffrichtlinie) und wurde später in die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) überführt. Die Erstellung und Veröffentlichung des EINECS erfolgten durch die Europäische Kommission im Jahr 1990. Die Liste wurde als Ausgangspunkt für weitere rechtliche Regelungen, insbesondere zur Meldung, Registrierung und Bewertung von chemischen Stoffen, herangezogen.

Chemikaliengesetzgebung vor REACH

Vor dem Inkrafttreten der REACH-Verordnung bestand eine Meldepflicht für „neue Stoffe”, wohingegen „bestehende Stoffe” (im EINECS gelistet) von dieser Pflicht ausgenommen waren. Für EINECS-Stoffe galten angepasste Übergangsregelungen und spezifische Anmeldepflichten bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder geänderten Anwendungen.

Aufbau und Bedeutung der EINECS-Nummer

Jeder im EINECS gelistete Stoff erhält eine einmalige EINECS-Nummer, bestehend aus sieben Ziffern (Format: XXX-XXX-X). Diese Nummer fungiert als verbindlicher Identifikator sowohl im innergemeinschaftlichen als auch im internationalen Handel und ist beispielsweise auf Sicherheitsdatenblättern sowie bei der Beantragung von Zulassungen zu verwenden.

EINECS und die REACH-Verordnung

Mit Inkrafttreten der REACH-Verordnung wurde das EINECS-Inventar als rechtsverbindliches Referenzinstrument für die Einordnung von Stoffen in „bestehend” (Phase-in-Stoffe) und „neu” (Non-phase-in-Stoffe) übernommen. EINECS-Stoffe mussten vom Hersteller oder Importeur vor einer bestimmten Übergangsfrist (sog. Pre-Registration) registriert werden, um weiterhin rechtssicher im europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht werden zu dürfen.

Phase-in-Stoffe nach REACH

„Phase-in-Stoffe” umfassen Stoffe, die entweder im EINECS gelistet sind, in der EU produziert oder eingeführt wurden oder auf speziellen Ausnahmelisten geführt werden. Diese Stoffe profitieren von gestaffelten Übergangsfristen und erleichterten Anforderungen bei der REACH-Registrierung, sofern bestimmte Bedingungen eingehalten wurden.

Pflichten und Folgen der EINECS-Eintragung

Verkehrsfähigkeit und Zulassung

Für Hersteller, Importeure und Händler von EINECS-Stoffen ergeben sich spezifische rechtliche Pflichten. Die EINECS-Eintragung allein begründet noch keine Verkehrsfähigkeit; sie verschafft jedoch Erleichterungen bei bestimmten Melde-, Anmelde- und Registrierungspflichten. Dennoch gelten für diese Stoffe sämtliche weiteren Anforderungen nach REACH, insbesondere in Bezug auf Sicherheitsdatenblätter, Gefahrenkommunikation und Risikomanagement.

Nachträgliche Änderungen und Aktualisierungen

Das EINECS-Inventar ist abgeschlossen und wird nicht mehr ergänzt oder verändert. Neue Stoffe, die nach 1981 in Verkehr gebracht wurden, werden im European List of Notified Chemical Substances (ELINCS) registriert. Rückwirkend kann eine Eintragung in EINECS nicht mehr erfolgen; daher ist die genaue Prüfung der Listung für die Einhaltung der Chemikaliengesetzgebung unerlässlich.

Verhältnis zu anderen Stoffverzeichnissen

EINECS steht neben anderen europäischen Stoffverzeichnissen wie dem ELINCS (European List of Notified Chemical Substances) und dem NLP (No-Longer Polymers List). Die Unterscheidung ist essenziell, da unterschiedliche stoffrechtliche Regelungen sowie Anmelde- und Genehmigungspflichten greifen.

Bedeutung von EINECS für Unternehmen und Rechtsanwender

EINECS unterstützt Unternehmen und Behörden bei der Klärung, ob für einen bestimmten Stoff weitergehende Anmeldungspflichten, Registrierungen oder Zulassungen nach europäischen Chemikalienrecht erforderlich sind. Die Überprüfung der EINECS-Nummer ist für Compliance, Verkehrsfähigkeit und Produktsicherheit entscheidend.

Sanktionsrisiken bei Nichteinhaltung

Eine falsche Einordnung oder Nichtbeachtung der Eintragungspflichten kann erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Dazu zählen Bußgelder, Vertriebsbeschränkungen und Rückrufe durch Aufsichtsbehörden. Die sorgfältige Prüfung des Status eines Stoffes hinsichtlich EINECS ist daher aus haftungsrechtlicher Sicht von hoher Bedeutung.

Zusammenfassung

Das European Inventory of Existing Commercial Chemical Substances (EINECS) ist ein historisch und rechtlich zentrales Register im europäischen Chemikalienrecht. Die EINECS-Nummer dient als Voraussetzung und Nachweis für bestimmte Anmelde- und Registrierungserfordernisse sowie für die Verkehrsfähigkeit chemischer Stoffe auf dem europäischen Markt. Die Berücksichtigung des EINECS-Status ist ein bedeutendes Element der betrieblichen und behördlichen Rechtsanwendung im Chemikalienrecht der Europäischen Union.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Verpflichtungen ergeben sich für Unternehmen aus der EINECS-Listung einer Substanz?

Die Listung einer Substanz im European Inventory of Existing Commercial Chemical Substances (EINECS) bedeutet, dass diese vor dem 18. September 1981 im europäischen Wirtschaftsverkehr in der EU oder dem ehem. EWR kommerziell gehandelt wurde. Aus rechtlicher Sicht hat dies verschiedene Konsequenzen: Grundsätzlich gelten alle im EINECS enthaltenen Stoffe als „Altstoffe”, für die bis zum Inkrafttreten der REACH-Verordnung (EG Nr. 1907/2006) andere, oft erleichterte Melde- und Registrierungspflichten als für sogenannte „Neustoffe” (notifiziert im „ELINCS”-Verzeichnis) galten. Seit REACH unterliegen aber auch EINECS-registrierte Stoffe denselben Bestimmungen wie andere chemische Stoffe: Sie müssen angemeldet („registriert”) werden, sofern die Voraussetzungen (z.B. Mengenband >1 Tonne/Jahr je Hersteller/Importeur) erfüllt sind. Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre chemischen Stoffe sicher verwendet werden können, Stoffdaten bereitstellen und Expositions- bzw. Risikobewertungen durchführen, ansonsten drohen ihnen Bußgelder, Rückrufmaßnahmen oder Vertriebsverbote. Das Inverkehrbringen nicht registrierter oder nicht korrekt gelisteter Stoffe verstößt gegen REACH und kann mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen verbunden sein.

Kann eine EINECS-Nummer rechtlich als Nachweis der Verkehrsfähigkeit eines Stoffes dienen?

Die Eintragung eines Stoffes mit einer EINECS-Nummer belegt lediglich, dass der Stoff vor dem Stichtag 1981 im Gemeinschaftsmarkt kommerziell verwendet oder vertrieben wurde. Sie ist jedoch kein eigenständiger Nachweis über die Verkehrsfähigkeit im aktuellen Rechtsrahmen. Rechtlich gesehen müssen heutige Vorgaben, insbesondere der REACH-Verordnung sowie ggf. das Chemikaliengesetz (ChemG) und andere spezifische Regelwerke, separat geprüft werden. Die Verkehrsfähigkeit richtet sich nach der Registrierung, Zulassung und ggf. Beschränkung eines Stoffs im Einzelfall. Das bedeutet: Die reine Listung im EINECS hat keine privilegierende Wirkung, sondern dokumentiert lediglich einen bestimmten rechtlichen Status zu einem bestimmten Stichtag.

Welche Pflichten bestehen bei der Handhabung von EINECS-Stoffen im Rahmen der REACH-Verordnung?

Auch für EINECS-Stoffe sind die grundlegenden Verpflichtungen nach REACH zu beachten: Hersteller und Importeure müssen Stoffe registrieren, für sie Sicherheitsdatenblätter (SDB) bereitstellen, sowie geeignete Risikomanagementmaßnahmen nachweisen. Zusätzlich gelten Informationspflichten entlang der Lieferkette: Unternehmen müssen gewährleisten, dass relevante Informationen zu Gefahren und sicheren Verwendungen innerhalb der Lieferkette weitergegeben und die Vorschriften zu eventuell bestehenden Zulassungs- oder Beschränkungspflichten eingehalten werden. Für EINECS-Stoffe, die von Zulassungspflichten betroffen sind (Anhang XIV REACH), ist ebenfalls eine Zulassung zu beantragen, sonst dürfen sie nicht in Verkehr gebracht oder verwendet werden.

Muss eine Änderung der Substanzidentität (z.B. neuer Herstellungsweg) für einen EINECS-Stoff gemeldet werden?

Rechtlich ist der Status eines EINECS-Stoffs an seine spezifische Identität gebunden, wie sie im EINECS eingetragen ist. Bei Änderungen der Herstellungsweise, der Spezifikation oder des Ausgangsmaterials, die zur Änderung der chemischen Identität führen, kann dies dazu führen, dass es sich aus Sicht der REACH-Verordnung um einen „neuen Stoff” handelt, für den eine separate Registrierung erforderlich ist. Die juristische Verantwortung liegt beim jeweiligen Unternehmen, das verpflichtet ist, dies zu prüfen und ggf. die neue Variante entsprechend zu registrieren. Nichtanzeige solcher Änderungen kann zu Verstößen gegen das Chemikalienrecht und zu Sanktionen führen.

Wie müssen Lagerbestände von EINECS-Stoffen rechtlich behandelt werden, wenn sie nach dem Inkrafttreten von REACH noch vorhanden sind?

Für Lagerbestände, die nach dem Inkrafttreten von REACH (1. Juni 2007) noch vorhanden sind, gilt: Diese dürfen ohne REACH-Registrierung nur dann weiterverkauft oder verwendet werden, wenn entweder der Stoff bereits ordnungsgemäß registriert wurde oder unter spezifische Übergangsvorschriften fällt – etwa, dass sie bereits vor dem Stichtag hergestellt oder importiert wurden und damit eine Vorregistrierung erfolgte. Ansonsten unterliegt auch der Umgang mit Lagerbeständen sämtlichen rechtlichen Anforderungen aus REACH sowie aus nationalen Vorschriften. Der Umgang ohne entsprechende Registrierung und Dokumentation stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Anforderungen im Zusammenhang mit EINECS-Stoffen?

Unternehmen, die gegen Verpflichtungen bezüglich EINECS-Stoffen – zum Beispiel gegen Anmelde-, Registrierungs- oder Informationspflichten gemäß REACH – verstoßen, sind einer Reihe von Sanktionen ausgesetzt: Dies kann neben empfindlichen Geldbußen auch Strafbarkeit, Vertriebsbeschränkungen, Rücknahmen vom Markt sowie Ersatzansprüche für Schäden umfassen. Die Kontrolle und Ahndung erfolgt durch nationale Chemikalien- und Marktüberwachungsbehörden. Die rechtliche Verantwortung liegt grundsätzlich beim jeweiligen Inverkehrbringer, unabhängig davon, ob er Hersteller, Importeur oder Händler ist.

Ist die EINECS-Nummer weiterhin verpflichtend anzugeben, und wenn ja, wo?

Im rechtlichen Kontext ist die Angabe der EINECS-Nummer in bestimmten Fällen weiterhin erforderlich, insbesondere im Sicherheitsdatenblatt (SDB) unter Abschnitt 3 („Zusammensetzung/Angaben zu Bestandteilen”) sowie in Dokumentationen gegenüber Behörden. Sie dient der eindeutigen Identifizierung eines Stoffs und ist somit ein wichtiges Hilfsmittel zur rechtssicheren Kommunikation innerhalb der Lieferkette. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können zu Beanstandungen im Rahmen von Chemikalieninspektionen führen. Es ist Aufgabe des Unternehmens sicherzustellen, dass die übermittelten Daten korrekt, aktuell und vollständig sind.