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Ein-Euro-Job


Begriff und rechtlicher Rahmen des Ein-Euro-Job

Ein Ein-Euro-Job ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16d Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Diese besonderen Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung zielen darauf ab, die Beschäftigungsfähigkeit von langzeitarbeitslosen Personen im Leistungsbezug des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) zu verbessern. Die rechtlichen Grundlagen, Bedingungen und Ausgestaltungen des Ein-Euro-Jobs sind im SGB II, insbesondere in § 16d, detailliert geregelt.


Rechtsgrundlagen des Ein-Euro-Job

Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), § 16d

Die maßgebliche Norm ist § 16d SGB II. Dort werden die Voraussetzungen, Ziele und Grenzen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung geregelt. Die Zuweisung ist eine Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und kann nur unter bestimmten Bedingungen erfolgen. Die Durchführung obliegt den Jobcentern als zuständigen Trägern der Grundsicherung.

Zielgruppe und Voraussetzungen

Arbeitsgelegenheiten dürfen ausschließlich Beziehern von Arbeitslosengeld II angeboten werden, bei denen nach Einschätzung des Jobcenters keine unmittelbare Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung möglich erscheint. Die Maßnahme soll helfen, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, soziale Teilhabe zu fördern und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Abgrenzung zur regulären Beschäftigung

Der Ein-Euro-Job stellt kein reguläres Arbeitsverhältnis dar. Die betroffenen Personen sind nicht Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Daraus ergeben sich Besonderheiten, insbesondere im Hinblick auf Vergütung, Sozialversicherung und Kündigungsschutz.


Rechtsnatur und arbeitsrechtliche Einordnung

Kein Arbeitsverhältnis im klassischen Sinn

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt bei Ein-Euro-Jobs regelmäßig kein Arbeitsverhältnis im zivilrechtlichen Sinne vor. Entscheidendes Merkmal ist die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung im Rahmen der Grundsicherung. Die Teilnehmenden erhalten keine Vergütung, sondern lediglich eine Mehraufwandsentschädigung.

Mehraufwandsentschädigung

Höhe und steuerrechtliche Behandlung

Die Entschädigung für die Teilnehmer liegt üblicherweise zwischen 1,00 und 2,50 Euro pro Stunde und wird zusätzlich zur laufenden Grundsicherung gezahlt. Diese Zahlung gilt nicht als Einkommen im Sinne des SGB II und ist sozialversicherungsfrei. Sie unterliegt einer besonderen steuerlichen Behandlung und muss in der Regel nicht versteuert werden, sofern sie keine weiteren Einkommensarten darstellt.

Kein Anspruch auf Mindestlohn

Für Tätigkeiten im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs gilt der gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) ausdrücklich nicht, da es sich nicht um ein Arbeitsentgelt, sondern um eine Zusatzleistung handelt.


Auswahl, Zuweisung und Beteiligung

Auswahl der Teilnehmer

Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgt durch das Jobcenter. Dabei muss das Jobcenter eine individuelle Ermessensentscheidung treffen, ob und welche Beschäftigungsmaßnahme zielführend ist. Ein-Euro-Jobs sind als „letztes Mittel“ zu sehen, wenn andere Vermittlungsbemühungen nicht erfolgversprechend sind.

Zuweisungsverfahren

Die Zuweisung erfolgt im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung oder mittels Verwaltungsaktes. Den Betroffenen wird die Arbeitsgelegenheit zugewiesen, einschließlich Angaben zu Träger, Tätigkeiten, Zeitumfang und Dauer.

Pflichten und Sanktionen

Empfänger von Arbeitslosengeld II sind verpflichtet, zumutbare zumutbare Maßnahmen anzunehmen. Bei unbegründeter Ablehnung kann eine Sanktion nach § 31 SGB II erfolgen, die eine Kürzung der Leistungen nach sich zieht.


Inhalt und Dauer der Arbeitsgelegenheiten

Tätigkeitsinhalte

Die Einsatzbereiche von Ein-Euro-Jobs müssen zusätzlich, gemeinnützig und im öffentlichen Interesse liegen. Sie dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen oder ersetzen („Zusätzlichkeitskriterium“). Typische Betätigungsfelder sind:

  • Pflege von Grünanlagen
  • Unterstützung in sozialen Einrichtungen
  • Umweltprojekte
  • Unterstützende Tätigkeiten in der Kultur- und Jugendarbeit

Dauer, Umfang und Arbeitszeit

Ein-Euro-Jobs sind auf einen zeitlich begrenzten Zeitraum angelegt. Die konkrete Dauer richtet sich nach dem Einzelfall, beträgt jedoch häufig etwa sechs bis neun Monate. Die wöchentliche Arbeitszeit variiert, liegt aber in der Regel zwischen 15 und 30 Stunden.


Rechtsfolgen und rechtlicher Schutz der Teilnehmenden

Unfallversicherung und Haftung

Obwohl kein reguläres Arbeitsverhältnis besteht, sind Teilnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gesetzlich unfallversichert. Sie sind im gleichen Maße wie Beschäftigte gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten abgesichert.

Haftung bei Schadensfällen

Die Haftung folgt den Grundsätzen der Amtshaftung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG beziehungsweise nach Maßgabe der jeweiligen Trägervereinbarungen. Ein weitergehender Haftungsschutz wie beim Arbeitnehmerstatus besteht jedoch nicht.


Kritik und Kontroverse

Kritisch diskutiert werden in Wissenschaft und Praxis unter anderem die Wirksamkeit, die soziale Ausgrenzung, die Gefahr der Verdrängung regulärer Arbeitsplätze sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme an Ein-Euro-Jobs.


Weiterführende Regelungen und Rechtsprechung

Maßgeblich für die rechtliche Handhabung und Kontrolle von Ein-Euro-Jobs sind, neben den genannten Normen, auch maßgebliche Urteile der Sozialgerichte, die die Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung und die Voraussetzungen der Zumutbarkeit und Zumutungsgrenzen konkretisieren.


Fazit

Der Ein-Euro-Job ist eine besondere Form der öffentlich-rechtlichen Arbeitsgelegenheit für Beziehende von Leistungen nach dem SGB II, die klare und umfassende rechtliche Voraussetzungen, Pflichten und Schutzmechanismen kennt. Die genaue Einhaltung rechtlicher Vorgaben ist maßgeblich für die Rechtskonformität und die sozialpolitische Wirksamkeit dieser Maßnahme.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Zuweisung eines Ein-Euro-Jobs vorliegen?

Für die Zuweisung eines Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16d SGB II) müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst müssen Betroffene erwerbsfähig, hilfebedürftig und Empfänger von Leistungen nach dem SGB II sein. Die Zuweisung darf nur erfolgen, wenn die Integration in den regulären Arbeitsmarkt auf anderem Wege nicht unmittelbar möglich ist und die Arbeitsgelegenheit für die Eingliederung in Arbeit erforderlich ist. Weiterhin schreibt das Gesetz vor, dass die Arbeit gemeinnützig, zusätzlich und wettbewerbsneutral sein muss. Zusätzlich bedeutet, dass die Tätigkeit ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet würde. Die Maßnahme darf zudem keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. Die Zuweisung muss schriftlich erfolgen und klar die Art, den Umfang und die Dauer der Tätigkeit sowie die Höhe der Mehraufwandsentschädigung enthalten. Auch ist eine Rechtsfolgenbelehrung verpflichtend, die die Konsequenzen einer Weigerung darlegt.

Welche Pflichten und Rechte haben Teilnehmer an Ein-Euro-Jobs aus juristischer Sicht?

Teilnehmende an Ein-Euro-Jobs stehen weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II, sie sind rechtlich keine Arbeitnehmer und unterliegen daher nicht den arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen, wie Kündigungsschutz- oder Tarifrechte. Sie sind jedoch verpflichtet, die ihnen zugewiesene Tätigkeit regelmäßig und gewissenhaft auszuführen. Verstoßen sie gegen diese Pflichten, haben sie mit Sanktionen zu rechnen, wie teilweisen oder vollständigen Kürzungen der Leistungen. Auf der anderen Seite besteht ein Anspruch auf die im Maßnahmevertrag festgelegte Mehraufwandsentschädigung. Zudem sind sie im Rahmen ihrer Tätigkeit gesetzlich unfallversichert und haben Anspruch auf eine ausreichende Einweisung und Arbeitsschutzmaßnahmen.

Wie wird die Mehraufwandsentschädigung rechtlich behandelt, insbesondere im Hinblick auf Steuer- und Sozialversicherungsrecht?

Die Mehraufwandsentschädigung, die im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs gezahlt wird, stellt keine Vergütung im arbeitsrechtlichen Sinne dar, sondern soll den durch die Wahrnehmung der Maßnahme ausgelösten Mehraufwand ausgleichen. Steuerrechtlich bleibt sie nach § 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei. Sozialversicherungsrechtlich begründet die Teilnahme an einem Ein-Euro-Job kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherungspflicht, womit weder Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung anfallen. Ein beitragsrechtlicher Anspruch auf spätere Sozialleistungen wird durch die Teilnahme an einem Ein-Euro-Job also nicht erworben.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei einer Ablehnung oder einem Abbruch eines Ein-Euro-Jobs?

Die Ablehnung oder der ungerechtfertigte Abbruch eines zugewiesenen Ein-Euro-Jobs kann weitreichende Folgen für die Leistungsberechtigten haben. Nach § 31 SGB II kann dies als Pflichtverletzung gewertet werden, was zu einer Kürzung der Leistungen (Sanktion) führen kann. In der Regel wird bei einer ersten Pflichtverletzung das Arbeitslosengeld II in Höhe von 30 Prozent gemindert. Wird eine weitere Pflichtverletzung binnen eines Jahres begangen, kann die Leistung auch darüber hinaus gekürzt werden. Wurden minderjährige Kinder im Haushalt, kann sich die Sanktion auf zusätzliche Leistungen ausweiten. Voraussetzung für eine Sanktion ist jedoch, dass vorab eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung erfolgt ist.

Unterliegt ein Ein-Euro-Job dem Arbeitsrecht, insbesondere den Bestimmungen des Kündigungs- und Mutterschutzes?

Rechtlich gesehen sind Personen in Ein-Euro-Jobs keine Arbeitnehmer nach dem Arbeitsrecht, sondern nehmen eine Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung in Form einer Arbeitsgelegenheit wahr. Daher unterliegen sie nicht den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes, den Vorschriften zum Mutterschutz oder Elternzeit sowie dem Bundesurlaubsgesetz. Auch Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht nicht. Die Beendigung der Maßnahme bedarf keiner besonderen Kündigung, sie kann jederzeit durch das Jobcenter oder den Maßnahmeträger beendet werden, wobei im Zweifel das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren ist, etwa bei gesundheitlichen Gründen.

Welche Arbeitsschutzbestimmungen gelten für Teilnehmende an Ein-Euro-Jobs?

Obwohl kein reguläres Arbeitsverhältnis besteht, gelten dennoch die grundlegenden Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (z.B. Arbeitsschutzgesetz, Unfallverhütungsvorschriften). Der Maßnahmeträger ist verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen, erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen und Teilnehmende ausreichend über Gefahren zu unterweisen. Im Falle eines Arbeitsunfalls sind die Teilnehmenden über die gesetzliche Unfallversicherung versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII). Dies schließt Wegeunfälle auf dem direkten Weg zur oder von der Maßnahme ein.

Kann gegen die Zuweisung zu einem Ein-Euro-Job rechtlich vorgegangen werden, und welche Möglichkeiten bestehen?

Gegen einen Zuweisungsbescheid zu einem Ein-Euro-Job kann der Betroffene rechtsmittelfähig Widerspruch einlegen, und, falls diesem nicht abgeholfen wird, anschließend Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben. Die rechtlichen Angriffspunkte können sich insbesondere auf die fehlende Erforderlichkeit der Maßnahme, deren fehlende Zusätzlichkeit oder Gemeinnützigkeit, unzureichende Konkretisierung im Zuweisungsbescheid oder auf schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen beziehen. Während des laufenden Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens bleibt der Zuweisungsbescheid jedoch in Kraft, sofern kein Eilrechtsschutz beantragt wird. In Fällen offensichtlicher Rechtswidrigkeit kann das Gericht den Vollzug der Anordnung im Wege einstweiliger Anordnung suspendieren.