Begriff und Bedeutung des Eignungsdelikts
Das Eignungsdelikt stellt einen Begriff des deutschen Strafrechts dar, der beschreibt, ob und inwieweit eine strafbare Handlung nach ihrer Art und Weise überhaupt geeignet ist, den durch das Strafgesetz geschützten Rechtsgütern schaden zu können. Eignungsdelikte dienen vor allem der begrifflichen Abgrenzung von Versuchen, untauglichen Versuchen sowie imaginären Delikten. Die Eignung der Tatausführung, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen, steht hierbei im Mittelpunkt.
Systematische Einordnung des Eignungsdelikts
Abgrenzung zu verwandten Deliktstypen
Untauglicher Versuch und Eignungsdelikt
Der untaugliche Versuch (§ 23 Abs. 3 StGB) beschreibt eine Handlung, bei der der Täter aufgrund eines Irrtums über tatsächliche Umstände gar nicht in der Lage ist, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen. Das Eignungsdelikt ergänzt diesen Gedanken, indem geprüft wird, ob das Handeln generell objektiv geeignet ist, das geschützte Rechtsgut zu beeinträchtigen. Nur bei einer grundsätzlichen Geeignetheit kann ein Versuch strafbar sein. Ist die Tat objektiv völlig ungeeignet, greift der so genannte Wahndelikt ein.
Schein- und Wahndelikt
Das Scheindelikt liegt vor, wenn der Täter glaubt, eine Straftat zu begehen, tatsächlich aber keine Straftat vorliegt (zum Beispiel wegen fehlender Rechtswidrigkeit). Das Wahndelikt ist dadurch gekennzeichnet, dass das Handeln begrifflich-tatsächlich keine Eignung zur Rechtsgutgefährdung hat; es fehlt jegliche Gefahr für das geschützte Rechtsgut.
Objektive und subjektive Eignung
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht regelmäßig die objektive Eignung, also die tatbestandliche Eignung unabhängig von den Vorstellungen des Täters. Die subjektive Tatseite, also das Bewusstsein des Täters, bleibt für die Klassifizierung als Eignungsdelikt zunächst unbeachtlich, spielt aber für die Strafbarkeit im Kontext eines untauglichen Versuchs dennoch eine Rolle.
Rechtliche Voraussetzungen von Eignungsdelikten
Tatbestandliche Voraussetzungen
Das Eignungsdelikt wird anhand des jeweils einschlägigen Straftatbestands beurteilt. Maßgeblich ist, dass der gesetzliche Tatbestand eine Handlung verlangt, die objektiv geeignet erscheint, das betreffende Rechtsgut zumindest gefährden zu können. Dies ist etwa bei vielen Gefährdungsdelikten und abstrakten Gefährdungsdelikten der Fall.
Dogmatische Einordnung
Bei Eignungsdelikten handelt es sich häufig um abstrakte Gefährdungsdelikte. Hierunter versteht man Delikte, bei denen bereits die Vornahme gefährlicher Handlungen ausreicht, um den Tatbestand zu erfüllen – unabhängig davon, ob tatsächlich eine Schädigung eingetreten ist. Die Geeignetheit ist hierbei zentrales Merkmal: Wenn der Handlung von vornherein jegliche Eignung fehlt, liegt kein tauglicher Versuch, sondern ein Wahndelikt vor.
Ausprägungen und Praxisbeispiele
Eignungsdelikte im Strafrecht
Typische Eignungsdelikte finden sich unter anderem im Bereich der gemeingefährlichen Delikte (z. B. Herbeiführen einer Explosion, § 308 StGB), im Straßenverkehrsrecht (z. B. Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB) sowie beim Betrug (§ 263 StGB), soweit ein Versuch vorliegt.
Beispiel 1: Wer mit einer vermeintlichen Pistole einen Raub begeht, in Wirklichkeit aber eine ungefährliche Wasserpistole verwendet, begeht einen untauglichen Versuch eines Raubs, da das Mittel, das eingesetzte Werkzeug, nicht bereit ist, das Opfer tatsächlich zu gefährden.
Beispiel 2: Wer einem Toten ein Medikament verabreicht, um ihn zu töten, begeht einen untauglichen Versuch, da ein Toter nicht getötet werden kann; das Rechtsgut Leben ist nicht mehr beeinträchtigbar.
Grenzfälle und Abgrenzungsschwierigkeiten
In der Praxis kann die Eignung problematisch sein, wenn das eingesetzte Mittel eine sehr geringe Gefährlichkeit aufweist. Daher wird in Einzelfällen diskutiert, ob ein untauglicher Versuch gegeben ist oder ob bereits das Wahndelikt vorliegt.
Bedeutung für die Strafbarkeit
Auswirkungen auf den Strafrahmen
Die Frage, ob ein Eignungsdelikt vorliegt, beeinflusst maßgeblich, ob eine Versuchsstrafbarkeit anzunehmen ist. § 23 Abs. 3 StGB erlaubt es dem Gericht, beim sogenannten „grob untauglichen Versuch“ vom Strafausspruch abzusehen. Ein solcher grob untauglicher Versuch liegt immer dann vor, wenn die Tat objektiv jeglicher Eignung entbehrt.
Relevanz im materiellen und formellen Strafrecht
Die Einstufung einer Tat als Eignungsdelikt hat vor allem im materiellen Strafrecht Bedeutung, etwa bei der Frage des Strafrahmens oder der Anwendbarkeit bestimmter Rechtsfolgen (z. B. Sicherungsverwahrung). Auch strafprozessual hat das Eignungsdelikt Bedeutung, etwa bei der Verfolgung von Straftaten oder der Einleitung von Ermittlungsverfahren bei Delikten, bei denen bereits die Tathandlung potenziell gefährlich ist.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Wessels, Strafrecht Allgemeiner Teil.
- Schönke/Schröder, StGB-Kommentar.
- Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar.
Das Eignungsdelikt ist ein zentraler Begriff der deutschen Strafrechtsdogmatik, der im Rahmen der Versuchsstrafbarkeit, insbesondere bei abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikten, die Linien des Strafrechts schärft. Seine Abgrenzung zu untauglichem Versuch, Wahndelikt und Scheindelikt ist unabdingbar für eine präzise Anwendung der strafrechtlichen Normen und bietet ein grundlegendes Verständnis für das System der deliktischen Haftung und Verantwortlichkeit.
Häufig gestellte Fragen
Welche Bedeutung hat das Eignungsdelikt im Strafrecht und wie unterscheidet es sich vom abstrakten Gefährdungsdelikt?
Das Eignungsdelikt ist eine besondere Erscheinungsform des Gefährdungsdelikts und setzt voraus, dass die konkrete Handlung objektiv geeignet ist, den im Tatbestand beschriebenen Rechtsgüterschaden herbeizuführen. Im Gegensatz zum abstrakten Gefährdungsdelikt, bei dem bereits die Vornahme einer bestimmten Handlung als ausreichend angesehen wird, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise eine Gefährdung des geschützten Rechtsguts angenommen wird, verlangt das Eignungsdelikt die Prüfung, ob im Einzelfall tatsächlich eine Eignung zur Gefährdung vorlag. Das Delikt liegt daher nur vor, wenn eine Handlung tatsächlich nach objektiven Maßstäben geeignet ist, das jeweilige Rechtsgut zu gefährden. Erforderlich ist eine konkrete Gefahrenlage, die über eine bloße abstrakte Möglichkeit hinausgeht. Die strafrechtliche Beurteilung des Eignungsdelikts erfordert eine sorgfältige Analyse der tatsächlichen Umstände, wobei insbesondere auf das Maß der Wahrscheinlichkeit und die Beschaffenheit der Handlung abzustellen ist.
Wie prüft die Rechtsprechung die Eignung einer Handlung beim Eignungsdelikt?
Die Rechtsprechung stellt bei Eignungsdelikten grundsätzlich darauf ab, ob die Handlung nach den objektiven Umständen des Einzelfalls geeignet ist, den tatbestandsmäßigen Erfolg beziehungsweise die Gefahr herbeizuführen. Maßgeblich ist dabei die Ex-ante-Betrachtung aus der Sicht eines sachkundigen, objektiven Beobachters zum Zeitpunkt der Tathandlung. Es kommt nicht darauf an, ob der Erfolg tatsächlich eingetreten ist, sondern lediglich, ob die konkrete Handlung nach ihrer Art und ihrem Verlauf dazu tauglich war, eine Gefahr zu begründen. Die Beurteilung erfolgt dabei regelmäßig anhand vergleichbarer Fallkonstellationen und unter Berücksichtigung der Schutzrichtung der jeweiligen Norm. Subjektive Vorstellungen des Täters bleiben außer Betracht, sofern es sich um ein objektives Eignungsmerkmal handelt.
Welche Rechtsfolgen ergeben sich bei fehlender Eignung der Handlung?
Fehlt es an der Eignung der Handlung, eine Gefahr für das im Tatbestand geschützte Rechtsgut zu begründen, liegt kein vollendetes Eignungsdelikt vor. Die Tat bleibt straflos, sofern nicht der Versuch strafbar ist und dessen subjektive und objektive Voraussetzungen erfüllt sind. In der Regel kommt bei Fehlen der Eignung auch kein Versuch in Betracht, soweit das Vorfeldverhalten aus Rechtsgründen als strafloses, sozialadäquates Verhalten einzustufen ist (sog. fehlgeschlagener Versuch bzw. untauglicher Versuch). In einigen Fällen kann jedoch wegen eines untauglichen Versuchs geahndet werden, etwa wenn der Täter irrig von der Eignung seines Handelns ausgeht, dies aber objektiv nicht der Fall ist und das Gesetz dies ausdrücklich regelt.
Welche typischen Beispiele für Eignungsdelikte gibt es im deutschen Strafrecht?
Im deutschen Strafrecht zählen klassische Eignungsdelikte unter anderem die Anstiftung zum Meineid (§ 30 Abs. 1 StGB), die Anstiftung zu einer Straftat, wobei die Anstiftungshandlung geeignet sein muss, einen anderen zur Tat zu bestimmen. Auch die Volksverhetzung (§ 130 StGB) enthält Eignungsmerkmale, etwa dass die Äußerung geeignet sein muss, den öffentlichen Frieden zu stören. Ebenso stellt § 111 StGB (öffentliche Aufforderung zu Straftaten) ein Eignungsdelikt dar, da die Handlung geeignet sein muss, zu rechtswidrigen Taten aufzustacheln. Im Bereich des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) finden sich ebenfalls Eignungsdelikte, z.B. das Verabreichen von Betäubungsmitteln, das objektiv geeignet sein muss, Gesundheitsschäden zu verursachen.
Inwiefern beeinflusst das Eignungsmerkmal die Abgrenzung zu anderen Deliktsformen?
Das Eignungsmerkmal hat maßgeblichen Einfluss auf die systematische Einordnung und Abgrenzung zu anderen Deliktsformen. Während beim Erfolgsdelikt das tatsächliche Eingetretensein des Erfolgs maßgeblich ist und beim abstrakten Gefährdungsdelikt allein die Vornahme der Handlung genügt, stellt das Eignungsdelikt zusätzliche Anforderungen an die Beschaffenheit der Tathandlung. Diese muss über das bloß abstrakte Gefahrenpotenzial hinaus auch in der konkreten Situation zur Gefahr geeignet sein. Fehler in der Anwendung der Begriffe können zu rechtlicher Fehlqualifikation führen – beispielsweise zur unzutreffenden Annahme eines Versuchs, obwohl bereits die objektive Eignung der Handlung fehlt.
Ist das Eignungsmerkmal auch im subjektiven Tatbestand zu prüfen?
Das Eignungsmerkmal ist vorrangig objektiver Natur und richtet sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten. Im subjektiven Tatbestand kann es jedoch insofern eine Rolle spielen, als der Täter Kenntnis von der objektiven Untauglichkeit seiner Handlung haben muss, um einen untauglichen Versuch zu verneinen. Irrt der Täter über die Eignung seiner Tat zur Herbeiführung des Erfolgs, kann dies Einfluss auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit haben, insbesondere im Hinblick auf den Versuch und eventuelle Rücktrittsmöglichkeiten gemäß § 24 StGB.
Wie wirkt sich die Definition des Eignungsdelikts auf die Strafzumessung aus?
Die genaue Prüfung, ob die Handlung tatsächlich objektiv zur Gefahr geeignet war, ist für die Strafzumessung von erheblicher Bedeutung, da eine strafbare Handlung nur dann vorliegt, wenn das Eignungsmerkmal erfüllt ist. Bei fehlender Eignung scheidet eine Strafe für das vollendete Delikt aus und es kommt lediglich eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht, deren Unrechtgehalt und daher Strafmaß in der Regel deutlich geringer ausfällt. Die Bewertung der Eignung bildet somit einen zentralen Aspekt bei der Bestimmung des Schuldumfangs und der verhängten Sanktionen.