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Eigenverbrauch


Begriff und rechtliche Grundlagen des Eigenverbrauchs

Der Begriff „Eigenverbrauch“ nimmt in verschiedenen Rechtsgebieten, insbesondere im Steuerrecht, eine zentrale Stellung ein. Eigenverbrauch beschreibt nach allgemeiner Definition die Entnahme von Waren oder Dienstleistungen aus einem Unternehmen zur privaten Nutzung des Unternehmers, seiner Angestellten oder nahe stehender Personen. Er findet sowohl im Umsatzsteuerrecht als auch im Einkommensteuerrecht sowie in Sondergesetzen (etwa im Energierecht) Anwendung. Die rechtliche Relevanz des Eigenverbrauchs ergibt sich primär im Zusammenhang mit steuerlichen Pflichten und der Vermeidung von Missbrauchstatbeständen.

Eigenverbrauch im Umsatzsteuerrecht

Begriff des Eigenverbrauchs nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG

Im Umsatzsteuerrecht ist der Eigenverbrauch in § 3 Abs. 1b und Abs. 9a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geregelt. Demnach wird der Eigenverbrauch als eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt fingiert, wenn ein Unternehmer Gegenstände aus seinem Unternehmen entnimmt beziehungsweise betriebliche Leistungen für außerbetriebliche Zwecke verwendet.

Formen des Eigenverbrauchs

Es wird zwischen zwei Formen unterschieden:

  • Sachentnahmen: Entnahme von Gegenständen aus dem Unternehmen für unternehmensfremde Zwecke (z. B. private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs).
  • Dienstleistungsentnahmen: Eigenleistungen des Unternehmers, die für private Zwecke oder für Zwecke außerhalb des Unternehmens erbracht werden (z. B. Handwerksleistungen am eigenen Wohnhaus).

Steuerliche Behandlung

Der Eigenverbrauch unterliegt der Umsatzsteuer, sofern für die angeschafften Gegenstände oder bezogenen Leistungen ein Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Die Bemessungsgrundlage ist der Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten oder im Falle von Dienstleistungen die entstandenen Kosten im Zeitpunkt der Ausführung.

Eigenverbrauch im Einkommensteuerrecht

Begriff und Bedeutung

Im Einkommensteuerrecht spiegelt sich der Eigenverbrauch bei der Gewinnermittlung wider, insbesondere bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften. Hier bezeichnet der Begriff die Entnahme von Wirtschaftsgütern, Arbeits- oder Dienstleistungen für private Zwecke.

Entnahmen nach § 4 Abs. 1 EStG

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Entnahmen als Eigenverbrauch zu erfassen und mit dem Teilwert anzusetzen. Dieser Wert entspricht dem Betrag, den der Unternehmer bei einer Veräußerung der Sache erzielen könnte.

Relevanz für die Gewinnermittlung

Eigenverbrauch mindert den Betriebsvermögensvergleich, indem er als Entnahme ausgebucht wird. Im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist der Eigenverbrauch als Betriebseinnahme zu berücksichtigen.

Eigenverbrauch im Energierecht

Eigenversorgung und Selbstverbrauch

Im Energierecht, insbesondere nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG), wird zwischen Eigenverbrauch und Eigenversorgung differenziert. Eigenversorgung liegt vor, wenn Strom oder Wärme vom Anlagenbetreiber selbst oder von einem „Letztverbraucher“ im räumlichen Zusammenhang mit der Erzeugungsanlage verbraucht wird.

Rechtliche Folgen

Eigenverbrauch ist für die EEG-Umlage und Netzentgelte relevant. Für bestimmte Eigenverbrauchserscheinungen können unter gesetzlich definierten Voraussetzungen Privilegien, etwa eine reduzierte EEG-Umlage oder deren Wegfall, greifen.

Abgrenzung und Abgrenzungskriterien

Da der Begriff „Eigenverbrauch“ verschiedene rechtliche Normierungen erfahren hat, sind die Abgrenzungskriterien für jeden Anwendungsbereich unterschiedlich ausgestaltet.

  • Zur privaten Nutzung: Eine eindeutige Abgrenzung zum Unternehmensbereich und zur steuerpflichtigen Verwertung ist zwingend.
  • Buchführungspflichten: Unternehmer sind verpflichtet, Eigenverbrauchsvorgänge ordnungsgemäß zu dokumentieren.

Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen

Im Rahmen der Steuerpflichten muss der Eigenverbrauch nachvollziehbar erfasst werden. Bei Betriebsprüfungen wird regelmäßig verlangt, dass die Entnahmen und deren Bewertung nachweisbar sind. Typische Nachweise sind Fahrtenbücher, Entnahmelisten und andere innerbetriebliche Aufzeichnungen.

Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Die Rechtsprechung der Finanzgerichte sowie zahlreiche Verwaltungsanweisungen konkretisieren die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Eigenverbrauch fortlaufend. Besonders bedeutsam sind dabei Fragen der Schätzung von Bemessungsgrundlagen, die Abgrenzung zwischen unternehmerischer und privater Nutzung und die Auswirkungen auf die Vorsteuerkorrektur.

Zusammenfassung

Der Eigenverbrauch ist ein vielschichtiger Rechtsbegriff, der insbesondere im Steuerrecht weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Belastung und die Pflichten von Unternehmern hat. Seine genaue rechtliche Einordnung hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich ab. Sorgfältige Dokumentation und Bewertung sind für eine rechtssichere Behandlung im Rahmen der steuerlichen Pflichten unerlässlich.


Quellenvermerk: Dieser Artikel basiert auf den maßgeblichen deutschen Steuergesetzen (UStG, EStG), dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, einschlägigen Verwaltungsvorschriften und Grundsatzurteilen der Finanzgerichte.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Regelungen gelten für den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom in Deutschland?

Der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom unterliegt in Deutschland verschiedenen gesetzlichen Grundlagen, insbesondere dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Nach dem EEG sind Betreiber von Photovoltaikanlagen, die ihren Strom teilweise oder ganz selbst verbrauchen, verpflichtet, bestimmte gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Hierzu gehören insbesondere die Anmeldung der Anlage beim zuständigen Netzbetreiber sowie der Bundesnetzagentur, die Einhaltung von Mess- und Meldepflichten sowie die Abführung der anteiligen EEG-Umlage auch auf selbst verbrauchten Strom, sofern keine vollständige Befreiung vorliegt. Darüber hinaus regeln Vorschriften aus dem EnWG Aspekte wie die Messtechnik, den Netzanschluss und die Sicherstellung der Entflechtung zwischen Stromerzeugung und -verbrauch. Der Eigenverbrauch ist auch steuerrechtlich relevant: Beispielsweise kann das Betreiben der Anlage als unternehmerische Tätigkeit gelten, wodurch unter bestimmten Voraussetzungen Umsatzsteuer abgeführt werden muss. Schließlich existieren auch bauordnungsrechtliche Anforderungen und Sicherheitsvorschriften, die es zu beachten gilt.

Muss auf eigenverbrauchten Strom die EEG-Umlage gezahlt werden?

Seit Inkrafttreten des EEG 2014 besteht grundsätzlich die Verpflichtung, auf eigenverbrauchten Strom eine anteilige EEG-Umlage zu zahlen, sofern die betreffende Erzeugungsanlage nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurde. Die Höhe dieser Umlage wurde seitdem mehrfach angepasst und zuletzt durch gesetzliche Änderungen erheblich reduziert. Privatpersonen und Kleinanlagenbetreiber sind bis zu einer Anlagenleistung von 30 kWp und einem jährlichen Eigenverbrauch von 30.000 kWh von der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch befreit (§ 61b EEG). Für größere Anlagen und gewerblichen Eigenverbrauch gelten Sonderregelungen, wobei die EEG-Umlage weiterhin in reduzierter Höhe entrichtet werden muss. Unternehmen, die als „energieintensive Industrie“ eingestuft werden, können zudem unter bestimmten Voraussetzungen eine weitergehende Reduzierung erhalten. Die ordnungsgemäße messtechnische Erfassung des eigenverbrauchten Stroms sowie die fristgerechte Meldung an den Netzbetreiber sind zwingend erforderlich, um Sanktionen oder Nachzahlungen zu vermeiden.

Welche steuerlichen Pflichten entstehen beim Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom?

Rechtlich betrachtet ist bei der steuerlichen Behandlung des Eigenverbrauchs zu differenzieren, ob die Stromerzeugungsanlage als unternehmerische Betätigung eingestuft wird oder nicht. Bei Betreibern von Photovoltaikanlagen, die ins Gewerbliche fallen, ist der Eigenverbrauch regelmäßig als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Umsatzsteuergesetz (UStG) zu versteuern, sofern für die Anlage beim Kauf oder der Errichtung der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Das bedeutet, für den Eigenverbrauch muss Umsatzsteuer auf den Marktwert des Stroms abgeführt werden, auch wenn dieser privat verbraucht wird. Darüber hinaus können unter Umständen Einkünfte aus Stromerzeugung und -einspeisung einkommensteuerpflichtig sein, es sei denn, es handelt sich um eine sogenannte Liebhaberei, die steuerlich nicht relevant ist. Weiterhin gibt es seit 2023 steuerliche Entlastungen und Vereinfachungen für Kleinanlagen, wie etwa die Befreiung von Einkommensteuer für bestimmte Anlagengrößen. Die Pflicht zur Abführung der Stromsteuer besteht grundsätzlich nicht, sofern der Strom tatsächlich im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Anlagenstandort verbraucht wird und keine Stromlieferung an Dritte erfolgt.

Welche Anforderungen an Messung und Meldepflichten bestehen beim Eigenverbrauch?

Rechtlich sind beim Eigenverbrauch strikte Anforderungen an die Mess- und Meldepflichten zu beachten. Nach § 74 EEG besteht die Pflicht, die Photovoltaik- oder andere Stromerzeugungsanlage beim zuständigen Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur (Marktstammdatenregister) zu registrieren. Die Abgrenzung des Eigenverbrauchs vom eingespeisten Strom muss durch geeichte Messsysteme erfolgen, d. h., es sind Zwei-Richtungszähler oder entsprechende intelligente Messsysteme zu installieren. Die Eigenverbrauchsmengen sowie eingespeiste Überschüsse sind periodisch an den Netzbetreiber zu melden. Die genauen Fristen und Formate ergeben sich aus den Vorgaben des EEG sowie aus den technischen Anschlussbedingungen (TAB) des jeweiligen Netzbetreibers. Versäumnisse können zu rechtlichen Konsequenzen führen, etwa zu Nachforderungen oder zum Verlust von Förderansprüchen. Darüber hinaus müssen Eigenverbraucher beachten, dass Änderungen an der Anlage oder am Verbrauchsverhalten (z. B. Beginn der Stromlieferung an Dritte) umgehend mitzuteilen sind.

Ist eine baurechtliche Genehmigung für Anlagen zum Eigenverbrauch erforderlich?

Ob eine baurechtliche Genehmigung für Anlagen zum Eigenverbrauch notwendig ist, richtet sich nach den jeweiligen Landesbauordnungen sowie weiteren örtlichen Vorschriften. Grundsätzlich sind kleinere Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden in vielen Bundesländern genehmigungsfrei, sofern keine Belange des Denkmalschutzes, des Brandschutzes oder der Nachbarrechte betroffen sind. Bei größeren Anlagen, Anlagen auf denkmalgeschützten Häusern, im Außenbereich oder bei Abweichungen von Bauvorschriften kann eine Genehmigung erforderlich werden. Auch der Brandschutz und die Standsicherheit der baulichen Anlagen unterliegen gesetzlichen Mindestanforderungen, die im Rahmen einer bauaufsichtlichen Prüfung überprüft werden können. Darüber hinaus sind technische Anschlussbedingungen des Netzbetreibers zu beachten, etwa hinsichtlich des Netzanschlusses und der Einspeisevorrichtungen. Es empfiehlt sich daher, vor Errichtung einer Eigenverbrauchsanlage eine Prüfung beim örtlichen Bauamt und dem Netzbetreiber vorzunehmen.

Wie wirkt sich der Eigenverbrauch auf die Stromlieferung an Dritte aus?

Im rechtlichen Kontext ist zu unterscheiden, ob der erzeugte Strom ausschließlich selbst verbraucht oder auch an Dritte geliefert wird (z. B. an Mieter oder Nachbarn). Sobald Strom an Dritte geliefert wird, besteht gemäß EnWG und EEG die Verpflichtung zur Anmeldung als Energieversorger, wobei eine Vielzahl zusätzlicher rechtlicher Pflichten ausgelöst wird, wie beispielsweise die Erhebung und Abführung der vollen EEG-Umlage, die Beachtung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG), die Abrechnung nach gesetzlichen Vorgaben sowie weitere Melde- und Informationspflichten. Auch steuerrechtlich kann die Lieferung an Dritte eine Gewerblichkeit und weitere steuerliche Belastungen (insbesondere Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) nach sich ziehen. Bei Lieferung an Dritte empfiehlt es sich, individuelle rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Einhaltung aller relevanten Vorschriften sicherzustellen und mögliche Haftungsrisiken zu vermeiden.

Welchen Einfluss hat der Eigenverbrauch auf Förderansprüche nach dem EEG?

Gemäß EEG wird für eigenverbrauchten Strom keine Einspeisevergütung gezahlt, da es sich hierbei um Strom handelt, der nicht in das öffentliche Netz eingespeist wird. Förderansprüche, wie die sogenannte Marktprämie, stehen daher nur für den ins Netz eingespeisten Strom zur Verfügung. Allerdings kann sich der Umfang des Eigenverbrauchs auf die Höhe der Gesamtförderung auswirken, da nur die tatsächlich eingespeiste Strommenge vergütet wird. Zudem muss beachtet werden, dass eine missbräuchliche Eigenverbrauchsdeklaration, um Fördermittel zu maximieren, rechtlich als Subventionsbetrug gewertet werden kann und erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Die genaue Dokumentation und Abgrenzung von Eigenverbrauch und Einspeisung ist daher für den dauerhaften und rechtssicheren Erhalt von Fördermitteln unerlässlich.