Begriff und Einordnung
Eine Eigenunfallversicherung ist eine Form der privaten Unfallversicherung, die Leistungen erbringt, wenn die versicherte Person bei einem Unfall selbst zu Schaden kommt und kein Dritter haftet oder der Unfall überwiegend selbst verursacht wurde. Sie dient insbesondere dazu, die Lücke zu schließen, die entsteht, wenn keine Ansprüche gegen eine fremde Haftpflichtversicherung bestehen. In der Praxis begegnet der Begriff in zwei Ausprägungen: als allgemeine private Unfallversicherung mit entsprechender Deckung für eigenverursachte Unfälle und als fahrzeugbezogener Fahrerschutz im Straßenverkehr (häufig als Fahrer-Unfallversicherung oder Fahrerschutz bezeichnet).
Kernaussage
Rechtlich handelt es sich um eine Summen- bzw. Leistungspflicht des Versicherers nach vorher festgelegten Bedingungen. Der Versicherungsfall ist der Unfall der versicherten Person; ein Verschulden der versicherten Person schließt die Leistung grundsätzlich nicht aus, soweit keine vertraglichen Ausschlüsse greifen.
Abgrenzung zu anderen Versicherungen
Die Eigenunfallversicherung ist abzugrenzen von:
- Kfz-Haftpflicht: Reguliert Schäden Dritter, nicht die Eigenschäden des Fahrers.
- Kaskoversicherung: Deckt Sachschäden am eigenen Fahrzeug, nicht Personenschäden des Fahrers.
- Insassenunfallversicherung: Versichert in der Regel Mitfahrende; der Fahrer ist je nach Ausgestaltung mitversichert oder separat abgesichert.
- Berufsunfähigkeit und Krankentagegeld: Knüpfen an Arbeitsunfähigkeit bzw. Verdienstausfall an, nicht an das Unfallereignis als solches.
- Gesetzliche Unfallversicherung: Erfasst regelmäßig Arbeits- und Wegeunfälle, nicht die gesamte private Lebenssphäre.
Versicherte Personen und versicherter Bereich
Kreis der Versicherten
Versichert ist die im Vertrag benannte Person (Einzelvertrag) oder ein definierter Personenkreis (z. B. berechtigte Fahrer eines bestimmten Fahrzeugs). Beim fahrzeugbezogenen Fahrerschutz ist die jeweils fahrzeugführende berechtigte Person versichert; bei der allgemeinen privaten Unfallversicherung die namentlich genannte Person.
Räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich
Der Schutz besteht grundsätzlich weltweit und rund um die Uhr, sofern die Bedingungen keinen eingeschränkten Geltungsbereich vorsehen. Beim Fahrerschutz kann der Schutz an die Nutzung des versicherten Fahrzeugs und bestimmte Fahrten (z. B. Privat- oder Geschäftsfahrten) anknüpfen.
Erfasste Unfälle und typische Ausschlüsse
Versichert ist ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt. Erfasst sind etwa Stürze, Verkehrsunfälle oder Sportunfälle. Keine Leistungen bestehen regelmäßig bei Ereignissen, die nicht die Merkmale eines versicherten Unfalls erfüllen oder die vertraglich ausgeschlossen sind.
Häufige Ausschlussthemen
- Vorsätzliche Selbstschädigung
- Unfälle unter erheblichem Einfluss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel
- Teilnahme an verbotenen Rennen oder bestimmten Hochrisikoaktivitäten
- Fahren ohne erforderliche Fahrerlaubnis (bei Fahrerschutz)
- Kriegsereignisse und ähnliche außergewöhnliche Gefahrenlagen
Leistungen und Leistungsarten
Invaliditätsleistung und Gliedertaxe
Zentral ist die Invaliditätsleistung, eine einmalige Kapitalzahlung oder vereinbarte Rente bei dauerhafter Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit infolge des Unfalls. Der Grad der Invalidität wird anhand medizinischer Feststellungen ermittelt; bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit bestimmter Körperteile dienen feste Bemessungswerte (Gliedertaxe) als Orientierung. Vertragsklauseln können eine Verstärkung der Leistung (Progression) vorsehen, die höhere Invaliditätsgrade überproportional vergütet.
Todesfallleistung
Verstirbt die versicherte Person unfallbedingt innerhalb der vertraglich vorgesehenen Frist, ist eine vereinbarte Todesfallleistung fällig. Sie steht regelmäßig den im Vertrag genannten Bezugsberechtigten zu.
Tagegeld, Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld
Je nach Vereinbarung werden pauschale Tagegelder für unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausaufenthalte oder eine Genesungsphase gewährt. Diese Leistungen sind unabhängig von konkreten Aufwendungen und knüpfen an die vertraglich definierten Voraussetzungen und Nachweise an.
Heil-, Rettungs- und Bergungskosten
Viele Bedingungen sehen die Übernahme bestimmter Kostenpositionen vor, beispielsweise für Rettungs-, Bergungs- und Transportmaßnahmen, kosmetische Operationen oder Rehabilitationshilfen innerhalb festgelegter Höchstgrenzen.
Rentenleistungen
Alternativ oder ergänzend zum Kapital kann eine Unfallrente vereinbart sein, die ab einem bestimmten Invaliditätsgrad regelmäßig gezahlt wird.
Vertragliche Grundlagen und Pflichten
Antrag, Risikofragen, Beginn
Der Vertrag kommt durch Antrag und Annahme zustande. Vor Vertragsschluss werden Gesundheits- und Risikofragen gestellt. Der Versicherungsschutz beginnt zum vereinbarten Zeitpunkt; Wartezeiten sind bei Unfalltarifen unüblich, können aber in Sonderkonstellationen vorgesehen sein.
Vorvertragliche Anzeigepflichten
Die wahrheitsgemäße Beantwortung gefahrerheblicher Fragen ist für den Bestand des Vertrages maßgeblich. Bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben können vertragliche Rechte des Versicherers bis hin zur Leistungsfreiheit bestehen.
Obliegenheiten im Schadenfall
Die Bedingungen sehen regelmäßig vor, dass Unfälle innerhalb bestimmter Fristen angezeigt werden. Für die Invaliditätsleistung ist typischerweise erforderlich, dass die Invalidität innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach dem Unfall eingetreten, ärztlich festgestellt und gegenüber dem Versicherer geltend gemacht wurde. Die versicherte Person hat an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, ärztliche Untersuchungen zu ermöglichen und geforderte Unterlagen einzureichen.
Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen
Wirkt eine Vorerkrankung oder ein Gebrechen an den Unfallfolgen mit, sehen Bedingungen häufig eine anteilige Kürzung vor. Maßgeblich ist der medizinisch feststellbare Mitwirkungsanteil.
Nachprüfung und Neubemessung
Der Invaliditätsgrad kann innerhalb vertraglich vereinbarter Fristen neu bemessen werden. Eine Erhöhung oder Verringerung der Leistung ist in diesem Rahmen möglich.
Prämie, Laufzeit, Kündigung und Anpassung
Die Prämienhöhe richtet sich nach Umfang des Versicherungsschutzes, versicherter Person, vereinbarten Summen und Zusatzbausteinen. Verträge laufen regelmäßig auf unbestimmte Zeit mit jährlicher Verlängerung. Ordentliche und anlassbezogene Beendigungsmöglichkeiten sind vertraglich geregelt, beispielsweise nach einem Schadenfall oder bei Prämienänderungen.
Koordination mit anderen Leistungsquellen
Verhältnis zu Kfz-Haftpflicht und Insassenunfall
Bei selbst verschuldeten Unfällen des Fahrers besteht aus der Kfz-Haftpflicht kein Anspruch auf Ersatz eigener Personenschäden; hier setzt der Fahrerschutz als besondere Form der Eigenunfallabsicherung an. Eine Insassenunfallversicherung betrifft primär Mitfahrende; Überschneidungen sind je nach Bedingungswerk möglich.
Verhältnis zur Krankenversicherung und gesetzlichen Unfallversicherung
Die Krankenversicherung erbringt Sach- bzw. Aufwandsleistungen der Heilbehandlung. Die Eigenunfallversicherung zahlt demgegenüber vereinbarte Geldleistungen unabhängig von tatsächlichen Behandlungskosten. Die gesetzliche Unfallversicherung erfasst typischerweise nur bestimmte Tätigkeitsbereiche (etwa Arbeit und Wege); private Ereignisse fallen nicht darunter.
Mehrfachversicherung und Kumulation
Summenleistungen aus Unfallversicherungen können nebeneinander bezogen werden. Koordinationsklauseln können Doppelentschädigungen für identische Kostenpositionen begrenzen, wenn es sich um erstattungsfähige Aufwendungen handelt.
Regress und Anspruchsübergang
Bestehen Ansprüche gegen Dritte (z. B. bei Mitverursachung durch andere), können vertragliche Regelungen einen Übergang dieser Ansprüche auf den Versicherer vorsehen, soweit dieser Leistungen erbracht hat. Bei reinen Eigenunfällen ohne Drittbeteiligung entfällt ein Rückgriff regelmäßig.
Besonderheiten beim fahrzeugbezogenen Fahrerschutz
Versicherungsgegenstand und Anknüpfung an das Fahrzeug
Der Fahrerschutz knüpft an das konkret versicherte Fahrzeug an. Versichert ist die Person, die das Fahrzeug berechtigt führt. Der Schutz gilt typischerweise während der Nutzung des Fahrzeugs und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Fahrbetrieb.
Mitversicherte Fahrten und Fahrerlaubnis
Deckung besteht regelmäßig für Fahrten, die dem vertraglich vorgesehenen Zweck entsprechen. Das Führen ohne erforderliche Fahrerlaubnis oder die Überlassung an nicht berechtigte Personen ist häufig ausgeschlossen.
Ausschlüsse und Beweisfragen
Erhöhte Risiken, etwa Fahren unter erheblichem Alkoholeinfluss oder unter Einfluss anderer berauschender Mittel, sind oft ausgeschlossen oder führen zu Leistungskürzungen. Im Streitfall sind Hergang, Ursächlichkeit und Invaliditätsgrad durch geeignete Nachweise und medizinische Gutachten zu belegen.
Datenschutz und medizinische Begutachtung
Umgang mit Gesundheitsdaten
Für die Leistungsprüfung werden Gesundheitsdaten verarbeitet. Die Zulässigkeit stützt sich auf vertragliche Vereinbarungen und datenschutzrechtliche Regelungen. Informations- und Auskunftsrechte bleiben unberührt.
Begutachtungen und Einsichtsrechte
Der Versicherer kann medizinische Untersuchungen veranlassen, um den Invaliditätsgrad festzustellen. Ergebnisse von Begutachtungen und die zugrunde liegenden Akten sind im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Rechte einsehbar.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist unter einem Eigenunfall im rechtlichen Sinne zu verstehen?
Ein Eigenunfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzliches, von außen wirkendes Ereignis eine Gesundheitsschädigung erleidet, ohne dass ein Dritter als Haftungsschuldner eintritt oder der Unfall wesentlich selbst verursacht wurde. Maßgeblich ist die Definition des Unfalls im jeweiligen Bedingungswerk.
Deckt die Eigenunfallversicherung Unfälle bei eigener grober Fahrlässigkeit ab?
Die Deckung bei grober Fahrlässigkeit ist bedingungsabhängig. In vielen Unfallbedingungen führt grobe Fahrlässigkeit nicht per se zum Ausschluss, während bestimmte Konstellationen, etwa Fahren unter erheblichem Einfluss alkoholischer Getränke, ausgeschlossen oder leistungsbegrenzend ausgestaltet sein können.
Welche Fristen gelten für die Geltendmachung der Invaliditätsleistung?
Typischerweise muss die Invalidität innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach dem Unfall eingetreten, ärztlich festgestellt und innerhalb einer weiteren Frist beim Versicherer geltend gemacht sein. Häufig sind Zeiträume im Bereich von einem Jahr für den Eintritt und zusätzlichen Monaten für die ärztliche Feststellung vorgesehen.
Kann die Invalidität später neu beurteilt werden?
Viele Verträge sehen innerhalb einer bestimmten Nachprüfungsfrist eine Neubemessung des Invaliditätsgrades vor. Ergibt sich dabei eine Veränderung, kann die Leistung entsprechend angepasst werden.
Wie verhält sich die Eigenunfallversicherung zur Kfz-Haftpflichtversicherung?
Die Kfz-Haftpflicht reguliert Schäden Dritter. Eigene Personenschäden des Fahrers bei selbst verschuldetem Unfall sind davon nicht umfasst. Die Eigenunfallversicherung, insbesondere der fahrzeugbezogene Fahrerschutz, setzt an dieser Stelle an und erbringt die vertraglich vereinbarten Leistungen.
Sind mehrere Unfallversicherungen gleichzeitig leistungsverpflichtet?
Bei Summenversicherungen können Leistungen kumuliert bezogen werden. Für erstattungsfähige Kostenpositionen können Begrenzungen vorgesehen sein, um eine Überentschädigung zu vermeiden.
Welche Rolle spielt die Mitwirkung von Vorerkrankungen?
Wirkt eine Vorerkrankung an den Unfallfolgen mit, sehen Bedingungen häufig eine anteilige Kürzung vor. Der Mitwirkungsanteil wird auf medizinischer Grundlage bewertet und beeinflusst den zu zahlenden Invaliditätsgrad.
Wer ist beim fahrzeugbezogenen Fahrerschutz versichert?
Versichert ist in der Regel die Person, die das konkret versicherte Fahrzeug berechtigt führt. Der Schutz ist an die Nutzung des benannten Fahrzeugs und an die vertraglichen Voraussetzungen gebunden.