Begriffsdefinition und rechtliche Einordnung der Eigenunfallversicherung
Die Eigenunfallversicherung ist eine besondere Form der Unfallversicherung, bei der die versicherte Person entweder der Versicherungsnehmer selbst oder ein mitversicherter Dritter ist. Ihr Zweck ist die finanzielle Absicherung eigenener Unfallrisiken, die im privaten oder beruflichen Umfeld entstehen können. Im Unterschied dazu steht die Haftpflichtversicherung, welche Schäden an Dritten abdeckt. Die Eigenunfallversicherung ist privatrechtlich geregelt und ihre vertraglichen Grundlagen und Rechtsfolgen sind umfassend im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert.
Struktur und Inhalte der Eigenunfallversicherung
Versicherte Risiken und Leistungsumfang
Die Eigenunfallversicherung schützt vor den wirtschaftlichen Folgen eines Unfalls. Als Unfall wird dabei gemäß § 178 II VVG ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis verstanden, das unfreiwillig einen Gesundheitsschaden verursacht. Versichert werden insbesondere folgende Risiken:
- Invalidität (dauerhafte körperliche oder geistige Beeinträchtigung)
- Tod infolge eines Unfalls
- Krankenhaustagegeld
- Übergangsleistungen und Genesungsgeld
- Kosmetische Operationen nach einem Unfall
Der konkrete Leistungsumfang richtet sich nach dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag und den dazugehörigen Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB).
Abgrenzung zu anderen Versicherungstypen
Die Eigenunfallversicherung ist klar abzugrenzen von der gesetzlichen Unfallversicherung, die sich auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten beschränkt und für Arbeitnehmer im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses gilt. Auch Kranken-, Berufsunfähigkeits- oder Haftpflichtversicherungen unterscheiden sich deutlich in Versicherungsschutz und Anspruchsgrundlagen. In Abgrenzung zur Fremdunfallversicherung liegt der Fokus der Eigenunfallversicherung konsequent auf dem Selbstschutz.
Vertragliche Grundlagen und Rechtsrahmen
Abschluss und Laufzeit
Der Versicherungsvertrag kommt durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB) zustande. Wesentliche Vertragsbestandteile sind:
- Versicherungsnehmer: Die Person, welche die Versicherung abschließt und Beiträge zahlt.
- Versicherte Person: Diejenige, auf deren Gesundheit der Versicherungsschutz bezogen ist, häufig identisch mit dem Versicherungsnehmer.
- Versicherungsprämie: Der fällige Beitrag, meist als Jahresprämie erhoben.
Die Eigenunfallversicherung ist meist als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet und verlängert sich automatisch, sofern keine Kündigung erfolgt.
Pflichten des Versicherungsnehmers
Nach § 19 VVG obliegt dem Versicherungsnehmer eine vorvertragliche Anzeigepflicht hinsichtlich aller gefahrerheblichen Umstände. Im Leistungsfall bestehen weitere Mitwirkungsobliegenheiten wie beispielsweise die Verpflichtung, den Unfall unverzüglich zu melden, ärztliche Untersuchungen zu ermöglichen und erforderliche Nachweise zu erbringen.
Die Verletzung dieser Pflichten kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen (§§ 28, 19 VVG).
Versicherungsfall und Leistungsabwicklung
Der Eintritt des Versicherungsfalls ist im Versicherungsvertrag und den AUB geregelt. Der Versicherungsnehmer muss den Unfall nachweisen und detaillierte Angaben zum Unfallhergang, den erlittenen Verletzungen und eventuellen Vorschäden machen. Die Leistungsfeststellung erfolgt häufig durch medizinische Gutachten, insbesondere zur Bestimmung des Invaliditätsgrades.
Die Versicherungssumme und die daraus resultierende Entschädigung werden entsprechend der vertraglich vereinbarten Gliedertaxe bzw. nach ärztlichem Gutachten berechnet. Im Todesfall erfolgt eine Auszahlung an die bezugsberechtigte Person.
Ausschlüsse und Begrenzungen des Versicherungsschutzes
Typische Ausschlusstatbestände
Die Eigenunfallversicherung sieht regelmäßig bestimmte Ausschlüsse vor, darunter:
- Unfälle durch Geistes- und Bewusstseinsstörungen (z. B. durch Alkohol oder Medikamente)
- Unfälle bei begangenen Straftaten
- Gesundheitsschäden durch Krankheit, Infektion oder pathologische Zustände, die nicht auf einen Unfall zurückzuführen sind
- Unfälle bei vorsätzlicher Selbstschädigung oder Suizid
Diese Ausschlüsse sind im Detail in den AUB sowie in § 178 VVG geregelt und stellen sicher, dass der Versicherungsschutz auf echte, ungewollte Unfallereignisse beschränkt bleibt.
Besonderheiten bei bestimmten Personengruppen und Konstellationen
Versicherungsnehmer, Selbständige und Arbeitnehmer
Selbständige, Freiberufliche und nicht pflichtversicherte Personen nutzen die Eigenunfallversicherung oft zur individuellen Absicherung eigener Unfallrisiken. Ebenso gehört die Absicherung privater Risiken für Arbeitnehmer außerhalb der Tätigkeitssphäre zu den üblichen Vertragskonstellationen.
Kombinationsmodelle und Gruppenversicherungen
Eigenunfallversicherungen können als Einzel- oder Gruppenversicherung organisiert sein, etwa im Rahmen von Sportvereinen oder Unternehmen. In Gruppenverträgen gelten spezifische Schutz- und Leistungsregelungen, die in den jeweiligen Rahmenverträgen sowie in den AUB vereinbart werden.
Steuerliche Behandlung der Eigenunfallversicherung
Beiträge zur Eigenunfallversicherung sind steuerlich nur eingeschränkt als Vorsorgeaufwendungen absetzbar. Die Leistungen an den Versicherten sind in der Regel steuerfrei, soweit sie in Form von Kapitalauszahlung oder Rente erfolgen und nicht auf eine steuerpflichtige betriebliche Unfallversicherung zurückzuführen sind.
Kündigung und Beendigung des Versicherungsvertrages
Ordentliche und außerordentliche Kündigung
Der Vertrag kann vom Versicherungsnehmer oder Versicherer gekündigt werden. Die ordentliche Kündigung erfolgt zum Ende des Versicherungsjahres mit gesetzlicher Frist gemäß § 11 VVG. Eine außerordentliche Kündigung ist bei Eintritt des Versicherungsfalls, Prämienerhöhung oder Verletzung vertraglicher Pflichten möglich.
Beendigungsgründe
Weitere Beendigungsgründe sind Tod der versicherten Person, Vertragsablauf oder einvernehmliche Aufhebung des Vertrages.
Fazit
Die Eigenunfallversicherung ist ein zentrales Instrument im Rahmen der individuellen Risikoabsicherung und deckt finanzielle Folgen von Unfällen für die versicherte Person selbst ab. Sie ist privatrechtlich geregelt, bietet umfangreichen, vertraglich bestimmbaren Versicherungsschutz und unterliegt klar geregelten Voraussetzungen, Ausschlüssen und Leistungsgrenzen. Die umfassende Kenntnis der Vertragsinhalte, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Obliegenheiten ist für eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung im Versicherungsfall wesentlich.
Häufig gestellte Fragen
Wann besteht bei einer Eigenunfallversicherung rechtlich ein Anspruch auf Leistung?
Ein Anspruch auf Leistung aus der Eigenunfallversicherung besteht rechtlich, wenn ein versicherter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegt, das heißt, ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, wodurch der Versicherte unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Darüber hinaus müssen alle vertraglichen Anforderungen erfüllt sein, insbesondere die fristgerechte Anzeige des Unfalls beim Versicherer sowie die Einhaltung möglicher Mitwirkungsobliegenheiten wie ärztlicher Untersuchungen oder das Einreichen von Nachweisen über die Unfallfolgen. Der Versicherungsschutz umfasst – abhängig vom gewählten Vertrag – meist Invaliditätsleistungen, Tagegeld, Krankenhaustagegeld oder Todesfallleistungen. Ausgeschlossen sind Ansprüche regelmäßig, wenn Ausschlussgründe wie etwa Eigenverschulden durch grobe Fahrlässigkeit, Bewusstseinsstörung, Alkoholeinfluss oder vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls nachgewiesen werden. Maßgeblich ist hierbei das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sowie die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB), die präzise regeln, in welchen Konstellationen ein Leistungsanspruch besteht oder entfällt.
Wer ist bei Streit über die Leistungspflicht der Eigenunfallversicherung zur Beweisführung verpflichtet?
Im Falle eines gerichtlichen Streits um die Leistungspflicht der Eigenunfallversicherung trifft die Beweislast grundsätzlich den Versicherungsnehmer. Er muss nachweisen, dass ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen stattgefunden hat, dass ein Gesundheitsschaden innerhalb des Leistungsumfangs eingetreten ist, und dass ein ursächlicher Zusammenhang (Kausalität) zwischen Unfall und Gesundheitsschädigung besteht. Kommt der Versicherer seinerseits zu dem Ergebnis, dass Ausschlussgründe vorliegen – wie etwa vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls oder grobe Fahrlässigkeit -, trägt er die Beweislast für diese Ausschlüsse. Streitpunkte ergeben sich häufig in Bezug auf die Frage der Ursächlichkeit, insbesondere, ob Vorerkrankungen maßgeblich zur Invalidität beigetragen haben. In solchen Fällen werden medizinische Sachverständigengutachten herangezogen, die die anspruchsbegründende Kausalität überprüfen.
Welche rechtliche Bedeutung haben Mitwirkungsobliegenheiten des Versicherten?
Im Eigenunfallversicherungsrecht haben Mitwirkungsobliegenheiten des Versicherten erheblichen Einfluss auf den Leistungsanspruch. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, nach Eintritt des Unfalls unverzüglich eine ärztliche Untersuchung zu ermöglichen, einen ausführlichen Unfallbericht zu erstatten, sowie weiterführende Auskünfte und Nachweise über Verlauf und Folgen des Unfalls zu liefern. Rechtlich ergibt sich diese Verpflichtung aus dem Versicherungsvertragsgesetz (§§ 28, 31 VVG) sowie den vertraglich vereinbarten Unfallversicherungsbedingungen. Wird diesen Mitwirkungspflichten schuldhaft nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen, ist der Versicherer nach Fristsetzung in der Regel berechtigt, die Versicherungsleistung ganz oder teilweise zu verweigern, sofern ihn ein Verschulden des Versicherten trifft und die verzögerte oder verweigerte Mitwirkung zu einer Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung führt.
Inwiefern beeinflusst ein Mitverschulden des Versicherten den Leistungsanspruch?
Ein Mitverschulden des Versicherten an dem Unfallereignis oder an der Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation kann die Leistungspflicht der Eigenunfallversicherung rechtlich erheblich beeinflussen. Grundsätzlich ist die Unfallversicherung eine sogenannte Summenversicherung und unterliegt damit – anders als Haftpflichtversicherungen – nicht ohne Weiteres dem Grundsatz der Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens des Versicherten (§ 254 BGB ist nicht unmittelbar anwendbar). Allerdings sehen die Versicherungsbedingungen vielfach Ausschlüsse oder Leistungskürzungen bei grober Fahrlässigkeit, Trunkenheit oder sonstigen gefährlichen Handlungen vor. Liegt ein solcher Fall vor und ist der Zusammenhang mit einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls nachgewiesen, kann der Versicherer die Leistungen entsprechend kürzen oder den Anspruch ganz ausschließen.
Welche Verjährungsfristen gelten für Ansprüche aus der Eigenunfallversicherung?
Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Eigenunfallversicherung beträgt nach § 195 BGB grundsätzlich drei Jahre und beginnt zum Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Versicherungsnehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Maßgeblich kann hierbei das Datum der ärztlichen Feststellung der Invalidität oder der Eintritt weiterer Leistungsmerkmale wie Erwerbsunfähigkeit sein. Der Lauf der Verjährungsfrist kann durch Verhandlungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer gehemmt werden, wobei abgebrochene Verhandlungen den Fristlauf wieder in Gang setzen. Darüber hinaus bestehen oft spezielle Ausschlussfristen in den Versicherungsbedingungen, nach denen etwa Invaliditätsansprüche innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall geltend gemacht werden müssen, damit der Anspruch nicht verfällt.
Wie wirken sich Vorerkrankungen oder Gebrechen auf den Anspruch aus?
Vorerkrankungen oder bestehende Gebrechen des Versicherten werden nach den maßgeblichen Unfallversicherungsbedingungen und nach § 178 Abs. 2 VVG nur dann berücksichtigt, wenn sie das Ausmaß der unfallbedingten Gesundheitsschädigung mitbestimmen. In solchen Fällen ist der Versicherer berechtigt, den Invaliditätsgrad entsprechend zu reduzieren. Wenn also eine an sich durch den Unfall herbeigeführte Invalidität durch bestehende Krankheiten oder Gebrechen verschärft wurde, mindert sich der Anspruch entsprechend dem Anteil, den die Vorerkrankung am Gesamtgesundheitsschaden hat. Der Anteil der Minderung ist durch medizinische Sachverständigengutachten zu konkretisieren. Der Versicherer trägt die Beweislast für das Vorliegen und die Mitwirkung einer Vorerkrankung an der Gesundheitsschädigung.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen darf die Eigenunfallversicherung die Leistung verweigern?
Die Eigenunfallversicherung ist zur Leistungsablehnung berechtigt, wenn rechtlich relevante Ausschlussgründe vorliegen, die im Vertrag und in den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen geregelt sind. Hierzu zählen insbesondere Unfälle, die durch vorsätzliche Handlungen (etwa Selbstverletzung oder Suizidversuch), aktive Teilnahme an strafbaren Handlungen, alkoholisierte oder sonstige berauschte Zustände, Geistes- oder Bewusstseinsstörungen – etwa durch Medikamente – oder durch Kriegs- und Bürgerkriegsereignisse herbeigeführt wurden. Auch die Nichtbeachtung von Mitwirkungsobliegenheiten, arglistige Täuschungen über Unfallumstände oder die rückwirkende Kenntnis von nicht gemeldeten Vorschäden können den Anspruch auf Versicherungsleistung ausschließen. In Streitfällen hat der Versicherer die Beweislast für das Vorliegen der Ausschlussgründe.