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Eigentumsverletzung


Begriff und Grundlagen der Eigentumsverletzung

Definition der Eigentumsverletzung

Die Eigentumsverletzung ist ein zentrales Rechtsinstitut im deutschen Zivilrecht und bezeichnet die Beeinträchtigung des Eigentumsrechts einer Person durch einen widerrechtlichen Eingriff eines Dritten. Das Eigentum als absolutes Recht ist grundrechtlich geschützt (Art. 14 Abs. 1 GG) und wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 903 BGB umfassend geregelt. Eine Eigentumsverletzung liegt vor, wenn ein Dritter ohne Zustimmung des Eigentümers und ohne rechtfertigenden Grund in dessen Verfügungs- oder Nutzungsbefugnis eingreift.

Gesetzliche Regelungen zur Eigentumsverletzung

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das deutsche Zivilrecht schützt das Eigentum in § 903 BGB. Die zentralen Anspruchsgrundlagen im Fall einer Eigentumsverletzung ergeben sich insbesondere aus:

  • § 985 BGB (Herausgabeanspruch): Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, sofern dieser kein Recht zum Besitz hat.
  • § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Bei einer Beeinträchtigung kann der Eigentümer auf Beseitigung und Unterlassung klagen.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzanspruch): Wer das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.

Strafrechtliche Aspekte

Neben zivilrechtlichen Ansprüchen kann eine Eigentumsverletzung auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Je nach Intensität und Art der Einwirkung kommt eine Strafbarkeit nach folgenden Vorschriften in Betracht:

  • § 242 StGB (Diebstahl)
  • § 303 StGB (Sachbeschädigung)
  • § 246 StGB (Unterschlagung)

Arten der Eigentumsverletzung

Physische Eingriffe

Physische Eingriffe liegen vor, wenn die Sache selbst beschädigt, zerstört, entwendet oder genutzt wird, ohne dass der Eigentümer zugestimmt hat. Beispiele hierfür sind Sachbeschädigung, Zerstörung oder Entwendung einer beweglichen Sache.

Rechtliche Eingriffe

Rechtliche Eingriffe kennzeichnen sich dadurch, dass das Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Sache betroffen ist, etwa durch die Veräußerung, Belastung oder Verfügung durch Nichtberechtigte. Klassisches Beispiel ist die Übertragung des Eigentums durch einen Nichtberechtigten.

Mittelbare Eigentumsverletzung

Mittelbare Eigentumsverletzungen sind Einwirkungen, die nicht unmittelbar an der Sache erfolgen, aber gleichwohl das Eigentum beeinträchtigen. Hierzu zählen Immissionen in Form von Lärm, Schadstoffen oder Geruchsbelastungen, die das Eigentum in der Benutzung beeinträchtigen können (§ 906 BGB).

Voraussetzungen der Eigentumsverletzung

Eigentümerstellung

Zentrale Voraussetzung ist, dass der Anspruchsteller tatsächlich Eigentümer der betroffenen Sache ist. Das Eigentum kann sowohl an beweglichen Sachen (§ 929 ff. BGB) als auch an unbeweglichen Sachen (Grundstücken, §§ 873, 925 BGB) bestehen.

Eingriffshandlung

Erforderlich ist eine Einwirkung auf das Eigentum, die die Befugnisse des Eigentümers beeinträchtigt. Die Handlung kann aktiv (zum Beispiel Beschädigen einer Sache) oder passiv (zum Beispiel Unterlassen der gebotenen Entfernung einer Beeinträchtigung) sein.

Rechtswidrigkeit des Eingriffs

Eine Eigentumsverletzung setzt voraus, dass der Eingriff rechtswidrig ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Eingreifende ein Recht zum Besitz oder eine andere Rechtfertigung, wie etwa Notwehr (§ 227 BGB, § 32 StGB) oder Notstand (§ 228, § 904 BGB), geltend machen kann.

Verschulden

Im Rahmen von Schadensersatzansprüchen nach § 823 BGB ist darüber hinaus ein Verschulden des Schädigers erforderlich. Für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB ist das Verschulden hingegen nicht erforderlich; hier genügt der objektive rechtswidrige Eingriff.

Rechtsfolgen der Eigentumsverletzung

Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB)

Der Eigentümer kann nach § 1004 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen. Diese Ansprüche bestehen unabhängig von einem Verschulden des Störers.

Herausgabeanspruch (§ 985 BGB)

Wurde der Eigentümer durch die Entziehung des Besitzes in seinem Eigentum verletzt, kann er die Herausgabe der Sache verlangen, sofern der Besitzer nicht zum Besitz berechtigt ist.

Schadensersatzanspruch (§ 823 Abs. 1 BGB)

Soweit durch die Eigentumsverletzung ein Schaden entstanden ist und der Eingreifende schuldhaft gehandelt hat, kann der Eigentümer Schadensersatz verlangen. Der Schaden umfasst sowohl den unmittelbar an der Sache entstandenen Sachschaden als auch Folgeschäden.

Beseitigung und Wiederherstellung

Der Anspruch auf Beseitigung umfasst insbesondere die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Sache, sofern dies möglich und zumutbar ist.

Bereicherungsrechtliche Ansprüche (§§ 812 ff. BGB)

Sofern dem Eigentümer durch die Eigentumsverletzung ein Vermögensnachteil und dem Schädiger ein entsprechender Vorteil entstanden ist, kommen ergänzend bereicherungsrechtliche Ansprüche in Betracht. Diese dienen insbesondere der Rückführung von Vorteilen, die ohne Rechtsgrund erlangt wurden.

Besonderheiten und Abgrenzungen

Unterschied zur Besitzverletzung

Das Eigentum ist von der Besitzverletzung zu unterscheiden. Während das Eigentum das umfassende Herrschaftsrecht über eine Sache bedeutet, ist der Besitz lediglich die tatsächliche Sachherrschaft. Eine Besitzverletzung begründet häufig eine Besitzschutzklage (§§ 861, 862 BGB), während die Verletzung des Eigentums zu Ansprüchen nach § 985, § 1004 oder § 823 BGB führen kann.

Eigentumsverletzung im Nachbarschaftsrecht

Im Kontext des Nachbarschaftsrechts spielen insbesondere mittelbare Eigentumsverletzungen durch Immissionen (§ 906 BGB) eine bedeutende Rolle. Hier ist das Recht des Eigentümers im Interesse des nachbarschaftlichen Zusammenlebens mit Beschränkungen belegt; es besteht häufig ein Ausgleichsanspruch (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB).

Verjährung der Ansprüche

Die Ansprüche aus Eigentumsverletzung unterliegen auch der zivilrechtlichen Verjährung. Für Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche gilt grundsätzlich die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Eigentumsverletzung und Grundrechtsschutz

Das Eigentum ist nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz als Grundrecht geschützt. Eingriffe in das Eigentum durch den Gesetzgeber oder die öffentliche Gewalt unterliegen besonderen Rechtfertigungserfordernissen, insbesondere dem Gebot der Verhältnismäßigkeit sowie dem Gesetzesvorbehalt. Auch behördliche Eingriffe, etwa durch Enteignung, erfordern eine gesetzliche Grundlage und regelmäßige Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG.

Internationales Privatrecht und Eigentumsverletzung

Tritt eine Eigentumsverletzung mit Auslandsberührung ein, bestimmen internationale Abkommen sowie das internationale Privatrecht (IPR), welches Recht und welcher Gerichtsstand zur Anwendung kommen. Dabei sind insbesondere die Europäische Güterrechtsverordnung sowie das UN-Kaufrecht (CISG) von Bedeutung.

Zusammenfassung

Die Eigentumsverletzung ist ein vielschichtiges Thema mit weitreichenden zivil- und strafrechtlichen Implikationen. Der deutsche Gesetzgeber schützt das Eigentum umfassend vor Eingriffen Dritter und stellt dem Eigentümer zahlreiche Ansprüche zur Wiederherstellung seiner Rechte, zur Beseitigung bestehender und zur Unterlassung zukünftiger Beeinträchtigungen sowie zum Ausgleich entstandener Schäden zur Verfügung. Zu beachten sind zudem die Besonderheiten des Nachbarschaftsrechts, die Verjährung der Ansprüche sowie der grundrechtliche Schutz des Eigentums im deutschen und internationalen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer Eigentumsverletzung?

Im Falle einer Eigentumsverletzung ergeben sich zunächst zivilrechtliche Ansprüche des Eigentümers gegen den Verletzer. Dazu zählen insbesondere der Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB („Eigentumsklage“), mit dem der Eigentümer die Rückgabe der Sache verlangen kann, sowie der Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB, falls eine fortdauernde oder wiederholte Beeinträchtigung des Eigentums droht. Darüber hinaus kann der Eigentümer unter Umständen Schadensersatz nach § 823 BGB verlangen, wenn ihm durch die Eigentumsverletzung ein Vermögensschaden entstanden ist und die Rechtsverletzung schuldhaft erfolgte. Ist die Eigentumsverletzung vorsätzlich oder besonders schwerwiegend, beispielsweise durch Diebstahl, Unterschlagung oder Sachbeschädigung, kommen zudem strafrechtliche Konsequenzen nach den §§ 242, 246 oder 303 StGB in Betracht. Strafrechtlich kann die Folge eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe sein, ihr Umfang ist abhängig vom Einzelfall und der Schwere der Tat. In manchen Fällen ziehen Eigentumsverletzungen auch verwaltungsrechtliche Sanktionen nach sich, etwa die Einziehung rechtswidrig erlangter Gegenstände.

Wie kann ein Eigentümer gegen eine Eigentumsverletzung vorgehen?

Dem Eigentümer stehen verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung. Er kann zunächst außergerichtlich den Verletzer auffordern, die Beeinträchtigung zu unterlassen beziehungsweise die Sache herauszugeben. Hilft das nicht, kann der Eigentümer zivilrechtliche Ansprüche gerichtlich geltend machen, insbesondere im Wege einer Klage auf Herausgabe (Revindikation) nach § 985 BGB oder auf Unterlassung/Beseitigung gemäß § 1004 BGB. Zudem kann der Eigentümer im Falle einer strafbaren Handlung Anzeige bei der Polizei erstatten und so ein strafrechtliches Verfahren gegen den Verletzer in Gang setzen. In eiligen Fällen kann der Eigentümer zudem auf zivilrechtlichem Wege eine einstweilige Verfügung beantragen, um eine weitere Eigentumsverletzung kurzfristig zu unterbinden. Gegebenenfalls ist auch die Sicherung von Beweisen und die Einschaltung eines Anwalts angezeigt.

Wann verjährt der Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer Eigentumsverletzung?

Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB unterliegt grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB, die drei Jahre beträgt. Die Verjährungsfrist beginnt laut § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Eigentümer von der Beeinträchtigung und der Person des Störers Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Allerdings verjähren fortdauernde Störungen grundsätzlich nicht, solange sie andauern; das heißt, für jede weiterhin bestehende oder wiederholte Eigentumsverletzung kann immer wieder ein Anspruch entstehen, solange die Beeinträchtigung andauert. Nach vollständiger Beseitigung der Störung beginnt jedoch die Verjährung.

Besteht auch ein Anspruch auf Schadensersatz bei einer Eigentumsverletzung?

Ja, ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB, wonach derjenige, der schuldhaft das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, dem Eigentümer den daraus entstehenden Schaden ersetzen muss. Der Schadensersatz umfasst dabei grundsätzlich alle Vermögenseinbußen, die direkt durch die Eigentumsverletzung verursacht wurden. Dies kann z.B. die Reparaturkosten für eine beschädigte Sache, den Wertverlust, ggf. Nutzungsausfall oder die Kosten der Wiederbeschaffung umfassen. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist in der Regel ein Verschulden des Schädigers (Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Bei bestimmten unerlaubten Handlungen, wie etwa bei Gefährdungshaftungstatbeständen, kann der Anspruch auch ohne Verschulden bestehen.

Kann der Besitzer einer Sache auch Ansprüche bei Eigentumsverletzung geltend machen?

Zunächst stehen die klassischen Ansprüche aus Eigentumsverletzung grundsätzlich nur dem Eigentümer zu. Allerdings genießt auch der Besitzer nach deutschem Recht Schutz: Mit dem sogenannten Besitzschutz (§§ 858 ff. BGB) kann der Besitzer gegen verbotene Eigenmacht (z.B. unbefugtes Wegnehmen oder Stören des Besitzes) ebenfalls Ansprüche auf Wiedereinräumung und Unterlassung geltend machen, unabhängig davon, ob er Eigentümer ist. Wird dem Besitzer durch die Eigentumsverletzung zugleich der Besitz entzogen, kann er beispielsweise mit der sogenannten Besitzwehr und Besitzkehr reagieren (§§ 859, 861, 862 BGB). Eigentums- und Besitzschutz stehen somit nebeneinander und sind rechtlich voneinander zu unterscheiden.

Welche Rolle spielt das Verschulden bei der Eigentumsverletzung?

Das Verschulden – also Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Handelnden – ist zentral für die Frage nach Schadensersatzansprüchen gem. § 823 BGB. Nur wenn dem Störer das Verschulden nachgewiesen werden kann, kommen Schadensersatzansprüche regelmäßig in Betracht. Für die Geltendmachung von Herausgabe-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen ist Verschulden hingegen nicht notwendig: Diese Ansprüche bestehen bereits dann, wenn eine fortdauernde oder drohende Eigentumsverletzung vorliegt, unabhängig davon, ob der Störer schuldhaft gehandelt hat. Das Verschulden kann sich jedoch auf die Haftungserweiterung und die Höhe des zu ersetzenden Schadens auswirken, insbesondere im Rahmen der deliktischen Ansprüche.

Welche besonderen Schutzrechte bestehen bei Grundstücken im Hinblick auf Eigentumsverletzungen?

Bei Grundstücken genießt der Eigentümer einen besonders weitgehenden Schutz, da sowohl das Betreten fremder Grundstücke ohne Erlaubnis (Hausfriedensbruch, § 123 StGB) als auch bauliche Eingriffe durch Nachbarn (z.B. Überbau, Immissionen nach § 906 BGB) rechtlich geregelt und sanktioniert werden. Der Eigentümer hat gegen jede unbefugte Nutzung, Beschädigung oder Veränderung seines Grundstücks grundsätzlich einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch sowie gegebenenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz. Speziell im Nachbarrecht gibt es zahlreiche Sonderregelungen, die Ausnahmen und Toleranzpflichten zugunsten der nachbarlichen Rücksichtnahme vorsehen, u.a. nach dem BGB und den jeweiligen Landesnachbarrechtsgesetzen. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine Verletzung des Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) vorliegen.