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Eigenbesitz

Eigenbesitz: Bedeutung, Einordnung und Abgrenzung

Eigenbesitz bezeichnet die tatsächliche Herrschaft über eine Sache mit dem Willen, sie als die eigene zu innehaben. Wer Eigenbesitzer ist, behandelt die Sache nach außen erkennbar wie die eigene. Demgegenüber steht der Fremdbesitz: Hier wird die Sache zwar tatsächlich genutzt oder verwahrt, dies aber in Anerkennung, dass sie einem anderen zusteht (etwa Mieter, Pächter oder Entleiher).

Eigenbesitz ist von Eigentum zu unterscheiden. Eigentum ist die rechtliche Herrschaft über eine Sache; Besitz ist die tatsächliche Herrschaft. Eine Person kann Eigentümer ohne Besitz sein (beispielsweise bei Vermietung) oder Besitzer ohne Eigentum (etwa nach Übergabe vor Eigentumsübertragung oder bei Leihe). Eigenbesitz ist in vielen Fällen ein starkes Indiz für Eigentum, ersetzt es aber nicht automatisch.

Voraussetzungen des Eigenbesitzes

Tatsächliche Sachherrschaft

Erforderlich ist eine tatsächliche, von außen wahrnehmbare Herrschaftsposition über die Sache. Das kann unmittelbare körperliche Einwirkung sein oder eine gesicherte räumliche Zuordnung, etwa durch Verwahrung in eigenen Räumen oder durch Schlüsselgewalt. Eine ständige Berührung ist nicht notwendig; maßgeblich ist, dass die Sachherrschaft nach der Verkehrsanschauung ausgeübt wird.

Besitzwille als „Eigenbesitzwille“

Der Besitzwille muss darauf gerichtet sein, die Sache als die eigene zu halten oder jedenfalls als solche zu behandeln. Der Wille wird regelmäßig aus äußeren Umständen geschlossen (zum Beispiel Auftreten, Nutzung, Verwahrung). Fehlt dieser Wille oder wird eine fremde Rechtsposition anerkannt, liegt grundsätzlich Fremdbesitz vor.

Publizität und Erkennbarkeit

Besitz hat eine Publizitätsfunktion: Er macht rechtliche Zuordnungen nach außen sichtbar. Eigenbesitz liegt insbesondere dann nahe, wenn die Umstände erkennen lassen, dass die Sache der Sphäre des Besitzenden zugeordnet ist und dieser sie wie die eigene nutzt.

Besitzformen im Umfeld des Eigenbesitzes

Unmittelbarer und mittelbarer Eigenbesitz

Unmittelbarer Eigenbesitz besteht, wenn die Person selbst die faktische Gewalt ausübt. Mittelbarer Eigenbesitz liegt vor, wenn die tatsächliche Herrschaft über ein Besitzmittlungsverhältnis durch eine andere Person ausgeübt wird, der Besitz aber rechtlich dem mittelbaren Eigenbesitzer zugerechnet bleibt (zum Beispiel Vermietung: Vermieter mittelbarer Eigenbesitzer, Mieter unmittelbarer Fremdbesitzer).

Allein-, Mit- und Teilbesitz

Eigenbesitz kann von einer Person allein oder gemeinsam mit anderen ausgeübt werden. Mitbesitz liegt vor, wenn mehrere Personen die Sache gemeinschaftlich innehaben. Teilbesitz betrifft abgrenzbare Teile oder Räume. Ob Eigen- oder Fremdbesitz vorliegt, richtet sich dabei nach dem Besitzwillen und der rechtlichen Anerkennung fremder Berechtigungen.

Besitzdiener und fehlender Besitz

Wer einer anderen Person in einem Abhängigkeitsverhältnis weisungsgebunden dient (zum Beispiel Angestellte beim Umgang mit Waren), übt keine eigene tatsächliche Herrschaft aus. Die Sachherrschaft wird der weisungsberechtigten Person zugerechnet; ein eigener Besitz des Besitzdieners entsteht nicht.

Entstehung und Übergang des Eigenbesitzes

Durch Rechtsgeschäft und Übergabe

Eigenbesitz entsteht häufig aufgrund eines Rechtsgeschäfts, wenn die Sache übergeben wird und der Erwerber sie mit Eigenbesitzwillen in seine Herrschaftssphäre aufnimmt. In mehrstufigen Konstellationen kann Eigenbesitz auch ohne körperliche Übergabe begründet werden, etwa über Besitzmittlungsabreden.

Ohne Rechtsgeschäft

Eigenbesitz kann auch ohne Vertrag entstehen, beispielsweise durch Aneignung von herrenlosen beweglichen Sachen oder durch sonstige tatsächliche Inbesitznahme, wenn ein Eigenbesitzwille erkennbar wird. In Einzelfällen bestehen besondere gesetzliche Regelungen zu Fund und Verwahrung, die den Besitzinhalt prägen.

Besitznachfolge und Erbfolge

Eigenbesitz kann im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehen. Typischerweise tritt die Rechtsnachfolge in die bestehende Besitzlage ein, ohne dass eine neue Begründungshandlung erforderlich ist, sofern die tatsächliche Sachherrschaft fortbesteht oder rechtlich vermittelt bleibt.

Besitzwandlung und Besitzmittlungsverhältnis

Eine Änderung des Besitztyps ist möglich. Wer etwa eine Sache verleiht, bleibt regelmäßig mittelbarer Eigenbesitzer; der Entleiher wird unmittelbarer Fremdbesitzer. Umgekehrt kann Fremdbesitz zu Eigenbesitz werden, wenn der Besitzwille sich ändert und dies nach außen wirksam wird, sofern keine entgegenstehenden Rechte Dritter bestehen.

Beendigung und Verlust des Eigenbesitzes

Aufgabe oder Verlust der Sachherrschaft

Eigenbesitz endet, wenn die tatsächliche Gewalt aufgegeben oder endgültig verloren geht. Das kann durch Weggabe, Verbringen aus der Zugriffssphäre oder Entziehung durch Dritte geschehen.

Änderung des Besitzwillens

Wandelt sich der Wille, die Sache als die eigene zu halten, in die Anerkennung einer fremden Rechtsposition, entsteht regelmäßig Fremdbesitz. Nach außen erkennbare Umstände sind hierfür maßgeblich.

Besitzentziehung und Störung

Wird der Eigenbesitz durch Eingriffe Dritter beeinträchtigt oder entzogen, bestehen besondere Ansprüche zum Schutz und zur Wiederherstellung des Besitzes. Diese Ansprüche knüpfen an die tatsächliche Besitzlage an und sind zeitlich strukturiert.

Rechtswirkungen und Bedeutung des Eigenbesitzes

Vermutungswirkung im Rechtsverkehr

Eigenbesitz begründet eine starke tatsächliche Vermutung, dass der Eigenbesitzer auch Eigentümer ist. Diese Vermutung erleichtert Nachweise im Alltag, ist aber widerlegbar. Bei Grundstücken und bestimmten Rechten tritt an die Stelle der Vermutung die maßgebliche Registerlage.

Besitzschutz

Eigenbesitz ist in besonderer Weise geschützt. Gegen verbotene Eigenmacht stehen Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Wiederherstellung zur Verfügung. Der Schutz knüpft allein an den Besitz an, unabhängig davon, ob Eigentum besteht.

Gutgläubiger Erwerb

Eigenbesitz spielt im Verkehrsschutz eine zentrale Rolle. Wer von einem Veräußerer Besitz erlangt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Eigentum erwerben, auch wenn der Veräußerer nicht Eigentümer war. Es bestehen jedoch wichtige Ausnahmen, insbesondere bei abhandengekommenen Sachen und besonders gesicherten Rechtspositionen.

Langzeitwirkungen (Ersitzung)

Länger andauernder Eigenbesitz kann unter engen Voraussetzungen zum Eigentumserwerb führen. Erforderlich sind in der Regel eine über einen langen Zeitraum ununterbrochene Ausübung des Eigenbesitzes und Redlichkeit. Für Grundstücke gelten eigenständige, registrenbasierte Regeln.

Besonderheiten bei Grundstücken und Registern

Bei Grundstücken ist die Eintragung maßgeblich; Besitz allein begründet die Zuordnung nicht. Für bestimmte bewegliche Sachen existieren ebenfalls Register oder Nachweise, deren Aussagekraft je nach Rechtsgebiet unterschiedlich ist. Registrierungspapiere können als Indizien dienen, ersetzen aber den Eigentumsnachweis nicht zwingend.

Abgrenzungsbeispiele aus dem Alltag

Miete und Leihe

Der Mieter oder Entleiher hat unmittelbaren Fremdbesitz, weil er die Sache aufgrund eines Nutzungsverhältnisses hält und die Rechtsposition des Eigentümers anerkennt. Der Vermieter oder Verleiher bleibt mittelbarer Eigenbesitzer.

Verwahrung und Reparatur

Wer eine Sache zur Aufbewahrung oder Reparatur übergibt, bleibt in der Regel mittelbarer Eigenbesitzer. Die Werkstatt oder der Verwahrer übt unmittelbaren Fremdbesitz aus.

Unternehmenssphäre und Besitzdiener

Angestellte, die Waren handhaben, sind meist Besitzdiener. Eigenbesitzer ist das Unternehmen, für dessen Rechnung und Weisung gehandelt wird; eine eigene Besitzposition des Mitarbeiters entsteht nicht.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet Eigenbesitz einfach erklärt?

Eigenbesitz ist die tatsächliche Herrschaft über eine Sache mit dem Willen, sie als die eigene zu halten. Nach außen tritt der Eigenbesitzer als „Herr der Sache“ auf, unabhängig davon, ob er rechtlich Eigentümer ist.

Worin unterscheidet sich Eigenbesitz vom Eigentum?

Eigentum ist die rechtliche Zuordnung einer Sache; Eigenbesitz ist die tatsächliche Innehabung mit Eigenbesitzwille. Eigenbesitz kann ein Indiz für Eigentum sein, ersetzt dessen Nachweis aber nicht. Eigentum kann ohne Besitz bestehen und umgekehrt.

Ist ein Mieter Eigenbesitzer?

Ein Mieter ist regelmäßig Fremdbesitzer, weil er die Sache aufgrund eines Nutzungsverhältnisses hält und die übergeordnete Berechtigung des Vermieters anerkennt. Der Vermieter bleibt mittelbarer Eigenbesitzer.

Wie entsteht Eigenbesitz?

Eigenbesitz entsteht durch Begründung tatsächlicher Sachherrschaft verbunden mit dem Willen, die Sache als die eigene zu halten. Das geschieht häufig durch Übergabe im Rahmen eines Rechtsgeschäfts, kann aber auch ohne Vertrag erfolgen, wenn eine entsprechende Inbesitznahme vorliegt.

Welche Bedeutung hat Eigenbesitz für den gutgläubigen Erwerb?

Eigenbesitz des Veräußerers schafft eine äußere Legitimation, die den Erwerbsschutz Dritter begünstigen kann. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Erwerber Eigentum erlangen, auch wenn der Veräußerer nicht Eigentümer war. Es bestehen wichtige Ausnahmen, etwa bei abhandengekommenen Sachen.

Führt langjähriger Eigenbesitz zum Eigentum?

Unter engen Voraussetzungen kann langjähriger, ununterbrochener und redlicher Eigenbesitz zum Eigentumserwerb führen. Für Grundstücke und registrierte Rechte gelten eigenständige, registrenbasierte Regelungen.

Welche Rechte hat ein Eigenbesitzer bei Störungen?

Der Eigenbesitzer kann sich gegen verbotene Eingriffe in seinen Besitz wehren. Dafür stehen besondere Ansprüche zur Abwehr, Beseitigung und Wiederherstellung zur Verfügung, die an die tatsächliche Besitzlage anknüpfen.

Wie lässt sich Eigenbesitz nachweisen?

Der Nachweis erfolgt anhand der tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse und der erkennbaren Zuordnung der Sache (zum Beispiel Verwahrung, Schlüsselgewalt, Auftreten im Rechtsverkehr). Für bestimmte Gegenstände können ergänzende Nachweise oder Registereinträge relevant sein.