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Eidesverletzung


Begriff und Bedeutung der Eidesverletzung

Definition

Die Eidesverletzung bezeichnet eine strafbare Handlung, bei der eine Person einen Eid – ein feierliches, von Gesetz oder Behörde vorgeschriebenes Gelöbnis – vorsätzlich falsch abgibt oder gegen die mit dem Eid einhergehenden Pflichten verstößt. Eidesverletzungen sind insbesondere im Strafrecht und im Zivilrecht von erheblicher Bedeutung, da sie das Vertrauen der Allgemeinheit in die Wahrheitspflicht staatlich relevanter Aussagen schützen sollen.

Rechtsgrundlagen der Eidesverletzung

Strafrechtliche Regelungen

Eidesverletzungen werden im deutschen Recht vorwiegend durch die §§ 153 ff. StGB (Strafgesetzbuch) geregelt. Darunter fallen insbesondere die folgenden Tatbestände:

1. Falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB)

Bestimmt die Strafbarkeit der vorsätzlich falschen Aussage vor Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle, für den Fall, dass kein Eid abgegeben wurde.

2. Falsche eidesstattliche Versicherung (§ 156 StGB)

Erfasst das Abgeben einer falschen Versicherung an Eides statt, die häufig in Zivilverfahren verlangt wird.

3. Meineid (§ 154 StGB)

Stellt die vorsätzlich falsche eidliche Aussage unter Strafe. Der Tatbestand der Meineids ist erfüllt, wenn eine Person uneidlich oder unter Eid eine falsche Aussage tätigt. Die Strafandrohung ist hier mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr besonders schwer.

Voraussetzungen der Eidesverletzung

Für die Annahme einer strafbaren Eidesverletzung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Vorliegen eines rechtsgültigen Eides: Der Eid muss vor einem dazu befugten Organ (z. B. Gericht) geleistet werden.
  • Falschaussage oder abweichendes Verhalten: Die abgegebene Erklärung oder das Verhalten muss objektiv unwahr oder pflichtwidrig sein.
  • Vorsatz: Die Eidesverletzung setzt in aller Regel Vorsatz voraus.
  • Subjektiver Tatbestand: Der Täter muss wissen, dass seine Angaben falsch sind und dennoch die eidesstattliche Erklärung abgeben.

Arten der Eidesverletzung

Meineid

Der Meineid ist die bekannteste Form der Eidesverletzung. Nach § 154 StGB wird bestraft, wer vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle einen Eid wissentlich falsch abgibt. Die vorgeschriebene Mindeststrafe beträgt dabei ein Jahr Freiheitsstrafe.

Tatobjekt und Tathandlung

Es muss ein förmlicher Eid vorliegen, die Handlung besteht in der bewussten falschen eidlichen Aussage.

Falsche Versicherung an Eides statt

Die falsche Versicherung an Eides statt ist nach § 156 StGB strafbar. Sie wird vor allem im Zivil- und Verwaltungsrecht verlangt, etwa in Anträgen auf eidesstattliche Versicherungen bei Vermögensauskünften.

Tathandlung

Bereits das Abgeben einer inhaltlich unwahren, eidesstattlichen Versicherung kann zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Falschaussage ohne Eid

Die vorsätzlich unwahre Aussage vor Gericht, ohne dass ein Eid geleistet wurde, ist nach § 153 StGB strafbar.

Eidesverletzung im Zivilrecht und Strafprozessrecht

Bedeutung und Praxis im Zivilrecht

Im Zivilprozess können Parteien, Zeugen und Sachverständige zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet werden. Verstöße gegen diese Pflicht haben nicht nur strafrechtliche, sondern auch erhebliche prozessuale Auswirkungen, beispielsweise mit Blick auf die Glaubwürdigkeit und die Beweiswürdigung.

Bedeutung im Strafverfahren

Im Strafprozessrecht ist die Wahrheitspflicht von Zeugen, Sachverständigen und Angeklagten von hoher Bedeutung. Eidesverletzungen führen regelmäßig zur strafrechtlichen Verfolgung; eine besonders hohe Bedeutung kommt dabei der Bekämpfung von Prozessmanipulation und Justizirrtum zu.

Sanktionen und Rechtsfolgen der Eidesverletzung

Strafrechtliche Sanktionen

Die zu erwartenden Rechtsfolgen richten sich nach dem jeweiligen Delikt:

  • Meineid (§ 154 StGB): Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
  • Falsche Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB): Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
  • Falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB): Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Berufliche und zivilrechtliche Folgen

Neben strafrechtlichen Konsequenzen können auch berufsrechtliche und zivilrechtliche Folgen eintreten. So kann eine unehrenhafte Handlung den Verlust einer bestimmten beruflichen Position oder das Verbot zur Ausübung ähnlicher Tätigkeiten nach sich ziehen.

Abgrenzung zu verwandten Straftatbeständen

Unterschied zu Falschaussage und Urkundenfälschung

Nicht jede unwahre Aussage im Rechtsverkehr stellt eine Eidesverletzung dar. Eine Abgrenzung zur Falschaussage ist dann erforderlich, wenn kein Eid geleistet wurde. Die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) betrifft materiell andere Tatobjekte, etwa die Verfälschung oder Nachahmung von Schriftstücken.

Subsidiarität und Konkurrenz

Im Falle einer Eidesverletzung sind die Tatbestände nach der im Gesetz vorgesehenen Rangfolge zu prüfen. Der Meineid verdrängt regelmäßig die falsche Versicherung an Eides statt und die uneidliche Falschaussage, soweit die Tathandlung deckungsgleich ist.

Präventionsmaßnahmen und Bedeutung im Rechtsstaat

Institutionelle Kontrollen

Justizbehörden und Gerichte sind verpflichtet, über die Bedeutung der Eidesleistung und die strafrechtlichen Folgen einer Eidesverletzung umfassend zu belehren. Durch diese Praxis soll verhindert werden, dass Personen aus Unkenntnis oder Leichtfertigkeit eine Eidesverletzung begehen.

Bedeutung für den Rechtsverkehr

Eidesverletzungen können das Fundament rechtsstaatlicher Verfahren erschüttern. Die Androhung erheblicher Strafen dient der Sicherung der Integrität gerichtlicher und behördlicher Verfahren und der Wahrung des Vertrauens in die staatliche Rechtspflege.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • Strafgesetzbuch (StGB) §§ 153 ff.
  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Kommentierungen zum StGB, insbesondere zu den §§ 153-156

Zusammenfassung:
Die Eidesverletzung steht im Zentrum des Schutzes der Wahrheitspflicht im gerichtlichen und behördlichen Verfahren. Durch die klare gesetzliche Regelung und konsequente Sanktionierung sollen Manipulationen im Rechtsverkehr verhindert und das Vertrauen in die Rechtspflege gestärkt werden. Eidesverletzungen umfassen dabei verschiedene Handlungen, die allesamt strafbar sind und mit teils erheblichen Sanktionen geahndet werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei einer Eidesverletzung?

Eine Eidesverletzung stellt im deutschen Recht eine schwerwiegende Straftat dar und ist in den §§ 154 ff. Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Wer vor Gericht, bei einer Behörde oder in einem gesetzlich geregelten Verfahren falsch schwört oder einen falschen Eid ablegt, begeht – je nach Sachverhalt – entweder einen Meineid oder eine falsche Versicherung an Eides statt. Das Gesetz sieht bei einem vorsätzlichen Meineid eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr vor, in minder schweren Fällen kann das Strafmaß reduziert werden, aber eine Geldstrafe ist in der Regel ausgeschlossen. Kommt es zu einer falschen Versicherung an Eides statt, droht ebenfalls eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Konsequenzen umfassen zudem auch berufsrechtliche und dienstrechtliche Folgen, insbesondere für Beamte, Amtsträger, Rechtsanwälte und Zeugen in laufenden Ermittlungsverfahren.

Wann liegt eine Eidesverletzung im rechtlichen Sinne vor?

Eine Eidesverletzung liegt im rechtlichen Sinne immer dann vor, wenn eine Person einen Eid – beispielsweise vor Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde – ablegt und dabei vorsätzlich oder fahrlässig eine unwahre Aussage macht. Wesentlich ist hierbei, dass die betreffende Person wusste oder hätte wissen müssen, dass ihre Aussage falsch war. Die bloße Unsicherheit oder Erinnerungslücke gilt hingegen nicht als Eidesverletzung. Der Eid muss zudem in einem gesetzlich geregelten Verfahren verlangt werden; freiwillige oder private Beteuerungen fallen nicht unter den Straftatbestand.

Besteht die Möglichkeit, sich nach einer Eidesverletzung strafmildernd zu verhalten?

Ja, das Strafgesetzbuch sieht in bestimmten Fällen Möglichkeiten der Strafmilderung vor, insbesondere dann, wenn der Täter freiwillig und rechtzeitig eine Berichtigung seiner Falschaussage vornimmt. Nach § 158 StGB kann eine Berichtigung dazu führen, dass eine Strafe gemildert oder in Ausnahmefällen sogar ganz von einer Strafe abgesehen wird. Dabei ist Voraussetzung, dass die Berichtigung freiwillig erfolgt und bevor das falsche Zeugnis entdeckt wird oder zumindest bevor es wesentliche Auswirkungen entfaltet. Die Umstände der Berichtigung sowie das Ausmaß des Schadens, den die falsche Eidesleistung verursacht hat, werden bei der Strafzumessung besonders berücksichtigt.

Welche besonderen Pflichten treffen Personen unter Eid im Gerichtsverfahren?

Personen, die unter Eid in einem Gerichtsverfahren als Zeugen oder Sachverständige auftreten, unterliegen einer besonderen Wahrheitspflicht. Sie müssen alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten sowie Klarheit schaffen, falls Unklarheiten oder Missverständnisse entstehen könnten. Sie sind zudem verpflichtet, auf einschlägige Gedächtnislücken oder Unsicherheiten ausdrücklich hinzuweisen, um eine unbeabsichtigte Falschaussage zu vermeiden. Auch wird von ihnen erwartet, im Zweifel eine Aussage zu verweigern, wenn sie sich selbst belasten könnten (Zeugnisverweigerungsrecht).

Welche Unterschiede bestehen zwischen Meineid und falscher Versicherung an Eides statt?

Der wesentliche Unterschied liegt im Rahmen der Ableistung: Ein Meineid (§ 154 StGB) wird vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme eines Eides befugten Stelle abgelegt. Hierbei schwört die Person bewusst auf die Wahrheit ihrer Aussage, obwohl sie weiß, dass diese falsch ist. Die falsche Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB) bezieht sich hingegen auf eidesstattliche Erklärungen, die ohne Schwur, aber mit gesetzlich verankerter Beteuerung der Wahrheit gemacht werden. Anspruch und Schwere der Sanktionen sind beim Meineid im Regelfall deutlich höher – dies spiegelt sich auch an den Mindeststrafen wider.

Wie wirkt sich eine Eidesverletzung auf laufende Verfahren aus?

Eine Eidesverletzung kann schwerwiegende Konsequenzen für das jeweilige Verfahren haben. Zunächst führt sie häufig zu einer Überprüfung und gegebenenfalls zur Revision oder Aufhebung von Urteilen, die auf der falschen Aussage beruhen. Zudem kann sie das Vertrauensverhältnis gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten nachhaltig schädigen und sich negativ auf die Glaubwürdigkeit weiterer Aussagen oder Beweismittel auswirken. Im schlimmsten Fall wird das gesamte Verfahren in Teilen oder vollständig neu aufgerollt, insbesondere wenn der Ausgang maßgeblich von der unrichtig beeidigten Aussage abhing.