Legal Lexikon

Ehrenschutz


Begriff und Bedeutung des Ehrenschutzes

Der Begriff „Ehrenschutz” bezeichnet den rechtlichen Schutz der Ehre einer natürlichen oder juristischen Person vor herabsetzenden, demütigenden oder rufschädigenden Angriffen. Die Ehre wird sowohl als persönliches Rechtsgut als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als auch als sozialer Geltungswert verstanden. Der Ehrenschutz findet seinen Ausdruck in verschiedenen Rechtsnormen des Zivilrechts, insbesondere im Deliktsrecht, und im Strafrecht. Darüber hinaus ist die Ehre auch im öffentlichen Recht relevant, etwa für Persönlichkeitsschutz im Medienrecht und Presserecht.

Zivilrechtlicher Ehrenschutz

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die persönliche Ehre als Teil der Menschenwürde. Herabsetzende Äußerungen, unwahre Tatsachenbehauptungen und Schmähkritik können einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen.

Voraussetzungen und Schutzmaßnahmen

Voraussetzung für zivilrechtlichen Ehrenschutz ist das Vorliegen einer rechtswidrigen, schuldhaften Verletzung der Ehre. Hierzu zählen insbesondere:

  • Unwahre oder ehrenrührige Tatsachenbehauptungen
  • Schmähungen und Beleidigungen
  • Rufschädigende Werturteile ohne Sachbezug

Betroffene können Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche sowie ggf. Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche geltend machen, die sich aus § 823 Abs. 1 BGB (Deliktsrecht) i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergeben.

Ehrenschutz im Äußerungsrecht

Der Ehrenschutz ist insbesondere im Recht der Meinungsäußerung von Bedeutung, da das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG mit dem Schutz der persönlichen Ehre abgewogen werden muss. Werturteile sind grundsätzlich vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst, während unwahre Tatsachenbehauptungen nicht privilegiert sind und eine Verletzung des Ehrenschutzes darstellen können.

Sonstige zivilrechtliche Bezüge

Auch im Arbeitsrecht und im Gesellschaftsrecht gewinnt der Ehrenschutz Bedeutung, etwa bei innerbetrieblichen Disziplinarmaßnahmen, bei Rufschädigung zwischen Gesellschaftern oder im Rahmen von Wettbewerbsverhältnissen.

Strafrechtlicher Ehrenschutz

Ehrdelikte

Das Strafrecht schützt die Ehre insbesondere durch spezielle Straftatbestände, die als „Ehrdelikte” bezeichnet werden. Die einschlägigen Vorschriften finden sich im Strafgesetzbuch (StGB):

  • § 185 StGB (Beleidigung)
  • § 186 StGB (Üble Nachrede)
  • § 187 StGB (Verleumdung)
  • §§ 188, 189 StGB (besondere Fälle, z. B. Widerstand gegen die Staatsgewalt, Verunglimpfung Verstorbener)

Definitionen der Ehrdelikte

  • Beleidigung: Jede Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung, die geeignet ist, das Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Eine Beleidigung kann sowohl durch Wort, Schrift, Bild, Gestik oder Tätlichkeiten erfolgen.
  • Üble Nachrede: Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache in Bezug auf eine andere Person, die geeignet ist, diese verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
  • Verleumdung: Unterstellung oder Verbreitung einer wissentlich falschen Tatsache, die zur Herabwürdigung geeignet ist.

Strafantrag und Verfahren

Viele Ehrdelikte werden nur auf Antrag verfolgt (§ 194 StGB). Das bedeutet, die verletzte Person muss den Strafverfolgungswunsch explizit äußern.

Abgrenzung zu anderen Tatbeständen

Ehrverletzungen können auch mit anderen Straftatbeständen korrespondieren, etwa der Verleumdung purer Tatsachen nach § 187 StGB, Beleidigungen im Internet (“Cybermobbing”) oder Anknüpfungspunkte zu Diskriminierungs- und Volksverhetzungstatbeständen.

Ehrenschutz im öffentlichen Recht und Medienrecht

Medienrechtlicher Persönlichkeitsschutz

Journalistische Veröffentlichungen müssen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen beachten. Im Spannungsfeld stehen hier das öffentliche Informationsinteresse und der Ehrenschutz. Die Rechtsprechung verlangt eine Abwägung, bei der die Schwere der Ehrverletzung gegen die Schutzwürdigkeit der Meinungs- und Pressefreiheit gestellt wird.

Gegendarstellungsrecht und Unterlassung

Betroffenen steht nach Landesmediengesetzen oftmals ein Gegendarstellungsrecht zu. In gravierenden Fällen können auch presserechtliche Unterlassungsansprüche, Widerrufsansprüche oder eine öffentliche Entschuldigung beansprucht werden.

Internationale und verfassungsrechtliche Aspekte

Grundrechte und Menschenrechte

Die Ehre wird von verschiedenen internationalen Menschenrechtsinstrumenten geschützt, etwa durch Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Art. 17 UN-Zivilpakt (Schutz vor willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in Ehre und Ansehen).

Abwägung mit Meinungsfreiheit

Ein zentraler Aspekt im Ehrenschutz besteht in der ausbalancierten Abwägung zwischen der Freiheit der Meinungsäußerung und dem Schutz der persönlichen Ehre. Insbesondere bei öffentlichen Personen fallen diese Schutzbereiche unterschiedlich ins Gewicht.

Rechtsprechung und praktische Beispiele

Die Rechtsprechung hat zahlreiche Leitlinien entwickelt, um das Spannungsverhältnis zwischen demokratischer Diskursfreiheit und individuell berechtigtem Ehrenschutz auszugleichen. Maßgeblich sind etwa Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die Klarstellungen zum Begriff der Schmähkritik oder zur Zulässigkeit satirischer Überspitzungen enthalten.

Zusammenfassung

Der Ehrenschutz ist ein zentrales Rechtsinstitut in Deutschland und anderen europäischen Rechtsordnungen, das sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Absicherungen bereithält. Der Schutz der persönlichen Ehre wird durch verschiedene gesetzliche Vorschriften und Rechtsprechungsgrundsätze gewährleistet, die stets im Lichte anderer Grundrechte – insbesondere der Meinungsfreiheit – zu verstehen sind. Anerkannt ist, dass die Ehre nicht schrankenlos geschützt ist; vielmehr findet der Schutz dort Grenzen, wo berechtigte Interessen der Allgemeinheit oder Dritter überwiegen.

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt eine strafbare Beleidigung im Rahmen des Ehrenschutzes nach deutschem Recht vor?

Eine strafbare Beleidigung gemäß § 185 StGB (Strafgesetzbuch) im Rahmen des Ehrenschutzes liegt vor, wenn jemand eine andere Person in ihrer Ehre durch eine Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung verletzt. Dies geschieht entweder durch Worte, Gesten, Tätlichkeiten oder die Verbreitung ehrverletzender Inhalte. Für die Strafbarkeit ist es notwendig, dass das ehrenrührige Verhalten gegenüber der betroffenen Person oder Dritten wahrnehmbar wird. Die Beleidigung muss sich auf eine individuell bestimmbare Person richten, wobei auch Personengruppen erfasst sein können, wenn der Einzelne identifizierbar bleibt. Beleidigungen gegenüber juristischen Personen sind grundsätzlich nicht strafbar, da nur natürliche Personen Träger der persönlichen Ehre sind. Außerdem muss die Handlung vorsätzlich erfolgen. Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung liegt vor.

Welche Besonderheiten gelten beim Schutz der Ehre im Zivilrecht?

Im deutschen Zivilrecht ist der Ehrenschutz vor allem im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und in §§ 823, 1004 BGB verankert. Hierbei kann eine Verletzung der persönlichen Ehre einen Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung, Widerruf und – in besonderen Fällen – Schadenersatz oder Geldentschädigung begründen. Die Beeinträchtigung muss eine schwerwiegende und rechtswidrige Ehrverletzung sein, die nicht von den Grundrechten Dritter (insbesondere Meinungs- und Pressefreiheit) gedeckt ist. Die Gerichte nehmen eine umfassende Interessenabwägung vor, wobei der Schutz der Ehre und die Freiheit der Meinungsäußerung gegeneinander abgewogen werden. Bei besonders schwerwiegenden Eingriffen kann ausnahmsweise auch ein Anspruch auf immateriellen Schadenersatz in Form einer Geldentschädigung entstehen.

Wie lässt sich eine zulässige Meinungsäußerung von einer unzulässigen Ehrverletzung abgrenzen?

Die Abgrenzung erfolgt vor allem durch die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen. Während Tatsachen grundsätzlich einem Wahrheitsbeweis zugänglich sind, handelt es sich bei Meinungsäußerungen um subjektive Werturteile. Eine Meinungsäußerung ist durch Art. 5 Abs. 1 GG besonders geschützt, selbst wenn sie scharf oder überspitzt ist. Sie überschreitet jedoch die Grenze zur unzulässigen Ehrverletzung, wenn sie sogenannte Schmähkritik darstellt – also wenn die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht und nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache. Tatsachenbehauptungen sind unzulässig und ehrverletzend, wenn sie unwahr sind oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.

Wer kann Opfer eines Angriffs auf die Ehre werden?

Opfer eines Angriffs auf die Ehre können alle natürlichen Personen sein, die im Besitz ihrer persönlichen Rechte sind. Minderjährige, volljährige und sogar juristische Personen und Personengesellschaften können zwar in begrenztem Umfang im Rahmen des Sozial- oder Wirtschaftsansehens betroffen sein (etwa Rufschädigung), doch im strafrechtlichen Bereich ist ausschließlich die individuelle Ehre natürlicher Personen geschützt. Verstorbene genießen einen eingeschränkten postmortalen Ehrenschutz, vor allem in schweren Fällen sittenwidriger Angriffe auf das Andenken gemäß § 189 StGB.

Welche Rechtsfolgen drohen bei Verstößen gegen das Ehrschutzrecht?

Bei Verletzungen des Ehrenschutzes kommen sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Sanktionen in Betracht. Strafrechtlich drohen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe im Falle einer Beleidigung, übler Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB). Im Zivilrecht können Betroffene Unterlassungsansprüche geltend machen sowie ggf. Schadenersatz oder eine Geldentschädigung fordern. Zudem kann ein gerichtlicher Widerruf und die Beseitigung der ehrverletzenden Inhalte verlangt werden. Die Durchsetzung dieser Ansprüche setzt je nach Einflussbereich unterschiedliche Prozesserfordernisse voraus, beispielsweise eine Antragstellung oder Klageerhebung vor dem Zivilgericht.

Wie ist der Ehrenschutz gegenüber Medien und im Internet geregelt?

Bei Angriffen auf die Ehre durch Medienberichte oder Veröffentlichungen im Internet gelten die allgemeinen Grundsätze des Ehrschutzes, jedoch unter Beachtung der besonderen Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit. Medienunternehmen können für Schmähkritik, unwahre Tatsachenbehauptungen oder Verletzungen des Persönlichkeitsrechts haftbar gemacht werden. Im Online-Bereich kommen neben den allgemeinen zivil- und strafrechtlichen Regelungen auch spezialgesetzliche Vorgaben wie das Telemediengesetz (TMG), das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und internationale Regelungen zum Tragen. Betroffene können gegen Betreiber sozialer Netzwerke, Webseitenanbieter oder Autoren vorgehen und – je nach Sachverhalt – Entfernung, Unterlassung und Auskunft verlangen. Grenzüberschreitende Ehrverletzungen im Internet werfen zusätzliche Fragen zur internationalen Zuständigkeit und zum anwendbaren Recht auf.

Welche Bedeutung hat der Antrag im Strafverfahren bei Ehrdelikten?

Straftaten gegen die Ehre sind im Regelfall Antragsdelikte, das heißt, die Strafverfolgung setzt grundsätzlich einen Strafantrag durch den Verletzten voraus (§ 194 StGB). Nur in Ausnahmefällen, etwa bei öffentlichem Interesse, ist eine Verfolgung von Amts wegen zulässig. Der Strafantrag muss schriftlich eingereicht oder zu Protokoll bei einer Strafverfolgungsbehörde abgegeben werden und ist innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Tat und der Person des Täters zu stellen. Die Versäumung dieser Frist führt in der Regel dazu, dass keine Strafverfolgung mehr stattfinden kann.