Begriff und Bedeutung des Eheverfahrens
Das Eheverfahren bezeichnet im deutschsprachigen Raum sämtliche rechtlichen und gerichtlichen Abläufe im Zusammenhang mit der Schließung, Aufhebung, Anfechtung und Auflösung einer Ehe nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie spezifischer Verfahrensgesetze wie das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Es umfasst sowohl eheschließungsbezogene Maßnahmen als auch die Regelung und Durchführung von Scheidungs- und Folgesachen. Das Eheverfahren trägt dazu bei, die Rechte und Pflichten der Ehegatten sowie Dritter im Zusammenhang mit der Ehe rechtsverbindlich zu klären.
Rechtsgrundlagen des Eheverfahrens
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält die grundlegenden Vorschriften zum Eheschließungsrecht (§§ 1297 ff. BGB), zu den Voraussetzungen und Wirkungen der Ehe sowie zu deren Aufhebung und Scheidung.
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
Das FamFG regelt das gerichtliche Verfahren in Ehesachen und Folgesachen, insbesondere das Scheidungsverfahren, das Verfahren zur Aufhebung der Ehe sowie das Verfahren zur Feststellung oder Anfechtung der Ehelichkeit von Kindern.
Weitere Rechtsquellen
- Personenstandsgesetz (PStG)
- Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) – für Altfälle
- Internationale Vorschriften und Verordnungen (z.B. Brüssel IIa-Verordnung bei grenzüberschreitenden Ehen)
Ablauf des Eheverfahrens in den einzelnen Verfahrensabschnitten
Eheschließung und Eheschließungsverfahren
Voraussetzungen und Anmeldung zur Eheschließung
Für eine Eheschließung müssen persönliche und sachliche Eheschließungsvoraussetzungen nach §§ 1303 ff. BGB erfüllt sein, wie Ehemündigkeit, Geschäftsfähigkeit und das Nichtbestehen von Eheverboten (z.B. Verwandtschaft, Doppelehe). Die Eheschließung erfolgt in Deutschland grundsätzlich vor dem Standesbeamten (§ 1310 BGB), für die Anmeldung zur Eheschließung sind erforderliche Nachweise beizubringen.
Beurkundung und Eintragung
Das Standesamt beurkundet die Eheschließung und nimmt die Eintragung in das Eheregister vor (§ 15 PStG). Eventuelle internationale Sachverhalte bedürfen der Prüfung insbesondere hinsichtlich Auslandsscheidung oder erforderlicher Ehefähigkeitszeugnisse.
Ehescheidungsverfahren
Einleitung des Scheidungsverfahrens
Das Scheidungsverfahren wird auf Antrag eines oder beider Ehegatten beim zuständigen Familiengericht eingeleitet. Grundlegende Voraussetzung ist das Scheitern der Ehe (§ 1565 BGB). Nach § 114 FamFG ist der Antrag auf Scheidung der Ehe ausschließlich schriftlich einzureichen.
Ablauf und Verfahrensschritte
Das Gericht prüft das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen, insbesondere Einhaltung der Trennungszeit von in der Regel einem Jahr (einvernehmliche Scheidung) bzw. drei Jahren (einseitige Scheidung). Das Familiengericht verhandelt die Scheidung öffentlich und holt die vollständigen Informationen über die gemeinsamen Kinder, Vermögensverhältnisse, Unterhaltsansprüche und Versorgungsausgleich ein.
Versorgungsausgleich und Folgesachen
Mit der Scheidung sind regelmäßig weitere sogenannte Folgesachen zu regeln, etwa Unterhaltsansprüche (§ 1569 ff. BGB), Sorgerecht und Umgangsrecht für gemeinsame Kinder (§§ 1671 ff. BGB) sowie der Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB). Der Versorgungsausgleich (Ausgleich von während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften) wird grundsätzlich von Amts wegen durchgeführt (§ 137 FamFG).
Eheaufhebung
Eine Aufhebung der Ehe ist gemäß § 1314 BGB unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa bei Vorliegen eines Verbotsirrtums, arglistiger Täuschung oder bei Scheinehe. Auch hier ist das Familiengericht für das Verfahren zuständig, das in weiten Teilen dem Ehescheidungsverfahren entspricht.
Besondere Eheverfahren
Verfahren bei Anfechtung der Ehe
Die Ehe kann unter besonderen Umständen gemäß § 1319 BGB angefochten werden, z.B. bei Irrtum über die Person des Ehegatten oder bei Nötigung zur Eheschließung. Die Anfechtung erfolgt ebenfalls auf dem Wege des gerichtlichen Antrags beim Familiengericht.
Internationale Eheverfahren
Grenzüberschreitende Ehen unterliegen teils internationalem Privatrecht. Maßgeblich sind hier das EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche) und gegebenenfalls EU-Verordnungen, insbesondere bei der Anerkennung von ausländischen Scheidungsurteilen sowie der Feststellung des anwendbaren Rechts.
Gerichtliche Zuständigkeiten im Eheverfahren
Zuständig im Eheverfahren sind nach § 23b GVG und §§ 122, 122a FamFG stets die Amtsgerichte als Familiengerichte am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Ehegatten beziehungsweise am letzten gemeinsamen Wohnsitz. Für internationale Fälle kann das Oberlandesgericht zuständig werden, insbesondere bei Fragen der Anerkennung ausländischer Entscheidungen.
Verfahrenskosten und Verfahrenshilfe
Das Eheverfahren ist grundsätzlich kostenpflichtig. Die Höhe der Gerichtsgebühren richtet sich nach dem Gegenstandswert, den das Gericht je nach Einzelfall festsetzt (z.B. Einkommen der Ehegatten, Zahl der betroffenen Folgesachen). Parteikosten und Kosten von Gutachten können hinzukommen. Wer nicht in der Lage ist, die Kosten zu tragen, kann unter bestimmten Voraussetzungen Verfahrenskostenhilfe gemäß den Vorschriften der Zivilprozessordnung und des FamFG erhalten.
Rechtsmittel und Rechtskraft im Eheverfahren
Gegen Entscheidungen im Eheverfahren können je nach Streitgegenstand und Verfahren Rechtsmittel eingelegt werden, insbesondere die Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG) beziehungsweise die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO). Mit Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, insbesondere bei Scheidung oder Aufhebung, werden die Wirkungen nach BGB und den einschlägigen Spezialvorschriften verbindlich.
Bedeutung des Eheverfahrens
Das Eheverfahren gewährleistet die rechtsstaatliche und faire Klärung aller persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Ehegatten. Es schützt individuelle Rechte, dient dem Familien- und Kinderschutz und stellt sicher, dass öffentliche Belange – wie etwa die Führung korrekter Register und die Beachtung internationaler Vereinbarungen – gewahrt bleiben.
Quellen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
- Personenstandsgesetz (PStG)
- Zivilprozessordnung (ZPO)
- Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB)
- Brüssel IIa-VO
Für vertiefende Informationen bieten die entsprechenden Rechtsvorschriften sowie gerichtliche Entscheidungen die maßgebliche Orientierung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Unterlagen müssen für ein Eheverfahren vorgelegt werden?
Für ein Eheverfahren müssen je nach individueller Situation und Staatsangehörigkeit verschiedene Unterlagen eingereicht werden. Grundsätzlich sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, eine aktuelle beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister (nicht älter als sechs Monate), und eine erweiterte Meldebescheinigung erforderlich. Sollte einer der Verlobten bereits verheiratet gewesen sein, muss zudem eine rechtskräftige Scheidungsurkunde oder eine Sterbeurkunde des früheren Ehepartners vorgelegt werden. Bei Auslandsbeteiligung können zusätzliche Urkunden notwendig sein, wie beispielsweise ein Ehefähigkeitszeugnis, das bescheinigt, dass der Eheschließung keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Alle ausländischen Urkunden müssen in der Regel mit einer Überbeglaubigung (Apostille oder Legalisation) sowie amtlicher Übersetzung vorgelegt werden. Die zuständige Stelle für die Vorlage und Prüfung der Unterlagen ist grundsätzlich das Standesamt am Wohnsitz eines der Verlobten. Das Standesamt prüft die Rechtsgültigkeit und Vollständigkeit aller eingereichten Dokumente.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Eheschließung rechtlich erfüllt sein?
Die Eheschließung setzt nach deutschem Recht voraus, dass beide Partner volljährig sind, also das 18. Lebensjahr vollendet haben. Eine Ausnahme, mit gerichtlicher Genehmigung, besteht nur bei mindestens sechzehnjährigen Personen, wenn der künftige Ehepartner bereits volljährig ist. Zudem muss die Geschäftsfähigkeit beider Partner bestehen, das heißt, sie dürfen nicht durch Betreuung in diesem Bereich eingeschränkt sein. Die Ehe darf nicht in einer bestehenden Ehe oder Lebenspartnerschaft erfolgen (sogenanntes Eheverbot der Bigamie). Ebenso besteht ein Eheverbot zwischen engen Verwandten (Blutsverwandtschaft in gerader Linie sowie Geschwistern). Beide Partner müssen ihre Eheabsicht persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären. Weitere rechtliche Voraussetzungen können sich durch ausländische Staatsangehörigkeiten ergeben, wodurch unter Umständen das Recht des Herkunftslandes zusätzlich beachtet werden muss.
Welche rechtlichen Wirkungen entstehen mit der Eheschließung?
Mit rechtswirksamer Eheschließung begründet das Ehepaar nach deutschem Recht eine gesetzliche Zugewinngemeinschaft, sofern keine abweichenden güterrechtlichen Vereinbarungen wie ein Ehevertrag getroffen wurden. Daraus ergeben sich insbesondere vermögensrechtliche Wirkungen, wie etwa die gemeinsame Vermögensmasse im Falle einer Scheidung (Zugewinnausgleich). Zudem entstehen gegenseitige Unterhaltspflichten, sowohl während der intakten Ehe als auch im Falle einer Trennung. Rechtlich relevant wird die gesetzliche Erbfolge, verminderte Erbschaftssteuer sowie Vertretungsrechte, etwa bei medizinischer Versorgung. Staatsangehörige von Nicht-EU-Ländern erhalten durch eine Eheschließung in der Regel einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis. Außerdem entfällt mit der Ehe die Zeugnisverweigerungspflicht vor Gericht für beide Eheleute.
Wie läuft das Eheverfahren vor dem Standesamt ab?
Das Eheverfahren beginnt mit der Anmeldung der Eheschließung beim örtlich zuständigen Standesamt, meist am Wohnsitz eines der Verlobten. Beide Partner erscheinen gemeinsam und geben die erforderlichen Unterlagen ab. Das Standesamt prüft die Ehevoraussetzungen und stellt fest, ob gesetzliche Ehehindernisse bestehen. Liegen alle Voraussetzungen vor, kann ein Termin zur Eheschließung vereinbart werden. Die Eheschließung selbst erfolgt in einem rechtsverbindlichen Akt vor dem Standesbeamten, in dessen Verlauf beide Partner die Ehe miteinander eingehen; dies geschieht durch beidseitige mündliche Erklärung in Anwesenheit des Standesbeamten und gegebenenfalls von Trauzeugen. Nach erfolgter Trauung wird eine Eheurkunde ausgestellt. Abschließend werden die Daten der Eheschließung im Personenstandsregister vermerkt.
Welche Gebühren fallen im Eheverfahren an?
Die Gebühren für das Eheverfahren variieren je nach Bundesland und individuellem Aufwand. Für die Anmeldung der Eheschließung und die Prüfung der Ehevoraussetzungen erhebt das Standesamt grundsätzlich eine Grundgebühr, die sich bei deutschen Staatsangehörigen in der Regel zwischen 40 und 100 Euro bewegt. Sind Fremdsprachenbeteiligungen, Aufenthaltsrechtsermittlungen oder besondere Dokumentenprüfungen erforderlich, können zusätzliche Kosten anfallen. Die voraussichtlichen Gebühren für Urkundenkopien, Buchungen außerhalb der üblichen Öffnungszeiten oder für Trauungen an externen Orten werden separat berechnet. Insbesondere bei internationalen Paaren können Verwaltungskosten durch Übersetzungen, Legalisationen und Beglaubigungen einen erheblichen Kostenpunkt darstellen.
Was geschieht, wenn einer der Partner nicht persönlich bei der Anmeldung der Eheschließung erscheinen kann?
Ist einer der Verlobten aus einem wichtigen Grund an der persönlichen Anmeldung verhindert, kann er die Zustimmung zur Anmeldung durch eine schriftliche, öffentlich beglaubigte Erklärung oder durch eine notariell beurkundete Vollmacht erteilen. Hierfür muss das entsprechende Formular vom Standesamt verwendet und von einer befugten Stelle beglaubigt werden. Das Standesamt prüft daraufhin die Identität und den Willen der abwesenden Person und kann die Anmeldung stellvertretend entgegennehmen. Zur Eheschließung selbst müssen jedoch stets beide Partner persönlich anwesend sein. Eine Vertretung bei der Trauung ist nach deutschem Recht ausgeschlossen.
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei einer Eheschließung mit Auslandsbeteiligung?
Bei binationalen Eheschließungen ist häufig das Recht des jeweiligen Heimatlandes des ausländischen Ehepartners zu berücksichtigen. Das Standesamt prüft im Rahmen des Eheverfahrens, ob nach dem Heimatrecht des ausländischen Partners ein Ehehindernis besteht (sogenannte Negativbescheinigung bzw. Ehefähigkeitszeugnis). Viele Staaten verlangen, dass dieses Zeugnis von einer zuständigen Behörde im Heimatland ausgestellt wird; andernfalls kann ein gerichtliches Befreiungsverfahren beim Oberlandesgericht notwendig werden. Darüber hinaus müssen ausländische Urkunden regelmäßig beglaubigt (Apostille oder Legalisation) und übersetzt sein. Die eigentliche Eheschließung erfolgt jedoch immer nach deutschem Recht, sofern sie auf einem deutschen Standesamt vollzogen wird. Bei späterer Anerkennung im Heimatstaat können weitere formale Verfahren notwendig werden.