Legal Lexikon

Eheverbote


Eheverbote – Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung

Begriff und Bedeutung von Eheverboten

Eheverbote bezeichnen gesetzliche Regelungen, die die Eheschließung zwischen bestimmten Personen ausschließen oder unter bestimmten Voraussetzungen verbieten. Ziel der Eheverbote ist einerseits der Schutz von Rechtsgütern wie der Familie oder dem Staat, andererseits die Vermeidung rechtlicher, sittlicher oder gesundheitlicher Gefahren. Eheverbote finden sich sowohl im deutschen Recht als auch im internationalen Recht. Sie haben unmittelbaren Einfluss auf die Voraussetzungen der Eheschließung und können zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit einer Ehe führen.


Gesetzliche Grundlagen im deutschen Recht

Eheverbote im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Die rechtlichen Eheverbote sind in Deutschland insbesondere in den §§ 1303 ff. BGB normiert. Sie richten sich vor allem nach persönlichen Voraussetzungen, familienrechtlichen Bindungen und weiteren Schutzmechanismen.

Ehehindernisse nach deutschem Recht

Die wichtigsten Eheverbote ergeben sich aus folgenden Bestimmungen:

  • Minderjährigkeit (§ 1303 BGB): Eine Ehe darf gemäß § 1303 BGB grundsätzlich nur von volljährigen Personen eingegangen werden. Minderjährige können nur in Ausnahmefällen nach familiengerichtlicher Genehmigung heiraten.
  • Doppelte Ehe bzw. Bigamie-Verbot (§ 1306 BGB): Eine Person darf nicht gleichzeitig mit mehreren Personen verheiratet sein. Das doppelte Eheverhältnis ist strikt untersagt; eine weitere Ehe ist gesetzlich unwirksam.
  • Verwandtschaftsverbot (§ 1307 BGB): Ehen zwischen Verwandten in gerader Linie (z. B. zwischen Großeltern und Enkeln oder Eltern und Kindern) sowie zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern sind verboten.
  • Adoptionsverhältnis (§ 1308 BGB): Ein Eheverbot besteht auch für Personen, die durch Adoption in einem Eltern-Kind-Verhältnis zueinander stehen oder als Geschwister gelten.

Eheverbote nach dem Personenstandsgesetz (PStG)

Das Personenstandsgesetz ergänzt die Bestimmungen über die Anmeldung und Prüfung der Ehehindernisse durch das Standesamt. Das Standesamt ist verpflichtet, die Einhaltung aller Eheverbote zu prüfen und gegebenenfalls die Eheschließung zu verweigern.


Sanktionen und Rechtsfolgen bei Verstößen

Die Verletzung von Eheverboten kann unterschiedliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:

Nichtigkeit der Ehe

Bestimmte Eheverbote führen dazu, dass eine eingegangene Ehe von Anfang an als nichtig angesehen wird. Nach §§ 1314 ff. BGB betrifft dies insbesondere Ehen unter Verwandten oder bei bestehender Doppel-Ehe.

Anfechtung der Ehe

In Fällen, in denen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht eindeutig vorliegen, kann eine Ehe auch angefochten werden. Die Anfechtung wirkt im Gegensatz zur Nichtigkeit ex nunc, also ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Strafrechtliche Auswirkungen

Die Verletzung mancher Eheverbote, insbesondere das Eingehen einer Doppelehe (Bigamie), ist gemäß § 172 StGB strafbar.


Eheverbote im internationalen Kontext

Regelungen im internationalen Privatrecht

Im internationalen Privatrecht regelt das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) in Art. 13 und Art. 17 die Anwendbarkeit deutschen oder ausländischen Rechts auf die Voraussetzungen einer Eheschließung. Hierbei werden Eheverbote oft auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Staatsangehörigkeit und Personalstatuts der Verlobten geprüft. Eine im Ausland geschlossene Ehe, die nach deutschem Recht unter ein Eheverbot fallen würde, kann daher in Deutschland unwirksam sein.

Anerkennung ausländischer Ehen

Kommt es zur Anerkennung von im Ausland geschlossenen Ehen, prüft die deutsche Verwaltung, ob wesentliche Eheverbote entgegenstehen. Liegt beispielsweise ein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne von § 1307 BGB vor, wird die Ehe in Deutschland regelmäßig nicht anerkannt.


Historische Entwicklung und gesellschaftlicher Hintergrund

Eheverbote existieren bereits seit dem römischen Recht und haben sich im Laufe der Jahrhunderte entsprechend gesellschaftlicher, religiöser und ethischer Vorstellungen verändert. Ursprünglich dienten sie dem Schutz der Erbfolge, der Sittlichkeit sowie der staatlichen Ordnung. Moderne Regelungen greifen vor allem solche Verbote auf, die dem gesundheitlichen Schutz sowie dem Schutz familiärer Beziehungen dienen.


Abgrenzung zu Ehefähigkeit und Eheauflösungsverboten

Eheverbote sind von der allgemeinen Ehefähigkeit – also den persönlichen Voraussetzungen zur Eheschließung – sowie von Eheauflösungsverboten zu unterscheiden. Die Ehefähigkeit umfasst beispielsweise Geschäftsfähigkeit, während Eheverbote auf bestimmte rechtliche Hindernisse zwischen den Beteiligten selbst abzielen.


Zusammenfassung

Eheverbote sind integraler Bestandteil des deutschen und vieler internationaler Rechtssysteme und dienen dem Schutz der öffentlichen Ordnung, der Familie und gesellschaftlicher Werte. Sie bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine Ehe nicht geschlossen werden darf und welche rechtlichen Folgen bei Verstößen eintreten. Ihre Einhaltung wird durch Prüfungen der Standesämter, Gerichte und Verwaltungen sichergestellt und bei Zuwiderhandlungen sanktioniert. Durch die teilweise internationalen Bezüge ist insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext eine genaue Prüfung der Eheverbote unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Verwandtschaftsgrade schließen eine Ehe rechtlich aus?

Nach deutschem Recht ist die Ehe zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, absolut verboten (§ 1307 BGB). Das betrifft beispielsweise Eltern und Kinder, Großeltern und Enkelkinder. Ebenso ist die Ehe zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern untersagt, also zwischen Geschwistern, die mindestens einen Elternteil gemeinsam haben. Diese Eheverbote gelten unabhängig davon, ob ein verwandtschaftliches Verhältnis auf biologischer Abstammung beruht oder das Ergebnis einer Adoption ist. Im Adoptionsfall besteht das Eheverbot beispielsweise auch zwischen adoptivem Elternteil und Adoptivkind. Nicht vom Verbot erfasst ist die Eheschließung zwischen Verschwägerten, also etwa zwischen Schwäger und Schwägerin, sowie zwischen entfernten Verwandten wie Cousin und Cousine.

Können Eheverbote durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden?

Das deutsche Eheverbot zwischen Verwandten ist grundsätzlich zwingend und erlaubt keine Ausnahmen, auch nicht durch gerichtliche Genehmigung oder sonstige behördliche Maßnahmen. Die Vorschriften sind Teil des verbindlichen Familienrechts und dienen dem Schutz familiärer Strukturen, der Vermeidung genetischer Risiken sowie dem Schutz gesellschaftlicher Grundwerte. Im Gegensatz dazu können manche formelle Ehehindernisse, wie eine bestehende Ehe, durch eine Scheidung oder gerichtliche Aufhebung beseitigt werden, das Verwandtschaftsehenverbot ist jedoch unabänderlich.

Welche Folgen hat eine Verletzung gesetzlicher Eheverbote?

Wird dennoch eine Ehe im Widerspruch zu den gesetzlichen Eheverboten geschlossen, ist sie nach § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB aufhebbar. Die Aufhebung erfolgt durch einen richterlichen Beschluss. Dabei ist die Aufhebung keine bloße Annullierung mit Rückwirkung, sondern die Ehe wird mit Rechtskraft des Beschlusses beendet. Bis zur Aufhebung gelten die Ehepartner in rechtlicher Hinsicht formal als verheiratet. Die Aufhebung kann von jedem Ehegatten, dem Staatsanwalt oder einer Verwaltungsbehörde beantragt werden. Die Frist für einen solchen Antrag ist grundsätzlich unbefristet, da die Aufhebung im öffentlichen Interesse liegt.

Gelten Eheverbote auch für eingetragene Lebenspartnerschaften?

Für eingetragene Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) galten vergleichbare Regelungen zu Eheverboten hinsichtlich Verwandten ersten Grades und zwischen Geschwistern. Da die gleichgeschlechtliche Ehe seit dem 1. Oktober 2017 in Deutschland legal ist und neue Lebenspartnerschaften nicht mehr begründet werden können, gelten diese Bestimmungen entsprechend für Eheschließungen. Das bedeutet, die von Eheverboten betroffenen Konstellationen sind gleichermaßen ausgeschlossen.

Können Eheverbote auch für Ausländer oder binational Paare gelten?

Ja, Eheverbote gelten nach deutschem internationalen Privatrecht (Art. 13 EGBGB) auch für Ausländer, wenn in Deutschland die Ehe geschlossen werden soll. In der Praxis prüft das Standesamt die Ehefähigkeit beider Verlobten nach ihrem jeweiligen Heimatrecht sowie nach deutschem Recht. Wenn das Heimatrecht eines Beteiligten strengere oder andere Eheverbote kennt, sind auch diese zu beachten. Überschneiden sich die gesetzlichen Bestimmungen, findet teilweise eine sogenannte doppelte Prüfung („kumulative Prüfung“) statt. In bestimmten Fällen kann das deutsche Recht jedoch zur Anwendung kommen, etwa wenn ausländische Regelungen im Widerspruch zu Grundwerten der deutschen Rechtsordnung stehen (ordre public).

Welche weiteren gesetzlichen Eheverbote gibt es neben dem Verwandtschaftsehenverbot?

Neben Verwandtschaftsehenverboten existieren im deutschen Recht weitere Ehehindernisse. Hierzu zählen insbesondere das Doppelehenverbot (Bigamieverbot, § 1306 BGB), wonach eine bestehende Ehe die Eingehung einer weiteren Ehe ausschließt, sowie die Geschäftsunfähigkeit (§ 1304 BGB), wonach geschäftsunfähige Personen keine Ehe eingehen können. Darüber hinaus dürfen Minderjährige grundsätzlich nicht heiraten, außer sie sind mindestens 16 Jahre alt und erhalten eine familiengerichtliche Ausnahmegenehmigung. Andere frühere Eheverbote, wie das religiöse oder standesständische Eheverbot, existieren in Deutschland in der modernen Gesetzgebung nicht mehr.