Begriff und rechtliche Einordnung der Ehescheidung
Ehescheidung bezeichnet die Auflösung einer zivilrechtlich geschlossenen Ehe durch gerichtliche Entscheidung. In Deutschland richtet sich die Scheidung nach dem Grundsatz, dass eine Ehe als gescheitert gilt, wenn die Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie wiederhergestellt wird. Die Entscheidung trifft das Familiengericht. Die Scheidung beendet die Ehe mit Wirkung für die Zukunft und zieht rechtliche Folgen in Bereichen wie Versorgung, Vermögen, Unterhalt, Namensführung sowie elterlicher Sorge nach sich.
Voraussetzungen der Ehescheidung
Zerrüttungsprinzip und Trennung
Die Scheidung knüpft an das Zerrüttungsprinzip an. Regelmäßig ist eine vorherige Trennung erforderlich. Bei übereinstimmendem Willen beider Ehegatten wird in der Praxis meist nach einem Jahr getrennter Lebensführung geschieden. Stimmt eine Seite der Scheidung nicht zu, wird typischerweise eine längere Trennungszeit verlangt. Eine Trennung liegt vor, wenn keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und keine wesentlichen Gemeinsamkeiten des Ehelebens mehr praktiziert werden. Dies ist auch innerhalb derselben Wohnung möglich, sofern Haushalt und Lebensführung konsequent getrennt sind. In außergewöhnlichen Konstellationen kann eine Scheidung beschleunigt werden, wenn ein Festhalten an der Ehe unzumutbar wäre.
Besondere Konstellationen
Besonderheiten können sich ergeben bei sehr kurzer Ehedauer, bei langandauernder faktischer Trennung oder bei Konstellationen, in denen Schutzmaßnahmen für eine Person im Vordergrund stehen. In solchen Fällen werden Fristen und Prüfungsumfang an den Umständen des Einzelfalls ausgerichtet.
Ablauf des Scheidungsverfahrens
Antragstellung und Zuständigkeit
Das Verfahren beginnt mit einem schriftlichen Scheidungsantrag beim örtlich zuständigen Familiengericht. Zuständig ist regelmäßig das Gericht am Wohnsitz gemeinsamer minderjähriger Kinder, sonst am Wohnsitz der antragstellenden oder der anderen Person, abhängig von den jeweiligen Lebensverhältnissen. Der Scheidungsantrag wird durch eine rechtskundige Vertretung eingereicht.
Schriftlicher Austausch und Anhörung
Nach Eingang des Antrags erhalten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. In der Regel werden Fragebögen zum Versorgungsausgleich (Ausgleich von Rentenanwartschaften) versandt, und es werden Auskünfte bei Versorgungsträgern eingeholt. Das Gericht bestimmt anschließend einen Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem beide Ehegatten persönlich angehört werden. Dabei wird insbesondere das Scheitern der Ehe und die Trennungszeit erörtert. Über verbundene Folgesachen (beispielsweise Unterhalt, Güterrecht, elterliche Belange) kann im gleichen Verfahren oder gesondert entschieden werden.
Entscheidung und Wirksamkeit
Mit dem Beschluss des Familiengerichts wird die Ehe geschieden. Rechtskraft tritt ein, wenn auf Rechtsmittel verzichtet wurde oder die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist. Erst mit Rechtskraft entfaltet die Scheidung ihre endgültigen Wirkungen, beispielsweise für Namensführung und neue Eheschließungen. Das Gericht erteilt einen Nachweis über die Rechtskraft.
Rechtliche Folgen der Scheidung
Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich dient dem Ausgleich in der Ehezeit erworbener Renten- und Versorgungsanwartschaften. Er wird grundsätzlich von Amts wegen durchgeführt. Ausnahmen können bei sehr kurzer Ehedauer oder bei einvernehmlichem Ausschluss durch eine wirksame notarielle Vereinbarung bestehen. Die Durchführung erfordert Auskünfte der Versorgungsträger und kann die Dauer des Verfahrens wesentlich beeinflussen.
Unterhalt
Während der Trennung besteht ein Anspruch auf Trennungsunterhalt, sofern Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit gegeben sind. Nach der Scheidung kann nachehelicher Unterhalt in Betracht kommen, etwa wegen Kinderbetreuung, Krankheit, Alters, Erwerbslosigkeit oder zur Aufstockung bei unzureichenden eigenen Einkünften. Umfang und Dauer richten sich nach Bedarf, Leistungsfähigkeit sowie den individuellen Erwerbs- und Betreuungsmöglichkeiten. Kindesunterhalt bleibt von der Ehescheidung unberührt und orientiert sich am Bedarf des Kindes und der Leistungsfähigkeit der Eltern.
Vermögensausgleich und Güterrecht
Ohne Ehevertrag leben Ehegatten in der Regel im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Falle der Scheidung wird der Zugewinn abgeglichen: Das während der Ehe erworbene Vermögen wird wertmäßig verglichen und ein Ausgleichsanspruch ermittelt. Abweichungen ergeben sich bei vertraglich vereinbarter Gütertrennung oder Gütergemeinschaft. Unabhängig davon sind konkrete Vermögenspositionen und Schulden gesondert zuzuordnen. Streitpunkte betreffen häufig Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen und Darlehen.
Ehewohnung und Hausrat
Für die Ehewohnung kann eine Nutzungsregelung getroffen oder gerichtlich angeordnet werden. Hausrat wird nach Billigkeitsgrundsätzen aufgeteilt, orientiert am bisherigen Gebrauch und an den Lebensbedürfnissen, insbesondere von Kindern. Eigentumsverhältnisse und wirtschaftliche Zumutbarkeit sind bei der Zuweisung zu berücksichtigen.
Namensführung
Nach Rechtskraft der Scheidung kann die führende Person auf einen früheren Namen zurückkehren oder den Ehenamen fortführen. Die Namensführung gemeinsamer Kinder bleibt zunächst unberührt; Änderungen unterliegen eigenen gesetzlichen Voraussetzungen und gegebenenfalls zusätzlichen Verfahren.
Elterliche Sorge und Umgang
Die Scheidung ändert an der gemeinsamen elterlichen Sorge grundsätzlich nichts. Entscheidungen über Aufenthaltsbestimmung, Umgang und Unterhalt der Kinder sind am Kindeswohl auszurichten. Bei Bedarf werden Regelungen getroffen, die die Belange des Kindes sichern und die Verantwortungswahrnehmung beider Elternteile strukturieren.
Kosten, Dauer und Verfahrenswerte
Verfahrenswert und Gebühren
Die Kosten setzen sich aus Gerichtsgebühren und Vergütungen für die anwaltliche Vertretung zusammen. Grundlage ist der Verfahrenswert, der sich regelmäßig nach den Einkommensverhältnissen und dem Umfang der Folgesachen bemisst. Ein höherer Regelungsumfang führt zu höheren Gebühren.
Verfahrensdauer
Die Dauer variiert. Einfluss nehmen insbesondere die Durchführung des Versorgungsausgleichs, die Mitwirkung der Beteiligten bei der Auskunftserteilung, die Auslastung des Gerichts und der Umfang streitiger Punkte. Einvernehmliche Verfahren mit zügigen Auskünften verlaufen in der Regel schneller als Verfahren mit umfangreichen Folgesachen.
Unterstützung bei den Verfahrenskosten
Bei unzureichender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit kommt staatliche Unterstützung der Verfahrenskosten in Betracht. Diese kann je nach Einkommens- und Vermögenssituation als Ratenzahlung oder ganz ohne Raten bewilligt werden. Voraussetzung ist die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Internationale Bezüge
Internationale Zuständigkeit
Bei Auslandsbezug richtet sich die Zuständigkeit nach Kriterien wie gewöhnlicher Aufenthalt, Wohnsitz oder Staatsangehörigkeit. In vielen Fällen ermöglichen unionsrechtliche Regelungen eine Zuständigkeitsbestimmung. Bei Ehen mit internationalem Bezug ist entscheidend, in welchem Staat ein Verfahren zulässig ist.
Anwendbares Recht und Anerkennung
Das auf die Scheidung anzuwendende Recht kann vom Ort der Eheschließung abweichen. Maßgeblich sind Kollisionsnormen, die das einschlägige Recht festlegen. Ausländische Scheidungen benötigen unter Umständen ein Anerkennungsverfahren, damit sie in Deutschland wirksam sind. Innerhalb bestimmter Staatenverbünde bestehen erleichterte Anerkennungsmechanismen, während bei Drittstaaten ein gesondertes Verfahren erforderlich sein kann.
Alternative Konfliktlösungen
Einvernehmliche Scheidung
Von einer einvernehmlichen Scheidung wird gesprochen, wenn die Ehegatten die Scheidung und möglichst viele Folgesachen konsensual regeln. Die Antragstellung erfolgt durch eine Seite; die andere stimmt der Scheidung zu. Außergerichtliche Einigungen verkürzen oft die Verfahrensdauer und reduzieren den Regelungsbedarf im gerichtlichen Verfahren.
Mediation und Vereinbarungen
Mediation unterstützt die strukturierte Verständigung über Trennungsthemen. Ergebnisse lassen sich in einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung rechtsverbindlich festhalten, etwa zu Unterhalt, Vermögensaufteilung, Ehewohnung und Umgangsregelungen.
Typische Dokumente und Nachweise
Im Verfahren sind regelmäßig erforderlich: Heiratsurkunde, gegebenenfalls Geburtsurkunden gemeinsamer Kinder, aktuelle Einkommens- und Vermögensnachweise, Nachweise zu Miet- oder Eigentumsverhältnissen, Versicherungs- und Darlehensunterlagen sowie Auskünfte der Versorgungsträger zu Rentenanwartschaften.
Häufig gestellte Fragen zur Ehescheidung
Wie lange dauert eine Scheidung in Deutschland?
Die Dauer hängt vor allem vom Versorgungsausgleich, der Auslastung des Gerichts und der Zahl offener Folgesachen ab. Einvernehmliche Verfahren ohne komplexe Folgeregelungen können in einigen Monaten abgeschlossen sein; bei streitigen Konstellationen oder umfangreichen Auskünften kann sich das Verfahren erheblich verlängern.
Ist ein Trennungsjahr immer erforderlich?
Regelmäßig wird eine etwa einjährige Trennung vorausgesetzt, wenn beide die Scheidung wollen. Bei fehlender Zustimmung einer Seite verlängern sich die Anforderungen an die Trennungszeit. In besonderen Härtefällen kann eine Scheidung ohne Abwarten der üblichen Frist erfolgen.
Muss immer eine Anwältin oder ein Anwalt beteiligt sein?
Der Scheidungsantrag wird durch eine anwaltliche Vertretung eingereicht. Die andere Seite kann dem Antrag zustimmen. Für eigenständige Anträge oder rechtsgestaltende Erklärungen, insbesondere zu Folgesachen, ist regelmäßig anwaltliche Vertretung oder notarielle Mitwirkung erforderlich.
Was passiert mit der gemeinsamen Wohnung?
Die Ehewohnung kann einer Person zur Nutzung zugewiesen werden, wenn dies angemessen ist. Maßgeblich sind Besitz- und Eigentumsverhältnisse, Zumutbarkeit sowie besondere Schutzbedürfnisse, insbesondere von Kindern. Miet- oder Eigentumsfragen werden rechtlich eigenständig behandelt.
Werden Rentenansprüche automatisch ausgeglichen?
Der Ausgleich von in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften erfolgt grundsätzlich im Scheidungsverfahren von Amts wegen. Ausnahmen bestehen etwa bei sehr kurzer Ehe oder wirksamem vertraglichen Ausschluss. Die Durchführung erfordert Auskünfte der Versorgungsträger.
Wie werden gemeinsame Schulden und Vermögen verteilt?
Vermögensausgleich und Schuldenzuordnung richten sich nach Güterstand und konkreten Eigentums- sowie Verpflichtungsverhältnissen. In der Zugewinngemeinschaft wird der während der Ehe erzielte Zuwachs wertmäßig verglichen; gesondert sind Darlehen, Sicherheiten und einzelne Vermögensgegenstände zuordnen.
Was geschieht mit dem Familiennamen nach der Scheidung?
Die geschiedene Person kann den Ehenamen beibehalten oder zu einem früheren Namen zurückkehren. Die Namensführung der Kinder bleibt zunächst unverändert; Änderungen unterliegen eigenen Voraussetzungen und Verfahren.
Welches Gericht ist zuständig?
Zuständig ist im Regelfall das Familiengericht am Wohnsitz gemeinsamer minderjähriger Kinder, ansonsten kommt es auf Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensverhältnisse der Ehegatten an. Bei Auslandsbezug gelten besondere Zuständigkeitsregeln.