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Ehescheidung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Ehescheidung

Die Ehescheidung bezeichnet die formelle und rechtswirksame Auflösung einer Ehe durch ein gerichtliches Urteil. Sie stellt das Gegenstück zur Eheschließung dar und beendet das zwischen Ehegatten bestehende gesetzliche Eheband. Die Voraussetzungen, das Verfahren, die Rechtsfolgen sowie unterhalts- oder versorgungsrechtliche Aspekte sind im deutschen Recht detailliert im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt.


Voraussetzungen der Ehescheidung

Ehetrennungszeit und Scheitern der Ehe

Zu den zentralen Voraussetzungen einer Ehescheidung gehört das Scheitern der Ehe. Nach § 1565 BGB ist eine Ehe dann gescheitert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Das Scheitern wird regelmäßig durch das sogenannte Trennungsjahr vermutet. Die Eheleute müssen mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor ein Antrag auf Ehescheidung gestellt werden kann (§ 1566 BGB).

Härtefallregelung

In Ausnahmefällen ist auch eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehegatten aus Gründen, die in der Person des anderen liegen, unzumutbar wäre (§ 1565 Abs. 2 BGB, sogenannte Härtefallscheidung).


Das Scheidungsverfahren

Antragstellung und Verfahrensablauf

Das Scheidungsverfahren beginnt mit dem Antrag eines Ehegatten beim zuständigen Familiengericht. Zuständig ist in Deutschland das Amtsgericht – Familiengericht – am Wohnsitz eines der Ehegatten. Das Verfahren ist gerichtspflichtig, eine Ehescheidung ausschließlich durch private Vereinbarung ist rechtlich nicht zulässig.

Beteiligte und Anhörung

Am Verfahren sind grundsätzlich beide Ehegatten beteiligt. Das Gericht hört beide Parteien persönlich an, um das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen zu prüfen und insbesondere das Trennungsjahr zu verifizieren. Eventuelle Einigungen zu Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht oder Vermögensaufteilung fließen in das Verfahren ein.

Scheidungsverbund und Folgesachen

Das Familiengericht entscheidet im sogenannten Verbundverfahren nicht nur über die Scheidung, sondern auf Antrag zugleich über:

  • Unterhaltspflichten (Trennungsunterhalt, nachehelicher Unterhalt)
  • Sorgerecht und Umgangsrecht für gemeinsame Kinder
  • Zugewinnausgleich
  • Versorgungsausgleich (Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanrechte)

Rechtsfolgen der Ehescheidung

Persönliche Folgen

Mit Rechtskraft der Scheidung endet das gesetzliche Band der Ehe. Dies hat Auswirkungen auf das Namensrecht, das Erbrecht und das Zeugnisverweigerungsrecht der früheren Ehegatten.

Unterhaltsrechtliche Auswirkungen

Nach der Scheidung können beide Parteien grundsätzlich verpflichtet sein, nachehelichen Unterhalt zu leisten (§ 1569 ff. BGB). Anspruchsgrundlagen sind unter anderem Betreuung gemeinsamer Kinder, Altersunterhalt, Krankheitsunterhalt oder Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit.

Trennungsunterhalt vs. nachehelicher Unterhalt

Trennungsunterhalt wird für die Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung, nachehelicher Unterhalt für die Zeit danach gewährt. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und wird anhand von Einkommens- und Vermögenssituation der Parteien festgelegt.

Vermögensauseinandersetzung und Zugewinnausgleich

Im Regelfall leben Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei Scheidung erfolgt auf Antrag ein Zugewinnausgleich (§ 1363 ff. BGB). Es wird der während der Ehe erworbene Vermögenszuwachs (= Zugewinn) ermittelt und hälftig zwischen den Ehepartnern aufgeteilt.

Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich regelt den Ausgleich während der Ehe erworbener Anrechte auf Altersvorsorge (bspw. gesetzliche Renten, Betriebsrenten, private Rentenversicherungen). Ohne entsprechenden Verzicht prüft das Gericht den Versorgungsausgleich von Amts wegen (§ 1587 ff. BGB).


Kindschaftssachen bei Ehescheidung

Im Rahmen der Scheidung fällt dem Gericht auch die Regelung des elterlichen Sorgerechts und des Umgangsrechts für gemeinsame minderjährige Kinder zu (§ 1671 BGB). Die Interessen und das Wohl des Kindes stehen dabei stets im Vordergrund.

Sorgerecht und Umgangsrecht

Das Sorgerecht verbleibt im Regelfall beiden Elternteilen gemeinsam. Auf Antrag oder bei Uneinigkeit kann das Familiengericht eine andere Lösung treffen, die dem Kindeswohl am besten entspricht. Das Umgangsrecht soll verhindern, dass die Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen abreißen.


Internationale Ehescheidung

Angesichts zunehmender grenzüberschreitender Ehen werden internationale Aspekte bedeutender. Die Brüssel IIa-Verordnung der Europäischen Union und das Internationale Privatrecht (IPR) regeln, welches Recht Anwendung findet und welches Gericht international zuständig ist. Maßgebliche Anknüpfungspunkte sind gewöhnlicher Aufenthalt und gemeinsame Staatsangehörigkeit.


Kosten und Verfahrensdauer

Die Kosten der Ehescheidung hängen vom sogenannten Verfahrenswert ab, der sich nach dem Einkommen und Vermögen der Ehegatten sowie nach Umfang der zu entscheidenden Folgesachen richtet. Die Kosten tragen die Ehepartner – in der Regel anteilig – selbst. Verfahrensdauer und Kosten steigen mit der Komplexität und dem Umfang der Scheidungsfolgesachen.


Einvernehmliche und strittige Scheidung

Einvernehmliche Scheidung

Im Idealfall beantragen beide Ehegatten gemeinsam oder einer mit Zustimmung des anderen die Scheidung und können sich über alle Folgesachen einigen. Dies beschleunigt das Verfahren, reduziert den Aufwand und minimiert Konflikte.

Strittige Scheidung

Kommt es zu keiner Einigung, entscheidet das Gericht im Rahmen des Verbundverfahrens auch über streitige Folgesachen, was das Verfahren verlängert und Kosten erhöht.


Fazit

Die Ehescheidung ist ein formeller, streng durch das Gesetz geregelter Vorgang, der weitreichende rechtliche, wirtschaftliche und persönliche Folgen für beide Ehegatten sowie für gegebenenfalls vorhandene Kinder mit sich bringt. Eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, Verfahrensabläufe und möglichen Rechtsfolgen ist daher für alle Betroffenen von erheblicher Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für eine Ehescheidung erfüllt sein?

Für eine Ehescheidung in Deutschland müssen gemäß § 1565 BGB bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zentrale Voraussetzung ist das sogenannte Trennungsjahr: Die Ehepartner müssen mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor ein Scheidungsantrag gestellt werden kann. Das Getrenntleben kennzeichnet sich dadurch, dass keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und wenigstens einer der Ehegatten eindeutig nicht mehr in dieser Gemeinschaft leben möchte. Das Trennungsjahr kann auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung vollzogen werden, wenn beispielsweise aus finanziellen Gründen ein Getrenntziehen nicht möglich ist. Zudem reicht es nicht, einfach nur räumlich getrennt zu leben; vielmehr müssen die eheliche Lebensgemeinschaft und deren typische Merkmale, wie gemeinsames Wirtschaften, gemeinsames Essen und das Führen eines gemeinsamen Haushalts, aufgegeben sein. In Ausnahmefällen, beispielsweise bei unzumutbarer Härte (z. B. Gewalt oder gravierenden ehelichen Verfehlungen), kann die Ehe auch vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden (§ 1565 Abs. 2 BGB). Das Gericht prüft im Scheidungsverfahren die Erfüllung der Scheidungsvoraussetzungen, insbesondere das Vorliegen des Trennungsjahres und das endgültige Scheitern der Ehe.

Welche Rolle spielt das Verschulden eines Ehegatten an der Zerrüttung der Ehe?

Das sogenannte Verschuldensprinzip wurde durch das Zerrüttungsprinzip im deutschen Scheidungsrecht abgelöst. Das Verschulden eines Ehepartners hat grundsätzlich keinen Einfluss mehr auf die Frage, ob eine Ehe geschieden werden kann. Maßgeblich ist allein, ob die Ehe als gescheitert gilt (§ 1565 BGB). Hierbei wird davon ausgegangen, dass eine Ehe gescheitert ist, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und die Wiederherstellung nicht zu erwarten ist. In bestimmten Ausnahmefällen kann das Verschulden jedoch Auswirkungen auf unterhaltsrechtliche Ansprüche oder das Umgangs- und Sorgerecht haben, insbesondere wenn eine schwere Verfehlung vorliegt (z. B. Gewalt, schwerwiegende Verletzungen der ehelichen Treuepflicht). Für die Scheidung an sich bleibt das Verschulden jedoch ohne Bedeutung.

Was geschieht mit dem gemeinsamen Vermögen der Eheleute nach einer Scheidung?

Nach einer Scheidung kommt es regelmäßig zum sogenannten Zugewinnausgleich, sofern die Eheleute keinen anderen Güterstand (z. B. Gütertrennung) ehevertraglich vereinbart haben. Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen der Eheleute eigenständig, allerdings wird der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs (Zugewinn) nach Beendigung der Ehe ausgeglichen (§§ 1363 ff. BGB). Jeder Ehegatte behält sein Anfangsvermögen (Vermögen bei Eheschließung oder bei Eintritt in den Güterstand) sowie sein Endvermögen (Vermögen bei Zustellung des Scheidungsantrags). Die Differenz ergibt den Zugewinn, und der Partner mit dem geringeren Zugewinn kann die Hälfte der Differenz als Ausgleich verlangen. Zu beachten ist, dass Hausrat und Ehewohnung gesondert behandelt werden (§§ 1568a, 1568b BGB). Immobilien, Geldanlagen, Wertgegenstände, aber auch Schulden sind in die Berechnung einzubeziehen. Um den Zugewinnausgleich zu prüfen und durchzusetzen, empfiehlt sich oft frühzeitige rechtliche Beratung.

Wie wird der Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung durchgeführt?

Beim Versorgungsausgleich geht es um den Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften (§§ 1587 ff. BGB, mittlerweile geregelt im Versorgungsausgleichsgesetz – VersAusglG). Beide Ehepartner haben während der Ehe in der Regel Rentenanwartschaften (z. B. gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Altersversorgung, private Rentenversicherungen) erworben. Im Scheidungsverfahren werden diese Anwartschaften von Amts wegen festgestellt und verglichen. Derjenige Ehegatte, der weniger erworben hat, erhält vom anderen Ehepartner einen Ausgleich, sodass zum Zeitpunkt der Scheidung beide Anwartschaften in gleicher Höhe besitzen. Der Versorgungsausgleich wird automatisch im Rahmen der Scheidung durch das Familiengericht durchgeführt, sofern die Ehe länger als drei Jahre bestand oder nicht durch gemeinsames Weglassen ausgeschlossen wurde. In Ausnahmefällen kann der Versorgungsausgleich aufgrund einer Vereinbarung der Ehegatten entfallen, wenn dies vom Gericht genehmigt wird und keiner unfair benachteiligt wird.

Wie werden Unterhaltsansprüche nach der Scheidung geregelt?

Das deutsche Familienrecht unterscheidet zwischen verschiedenen Unterhaltsansprüchen nach der Scheidung. Ein wichtiger ist der sogenannte nacheheliche Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB). Grundsätzlich ist jeder Ehegatte nach der Scheidung verpflichtet, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Ausnahmen bestehen, wenn ein Ehegatte aus bestimmten Gründen nicht dazu in der Lage ist, beispielsweise wegen Betreuung gemeinsamer Kinder (Betreuungsunterhalt), wegen Alters oder Krankheit (Unterhalt wegen Alters/Krankheit), wegen Erwerbslosigkeit (Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit) oder zur Aufstockung, wenn der Ehegatte trotz Arbeit den bisherigen Lebensstandard nicht fortführen kann (Aufstockungsunterhalt). Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Es gilt das Prinzip der Eigenverantwortung, sodass Unterhaltsansprüche meist zeitlich befristet und der Höhe nach begrenzt werden können.

Was geschieht mit dem Sorgerecht für gemeinsame Kinder nach der Scheidung?

Auch nach der Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder grundsätzlich bestehen (§ 1626 BGB). Dies betrifft sowohl die Personensorge (z. B. Erziehung, medizinische Versorgung) als auch die Vermögenssorge. Änderungen am Sorgerecht erfolgen nur auf Antrag eines Elternteils und ausschließlich dann, wenn dies dem Kindeswohl dient. Das Familiengericht kann das alleinige Sorgerecht übertragen, wenn beispielsweise ein Elternteil nicht kooperationsfähig ist oder schwerwiegende Gründe vorliegen (z. B. Kindeswohlgefährdung). Das Umgangsrecht bleibt in der Regel für beide Elternteile bestehen (§ 1684 BGB), unabhängig davon, bei welchem Elternteil das Kind lebt. Über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes entscheidet das Gericht, sofern sich die Eltern nicht einigen können. Kindesunterhalt ist vom Elternteil zu zahlen, bei dem das Kind nicht lebt (§ 1601 ff. BGB).

Welche Verfahrenskosten entstehen bei einer Ehescheidung und wie können diese getragen werden?

Bei einer Scheidung entstehen Gerichts- und Anwaltskosten. Die Höhe richtet sich nach dem sogenannten Gegenstandswert (Streitwert), der sich aus dem dreifachen monatlichen Nettoeinkommen beider Ehegatten plus etwaige Vermögenswerte und Versorgungsausgleich ergibt. Der Antragsteller muss zwingend durch einen Anwalt vertreten sein (§ 114 FamFG). Kosten können durch eine einvernehmliche Scheidung und Vereinbarungen über Folgesachen (wie Unterhalt und Zugewinnausgleich) gesenkt werden. Für wirtschaftlich schwächere Parteien besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen (§§ 76 ff. FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Diese übernimmt je nach Einkommenssituation teilweise oder vollständig die anfallenden Kosten. Eine spätere Rückzahlungspflicht besteht, wenn sich die Vermögensverhältnisse innerhalb von vier Jahren verbessern. Nicht zu unterschätzen sind mögliche weitere Kosten, etwa für Sachverständige oder notwendige notarielle Beurkundungen.