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Eheliches Güterrecht


Definition und Grundlagen des ehelichen Güterrechts

Das eheliche Güterrecht bezeichnet den Teil des Familienrechts, der die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Ehegatten während bestehender Ehe sowie für den Fall der Scheidung oder des Todes eines Ehegatten regelt. Das Eheliche Güterrecht ist vorrangig im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt und stellt sicher, dass die Vermögensverhältnisse klar und rechtssicher gestaltet werden können.

Systematik der Güterstände im deutschen Recht

Gesetzlicher Güterstand: Zugewinngemeinschaft

Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand des deutschen Rechts (§§ 1363-1390 BGB). Sie tritt automatisch ein, sofern die Ehegatten keine andere Vereinbarung treffen. Kennzeichnend ist, dass während der Ehe das jeweilige Vermögen der Ehegatten getrennt bleibt. Erst bei Auflösung des Güterstandes, etwa bei Scheidung oder Tod, findet ein sog. Zugewinnausgleich statt, bei dem die während der Ehe erworbenen Vermögenszuwächse gleichmäßig zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden.

Vermögensverwaltung und Haftung

Während der Zugewinngemeinschaft verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig und haftet grundsätzlich nur für eigene Verbindlichkeiten. Ausnahmen bestehen lediglich bei der Mitwirkungspflicht (§ 1365 BGB) und bei der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums.

Wahlgüterstände: Gütertrennung und Gütergemeinschaft

Neben der Zugewinngemeinschaft ist es Ehegatten möglich, durch notariellen Ehevertrag einen abweichenden Güterstand zu vereinbaren (§ 1408 BGB). Hierzu zählen vor allem Gütertrennung und Gütergemeinschaft.

Gütertrennung

Bei der Gütertrennung (§ 1414 BGB) bleiben die Vermögen der Ehegatten strikt getrennt. Ein Zugewinnausgleich findet nicht statt, und jeder Ehegatte verwaltet und verfügt uneingeschränkt über sein Eigentum. Es bestehen keine gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche, die über das allgemeine Unterhaltsrecht hinaus gehen.

Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft (§§ 1415-1518 BGB) führt zur Bildung eines gemeinschaftlichen Gesamtgutes, das beiden Ehegatten gemeinsam zusteht. Eigentum und Verwaltung können unterschiedlich ausgestaltet sein, beispielsweise als fortgesetzte Gütergemeinschaft oder mit besonderen Vorbehalten einzelner Vermögensgegenstände. Die Gütergemeinschaft ist in der Praxis selten, da sie relativ komplex und mit umfangreichen gesetzlichen Regelungen versehen ist.

Modifizierte Güterstände

Eheverträge ermöglichen es, die gesetzlichen Modelle individuell zu gestalten, etwa durch modifizierte Zugewinngemeinschaft oder durch den Ausschluss bestimmter Vermögenswerte aus dem Ausgleich. Derartige Vereinbarungen bedürfen stets notarieller Beurkundung.

Rechtliche Wirkungen und Auswirkungen des ehelichen Güterrechts

Schutz von Ehegatteninteressen

Das Eheliche Güterrecht schützt nicht nur die Beziehung der Eheleute zueinander, sondern auch die Interessen etwaiger Kinder und dritter Gläubiger. Insbesondere soll verhindert werden, dass ein Ehegatte ohne Wissen oder gegen den Willen des anderen über das gesamte Vermögen verfügt.

Auswirkungen im Fall der Scheidung

Im Falle einer Scheidung treten umfassende vermögensrechtliche Konsequenzen ein:

  • Zugewinnausgleich: Berechnung und Ausgleich des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses bei Zugewinngemeinschaft.
  • Vermögensauseinandersetzung: Bei Gütergemeinschaft erfolgt die Aufteilung des gemeinschaftlichen Vermögens nach den gesetzlichen Vorschriften.
  • Kein Ausgleich bei Gütertrennung: Vermögensauseinandersetzungen begrenzen sich auf gemeinsames Eigentum oder gemeinsame Verbindlichkeiten.

Eheliches Güterrecht und Todesfall

Im Todesfall eines Ehegatten beeinflusst der Güterstand die erbrechtlichen Folgen. Bei Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten pauschal (§ 1371 BGB), während bei Gütertrennung und Gütergemeinschaft spezifische Regelungen zur Erb- und Vermögensaufteilung greifen.

Internationale Aspekte des ehelichen Güterrechts

Anwendbares Recht und EU-Verordnungen

Im internationalen Kontext stellt sich die Frage, welches nationale Recht anzuwenden ist. In Europa haben die Ehegatten nach der Europäischen Güterrechtsverordnung (EU-GüterrechtsVO, VO (EU) 2016/1103) die Möglichkeit, das maßgebliche Recht zu wählen. Fehlt eine solche Rechtswahl, gilt das Recht des Landes, in dem die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Anerkennung ausländischer Güterstände

Eheverträge und Güterstände, die im Ausland vereinbart wurden, werden unter bestimmten Voraussetzungen auch in Deutschland anerkannt, vorausgesetzt sie entsprechen grundlegenden rechtlichen Standards.

Eheverträge und Formvorschriften

Eheverträge, mit denen ein anderer Güterstand oder Modifikationen des gesetzlichen Güterrechts vereinbart werden, bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 1410 BGB). Formfehler führen zur Nichtigkeit, was bei Abschluss und Änderung eines Ehevertrages zu beachten ist.

Zusammenfassung

Das eheliche Güterrecht ist ein komplexes und vielschichtiges Rechtsgebiet, das den Rahmen für die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Ehegatten absteckt. Die gesetzlichen Regelungen gewährleisten Schutz, Transparenz und Rechtssicherheit und bieten durch Eheverträge flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Das Eheliche Güterrecht ist sowohl für die Ehezeit als auch für den Fall der Auflösung der Ehe von erheblicher praktischer Bedeutung. Internationale Verflechtungen und die Rolle des anwendbaren Rechts gewinnen dabei zunehmend an Relevanz.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann der Güterstand zwischen Eheleuten während der Ehe geändert werden?

Die Änderung des Güterstands während einer bestehenden Ehe ist grundsätzlich möglich. Dies geschieht durch den Abschluss eines notariell beurkundeten Ehevertrags, in dem die Ehegatten den gewünschten Güterstand ausdrücklich vereinbaren. Möglich ist insbesondere der Wechsel vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu einer Gütertrennung oder Gütergemeinschaft sowie umgekehrt. Die Vereinbarung entfaltet ihre Wirkung grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt ihrer Beurkundung und gilt nicht rückwirkend, es sei denn, die Ehegatten vereinbaren dies ausdrücklich und das Gesetz lässt eine solche Rückwirkung zu (vgl. § 1408 BGB). Bei der Umstellung auf die Gütergemeinschaft sind die gesetzlichen Formvorschriften, insbesondere die notarielle Beurkundungspflicht und die Eintragung im Güterrechtsregister zu beachten. Ferner sollten Ehegatten im Vorfeld einer Güterstandsänderung die vermögensrechtlichen Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf bestehende Verträge, Schulden und Steuerfragen, prüfen, da eine Änderung des Güterstands weitrechende Konsequenzen für die Vermögensaufteilung und Haftung der Ehepartner haben kann.

Welche Auswirkungen hat der Tod eines Ehegatten auf das eheliche Güterrecht?

Der Tod eines Ehegatten hat unmittelbare Auswirkungen auf das eheliche Güterrecht. Bei einer Zugewinngemeinschaft wird zum Zeitpunkt des Todes des Ehepartners der so genannte Zugewinnausgleich durchgeführt. Der überlebende Ehegatte kann dabei wählen, ob er den Zugewinnausgleich nach den güterrechtlichen Vorschriften erhält oder den gesetzlichen Erbteil in Anspruch nimmt, der sich im Fall der Zugewinngemeinschaft pauschal um ein Viertel erhöht (§ 1371 Abs. 1 BGB). Besteht Gütertrennung, erfolgt kein Zugewinnausgleich; die Erbquote des überlebenden Ehegatten richtet sich ausschließlich nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen. Bei Gütergemeinschaft wird mit dem Tod eines Ehegatten die Gemeinschaft in eine sogenannte fortgesetzte Gütergemeinschaft mit den Erben des verstorbenen Ehegatten umgewandelt, sofern die Auseinandersetzung nicht anderweitig geregelt ist. Diese güterrechtlichen Folgen sollten in erbrechtlichen Überlegungen stets mit berücksichtigt werden, da sie erhebliche Auswirkungen auf die Vermögensaufteilung im Todesfall haben.

Welche Vermögenswerte zählen zum Anfangs- und Endvermögen bei der Zugewinngemeinschaft?

Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird bei Beendigung des Güterstands, insbesondere bei Scheidung oder Tod, ein Zugewinnausgleich durchgeführt. Hierzu muss das Anfangsvermögen (Vermögen zu Beginn des Güterstands) und das Endvermögen (Vermögen zum Zeitpunkt der Beendigung) jedes Ehegatten bestimmt werden. Zum Anfangsvermögen gehören alle Vermögenswerte, die dem Ehegatten bei Beginn des Güterstands gehören, einschließlich Schenkungen und Erbschaften, die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sind (§ 1374 BGB). Werden dem Ehegatten nach Beginn des Güterstands Vermögenswerte durch Erbschaft oder Schenkung zugewendet, werden diese dem Anfangsvermögen hinzugerechnet („privilegiertes Anfangsvermögen“). Zum Endvermögen gehören sämtliche Vermögensgegenstände, die dem jeweiligen Ehegatten bei Beendigung des Güterstands gehören, abzüglich der bestehenden Verbindlichkeiten (§ 1375 BGB). Stichtage für Anfangs- und Endvermögen sind der Tag der Eheschließung bzw. der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird oder der Tod des Ehegatten eintritt. Auch inflationsbedingte Wertsteigerungen werden bei der Berechnung berücksichtigt.

Können Schulden zwischen den Eheleuten zum Zugewinnausgleich geführt werden?

Ja, bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs werden nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch die Schulden eines Ehegatten berücksichtigt. Sowohl beim Anfangsvermögen als auch beim Endvermögen werden die jeweiligen Verbindlichkeiten abgezogen. Verbindlichkeiten können somit dazu führen, dass das Anfangsvermögen oder das Endvermögen negativ ist. Es ist sogar möglich, dass ein Ehegatte beim Anfangsvermögen ein negatives Vermögen aufweist, was sich zugunsten dieses Ehegatten beim Zugewinnausgleich auswirkt, weil der Zugewinn dadurch höher ausfällt. Schulden, die außerhalb des Vermögenszuwachses, also separat von Anfangs- und Endvermögen bestehen, wie beispielsweise laufende Unterhaltsverpflichtungen, werden jedoch grundsätzlich nicht beim Zugewinnausgleich berücksichtigt. Besonderheiten können sich ergeben, wenn ein Ehegatte während des Güterstands Vermögen bewusst verschwendet oder Schenkungen an Dritte vornimmt, um den Zugewinnausgleich zu beeinflussen; das Gesetz sieht in solchen Fällen Anrechnungsmöglichkeiten vor (sog. illoyale Vermögensminderungen, § 1375 Abs. 2 BGB).

In welchen Fällen wird ein Ehevertrag zum Güterrecht in Deutschland für sinnvoll gehalten?

Ein Ehevertrag kann insbesondere in den Fällen sinnvoll sein, in denen die gesetzlichen Regelungen den Bedürfnissen der Ehegatten nicht oder nur unzureichend Rechnung tragen. Beispiele hierfür sind Ehegatten mit erheblichem Anfangsvermögen, Unternehmer, Selbständige oder Landwirte, die eine Teilhabe des anderen Ehegatten am Betriebsvermögen oder die Zerschlagung des Familienunternehmens durch einen Zugewinnausgleich verhindern möchten. Auch bei internationalen Paaren, mit Wohnsitz oder Vermögen im Ausland, kann die Rechtssicherheit durch einen Ehevertrag erhöht werden. Ein Ehevertrag empfiehlt sich außerdem, wenn einer der Ehegatten voraussichtlich deutlich höhere Erbschaften erwarten wird oder große Vermögenswerte bereits vor der Ehe eingebracht hat. Ehegatten, bei denen einer erheblich mehr Schulden mit in die Ehe bringt, können ebenfalls durch eine Vereinbarung von Gütertrennung vor einer Haftung für die Schulden des Partners geschützt werden. Schließlich können durch einen Ehevertrag auch individuelle Absprachen über Unterhalt, Versorgungsausgleich und sonstige vermögensrechtliche Fragen getroffen werden, sofern diese nicht sittenwidrig oder gesetzlich ausgeschlossen sind.

Was gilt hinsichtlich der Haftung für Verbindlichkeiten beim gesetzlichen Güterstand?

Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft haften die Ehegatten grundsätzlich nur jeweils für ihre eigenen Schulden mit ihrem eigenen Vermögen. Es gibt keine automatische Gesamthaftung für Schulden eines Ehegatten, lediglich weil sie verheiratet sind. Dies gilt sowohl für Schulden, die einer der Ehegatten vor der Ehe eingegangen ist, als auch für solche, die er während der Ehe eingegangen ist, es sei denn, beide Ehegatten sind gemeinsame Vertragspartner oder haben gemeinsam eine Verbindlichkeit begründet. Ausnahmsweise ist die Haftung beider Ehegatten gesetzlich vorgesehen, wenn es um sogenannte Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie geht (§ 1357 BGB, sog. „Schlüsselgewalt“); hier können beide Ehegatten für solche Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch haften. Im Übrigen bleibt beiden Ehegatten ihr Vermögen und ihre Schulden getrennt, auch wenn sie im Rahmen des Zugewinnausgleichs später einen Ausgleich des hinzugewonnenen Vermögens leisten müssen.

Welche Formerfordernisse gelten für Verträge rund um das eheliche Güterrecht?

Alle Vereinbarungen, mit denen der Güterstand der Ehe gestaltet oder geändert werden soll, unterliegen der notariellen Beurkundungspflicht (§ 1410 BGB). Dies gilt unabhängig davon, ob die Ehegatten Gütertrennung, Gütergemeinschaft oder individuelle Modifikationen der Zugewinngemeinschaft vereinbaren wollen. Die notarielle Beurkundung ist zwingend, um sicherzustellen, dass sich die Ehegatten der Tragweite und der vermögensrechtlichen Konsequenzen bewusst sind. Änderungen oder Aufhebungen eines einmal geschlossenen Ehevertrags bedürfen ebenfalls der notariellen Form. Bei der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft ist in vielen Fällen zudem eine Eintragung ins Güterrechtsregister erforderlich. Ein formgerechter Vertrag schützt vor späteren Anfechtungen wegen Formmängeln und sorgt für Rechtsklarheit zwischen den Ehegatten sowie gegenüber Dritten. Private Vereinbarungen über den Güterstand, die nicht notariell beurkundet wurden, sind unwirksam.