Ehehindernisse – Definition, Arten und rechtliche Bedeutung
Begriff und Bedeutung von Ehehindernissen
Ehehindernisse bezeichnen rechtliche Umstände, durch die der Abschluss einer Ehe zwischen zwei Personen ausgeschlossen oder zumindest vorübergehend verhindert wird. Die Existenz solcher Hindernisse soll sowohl den Schutz besonderer Rechtsgüter, wie beispielsweise die Wahrung von Blutsverwandtschaftsgrenzen, die Verhinderung von Doppelehen oder der Schutz Minderjähriger gewährleisten, als auch die Ordnung des Eherechts sichern. Ehehindernisse werden in Deutschland vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und ergänzenden Vorschriften des Personenstandsrechts geregelt.
Gesetzliche Grundlagen
Die Vorschriften zu Ehehindernissen finden sich vorrangig in den §§ 1303 bis 1308 BGB sowie in einzelnen spezialgesetzlichen Regelungen. Die Zuständigkeit für die Prüfung von Ehehindernissen liegt bei den Standesämtern, die jede Eheschließung daraufhin prüfen, ob ein Ehehindernis besteht und gegebenenfalls die Eheschließung verweigern oder an bestimmte Voraussetzungen knüpfen.
Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1303-1308
- Personenstandsgesetz (PStG)
- Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) bezüglich internationaler Eheschließungen
Arten von Ehehindernissen
Ehehindernisse lassen sich systematisch in absolute und relative Ehehindernisse unterteilen.
Absolute Ehehindernisse
Absolute Ehehindernisse gelten unabhängig von der Person des zweiten Verlobten. Ihre Existenz ist stets einer Eheschließung entgegenstehend.
Beispiele:
- Bestehende Ehe (§ 1306 BGB): Eine Person, die noch in einer gültigen Ehe lebt, kann keine weitere Ehe eingehen (Verbot der Doppelehe/Bigamie).
- Nahe Verwandtschaft (§ 1307 BGB): Ehen zwischen Verwandten in gerader Linie oder zwischen vollbürtigen Geschwistern sind verboten.
- Eheunfähigkeit (§ 1303 BGB): Personen, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben, dürfen nicht heiraten.
Relative Ehehindernisse
Relative Ehehindernisse bestehen nur im Hinblick auf die spezifische Beziehung zwischen den Verlobten.
Beispiel:
- Adoptionshindernis: Eine Ehe zwischen einem Adoptivelternteil und einem Adoptivkind ist verboten.
Weitere spezielle Ehehindernisse
- Vormundschaft (§ 1305 BGB): Der Vormund darf nicht den Mündel heiraten, solange das Vormundschaftsverhältnis besteht.
- Abstammungshindernis: Ehen zwischen Personen, die in einem bestimmten Verwandtschaftsverhältnis stehen, werden durch Sittlichkeits- und Schutzüberlegungen verhindert.
Prüfung von Ehehindernissen im Eheschließungsverfahren
Im Vorfeld einer Eheschließung ist das Standesamt verpflichtet, die Verlobten über etwaige Ehehindernisse zu belehren und erforderliche Erkundigungen einzuholen. Die Eheanmeldung ist daher mit verschiedenen Nachweisen zu verbinden, etwa Geburtsurkunden, Ehefähigkeitszeugnissen und bei bestimmten Personen weiteren Dokumenten.
Sollte ein Ehehindernis festgestellt werden, darf die Ehe nicht geschlossen werden. Im Fall eines Dissenses kann der betroffene Verlobte eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 PStG beantragen.
Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Ehehindernisse
Unwirksamkeit und Nichtigkeit der Ehe
Ist eine Ehe entgegen bestehender Ehehindernisse abgeschlossen worden, kann sie grundsätzlich für nichtig erklärt werden (§ 1314 BGB). Die Nichtigkeit tritt jedoch nicht automatisch ein, sondern bedarf einer gerichtlichen Feststellung.
Anfechtung der Ehe
Neben der Nichtigkeit kennt das deutsche Recht die Möglichkeit, eine Ehe anzufechten, beispielsweise wegen arglistiger Täuschung, Irrtum oder Drohung (§ 1313 ff. BGB). Auch bestimmte Ehehindernisse können Anfechtungsgrund sein.
Schutz minderjähriger und schutzbedürftiger Personen
Ehehindernisse dienen nicht zuletzt auch dem Schutz bestimmter Personengruppen. Beispielsweise soll das Mindestalter eine ausreichende persönliche Reife sicherstellen, während das Verbot der Doppelehe die Ordnung des Personenstands und die Rechtsklarheit im Familienrecht gewährleistet.
Internationale Dimension der Ehehindernisse
Besondere Bedeutung kommt Ehehindernissen im internationalen Kontext zu, etwa bei binationalen Eheschließungen. Nach Art. 13 EGBGB beurteilt sich die Ehefähigkeit jeder Person nach den Vorschriften des Landes, dem sie angehört. Dies kann dazu führen, dass ausländische Ehehindernisse auch in Deutschland berücksichtigt werden müssen. Die Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses aus dem jeweiligen Herkunftsland kann gefordert sein.
Ausnahme- und Härtefallregelungen
Das Bundesverfassungsgericht und die Rechtsprechung lassen in seltenen Einzelfällen Ausnahmeentscheidungen zu. Bei Vorliegen besonderer Umstände, beispielsweise im Rahmen des Menschenrechtsschutzes, lassen sich Eheverbote unter engen Voraussetzungen aufheben oder aussetzen.
Zusammenfassung
Ehehindernisse sind zentrale Instrumente im deutschen Familienrecht zur Sicherung der Rechtmäßigkeit und Schutzwürdigkeit von Eheschließungen. Sie sind abschließend im Gesetz geregelt und bewirken weitreichende Folgen für Betroffene. Ihre Einhaltung wird im Verfahren zur Eheschließung umfassend kontrolliert. Verstöße führen zu massiven rechtlichen Konsequenzen und können nicht nur die Ehe, sondern auch andere familien- und erbrechtliche Rechtsverhältnisse betreffen.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB)
- Personenstandsgesetz (PStG)
Hinweis: Die Angaben in diesem Artikel dienen der Information über die rechtlichen Rahmenbedingungen und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rolle spielt eine bestehende Ehe im Hinblick auf Ehehindernisse?
Eine bestehende Ehe stellt gemäß deutschem Recht (§ 1306 BGB) ein sogenanntes Ehehindernis dar. Das bedeutet, dass eine Person, die bereits verheiratet ist, nicht rechtswirksam eine weitere Ehe eingehen kann. Der Gesetzgeber sieht vor, dass eine Doppelehe (Bigamie) verhindert wird und eine neue Ehe erst eingegangen werden darf, wenn die vorherige wirksam aufgelöst wurde, etwa durch Scheidung oder durch den Tod des Ehepartners. Versucht eine Person, trotz bestehender Ehe eine weitere Ehe abzuschließen, ist diese zweite Ehe von Anfang an nichtig. Das Standesamt prüft daher vor einer Eheschließung durch Einsicht in das Eheregister und die Vorlage von Personenstandsurkunden, ob ein solches Ehehindernis vorliegt. Auch Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, werden einbezogen, solange sie nach internationalem Privatrecht anerkannt werden können.
Inwiefern gelten Verwandtschaftsverhältnisse als Ehehindernis?
Nach § 1307 BGB besteht ein Eheverbot zwischen Verwandten in gerader Linie sowie vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern. Das bedeutet, dass Eltern und Kinder, Großeltern und Enkel, aber auch Geschwister, egal ob sie denselben Vater und/oder dieselbe Mutter haben, nicht miteinander die Ehe eingehen dürfen. Auch eine Adoption begründet insoweit ein Verwandtschaftsverhältnis, dass Adoptivkinder und die Adoptiveltern in gerader Linie nicht heiraten dürfen. Ziel dieser Vorschrift ist neben dem Schutz der familiären Erbfolge auch der Schutz vor genetischen Risiken für etwaige Nachkommen sowie der Erhalt gesellschaftlicher Tabus. Eine Verletzung dieser Vorschriften führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Ehe.
Welche Bedeutung hat die Geschäftsfähigkeit für das Ehehindernis?
Eine fehlende Geschäftsfähigkeit stellt ein erhebliches Ehehindernis nach § 1304 BGB dar. Wer geschäftsunfähig ist, das heißt, wer aufgrund von Geisteskrankheit oder geistiger Behinderung nicht in der Lage ist, die Bedeutung und Folgen einer Eheschließung zu erfassen, kann keine Ehe schließen. Die Geschäftsfähigkeit ist ein zentrales Element der Ehefähigkeit, da eine wirksame Willenserklärung zur Eheschließung voraussetzt, dass der Erklärende deren Tragweite versteht. Liegen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit vor, kann das Standesamt eine ärztliche Begutachtung verlangen oder das Familiengericht einschalten. Eine Ehe, die unter Verletzung dieser Regel geschlossen wurde, kann auf Antrag für nichtig erklärt werden.
Hat das Mindestalter Auswirkungen auf das Vorliegen eines Ehehindernisses?
Das Mindestalter spielt eine entscheidende Rolle für das Vorliegen eines Ehehindernisses, da eine Ehe nach deutschem Recht frühestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossen werden darf (§ 1303 BGB). Früher gab es Ausnahmen mit familiengerichtlicher Zustimmung ab 16 Jahren, mittlerweile ist jegliche Ehe unterhalb der Volljährigkeit unzulässig und stellt ein absolutes Ehehindernis dar. Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nicht ehefähig. Wird eine Ehe dennoch im In- oder Ausland mit einem Minderjährigen geschlossen, wird sie in Deutschland grundsätzlich als nichtig betrachtet, wobei bei Auslandsfällen spezifische internationale Regelungen zu beachten sind.
Welche Auswirkungen hat eine Scheinehe auf das Ehehindernis?
Eine Scheinehe wird in der Regel nicht als klassisches Ehehindernis erfasst, da alle formalen Voraussetzungen einer Eheschließung zunächst erfüllt sein können. Sie ist jedoch nichtig, sobald nachgewiesen wird, dass die Ehepartner keine gemeinsame Lebensgemeinschaft führen wollen, sondern ausschließlich andere Zwecke (zum Beispiel Aufenthaltsrecht) verfolgen. Das Standesamt ist verpflichtet, den Verdacht einer Scheinehe zu prüfen, gegebenenfalls Ermittlungen durchzuführen und die Eheschließung zu verweigern oder später deren Aufhebung zu betreiben. Im Rahmen eines Eheaufhebungsverfahrens nach § 1314 BGB kann eine erkannte Scheinehe mit Rückwirkung aufgehoben werden.
Sind ansteckende Krankheiten ein Ehehindernis?
Historisch betrachtet galten ansteckende Krankheiten, insbesondere Geschlechtskrankheiten, in vielen Ländern als Ehehindernis. Nach deutschem Recht existiert jedoch kein derartiges Ehehindernis mehr. Die Angabe von Krankheiten ist bei der Anmeldung der Eheschließung nicht vorgeschrieben und gesundheitliche Gründe spielen für die Ehefähigkeit keine Rolle. Allerdings gibt es Sonderregelungen in anderen Rechtsordnungen oder ausländischen Staaten, die im Rahmen internationaler Eheschließungen zu beachten sind. Im deutschen Recht liegt jedoch kein Ehehindernis aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder Krankheitsdiagnosen vor.
Welche Rolle spielt die Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit Ehehindernissen?
Die Staatsangehörigkeit kann insofern eine Rolle spielen, als dass für ausländische Verlobte im Rahmen der Eheschließung deutsches oder ausländisches Recht anzuwenden ist. Nach dem internationalen Privatrecht ist für jeden Verlobten das Heimatrecht maßgeblich. Das bedeutet, das deutsche Standesamt prüft anhand ausländischer Urkunden und Konsulatsbescheinigungen, ob im Herkunftsland der Person ein Ehehindernis (wie zum Beispiel eine Mindestaltergrenze, Verbote bestimmter Verwandtschaftsgrade, Mehrfachehen etc.) besteht. Eventuelle ausländische Ehehindernisse können also im deutschen Eheschließungsverfahren berücksichtigt werden, auch wenn sie über das deutsche Eheverbot hinausgehen. Fehlt eine Ehefähigkeitsbescheinigung des Herkunftslandes, können weitergehende Prüfungen verlangt oder die Eheschließung verweigert werden.