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Ehegattensplitting


Begriff und Grundprinzip des Ehegattensplittings

Das Ehegattensplitting ist ein steuerrechtliches Verfahren in Deutschland, das die Einkommensteuerbelastung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften regelt. Es stellt eine besondere Form der Einkommensbesteuerung dar, die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von zusammenveranlagten Ehegatten beziehungsweise Lebenspartnern gerecht werden soll. Das Verfahren ist im Einkommensteuergesetz (EStG) verankert und hat erhebliche Auswirkungen auf die Steuerlast verheirateter oder verpartnerter Steuerpflichtiger.

Rechtsgrundlagen des Ehegattensplittings

Einkommensteuergesetz (EStG)

Die zentrale gesetzliche Regelung des Ehegattensplittings findet sich in § 26b EStG in Verbindung mit § 32a Abs. 5 EStG. Es gelten folgende Voraussetzungen:

  • Bestehende Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG),
  • Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht beider Partner,
  • Zusammenveranlagung nach § 26 EStG.

Voraussetzung der Zusammenveranlagung

Das Splittingverfahren wird nur angewendet, wenn die Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen. Voraussetzung dafür ist:

  • Beide Ehegatten dürfen im gesamten Kalenderjahr nicht dauernd getrennt leben.
  • Beide sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder auf Antrag gemäß § 1 Abs. 3 EStG wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln.

Scheidet die Zusammenveranlagung aus, erfolgt die Einzelveranlagung nach § 26a EStG ohne Anwendung des Splittingtarifs.

Berechnungsweise und Funktionsweise des Ehegattensplittings

Splittingverfahren

Beim Ehegattensplitting werden die zu versteuernden Einkommen beider Ehegatten addiert und halbiert. Die auf das halbe gemeinsame Einkommen entfallende Einkommensteuer wird gemäß Tarif ermittelt und anschließend verdoppelt. Daraus ergibt sich die Einkommensteuer der Ehegatten.

Beispielrechnung

Bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen führt das Splitting zum häufig diskutierten „Splittingvorteil“. Beispielhaft:

  • Ehegatte A hat ein zu versteuerndes Einkommen von 80.000 Euro, Ehegatte B von 20.000 Euro.
  • Gesamtbetrag: 100.000 Euro. Das halbierte Einkommen: 50.000 Euro.
  • Die Steuer auf 50.000 Euro wird ermittelt und dann verdoppelt.
  • Diese Steuer ist meist geringer als die Summe der einzelnen Steuerbeträge bei getrennter Veranlagung.

Das Splittingverfahren nivelliert somit Unterschiede im Einkommen und entlastet Ehepaare mit großen Einkommensunterschieden besonders.

Auswirkungen auf die Steuerprogression

Da die Einkommensteuer in Deutschland nach dem Prinzip der Progression berechnet wird, kann das Ehegattensplitting durch die „Verteilung“ des Gesamteinkommens auf beide Eheleute eine optimale Ausnutzung des Grundfreibetrags und des progressiven Steuertarifs bewirken.

Anspruchsberechtigte beim Ehegattensplitting

Ehepaare

Kernvoraussetzung ist eine rechtlich wirksame Ehe. Das Splitting kann sowohl für verschiedengeschlechtliche als auch gleichgeschlechtliche Ehen angewendet werden.

Eingetragene Lebenspartner

Seit 2013 sind eingetragene Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) steuerlich mit Ehen gleichgestellt und genießen gleiches Recht auf das Splittingverfahren.

Besondere Fallkonstellationen

  • Tod des Ehepartners: Verbleibende Ehegatten können im Todesjahr und dem darauf folgenden Jahr das Splitting noch in Anspruch nehmen (§ 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG).
  • Heiratsjahr: Im Jahr der Eheschließung besteht die Wahlmöglichkeit zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung mit Splitting.

Rechtsfolgen und steuerliche Wirkung

Splittingvorteil

Der Splittingvorteil zeigt sich vorrangig, wenn die Einkünfte der Ehegatten stark voneinander abweichen. Dies kann zu erheblichen Steuerersparnissen führen, im Gegensatz zu Ehepaaren mit ähnlich hohen Einkommen, welche wenig oder keinen Steuervorteil haben.

Gleichmäßigkeit der Besteuerung

Das Verfahren dient dem Ziel, die steuerliche Leistungsfähigkeit von Ehepaaren angemessen abzubilden und die steuerliche Belastung nicht von der gewählten Rechtsform der partnerschaftlichen Lebensgestaltung abhängig zu machen.

Kritik, Reformdiskussion und verfassungsrechtliche Aspekte

Verfassungsrechtliche Einordnung

Das Bundesverfassungsgericht hat das Ehegattensplitting in mehreren Entscheidungen als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt, insbesondere als Ausdruck des Ehe- und Familienschutzes nach Art. 6 Abs. 1 GG.

Kritikpunkte und Reformvorschläge

Das Ehegattensplitting steht regelmäßig im Fokus der steuer- und sozialpolitischen Diskussion. Kritisiert wird insbesondere:

  • Es könne negative Erwerbsanreize für Zweitverdienende schaffen, insbesondere bei der sogenannten „Hausfrauenehe“.
  • Das Verfahren begünstige vor allem Alleinverdienerehen.
  • Kritiker fordern die Umgestaltung etwa in ein „Familiensplitting“ mit stärkeren Einbezug von Kindern.

Politische und gesellschaftliche Debatte

Im Zuge gleichstellungs-, steuer- und familienpolitischer Diskussionen gibt es regelmäßig Initiativen zur Reform oder Abschaffung des Ehegattensplittings. Bislang blieb es jedoch als fester Bestandteil des deutschen Steuerrechts bestehen.

Internationale Einordnung und Abgrenzung

Vergleich mit anderen Staaten

Ähnliche Verfahren existieren in wenigen anderen Ländern, etwa in Frankreich als „Quotient familial“. In den meisten europäischen Ländern erfolgt die Besteuerung individuell, was Unterschiede in der Steuerlast verheirateter Paare gegenüber Deutschland hervorruft.

Fazit

Das Ehegattensplitting ist ein zentrales Element des deutschen Einkommensteuerrechts. Es dient der steuerlichen Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern, fördert jedoch in seiner Wirkung vor allem Paare mit sehr unterschiedlichen Einkommen. Die rechtlichen Regelungen sind ausführlich im Einkommensteuergesetz verankert und durch eine umfassende Rechtsprechung bestätigt. Das Verfahren hat weitreichende praktische, fiskalische und gesellschaftspolitische Bedeutung und ist regelmäßig Gegenstand politischer Diskussionen und Reformüberlegungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann das Ehegattensplitting in Anspruch nehmen?

Das Ehegattensplitting kann grundsätzlich von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften in Anspruch genommen werden, sofern sie steuerlich gemeinsam veranlagt werden. Voraussetzung ist, dass die Ehe oder Lebenspartnerschaft zu Beginn des Veranlagungszeitraums rechtsgültig bestanden hat und die Partner nicht dauerhaft getrennt leben. So sieht es § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. Relevant ist ebenfalls, dass beide Partner in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Auch im Trennungsjahr besteht in der Regel noch die Möglichkeit, das Ehegattensplitting in Anspruch zu nehmen, sofern keine dauerhafte Trennung vorliegt. Nach dem Tod eines Partners kann das Splittingmodell im Todesjahr und im darauffolgenden Jahr unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin genutzt werden (sog. Gnadensplitting gemäß § 32a Abs. 6 EStG).

Welche rechtlichen Grenzen bestehen beim Ehegattensplitting?

Das Ehegattensplitting unterliegt zahlreichen gesetzlichen Regelungen. Das Modell kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft im rechtlichen Sinne nicht erfüllt sind (§ 26 Absatz 1 EStG). Paare, die lediglich in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, sind explizit ausgeschlossen. Es besteht zudem keine Möglichkeit für Einzelpersonen, das Splittingverfahren anzuwenden. Ferner kann das Finanzamt eine gemeinsame Veranlagung versagen, wenn ein Partner dem widerspricht oder dauerhaft getrennt lebt. Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten sind im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben strikt einzuhalten, anderenfalls kann das Finanzamt Korrekturen sowie Nachforderungen vornehmen.

Wie erfolgt die Anwendung des Ehegattensplittings bei internationalen Sachverhalten?

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist das deutsches Einkommensteuerrecht maßgeblich, insbesondere die Frage, ob beide Ehegatten in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Ist nur ein Ehegatte in Deutschland ansässig, kann das Ehegattensplitting regelmäßig nicht genutzt werden. Ausnahmen bestehen nach § 1a EStG, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden, etwa dass der im Ausland lebende Ehepartner seinen Wohnsitz in einem EU-/EWR-Staat hat und das gemeinsame Welteinkommen zu 90% in Deutschland steuerpflichtig ist oder die nicht in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte nicht mehr als 18.336 Euro betragen. Zudem sind einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen.

Welche besonderen Regelungen gelten im Todesfall eines Ehepartners?

Verstirbt einer der beiden Ehegatten, sieht das Gesetz das sogenannte Gnadensplitting (§ 32a Abs. 6 EStG) vor. Demnach kann das Ehegattensplitting im Todesjahr weiterhin in Anspruch genommen werden, sofern eine gemeinsame Veranlagung möglich gewesen wäre. Darüber hinaus kann es im darauffolgenden Kalenderjahr erneut gewährt werden, wenn der verbliebene Ehegatte nicht wieder heiratet und keine dauerhafte Trennung vorlag. Für diesen Zeitraum wird der überlebende Ehegatte für das Splittingverfahren wie ein verwitwetes Ehepaar behandelt. Nach Ablauf dieses Jahres ist jedoch nur noch die Einzelveranlagung möglich.

Welche rechtlichen Schritte sind bei gewünschter Einzelveranlagung trotz Ehegattensplitting-Option erforderlich?

Soll ein Ehepaar trotz bestehender Möglichkeit zum Ehegattensplitting eine getrennte Veranlagung wählen, müssen beide Partner dies explizit beim Finanzamt beantragen. Es genügt, wenn einer der Ehepartner der gemeinsamen Veranlagung widerspricht, wodurch das Finanzamt die Einzelveranlagung vornimmt. Die rechtlichen Grundlagen regelt § 26a EStG. Es ist zu beachten, dass durch die Einzelveranlagung zahlreiche steuerliche Vorteile, die mit dem Splittingtarif verbunden sind, entfallen können. Die formale Beantragung muss jeweils für den betreffenden Veranlagungszeitraum erfolgen; ein automatischer Wechsel findet nicht statt.

Welche Auswirkungen hat eine dauerhafte Trennung auf das Ehegattensplitting?

Eine dauerhafte Trennung der Ehegatten führt dazu, dass das Ehegattensplitting nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Das Finanzamt prüft, ob die gegenseitige Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgehoben wurde. Bereits im Jahr der Trennung ist grundsätzlich noch das Splitting möglich; ab dem Folgejahr erfolgt die Einzelveranlagung. Die Rechtsprechung stellt dabei auf objektive Kriterien ab, wie getrennter Wohnsitz, eigene Kontenführung und keine regelmäßigen gegenseitigen Versorgungsleistungen. Auch eine zivilrechtliche Trennung muss dokumentiert sein, um steuerliche Konsequenzen geltend zu machen.

Welche rechtlichen Folgen haben falsche Angaben beim Ehegattensplitting?

Falsche oder unvollständige Angaben zur persönlichen Situation im Zusammenhang mit dem Ehegattensplitting können straf- und bußgeldbewährt sein. Insbesondere die Nichtanzeige einer Trennung, die unrichtige Erklärung des Wohnsitzstatus oder nicht angegebene Einkünfte gilt im steuerrechtlichen Sinn als Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Der Gesetzgeber sieht in solchen Fällen neben Steuernachforderungen auch Zinsen und gegebenenfalls Geld- oder Freiheitsstrafen vor. Paare sind verpflichtet, sämtliche für das Splittingverfahren relevanten Tatsachen stets korrekt, lückenlos und zeitnah beim Finanzamt anzuzeigen.