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Eheanbahnung


Begriff und Grundlagen der Eheanbahnung

Die Eheanbahnung bezeichnet im rechtlichen Sinn sämtliche Handlungen, Kontakte und Willensäußerungen, die auf das Ziel der Eheschließung zwischen zwei Personen gerichtet sind. Dieser Begriff umfasst die Phase vor der eigentlichen Eheschließung und erstreckt sich von der Kontaktaufnahme bis zu verbindlichen Eheversprechen. Die Eheanbahnung ist insbesondere im Zivilrecht von Bedeutung und findet im deutschen Recht Berücksichtigung vor allem im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen, Geschenkerückforderungen und der Abgrenzung zur Verlobung.

Rechtliche Einordnung der Eheanbahnung

Abgrenzung zu Annäherungs- und Kennenlernphasen

Die Eheanbahnung beginnt mit einer zielgerichteten Annäherung von Personen, bei denen zumindest eine Partei die Ehe als mögliches Ziel in Betracht zieht. Sie geht über das bloße Kennenlernen und unverbindliche Kontakte hinaus und ist gekennzeichnet durch entsprechende Handlungen oder Äußerungen mit Bezug auf eine spätere Eheschließung.

Rechtliche Relevanz der Eheanbahnung

Die Phase der Eheanbahnung besitzt im deutschen Zivilrecht vor allem insoweit Bedeutung, als sie unter bestimmten Voraussetzungen rechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Insbesondere im Bereich der Vermögenszuwendungen zwischen den Partnern sowie bei Ansprüchen infolge nicht zustande gekommener Eheschließungen entfalten sich unterschiedliche Rechtsfolgen.

Vermögensrechtliche Aspekte der Eheanbahnung

Geschenke und Zuwendungen

In der Praxis erfolgt während der Eheanbahnung häufig eine Vielzahl von Vermögenszuwendungen, etwa Schenkungen oder größere finanzielle Aufwendungen im Hinblick auf die geplante Lebensgemeinschaft. Die rechtliche Einordnung dieser Zuwendungen richtet sich meist nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Schenkung (§§ 516 ff. BGB) oder das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB).

Kommt es nicht zur Eheschließung, können unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Rückgewähr der Zuwendungen entstehen. Maßgeblich ist, ob die Leistung in Erwartung der Eheschließung erbracht wurde und diese Geschäftsgrundlage entfallen ist (§ 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage). Hierbei erfolgt eine individuelle Bewertung des Einzelfalls, wobei auch die Intensität der Eheanbahnung und der Zuwendungscharakter zu berücksichtigen sind.

Rückforderung von Geschenken nach § 530 BGB

Ein Anspruch auf Widerruf einer Schenkung nach § 530 BGB setzt grundsätzlich groben Undank voraus und kommt nur selten zur Anwendung. Im Kontext der Eheanbahnung wird häufiger das Scheitern der Eheschließung als Wegfall der Geschäftsgrundlage bewertet, was zu Rückforderungsansprüchen führen kann. Eine spätere Verlobung oder Eheschließung ändert die Rechtslage maßgeblich und verschiebt die rechtlichen Maßstäbe für bereits erfolgte Vermögensübertragungen.

Eheanbahnung und Verlöbnis

Abgrenzung zwischen Eheanbahnung und Verlöbnis

Das Verlöbnis stellt im deutschen Recht einen formlosen, auf gegenseitiges Eheversprechen gerichteten Vertrag dar (§ 1297 BGB). Die Eheanbahnung ist demgegenüber die vorgelagerte Phase, in der noch kein bindendes Eheversprechen abgegeben wurde. Die Abgrenzung kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, insbesondere wenn zwischen den Beteiligten explizite Erklärungen über die Absicht zur Eheschließung erfolgen.

Rechtsfolgen des Verlöbnisses

Mit dem Verlöbnis treten eigenständige rechtliche Folgen ein, etwa im Kontext des Schadensersatzes für Aufwendungen im Vertrauen auf die Ehe (§§ 1298, 1299 BGB) oder für erlittene Körper- oder Gesundheitsschäden (§ 1299 BGB). Solche Ansprüche entstehen während der bloßen Eheanbahnung noch nicht, da hierfür das Verlöbnis Voraussetzung ist.

Eheanbahnung im Zusammenhang mit Haftungsfragen

Verschuldensunabhängigkeit und Haftungsausschlüsse

Die Eheanbahnung begründet für sich genommen keine Haftungsbeziehung zwischen den beteiligten Personen. Schädigungen, die während der Eheanbahnung erfolgen, sind nach allgemeinen Deliktsgrundsätzen (§§ 823 ff. BGB) zu bewerten, das heißt, ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nur im Falle schuldhaften Handelns. Eheanbahnungsverhältnisse selbst führen nicht zu verschuldensunabhängiger Haftung oder erweiterten Schutzpflichten.

Vertragliche Beziehungen und nichteheliche Lebensgemeinschaft

Falls im Rahmen der Eheanbahnung bereits gemeinsame Vermögensdispositionen, Verträge oder Verbindlichkeiten eingegangen werden, sind diese nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu behandeln. Eine Analogie zur ehelichen Gemeinschaft oder zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann ziehen, wer im Rahmen der Eheanbahnung über einen längeren Zeitraum stabile, auf Dauer angelegte Bindungen eingeht.

Eheanbahnung in der Rechtsprechung

Leitlinien der Gerichte

Die Rechtsprechung befasst sich insbesondere mit Rückforderungen von Schenkungen oder Aufwendungen, die allein in Erwartung der Eheschließung geleistet wurden. Entscheidend ist regelmäßig, ob die betreffende Zuwendung mit Rücksicht auf die geplante Eheschließung erfolgte und das Scheitern der Eheplanung einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellt. Die Gerichte analysieren im Einzelfall, wie verbindlich die Eheanbahnung ausgestaltet war und ob hinreichende Anhaltspunkte für das ernsthafte Ziel einer Eheschließung vorlagen.

Beispiele aus der Praxis

So hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass außergewöhnlich hohe Zuwendungen, die ausschließlich im Hinblick auf die geplante Ehe erfolgten, im Fall des Scheiterns zurückgefordert werden können (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1992, Az. XII ZR 30/91). Alltägliche Geschenke oder geringfügige Aufwendungen sind jedoch regelmäßig nicht rückforderbar.

Besonderheiten im internationalen Kontext

Eheanbahnung und internationales Privatrecht

Bei binationalen Beziehungen und Eheplanungen mit Auslandsbezug können zusätzlich die Vorschriften des internationalen Privatrechts (IPR) Anwendung finden. Insbesondere stellt sich die Frage, welches Recht auf Ansprüche im Zusammenhang mit der Eheanbahnung angewendet wird. Die maßgeblichen Anknüpfungspunkte ergeben sich meist aus den jeweiligen Lebenssachverhalten (z. B. Aufenthaltsort der Parteien, Ort der vorgenommenen Zuwendungen).

Relevanz in anderen Rechtsordnungen

In verschiedenen ausländischen Rechtsordnungen ist die Eheanbahnung ebenfalls als rechtlich relevante Vorstufe der Eheschließung verankert, wobei Inhalt und Umfang der rechtlichen Folgen erheblich variieren können. Die deutsche Rechtsprechung knüpft hier vor allem an die mit der Eheanbahnung verbundenen Vermögensdispositionen und deren Zwecke an.

Zusammenfassung und Fazit

Die Eheanbahnung stellt im deutschen Recht die vorvertragliche Phase der Eheschließung dar, in der bereits Handlungen und Äußerungen mit Blick auf eine spätere Ehe erfolgen. Bedeutung erlangt die Eheanbahnung vor allem im Zusammenhang mit Rückforderungsansprüchen für Zuwendungen in Erwartung der Ehe sowie als rechtliche Abgrenzung zum Verlöbnis. Die individuellen Umstände, die Intensität der Beziehung und das Maß verbindlicher Vereinbarungen sind für die rechtliche Bewertung maßgeblich. Das deutsche Zivilrecht stellt für die Eheanbahnung keine spezifischen Anspruchsgrundlagen bereit, zieht jedoch über die allgemeinen Regeln zum Bereicherungsrecht und zur Störung der Geschäftsgrundlage klare Grenzen für die Rückabwicklung nicht verwirklichter Eheplanungen. Die Entscheidung über Ansprüche in diesem Bereich hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Ansprüche können aus einer gescheiterten Eheanbahnung entstehen?

Im Falle einer gescheiterten Eheanbahnung, also wenn zwei Parteien eine Ehe in Aussicht nehmen, diese jedoch letztlich nicht geschlossen wird, können unter bestimmten Umständen rechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Zu unterscheiden sind hierbei insbesondere Ersatzansprüche gemäß § 1298 BGB. Danach kann ein Partner Ersatz für Aufwendungen verlangen, die im Hinblick auf die Eheschließung gemacht wurden, sofern der andere Teil das Scheitern der Eheschließung verschuldet hat (z. B. durch grundloses Rückgängigmachen der Eheversprechen). Dies umfasst Kosten für Hochzeitsfeierlichkeiten, Anschaffungen für den gemeinsamen Haushalt oder andere Investitionen, die nicht dem allgemeinen Lebenszuschnitt entsprechen, sondern speziell auf die bevorstehende Ehe gerichtet waren. Vorsicht ist geboten, da die Darlegungslast und der Nachweis über die Kausalität zwischen Aufwand und Eheversprechen bei dem Anspruchsteller liegen. Unverschuldetes Scheitern begründet diese Ansprüche nicht. Ergänzend können bei Vorliegen besonderer Umstände auch Ansprüche aus culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2 BGB) oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) bestehen.

Welche Bedeutung hat ein Eheversprechen im rechtlichen Kontext?

Ein Eheversprechen, auch Verlöbnis genannt, stellt im deutschen Recht ein Rechtsverhältnis eigener Art dar. Es begründet kein einklagbares Recht auf Eheschließung, das heißt, niemand kann einen anderen zur Eheschließung zwingen (§ 1297 Abs. 1 BGB). Das Verlöbnis hat jedoch rechtliche Wirkungen, da aus seiner Auflösung unter bestimmten Voraussetzungen Ersatzansprüche entstehen können (§ 1298 BGB), etwa bei schuldhaftem Rücktritt. Weiterhin können besondere Zeugnisverweigerungsrechte vor Gericht zum Tragen kommen (§ 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), da Verlobte vom Zeugnis im Verfahren gegen den Partner ausgeschlossen sind. Mit der Auflösung des Verlöbnisses enden diese Wirkungen.

Was geschieht mit Geschenken, die im Rahmen der Eheanbahnung gemacht wurden?

Geschenke, die im Hinblick auf eine Eheschließung gemacht worden sind, können gemäß § 1301 BGB bei Scheitern des Verlöbnisses grundsätzlich zurückgefordert werden. Dies betrifft insbesondere wertvolle Geschenke wie Schmuck, Geldbeträge, Grundstücke oder sonstige erhebliche Zuwendungen, die ausdrücklich oder konkludent im Zusammenhang mit dem geplanten Eheschluss gemacht wurden. Nicht rückforderbar sind dagegen alltägliche, dem üblichen gesellschaftlichen Umgang entsprechende Geschenke, etwa zu Geburtstagen oder Feiertagen. Die Rückforderung erfolgt unabhängig von einem Verschulden; maßgeblich ist die Zweckbindung der Schenkung an das Zustandekommen der Ehe. Ist das Geschenk bereits verbraucht, schuldet der Empfänger Wertersatz, sofern er noch bereichert ist (§ 818 BGB).

Welche vertraglichen Vereinbarungen sind im Rahmen der Eheanbahnung rechtlich zulässig?

Grundsätzlich können Verlobte während der Eheanbahnung privatrechtliche Vereinbarungen treffen, etwa über die Vermögensaufteilung für den Fall des Scheiterns oder über die Kostentragung für gemeinsam angeschaffte Güter. Solche Verträge sind jedoch der Inhaltskontrolle gemäß §§ 134, 138 BGB unterworfen. Sittenwidrige Vereinbarungen, insbesondere solche, die eine Eheschließung erzwingen sollen oder unzulässigen Druck auf einen Partner ausüben, sind nichtig. Ebenso sind Verträge, die die Eheschließung an konkrete Bedingungen knüpfen und deren Verletzung sanktionieren, meist nicht durchsetzbar. Rechtlich zulässig sind hingegen Vereinbarungen über die Rückgabe von Verlobungsgeschenken oder die Verteilung gemeinsamer Investitionen für den Fall des Nichtzustandekommens der Ehe.

Welche Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind für die Eheanbahnung relevant?

Für die Eheanbahnung sind besonders die §§ 1297 bis 1302 BGB maßgeblich. Diese regeln das Verlöbnis (Eheversprechen) und seine Rechtsfolgen. § 1297 BGB stellt klar, dass der Anspruch auf Eheschließung nicht durchgesetzt werden kann. §§ 1298 und 1299 BGB regeln die Verpflichtung zum Ersatz von Aufwendungen oder Schäden bei Rücktritt vom Verlöbnis, wobei die Geltendmachung strikt an ein Verschulden und die Besonderheiten des Einzelfalls gebunden ist. § 1300 BGB bezieht sich auf den sogenannten Kranzgeldanspruch, der in der Praxis aber keine Relevanz mehr besitzt. In §§ 1301 und 1302 BGB wird das Thema Rückgabe von Geschenken behandelt. Daneben können auch allgemeine zivilrechtliche Vorschriften, etwa zum Vertragsrecht oder zur Bereicherung, im Kontext der Eheanbahnung Bedeutung erlangen.

Welche Rolle spielt der Verschuldensnachweis bei Schadensersatzansprüchen?

Für Schadensersatzansprüche aufgrund einer gescheiterten Eheanbahnung, insbesondere nach § 1298 BGB, ist der Nachweis eines Verschuldens zwingende Voraussetzung. Das bedeutet, die Partei, die die Auflösung des Verlöbnisses verschuldet – etwa durch grundlosen Rücktritt, Treuebruch oder vergleichbare Pflichtverletzungen -, kann zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet werden. Unverschuldete Gründe, wie Tod eines Partners, gravierende Veränderungen der Lebensumstände oder objektiv nachvollziehbare Zweifel an der Eheschließung, lassen keine Ersatzansprüche entstehen. Die Beweislast für das Verschulden und die Kausalität des eingetretenen Schadens trägt dabei stets die anspruchstellende Partei.