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E-Governement


Begriff und rechtliche Grundlagen des E-Government

Definition von E-Government

E-Government (elektronische Verwaltung) bezeichnet den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung und Abwicklung von Verwaltungsprozessen zwischen öffentlichen Stellen und natürlichen sowie juristischen Personen. E-Government ermöglicht eine digitale Kommunikation und Interaktion mit Behörden, wodurch Verwaltungsleistungen effizient, transparent und nutzerfreundlich gestaltet werden können.

Gesetzliche Grundlagen des E-Government in Deutschland

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das E-Government in Deutschland ergeben sich insbesondere aus folgenden Normen:

  • E-Government-Gesetz (EGovG): Das Bundesgesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften bildet die zentrale gesetzliche Grundlage für die Digitalisierung der Verwaltung auf Bundesebene.
  • Onlinezugangsgesetz (OZG): Dieses Gesetz verpflichtet Bund, Länder und Kommunen dazu, Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale digital anzubieten.
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG): Das Gesetz regelt die elektronische Kommunikation im Verwaltungsverfahren und enthält Vorschriften für elektronische Aktenführung sowie elektronische Verwaltungsakte.
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Diese Gesetze bestimmen den Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen des E-Government.
  • E-IDAS-Verordnung: Die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 regelt auf europäischer Ebene Identifizierungs- und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen.

Digitale Verwaltungsleistungen und Verwaltungsverfahren

Elektronische Kommunikation und Verwaltungsakte

Durch E-Government können Anträge, Erklärungen und Bescheide elektronisch eingereicht, bearbeitet und versendet werden. Gemäß § 3a VwVfG dürfen Dokumente elektronisch übermittelt werden, sofern die Verwaltung dies zulässt. Der elektronische Verwaltungsakt ist dem klassischen Bescheid rechtlich grundsätzlich gleichgestellt, sofern Authentizität und Integrität gewährleistet sind.

Elektronische Aktenführung

Behörden führen zunehmend elektronische Akten, was durch das E-Government-Gesetz und § 6 EGovG gefördert wird. Die Aktenführung hat den Bedürfnissen der Akteneinsicht und der revisionssicheren Dokumentation gerecht zu werden. Zugleich müssen technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz und zur Datensicherheit eingehalten werden.

Rechtliche Anforderungen an Authentifizierung und Signatur

Identifikation und Authentifizierung im E-Government

Um Manipulationen und Missbrauch im elektronischen Verwaltungsverkehr zu verhindern, sind sichere Verfahren zur Identifikation und Authentifizierung vorgeschrieben. Die eID-Funktion des Personalausweises, De-Mail und andere Trustcenter-Lösungen ermöglichen sichere, datenschutzkonforme Authentifizierungsprozesse.

Elektronische Signaturen und Siegel

Nach Art. 25 eIDAS-Verordnung sowie § 3a VwVfG werden qualifizierte elektronische Signaturen und elektronische Siegel als gleichwertig zu handschriftlichen Unterschriften anerkannt. Sie dienen der nachweisbaren Authentizität und Integrität elektronisch geführter Verwaltungsakten und Bescheide.

Datenschutz und IT-Sicherheit im E-Government

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im E-Government unterliegt strengen Anforderungen der DSGVO, des BDSG und den bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften. Es gelten die Grundsätze der Zweckbindung, Datenminimierung, Transparenz und Betroffenenrechte. Datenschutz-Folgenabschätzungen und technische sowie organisatorische Maßnahmen (z.B. Verschlüsselung, Zugriffsbeschränkungen) sind verpflichtend umzusetzen.

IT-Sicherheit

Neben den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen bestehen besondere Anforderungen an die IT-Sicherheit elektronischer Verwaltungsverfahren. Das IT-Sicherheitsgesetz, die BSI-Standards und weitere technisch-organisatorische Normen geben konkrete Vorgaben zu sicheren IT-Infrastrukturen, Identitätsmanagement und Cyberabwehr.

Interoperabilität und Zugangsoffenheit

Gewährleistung der Interoperabilität

Für die effiziente Nutzung von E-Government-Diensten müssen Schnittstellen und Standardisierungen geschaffen werden, um die Kompatibilität zwischen verschiedenen IT-Systemen und Behörden zu gewährleisten. Dies wird unter anderem durch das IT-Planungsrat-Gesetz und diverse EU-weite Interoperabilitätsrahmen geregelt.

Barrierefreiheit

Gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) sind digitale Verwaltungsleistungen barrierefrei zu gestalten, sodass sie von allen Menschen genutzt werden können. Dies umfasst insbesondere Menschen mit Behinderungen.

E-Government im internationalen und europäischen Rechtsrahmen

Europäische Vorgaben

Die Europäische Union setzt mit der eIDAS-Verordnung, der Datenschutz-Grundverordnung und der Richtlinie über den Zugang zu öffentlichen Informationen (PSI-Richtlinie) verbindliche Standards, die für die EU-Mitgliedstaaten umzusetzen sind. Ziel ist ein europaweit interoperabler, rechtskonformer und sicherer digitaler Verwaltungsraum.

Internationaler Kontext

Über die EU hinausgehend werden auch durch internationale Organisationen wie die OECD und die Vereinten Nationen Leitlinien und Prinzipien für eine rechtssichere, effektive und bürgerfreundliche elektronische Verwaltung entwickelt und befördert.

Herausforderungen und Ausblick

Digitalisierung der Verwaltung im Wandel

Der rechtliche Rahmen des E-Government entwickelt sich fortlaufend weiter. Zentrale Herausforderungen bestehen weiterhin in der vollständigen Umsetzung digitaler Verwaltungsleistungen, dem Schutz sensibler Daten und der fortschreitenden Harmonisierung auf nationaler und europäischer Ebene.

Fazit

E-Government ist ein umfassendes Rechtsgebiet, das zahlreiche materielle und formelle Rechtsfragen vom Verwaltungsverfahrensrecht über das Datenschutzrecht bis hin zu technischen Standards für Authentifizierung und IT-Sicherheit umfasst. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung des E-Government-Rechtsrahmens ist unerlässlich, um die Digitalisierung der Verwaltung im Einklang mit den berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie den rechtlichen Anforderungen zu gestalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen müssen bei der Umsetzung von E-Government-Diensten beachtet werden?

Bei der Bereitstellung und Nutzung von E-Government-Diensten sind vor allem die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das nationale Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu beachten. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen darf ausschließlich auf einer gesetzlichen Grundlage oder mit Einwilligung der betroffenen Person erfolgen. Zudem müssen die Prinzipien der Datenminimierung, Zweckbindung und Transparenz eingehalten werden. Maßnahmen zur Gewährleistung der Daten- und IT-Sicherheit, wie die Verschlüsselung der Datenübertragung und regelmäßige Risikoanalysen, sind verpflichtend. Öffentliche Stellen haben außerdem die Informationspflicht gegenüber den betroffenen Personen über Art, Umfang und Zweck der Erhebung sowie deren Rechte wie Auskunft, Berichtigung oder Löschung. Zusätzlich ist ein Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu führen. Im Falle von Datenschutzverletzungen besteht eine Meldepflicht an die Aufsichtsbehörde und gegebenenfalls an die betroffenen Personen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die elektronische Signatur und Identifikation bei E-Government-Anwendungen?

Rechtsgrundlage für den Einsatz elektronischer Signaturen und Identifikationsverfahren in E-Government-Prozessen ist vornehmlich die sogenannte eIDAS-Verordnung (EU Nr. 910/2014), welche die europaweite Anerkennung elektronischer Identifizierungs- und Vertrauensdienste regelt. Zusätzlich gelten bundesweit das Vertrauensdienstegesetz (VDG) und das Onlinezugangsgesetz (OZG). Für bestimmte Verwaltungsakte ist die „einfache“, „fortgeschrittene“ oder „qualifizierte elektronische Signatur“ erforderlich, je nach Rechtsfolgen und Normierung im Fachrecht. Die qualifizierte elektronische Signatur ist der handschriftlichen Unterschrift rechtlich gleichgestellt. Identifikationsdienste wie der elektronische Personalausweis (eID) müssen zwingend den Anforderungen der DSGVO und der eIDAS-Verordnung entsprechen, um die Authentizität und Integrität der Nutzer zu gewährleisten.

Welche gesetzlichen Regelungen betreffen die Barrierefreiheit von E-Government-Angeboten?

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichten öffentliche Stellen des Bundes, ihre digitalen Angebote, insbesondere E-Government-Portale und -Anwendungen, so zu gestalten, dass sie für Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt nutzbar sind. Diese rechtlichen Vorgaben betreffen unter anderem die Gestaltung der Benutzeroberflächen, die Verständlichkeit der Inhalte und die Kompatibilität mit unterstützenden Technologien wie Screenreadern. Verstöße gegen die Barrierefreiheit können von Betroffenen angezeigt werden und müssen von der Verwaltung geprüft und behoben werden. Auch die Umsetzung der europäischen Web Accessibility Directive ist in nationales Recht umgesetzt und verpflichtet zu periodischen Prüfungen der Konformität.

Wer haftet bei technischen Fehlern oder Ausfällen von E-Government-Systemen?

Die Haftung bei Fehlern oder Ausfällen im Rahmen von E-Government-Anwendungen ist im Wesentlichen nach den allgemeinen haftungsrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und spezialgesetzlichen Vorschriften, wie dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), zu beurteilen. Grundsätzlich haftet der verantwortliche öffentliche Träger für Schäden, die durch Pflichtverletzungen, wie fehlerhafte Übertragung, Systemausfälle oder Sicherheitslücken, entstehen können. Bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten kommen zudem persönliche Haftungsansprüche gegen Mitarbeiter in Betracht. Für Vertrauensdiensteanbieter gelten besondere Haftungsmaßstäbe nach der eIDAS-Verordnung und dem Vertrauensdienstegesetz. Wird das E-Government-Angebot durch einen externen Dienstleister betrieben, können vertragliche Haftungsregelungen greifen.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Archivierung und Aufbewahrung elektronischer Dokumente in der öffentlichen Verwaltung?

Die gesetzliche Aufbewahrung und Archivierung elektronischer Dokumente richtet sich insbesondere nach dem Gesetz über die elektronische Akte in der öffentlichen Verwaltung (E-Government-Gesetz, EGovG), der Abgabenordnung (AO), dem Handelsgesetzbuch (HGB) und spezialgesetzlichen Vorgaben. Elektronische Verwaltungsakten müssen dem Grundsatz der Revisionssicherheit entsprechen, das heißt, sie müssen vollständig, unveränderbar und nachvollziehbar gespeichert werden. Elektronische Dokumente und Akten dürfen nur nach Ablauf der jeweils einschlägigen Aufbewahrungsfristen gelöscht werden; diese ergeben sich aus Fachgesetzen oder der Aktenordnung. Eine Übergabe von Akten an staatliche Archive erfolgt regelmäßig elektronisch und muss die Authentizität sowie Integrität der gespeicherten Informationen gewährleisten. Die Archivierung ist zudem datenschutzkonform umzusetzen, insbesondere bezüglich Zugriffskontrolle und Löschkonzepten.

Welche Auswirkungen hat das Onlinezugangsgesetz (OZG) aus rechtlicher Sicht auf Bund, Länder und Kommunen?

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Rechtlich relevant ist dabei die verpflichtende Service-Standardisierung und die föderale Zusammenarbeit via IT-Planungsrat. Das OZG schreibt vor, dass Portalverbund, Medienbruchfreiheit, einheitliche Authentifizierung sowie Schutz und Sicherheit der Daten gewährleistet werden müssen. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten, wobei die haftungs-, datenschutz- und urheberrechtlichen Vorschriften beachtet werden müssen. Verstöße gegen das OZG können zu aufsichtsrechtlichen Konsequenzen und im Extremfall zu Haushaltskürzungen führen. Auch Anforderungen an die Interoperabilität und Barrierefreiheit sind gesetzlich normiert.

Welche rechtliche Bedeutung haben Open-Source-Lösungen und Public Domain im Bereich E-Government?

Im Kontext von E-Government richten sich die rechtlichen Maßgaben für den Einsatz von Open-Source-Software nach dem Urheberrecht sowie den jeweiligen Lizenzbedingungen der genutzten Software (z.B. GNU GPL, MIT-Lizenz). Öffentliche Stellen sind gehalten, die Lizenzbestimmungen und Dokumentationspflichten streng zu beachten und sicherzustellen, dass keine Lizenzverstöße entstehen, die Schadensersatzforderungen nach sich ziehen könnten. Die Nutzung von Public-Domain-Software ist grundsätzlich rechtssicher, solange keine unerkannten Rechte Dritter betroffen sind. Im Vergaberecht ist zusätzlich zu prüfen, ob Open-Source-Lösungen diskriminierungsfrei und wettbewerbsrechtlich unbedenklich beschafft werden. Datenschutz-, Sicherheits- und Interoperabilitätsanforderungen sind unabhängig von der Softwarelizenz zu gewährleisten.